Protokoll der Sitzung vom 19.11.2010

Das ist der richtige Weg. Das steht auch in meinem nächsten Absatz. Das wollte ich gleich würdigen.

Aber die Frage ist doch nicht: Was war vor 100 Jahren oder vor 20 Jahren oder vor fünf Jahren?

(Christopher Vogt [FDP]: Vor 100 Jahren! Sie sind doch erst 30!)

Ich habe die Debatte im letzten Jahr so verstanden,

(Herlich Marie Todsen-Reese [CDU]: Es ist gar nicht lange her, da waren Sie in Verant- wortung!)

dass wir sagen: Mit der Einführung der Schuldenbremse ziehen wir sozusagen einen Strich, gucken nach vorn,

(Christopher Vogt [FDP]: Das sind doch Umstrukturierungen, Frau Heinold!)

und versuchen, in allen Bereichen neu und kritischer auf unsere Ausgaben zu gucken.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

In dieser Situation kann es doch nicht sein, dass wir gerade bei den Abteilungsleiterstellen mehr schaffen, als wir in den einzelnen Häusern vor der Schuldenbremse hatten.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Außerdem ist es ein katastrophales Signal für all diejenigen, die jetzt vom Stellenabbau betroffen sind, wenn gleichzeitig in der Chefetage der FDPMinisterien mehr Abteilungsleiter sitzen als vorher.

(Christopher Vogt [FDP]: Das ist doch Quatsch!)

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Kubicki?

Frau Kollegin Heinold, würden Sie dem Plenum bitte erklären, ob nach Ihrer Erkenntnis als Finanzpolitikerin das Personalbudget ausgeweitet worden ist? Habe ich Sie so verstanden, dass es auch für den Fall, dass die Grünen bis 2020 einmal mitregieren sollten, in den Ministerien keine Umstrukturierungen mehr geben wird?

(Beifall bei der FDP)

- Herr Kubicki, erstens ist es so, dass das Personalbudget bis 2020 von Jahr zu Jahr steigt. Das haben wir alle miteinander beraten. Das liegt unter anderem an der Versorgung. Das liegt an den Tarifen. Auf jeden Fall gibt es keine sinkenden Personalbudgets, sondern steigende. Zweitens gehe ich nicht so heran wie Sie. In der Opposition haben Sie einfach gesagt: Lasst uns einmal alle Abteilungsleiter abschaffen, das spart 5 Millionen €. Das ist so im Netz noch nachzulesen. Dann haben Sie die 5 Millionen € für die ganzen Oppositionswünsche, die Sie hatten, ausgegeben.

(Christopher Vogt [FDP]: Oppositionswün- sche, damit kennen Sie sich aus!)

- Das können Sie alles im Netz nachlesen. - Dann haben Sie noch gesagt: Von den Abteilungsleiterstellen sind zurzeit drei nicht besetzt. Daraus können wir logisch schließen, dass wir gar keine Abteilungsleiter mehr brauchen. Das war zu Oppositionszeiten Ihre Logik. Ich werde in Oppositionszeiten nicht so einen Unsinn erzählen.

(Christopher Vogt [FDP]: Das machen Sie doch gerade!)

Ich bin der tiefen Überzeugung, dass ein Land Abteilungsleiterund Referatsleiterstellen braucht. Wenn in einem Ministerium diese Stellen fachlich begründet wegfallen können, was teilweise so war, dann gibt es doch keine Berechtigung, die sozusagen zu verschachern und kurzfristig oder langfristig einem anderen Ministerium zuzuschlagen. Das ist aber das, was Sie tun.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Wir sagen: Das geht nicht. Wenn es für den Wegfall einer Abteilungsleiterstelle in dem einen Ministerium eine fachliche Begründung gibt, dann muss sie wegfallen. Wir sind doch nicht auf dem asiatischen Basar, wo wir über den Preis von Currypulver verhandeln.

(Christopher Vogt [FDP]: Das finde ich aber kulturfeindlich!)

Der Finanzminister ist nicht da. Ich kann es gut verstehen, dass er sich in dieser Debatte nicht wohlfühlt, weil an dieser Stelle die Haushaltskonsolidierung offensichtlich konterkariert wird.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Neubesetzung der Stelle des Generalstaatsanwalts hat auch etwas mit Haushaltspolitik zu tun. Der alte Generalstaatsanwalt Rex hatte angeboten, zwei Jahre länger im Amt zu bleiben, also ein Rentenalter von 67 Jahren. Das ist das, was wir eigentlich wollen. Hier hat die FDP aber gesagt: Nein, lasst doch lieber den Steuerzahler doppelt bezahlen.

(Gerrit Koch [FDP]: Ohne Vergütung! - Christopher Vogt [FDP]: Als Hobby! - Her- lich Marie Todsen-Reese [CDU]: Das ist frü- her auch passiert! - Wolfgang Kubicki [FDP]: Das ist eine falsche Erklärung!)

- Herr Kubicki, Sie können gern noch einmal nach vorn kommen. Sie mögen es so bewerten, dass ich dauernd falsche Dinge erzähle. Das ist Ihre Interpretation.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Meine Erinnerung ist - und darüber können wir uns gern austauschen -, dass er angeboten hatte, zwei Jahre länger zu arbeiten. Das wäre gut gewesen.

Das gesamte Verfahren um die Ernennung des neuen Leitenden Oberstaatsanwalts hinterlässt eine sehr unangenehme liberale Duftmarke, um es vorsichtig zu formulieren. Herr Kubicki, es ist doch eine Ohrfeige - was hätten Sie andersherum hier erzählt - für die FDP,

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Was haben wir denn damit zu tun?)

dass das Verwaltungsgericht die Entscheidung von Minister Schmalfuß für die Besetzung der Stelle des Leitenden Oberstaatsanwalts einkassiert hat

(Monika Heinold)

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Was hat die FDP damit zu tun?)

und dass es jetzt ein neues Verfahren geben muss, weil eine nach dem Beamtenrecht erforderliche Auswahlentscheidung fehlte.

Ich sage Ihnen: Korrekt geht anders, sparen geht anders, und gerecht geht auch anders.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Gerrit Koch [FDP]: Sie haben überhaupt nichts verstanden! - Herlich Marie Todsen-Reese [CDU]: Sie haben noch nie bewiesen, dass Sie das können!)

Für die Fraktion DIE LINKE erteile ich Herrn Abgeordneten Heinz-Werner Jezewski das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich hoffe nicht, dass irgendjemand von mir erwartet, dass ich dem Stellenabbau das Wort rede. Das werde ich nicht tun.

Ich freue mich, dass im Bildungsministerium jetzt endlich eine Abteilungsleiterstelle mehr da ist. Ich hoffe, dass er eine schöne große Abteilung bekommt, und ich hoffe, dass diese Abteilung anschließend genug Arbeit hat und genug Mitarbeiter draußen im Lande, Lehrerinnen und Lehrer, Sozialarbeiter an Schulen, die dann auch vernünftige Arbeit machen können. Es ist schon ein bisschen komisch, wenn man nachguckt. Es scheint ja Gewohnheitsrecht zu sein, dass sich die Grundsätze des Berufsbeamtentums immer wieder einmal danach verändern, welche Partei in diesem Land gerade regiert.

Es ist eine Selbstverständlichkeit: Wenn 20 Jahre lang die SPD regiert, kommen in diesem Zeitraum viele Leute, die mit sozialdemokratischem Gedankengut sympathisieren, auf Stellen in Ministerien. Wenn 20 Jahre lang die CDU regiert, ist es andersherum; offensichtlich vollzieht sich die Bestenauslese dann ein bisschen anders. Das scheint Gewohnheitsrecht geworden zu sein.

Aktionen, wie wir sie im Moment erleben, dass Mitarbeiter und politische Sympathisanten gezielt in Stellen gehoben werden - oder geschoben werden sollen -, passieren normalerweise kurz nach der Wahl. Dann habe ich überlegt und auf „spiegel-online“ recherchiert; die Beiträge kann man mittlerweile 30 oder sogar 50 Jahre zurückverfolgen. Es

zeigt sich, dass so etwas immer dann kurz vor einer Wahl passierte, wenn eine Partei Angst hatte, nicht wieder hineinzukommen. Dann ist mir eingefallen: Wir sind kurz vor einer Wahl. Angesichts des Streits, den es unter Ihnen gibt, kann das sogar schneller gehen als alle anderen denken. Also sehen Sie zu, dass Sie das noch geregelt kriegen; denn in drei Monaten kann schon alles vorbei sein.

Mich ärgert, dass es im Bildungsministerium - ich mache mir da keine Illusionen - immer mehr Häuptlinge, aber immer weniger Indianer gibt. Herr Dr. Klug, unsere Schülerinnen und Schüler brauchen keine Abteilungsleiter in Kiel. Sie brauchen Lehrerinnen und Lehrer vor Ort, die Ihnen etwas beibringen. Sie brauchen Hausmeister, Schulsozialarbeiter, Schulleiter und Abteilungsleiter an den Beruflichen Bildungszentren. Dort wollen wir die Stellen hin haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Es ist keine Kunst, ein bisschen Geld einzusparen, viele Stellen abzubauen und dann wenige dazuzupacken. Man hat aber die Struktur unten kaputt gemacht - Hauptsache, man hat eine parteipolitisch geprägte Struktur im Ministerium. So etwas ist einfach schäbig angesichts der Tatsache, dass Frauenberatungsstellen ihre Mitarbeiterinnen entlassen müssen und damit nicht mehr arbeitsfähig sind und dass im Sozialbereich viele Beratungsstellen gestern standen sie alle vor der Tür - dichtmachen müssen, weil dort Stellen eingespart werden. Angesichts dessen ist es schäbig, neue B-5- oder B-7Stellen zu schaffen.

(Beifall bei der LINKEN und des Abgeord- neten Dr. Robert Habeck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Zuruf des Abgeordneten Wolf- gang Kubicki [FDP])

- Erzählen Sie mir doch nichts! Woanders wird eine Stelle in drei Jahren gestrichen, und jetzt wird eine neu eingerichtet. Sie wissen doch genau, dass Sie in drei Jahren dafür nicht mehr verantwortlich sind.