Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eine interessante Debatte, bei der man wieder neue Dinge lernen kann! Ich habe verzweifelt in meinen vielen Unterlagen gesucht, ob es irgendwo einen Gesetzentwurf der Landesregierung gibt, der zu diesem Punkt vorliegt und der der Grund für derartige streitige Eskalationen sein kann. Ich habe keinen gefunden. Günther Hildebrand hat das eben aufgeklärt.
Der Innenminister begrüßt es im Interesse der Straffung der Debatte, dass beide Anträge zu den Vorschriften der Gemeindeordnung hier gemeinsam beraten werden. Er möchte Missverständnissen vorbeugen. Diese Verfahrensanmerkung soll nicht etwa die Bedeutung von Jugendpartizipation oder Gleichstellung in Zweifel ziehen. Aber die Anträge sind schlicht und ergreifend zeitlich falsch platziert, weil damit ein begonnener Diskussionsprozess mit an diesem Verfahren Beteiligten und davon Betroffenen schlicht und ergreifend vorzeitig abgewürgt werden soll.
Sehr geehrter Herr Minister Wiegard, habe ich Ihr Interesse an der Straffung der Debatte so zu verstehen, dass Sie bereit wären, für die Landesregierung heute verbindlich zu erklären, dass die schwarz-gelbe Regierung keine Initiativen ergreifen wird, die Beteiligungsrechte schon in dieser Legislaturperiode einzuschränken?
- Nein, Herr Kollege Stegner, wie häufig verstehen Sie wieder etwas anderes unter dem, was ich hier gesagt habe oder was die Landesregierung mitteilt.
Die Gemeindeordnung sieht vor, dass Gemeinden bei Planungen und Vorhaben, die die Interessen von Kindern und Jugendlichen berühren, diese in angemessener Weise beteiligen müssen. Wir haben diese Thematik übrigens zuletzt in der Mai-Tagung diskutiert. Hintergrund war damals eine Große Anfrage aus der letzten Legislaturperiode zur Umsetzung dieser Vorschriften.
Was die zweite Regelung - die Bestellung von hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten in Gemeinden mit mehr als 15.000 Einwohnern - betrifft: Die antragstellenden Fraktionen möchten erstens den Erhalt der beiden Vorschriften in ihrer gegenwärtigen Form festschreiben - übrigens ohne Diskussion -, und darüber hinaus wollen sie - allerdings ebenfalls ohne Diskussion - die Einwohnerzahl für die verpflichtende Bestellung von Gleichstellungsbeauftragten auf 10.000 Einwohner absenken. Das ist deshalb so interessant, weil der eben eine Frage Stellende selbst als zuständiger Innenminister noch vor wenigen Jahren den Vorschlag gemacht hat, diese Zahl auf 15.000 heraufzusetzen.
das Kommunalverfassungsrecht auf Regelungserfordernisse hin zu überprüfen und von möglicherweise unnötigen, einengenden oder sonst begrenzenden Vorgaben zu befreien. In der Folge wurden aus dem kommunalen Bereich eine Reihe von ganz unterschiedlichen Vorschlägen zur Novellierung der Vorschriften - insbesondere der Gemeindeordnung - gemacht.
Für diese Regierung, Herr Kollege Stegner, versteht es sich von selbst, dass Vorschläge aus dem Kreis derjenigen, die kommunalverfassungsrechtliche Normen tagtäglich anzuwenden haben und deren
Auswirkungen im Alltag am besten einschätzen können, nicht nur entgegengenommen und in den Papierkorb geworfen, sondern ernsthaft behandelt, diskutiert und geprüft werden. Für diese Regierung gilt das jedenfalls.
Solange wir uns in diesem Prozess der Diskussion befinden, so lange ist auch klar, dass es keinerlei endgültige Positionierung der Landesregierung zu diesen Vorschlägen gibt. Deshalb waren manche Teile der Diskussion von heute Morgen nett anzuhören, aber eigentlich kein richtiger Beitrag, der uns in diesem Sinne voranbringt. Deshalb werden die Vorschläge und Anregungen für mehr Gestaltungsmöglichkeiten auf der örtlichen Ebene auch in den Bereichen Gleichstellung und Jugendpartizipation in das Eckpunktepapier zur Novellierung des Kommunalverfassungsrechts aufgenommen. Wer sich mit diesem Papier ernsthaft beschäftigt, wird erkennen, dass beide Vorschläge lediglich dahin gehend bewertet wurden, dass ihnen - jedenfalls verfassungsrechtliche - Bedenken nicht begegnen und dass die mit den betreffenden Normen verfolgten Ziele möglicherweise auch ohne das Setzen gesetzlicher Standards zu erreichen wären.
Vor diesem Hintergrund halte ich eine Diskussion, wie sie der Innenminister in den letzten beiden Wochen zur Amtsordnung und zur Kommunalverfassung im Allgemeinen auf vielen Regionalkonferenzen geführt hat, für durchaus sinnvoll und darüber hinaus für notwendig. Wir haben so auch zu den in Rede stehenden Vorschriften interessante Hinweise und Anregungen erhalten, die jetzt ausgewertet werden. Erst danach wird es vom Innenminister einen Vorschlag an die Landesregierung geben, ob und in welcher Form eine Novellierung des Kommunalverfassungsrechts angestrebt werden soll.
Lassen Sie mich darüber hinaus klarstellen - für den Herrn Innenminister ebenso -: Mir liegt es fern, Gleichstellung von Frauen und Männern oder Partizipation von Kindern und Jugendlichen infrage zu stellen. Gerade aber die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an politischen Entscheidungsprozessen ist nicht nur zum Zwecke der Bedarfsermittlung sinnvoll, sondern dient auch insbesondere dazu, frühzeitig ein Interesse an der politischen Arbeit insgesamt zu wecken. Hier bestehen häufig auch demografisch bedingte Defizite. Insofern kann niemandem daran gelegen sein, Teilhabe zu beseitigen. Gleiches gilt für die Gleichstellung. Es muss aber die Frage erlaubt sein, auf welchem Wege diese Ziele am besten erreicht werden können und ob es Wege gibt, die anders aussehen als die bisheri
Der Herr Minister hat die vereinbarte Redezeit um gut eine Minute überschritten. Diese steht jetzt allen Fraktionen zur Verfügung, muss aber nicht zwingend genutzt werden.
Ich stelle fest, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe daher die Beratung. Es ist beantragt worden, die Anträge Drucksachen 17/966 (neu) - 2. Fassung - und 17/967 (neu) federführend dem Innen- und Rechtsausschuss und mitberatend dem Sozialausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? - Enthaltungen? Dann ist das einstimmig so beschlossen.
Ich erteile für den Bericht dem Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr, Herrn Jost de Jager, das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich freue mich sehr, die Gelegenheit zu haben, das hochschulpolitische Konzept der Landesregierung vorzustellen, das ja nachgefragt worden ist, um vor dem Hintergrund schwieriger haushaltspolitischer Entscheidungen darzulegen, nach welchem Leitfaden die Landesregierung in den strategisch wichtigen Bereichen Hochschule und Wissenschaft, was die außeruniversitären Forschungseinrichtungen einbezieht, handelt.
Ich darf voranstellen, dass die Landesregierung der Auffassung ist, dass die Hochschulen in Schleswig-Holstein allesamt gut arbeiten. Das gilt in besonderer Weise auch für die Fachhochschulen in Schleswig-Holstein, die oftmals die Stillen im Lande sind. Die wenigsten hochschulpolitischen Debatten werden über die Fachhochschulen geführt. Das hängt nicht damit zusammen, dass niemand sie im Auge hat, das hängt auch nicht damit zusammen,
dass man sie vernachlässigt. Es ist einfach so, dass wir mit den Fachhochschulen die wenigsten Probleme und bei ihnen den wenigsten landespolitischen Handlungsbedarf haben.
(Beifall bei CDU und FDP sowie der Abge- ordneten Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Dr. Robert Habeck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Unser Konzept bedeutet im Klartext: Wir stärken unsere Stärken. Das ist zugegebenermaßen eine schwierige Gratwanderung, aber wir haben mit dem hochschulpolitischen Konzept eine sehr gute Grundlage für unsere Hochschulpolitik in den kommenden Jahren geschaffen. Denn trotz finanzieller Strukturprobleme bleiben Forschung und Wissenschaft Schwerpunkte dieser Landesregierung, und die Ausgaben für Hochschulen und Forschungseinrichtungen steigen im Doppelhaushalt 2011/2012 insgesamt von 409,3 Millionen € in 2011 auf 427 Millionen € in 2012 und werden langfristig auf diesem Niveau erhalten bleiben. Der Rechenweg dahinter ist, dass trotz der Kürzungen, die wir vorgenommen haben, die Ausgaben dadurch aufwachsen, dass wir eine Beteiligung an Bundesprogrammen haben, die eine Kofinanzierung erforderlich machen und die übrigens auch die Ansätze ich komme noch später darauf, welche Schlussfolgerungen das nach sich zieht - eines Teils des Budgets auffressen. Das heißt, trotz der Diskussion um Lübeck, trotz der Diskussion um IFM-GEOMAR, trotz der Diskussion um Kürzungen am UK S-H ist es so, dass die Mittel wegen der Kofinanzierung aufwachsen. Das ist haargenau eine Klemme, in der nicht nur wir, sondern alle Konsolidierungsbundesländer stecken.
Es bleibt das Ziel der Landesregierung, eine zukunftsorientierte Wissenschafts- und Wirtschaftspolitik für den Standort zu machen. Die Hochschulen und die außeruniversitären Einrichtungen spielen dabei eine ganz große Rolle, nicht nur für die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts, sondern auch für die Ausbildung hochqualifizierter Fachkräfte und für die Innovationslandschaft Schleswig-Holstein. Dieses Konzept berücksichtigt in besonderer Weise unsere Überlegungen zu den Hochschulen in Kiel, Lübeck und Flensburg und vor allem auch die Fragen der Hochschulmedizin.
Die Landesregierung setzt im Konzept ihre Politik der Fokussierung auf die Stärken des Landes konsequent fort und konzentriert sich in der Wissenschaft, aber auch in der Wirtschaft auf die Weiterentwicklung von Schwerpunktbereichen, die für das Land von großer Bedeutung sind. Zu diesen
Schwerpunktbereichen, die die Landesregierung weiter ausbauen wird, zählen die Life Sciences als Dachbegriff für die Bereiche Medizintechnik, Biomedizin, Biotechnologie, die erneuerbaren Energien, insbesondere die Windenergie, und die Meeresforschung.
Die Christian-Albrechts-Universität hat zum 1. September 2010 Antragsskizzen für ein Zukunftskonzept „Universitas Kiel - Erneuerung und Wandel für das 21. Jahrhundert. Exzellenz im Norden“ sowie ein weiteres Exzellenzcluster „Materials for Life“ eingereicht. Damit bewirbt sich die Christian-Albrechts-Universität als Exzellenzhochschule und bringt außerdem einen weiteren Cluster-Antrag mit Schwerpunkt in den Nanowissenschaften in den Wettbewerb ein.
Ich bedanke mich ausdrücklich für die vielen Diskussionen, die das an der Christian-Albrechts-Universität nach sich gezogen hat. Ich weiß, wie das Thema Elite-Uni diskutiert wurde, als die Exzellenzinitiative begonnen hat. Ich freue mich darüber, dass nach einem Näherungsprozess die Hochschule als Ganzes diesen Antrag unterstützt.
Das gilt auch für die Universität Lübeck, die zusammen mit der Universität Hamburg eine Antragsskizze für ein Exzellenzcluster „Neurocognitive Modulation in Health and Disease“ eingereicht hat.
Das Land hat auch für diese Projekte die Unterstützung sowie die Übernahme der Kosten für die Kofinanzierung zugesagt und unterstützt die Universitäten in den kommenden zwei Jahren mit rund 8 Millionen € zur Vorbereitung der Anträge für die Exzellenzinitiative. Ich füge hinzu: Wenn die alle erfolgreich sind, wovon ich ausgehe, wird die Tasse Tee noch einmal ordentlich teurer. Aber auch dafür sind wir gerüstet. Die Tatsache, dass wir die Antragstellung unterstützen, kann man als Gradmesser dafür sehen, dass wir den Erfolg wünschen, und glauben, dass diese Anträge erfolgreich sein werden.
Insofern können Sie daran erkennen, dass die Exzellenzfähigkeit einer der wesentlichen Schwerpunkte der Hochschulpolitik ist.
Meine Damen und Herren, wir haben mit diesem hochschulpolitischen Konzept nicht nur eine Bestandsaufnahme vorgenommen, sondern wir haben darüber hinaus hochschulübergreifende und hochschulspezifische Zielsetzungen formuliert. Zur Verbesserung der Forschungsinfrastruktur wird die
Landesregierung den Ausbau bestehender außeruniversitärer Forschungseinrichtungen und die Ansiedlung von neuen Instituten weiter vorantreiben und damit auch die kooperierenden Hochschulen stärken. In diesem Zusammenhang ist die Überführung der Fraunhofer-Einrichtung für Marine Biotechnologie in Lübeck in ein vollständiges FraunhoferInstitut im Jahr 2013 ein wichtiger Meilenstein für die Landesregierung. Hierzu wird das Land den Institutsneubau - insgesamt 30 Millionen € - weiter unterstützen und sowohl Landesmittel für die zweite Phase der Anschubfinanzierung in Höhe von 6 Millionen € als auch für den Neubau in Höhe von 7,5 Millionen € bereitstellen.
Auch bei dem geplanten Wechsel von IFM-GEOMAR aus der Leibniz-Gemeinschaft in die Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren wird ein Schwerpunkt Meeresforschung in der Wissenschaftslandschaft Schleswig-Holstein in enger Verbindung mit der Christian-Albrechts-Universität erhalten bleiben. Die Aufnahme des IFM-GEOMAR in die Helmholtz-Gemeinschaft bietet die Möglichkeit, an einer großen Forschungsgemeinschaft teilzuhaben, die programmatisch in großem Umfang diese Mittel zur Verfügung stellt.