Erst Konzeption, dann Aktion. Das wäre in den vergangenen Monaten oft hilfreich gewesen. Das möchte ich an einigen Beispielen verdeutlichen. Im Sommer dieses Jahres hatten wir vor dem Landtag eine der größten Demonstrationen, die das Landeshaus je erlebt hat. Die Teilnehmer demonstrierten unter anderem für eine Erkenntnis, die die Regierung heute selbst aufschreibt. So heißt es auf Seite 5 in der Einleitung:
„Die Hochschulen sind wesentliche Akteure bei der Bewältigung der großen gesellschaftlichen Zukunftsaufgaben.“
Hätte Herr Carstensen das am Tag der Demonstration bei seiner damaligen Regierungserklärung nur schon einmal gewusst!
Im Konzept steht außerdem ein Satz, den man in Lübeck, Flensburg und Wedel gern lesen wird und der sicher schon im Sommer begeistert gefeiert worden wäre. Zur Ausgangslage heißt es auf Seite 7:
„Die Landesregierung unterstützt die Hochschulen des Landes in ihrer eigenverantwortlichen Bewältigung der zukünftigen Herausforderungen …“
Wenn das der Haushaltsstrukturkommission klar gewesen wäre! Vielleicht fürchtete heute die FH Wedel zu Unrecht die Insolvenz.
Weiter schreibt die Landesregierung, sie wolle die Erfolgsaussichten für die Fortsetzungs- und Neuanträge im Exzellenzbereich steigern. Auf Seite 26 weiß man zu berichten:
„Die medizintechnisch geprägte Wirtschaft Lübecks erleichtert darüber hinaus den Lübecker Hochschulen entsprechende Kooperationen beziehungsweise die Einwerbung entsprechender Forschungsaufträge.“
Diese Sätze hätte man doch Herrn Kubicki für seine Besuche in Lübeck mitgeben können. Vielleicht würden die Professoren Born und Hilgenfeld dann heute noch in Lübeck forschen.
Viele der vorgeschlagenen Maßnahmen halten auch wir für richtig. Viele Aussagen sind ehrlich und wichtig.
Natürlich müssen unsere Hochschulen mit finanziellen Mitteln in ausreichendem Umfang ausgestattet werden. Selbstverständlich müssen wir vor Entscheidungen zur Universität Flensburg die Empfehlungen der Wissenschaftlichen Kommission Nie
dersachsen abwarten. Gewiss führen Hochschulpakt und doppelter Abiturjahrgang im Jahr 2016 in Verbindung mit der Abschaffung der Wehrpflicht zu einem Mehrbedarf an Studienplätzen, und zwar unter möglichst guten Bedingungen. Sicherlich ist es ehrlich festzustellen, dass insgesamt betrachtet die Finanzierung der Hochschulen unterdurchschnittlich ist. Bestimmt ist die Erkenntnis ein erster Schritt, wenn uns nun schriftlich vorliegt, dass der Anteil von Frauen als Professoren in SchleswigHolstein nur 11,1 % beträgt und damit weit unter dem Bundesdurchschnitt liegt.
„Die Konzentration auf wenige wettbewerbsfähige Bereiche und die damit verbundene Fokussierung der verfügbaren Mittel zur Erzeugung kritischer Masse verlangt zugleich mehr Vernetzung und Kooperation und führt im Ergebnis zu einer überregionalen Sichtbarkeit und Erfolg in Lehre und Forschung im zunehmenden Wettbewerb der Wissensregionen.“
Es finden sich - wenn auch vorsichtig formuliert sogar visionäre Sätze in dem Bericht. Auf Seite 37 heißt es:
„Die normative Trennung zwischen Fachhochschulen und Universitäten bildet die realen Differenzierungsprozesse im Hochschulsystem möglicherweise nur noch unvollständig ab.“
„Die Lehrerausbildung ist im Kontext des quantitativen und qualitativen Ausbaus von Schule und Unterricht zu einem zunehmend wichtigen, gleichrangigen Studienfeld an Universitäten geworden.“
Dieser Satz ist mir allerdings etwas zu zaghaft. Wenn wir es ehrlich betrachten, müssen wir eigentlich sagen, dass manch ein Institut ohne die angehenden Lehrerinnen und Lehrer heute nahezu bedeutungslos wäre. Dem müssen wir Rechnung tragen.
In der vergangenen Woche habe ich einen interessanten Satz gelernt: Einen Lehrer, der sagt, er sei von Hause aus Germanist, müsse man eigentlich erschrocken fragen: Oh mein Gott, wo ist denn dein Zuhause? - Es wird einen Wandel geben müssen in
Es gibt auch kritische Punkte. Das Mantra der Stiftungsuniversität als Allheilmittel für die Universität Lübeck kann so lange nicht überzeugen, solange wir nicht wissen, welche Stifter welche Aufgaben übernehmen können. Deshalb hilft es auch nur bedingt, dass wir mit dem 1. Januar 2013 jetzt ein Datum kennen.
Die SPD bleibt dabei: Keine Studiengebühren bei Hochschulen in öffentlicher Verantwortung. Das gilt auch für Stiftungshochschulen.
Wir wollen den baulichen Masterplan für das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Zusammenarbeit mit privaten Investoren umsetzen, aber nicht so, dass wir den größten Arbeitgeber im Land und den einzigen Träger der medizinischen Maximalversorgung demnächst als Schnäppchenangebot irgendwo wiederfinden.
Auf Seite 21 wird festgestellt, die Bildungswege würden durchlässiger. Das ist gut. Die Angebote würden aber nur zurückhaltend in Anspruch genommen. Das ist betrüblich. Und nun?
Auf Seite 22 wird konstatiert, Schleswig-Holstein schneide trotz aller Dänemark-, Ostsee-, Hansebeltund Meeresinitiativen im Bereich der Internationalisierung nicht gut ab. Das ist bedauerlich. Wo ist denn unsere Perspektive für ein internationales und europäisches Hochschulwesen?
Dieses Konzept wirft also auch Fragen auf, aber das ist auch gut so. Dieses Konzept ist somit eine gute Grundlage für weitere Beratungen. Gut ist auch, dass die Landesregierung kurz vor Ablauf ihrer Amtszeit das konzeptionelle Arbeiten entdeckt. Besser spät als nie.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schleswig-Holstein ist bekanntermaßen ein Land zwischen den Meeren. Es ist lebensund liebenswert. Es stellt die hier lebenden Menschen auch durch seine geografische Lage vor be
sondere Herausforderungen, bietet aber auch immense Möglichkeiten bei der politischen Schwerpunktsetzung.
Das Land muss ohne eigene natürliche Ressourcen Wege finden, wie es für die Menschen im Land, aber auch über die Landesgrenzen hinweg attraktiv sein und zukünftig für die unterschiedlichsten Generationen Chancen bieten kann. In Zeiten des demografischen Wandels gilt es, die Hochschulen des Landes vorzubereiten und Wege zu finden, damit die zukünftig sinkende Studentenzahl nicht zu einem Verlust von Innovationen, nicht zu einem Verlust einer qualitativ guten Bildung und nicht zu einem Abwandern exzellenter Forscher führt.
Das Konzept gibt eine mögliche Antwort auf diese Entwicklung. Es gilt, das lebenslange Lernen durch Durchlässigkeit und Flexibilisierung des Bildungssystems zu fördern, und zwar unabhängig davon, ob es um die Modularisierung der Studiengänge geht, um E-Learning oder um die Errichtung berufsbegleitender und durch die Wirtschaft gestützter Studiengänge. All das kann dazu beitragen, eine breitgefächerte Studentenschaft für die Hochschulen Schleswig-Holsteins zu begeistern.
In diesem Zusammenhang ist es wichtig, Frauen den Einstieg in die Wissenschaft durch familienfreundliche Arbeitsbedingungen und eine gezielte frauenfreundliche Berufspolitik zu erleichtern. Es wird eine große Herausforderung für das Land sein, dem Fachkräftemangel auch dadurch entgegenzuwirken, dass mehr Frauen in die Wissenschaft eingebunden werden.
Dabei kann die Politik Rahmenbedingungen schaffen. Zugleich sind dabei aber auch die Hochschulen gefragt, diese aufzugreifen, Konzepte zu entwickeln und umzusetzen. Es gilt, durch die verstärkte Einbeziehung von Frauen in die Wissenschaft die Wettbewerbsfähigkeit der Hochschulen zu erhalten.
Zur Wettbewerbsfähigkeit gehört in einer globalisierten Hochschulwelt auch eine verstärkte Internationalisierung. Dabei ist die Implementierung eines Credit-Point-Systems in der anstehenden kleinen Hochschulgesetznovelle ein wichtiger Faktor. Durch die Einführung des Diploma Supplements haben Studenten einen Anspruch auf eine Beschreibung der erworbenen Abschlüsse und Qualifikationen. Dies erleichtert den Schritt ins Ausland immens.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in Zeiten, in denen der Abbau des strukturellen Defizits des Landes konsequent durchgeführt wird, wird auch die Hochschulfinanzierung vor große Herausforderun
gen gestellt. Hier jedoch pauschale Kürzungen vorzunehmen, würde viele zukunftsgerichtete Projekte, aber auch die Bewerbung bei der nächsten Exzellenzinitiative gefährden.
Hier muss sorgfältig geprüft werden, in welchem Rahmen Einschnitte gemacht werden können und wie durch Umstrukturierungsmaßnahmen - ich denke da beispielsweise an das Vorhaben der Universität zu Lübeck, sich auf den Weg zur Stiftungsuni zu begeben - eine exzellente Forschung und Lehre nicht gefährdet wird.
Das hochschulpolitische Konzept weist weiterhin auf Wege zur dauerhaften Sicherung der Hochschulfinanzierung hin, indem beispielsweise eine Verstärkung des All-Uni-Netzwerkes vorgesehen ist. Damit einhergehend könnten noch höhere Einwerbungen von Drittmitteln ermöglicht werden.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich wünsche mir, dass man in einigen Jahren bei dem Wort Schleswig-Holstein nicht nur an das Land zwischen den Meeren denkt, sondern auch an das Land der Exzellenzen und innovativen Hochschulen. Der 12. Platz der Christian-Albrecht-Universität unter allen deutschen Universitäten beim diesjährigen Shanghai-Ranking zeigt, dass Schleswig-Holstein bereits den richtigen Weg eingeschlagen hat. Das hochschulpolitische Konzept der Landesregierung ist ein Baustein für die Fortentwicklung von exzellenter Forschung und Lehre in Schleswig-Holstein.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister, erst einmal vielen Dank dafür, dass Sie Ihre Redezeit so deutlich überschritten haben. Ich hatte schon Angst, dass ich mit meiner Rede in der Zeit nicht durchkomme. Aber dank Ihnen kann ich die Rede so halten, wie ich es ursprünglich vorgesehen hatte.
Herr Minister, vielen Dank an Sie und vor allem Ihr Ministerium für den Bericht. Nachdem wir Grünen monatelang ein Konzept eingefordert haben, freuen wir uns sehr, dass Sie jetzt zumindest einen Bericht vorgelegt haben. Umso enttäuschter sind wir jedoch. Ihr Hochschulkonzept ist kein Konzept - ich