Protokoll der Sitzung vom 19.11.2010

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der LINKEN und SSW)

Um Missverständnissen gleich vorzubeugen: Ich glorifiziere nicht die Art und Weise, wie die Vertreterinnen und Vertreter der Landesregierung in den letzen Jahren ihre Kontrolle im Aufsichtsrat wahrgenommen haben, und ich möchte keineswegs die Kompetenz des derzeitigen Vertreters SchleswigHolsteins im Aufsichtsrat, Herrn Koopmann, infrage stellen.

(Beifall des Abgeordneten Thorsten Fürter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Aber es ist ein unwürdiges Schauspiel und ein unhaltbarer Zustand, dass die Landesregierung als einer der größten Anteilseigner um Informationen betteln muss

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

und auf wichtige Personalentscheidungen im Aufsichtsrat nur noch mühsam - schon gar nicht mehr direkt - Einfluss hat.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

Meine Damen und Herren, solange Schleswig-Holstein Anteilseigner ist, muss im Aufsichtsrat der HSH Nordbank sowohl Fachlichkeit als auch politische Verantwortung vertreten sein.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW sowie der Abgeordneten Dr. Ralf Steg- ner [SPD] und Dr. Christian von Boetticher [CDU])

Wie falsch die These war, man möge die Politik nur aus allen Gremien entfernen und schon werde die Bank genesen, zeigen die letzen Monate, in denen nicht die seriöse Geschäftspolitik der Bank, sondern Intrigen und Bespitzelungsvorwürfe im Vordergrund standen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Welch fatales Bild für eine Bank, die das Vertrauen ihrer Kunden zurückgewinnen muss und die Tausende engagierte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen hat.

Wenn der Vorstandsvorsitzende das Vertrauen der Hauptanteilseigner verspielt hat, wenn er für millionenschwere Verluste der Bank und für das dubiose Treiben der Sicherheitsfirma Mitverantwortung trägt, dann müssen jetzt alle juristischen Möglichkeiten geprüft werden, um einen „goldenen Handschlag“ zu vermeiden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und des Abgeordneten Dr. Christian von Boetticher [CDU])

Schon die letzte Sonderprämie für Herrn Nonnenmacher war eine Zumutung für die Steuerzahler.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, SSW und des Abgeordneten Dr. Chri- stian von Boetticher [CDU])

Meine Damen und Herren, im Gegensatz zu unserem Allroundtalent Wolfgang Kubicki kann ich nicht beurteilen, ob die im Raum stehenden Vorwürfe für eine fristlose Kündigung ausreichen. Ich weiß nicht, ob Herr Nonnenmacher gegen bankinterne Zeichnungsvorschriften verstoßen hat. Ich weiß auch nicht, ob er der Regierung Unterlagen vorenthalten hat. Was ich aber beurteilen kann, ist, dass es fahrlässig wäre, ohne unabhängige Prüfung eine millionenschwere Abfindung zu zahlen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

Deshalb erwarte ich von der Landesregierung - der Ministerpräsident ist nicht hier; Herr de Jager, deshalb geht das an Sie -, dass Sie uns heute klipp und klar sagen, ob es zwischen Herrn Kopper und dem Ministerpräsidenten ein Telefonat gegeben hat, in dem eine millionenschwere Abfindung zugesagt wurde. Ich erwarte nicht, dass Herr Kubicki uns das beantwortet, auch wenn er immer alles weiß, sondern ich erwarte, dass die Landesregierung uns diese Frage beantwortet.

Und ich erwarte, Herr de Jager, dass Sie sich in der Frage der Neubesetzung des Vorstandsvorsitzenden klar dazu positionieren, dass auch der Standort Kiel mit seinen 1.300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von einem zukünftigen Vorstandsvorsitzenden ernst genommen wird.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

(Monika Heinold)

Frau Kollegin -

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit, Frau Präsidentin.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Für die Fraktion DIE LINKE erteile ich Herrn Kollegen Ulrich Schippels das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wie der gemeinsame Antrag aller im Landtag vertretenen Fraktionen zeigt, gibt es durchaus eine gemeinsame Sicht, zumindest was den Fall Prevent angeht. Dazu brauche ich hier nicht viel auszuführen. Ich möchte aber doch das wiederholen, was ich schon im letzten Monat - damals waren Sie noch nicht ganz so weit - gesagt habe. Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder ist Herr Nonnenmacher tatsächlich direkt in diese Machenschaften verwickelt gewesen - dann gehört er natürlich nicht an die Spitze der Bank -, oder aber es ist direkt unter ihm, eine Ebene tiefer, passiert; dann trägt er zumindest die politische Verantwortung dafür und gehört auch nicht mehr an die Spitze dieser Bank.

(Beifall des Abgeordneten Björn Thoroe [DIE LINKE])

Gestern habe ich mich ein bisschen darüber gewundert, in der „SZ“ eine Aussage von Herrn Nonnenmacher zu der Frage lesen zu müssen, wann er denn endlich diese Bank verlasse:

„Ich habe noch kein Gespräch mit Aufsichtsratschef Hilmar Kopper geführt.“

Ich wundere mich schon, welche Rolle Aufsichtsratschef Hilmar Kopper einnimmt. Er hat sich schon in der Vergangenheit durch starke Treue zu Herrn Nonnenmacher ausgezeichnet. Ich frage mich, ob er wirklich noch die Interessen der Anteilseigner, auch unseres Landes, vertritt.

Ich fand die öffentliche Aussage von Herrn Nonnenmacher im Untersuchungsausschuss sehr interessant. Er hat dort seine Aufgabe so, wie er sie gesehen hat, eindeutig dargestellt: Er sei Vorstandsvorsitzender einer Geschäftsbank. Die unmittelbaren Interessen der Anteilseigner spielten für ihn kei

ne größere Rolle; es gehe nur um den Geschäftserfolg. Damit hat er übrigens auch begründet, dass die Bank Steuerdeals gemacht hat - dazu komme ich später noch einmal -, die eindeutig zulasten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler gegangen sind. Er hat uns gegenüber auch deutlich ausgeführt, welche Geschäfte die Bank ansonsten gemacht hat übrigens in einer Zeit, in der er noch nicht Chef war. Ich rufe nur das Goldman-CDS in Erinnerung. Offensichtlich hatte die HSH Nordbank mit Goldman Sachs gewettet, ob Lehman Brothers pleitegeht. Leider hat die HSH Nordbank darauf gewettet, dass Lehman nicht pleitegeht. Lehman ist pleitegegangen. Das hat einen ganz schönen Batzen Geld gekostet. Solche Geschäfte hat eine Landesbank nicht zu machen!

(Beifall bei der LINKEN)

Darin weiß ich mich mit Ralf Stegner und Heide Simonis einig; so habe ich zumindest ihre Aussagen vor dem Untersuchungsausschuss gewertet. Wir müssen aber zur Kenntnis nehmen, dass sich diese Bank in dieser Zeit offensichtlich ganz stark von den Interessen einer Landesbank emanzipiert hat.

Ich möchte auf die Steuerdeals zurückkommen, die von der „Welt“ am 1. November nach der Aussagen von Herrn Marti-Sanchez noch einmal an die Öffentlichkeit gebracht worden sind. Was waren das für Steuerdeals? - Die HSH Nordbank hat mit der Deutschen Bank, mit Lehman Brothers, mit der Dresdner Bank und mit Goldman Sachs Geschäfte in Steueroasen wie der Isle of Man gemacht. Das einzige Ziel dieser Geschäfte war es für beide jeweils beteiligte Banken, steuermindernd tätig werden zu können, das heißt, letztlich der Steuerzahlerin und dem Steuerzahler auch hier in SchleswigHolstein und in Hamburg zu schaden.

Und dann, Herr Koch, versuchen Sie das im Untersuchungsausschuss auch noch zu entschuldigen, indem Sie, zumindest in eine Frage an Herrn Nonnenmacher gekleidet, sagen, dass diese Deals für das Land vielleicht gerade sinnvoll seien; zwar würden zunächst weniger Steuern gezahlt, dann werde aber die Rendite erhöht, und das bedeute auch, dass die Devisenausschüttung für das Land höher sei. - Herr Koch, so haben Sie das formuliert. Da wunderte ich mich nicht über das Lächeln von Herrn Nonnenmacher, als er gesagt hat: Nein, darum geht es in keiner Weise; es gehe einfach darum, dass wir Gewinn machen wollen.

Offensichtlich ist das auch Ihre Wirtschaftspolitik. Ich wunderte mich die ganze Zeit, warum in der Steuerverwaltung gespart werden soll. Das bedeutet

ja weniger Steuereinnahmen für unser Land. Jetzt habe ich die Lösung: Die Steuereinnahmen gehen nach Berlin. Wir können uns also das Personal sparen und haben so einen Gewinn, und über den Länderfinanzausgleich kommt das Geld wieder zurück.

Das scheint offensichtlich Ihre Politik zu sein. Das ist eine falsche Politik, meine Damen, meine Herren. Das wird auch nicht funktionieren; denn die anderen Länder werden darauf reagieren und werden das Gleiche machen wie Sie, und der Staat wird darunter leiden.

Wir wollen eine Bank, die nicht der Rendite hinterherjagt. Denn genau das hat dazu geführt, dass die HSH Nordbank ins Taumeln geriet und beinahe in den Abgrund gerissen worden ist. Wir wollen eine Bank, die tatsächlich die Interessen der Anteilseignerinnen und Anteilseigner realisiert und wahrnimmt. Wir wollen eine Bank, die der heimischen Wirtschaft, zum Beispiel den Werften wie Lindenau, hilft.

Deshalb hoffe ich, dass Sie unserem Antrag zustimmen werden. Wir brauchen eine Bank des Nordens für den Norden, meine Damen und Herren. Wir brauchen keinen Global Player. Die Welt wartet nicht auf die HSH Nordbank, höchstens wartet sie darauf, mit der HSH Nordbank Geschäfte machen zu können, die sie sonst mit keiner Bank machen kann, weil die anderen Banken nämlich ihr Geschäft verstehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Kollege, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Monika Heinold?

Dann haben Sie das Wort, Frau Heinold.

Herr Schippels, Sie setzen sich in Ihrem Antrag für eine kapitalistische Bank in Schleswig-Holstein ein.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP)

Meine Frage lautet, ob Ihnen bewusst ist, dass Sie damit den Kapitalismus stärken.

Frau Heinold, wir leben im Hier und Jetzt.

(Lachen und Beifall bei CDU und FDP)