Protokoll der Sitzung vom 17.12.2010

(Beifall)

In einem anderen Petitionsverfahren hat sich der Petitionsausschuss mit Erfolg für die Einstellung eines Brandmeister-Anwärters eingesetzt. Eigentlich hätte der Petent gar nicht eingestellt werden können, denn er war mit 30 Jahren bereits zu alt. Der Wegfall der bisherigen Altersgrenze bis 29 war zwar bereits geplant, jedoch war die Neuregelung der maßgeblichen Landesverordnung erst in der Vorbereitung und wäre nicht mehr rechtzeitig bis

(Minister Emil Schmalfuß)

zur Einstellung des Feuerwehrmanns fertiggestellt gewesen. In Abstimmung mit dem Innenministerium konnte erreicht werden, dass im Vorfeld zu der Neuregelung die bisherige Altersgrenze gestrichen worden ist. Somit steht der Ausbildung des Petenten zum Brandmeister nichts mehr im Wege.

Eine weitere Petition betraf das Gastschulabkommen: Zwei Familien aus dem Hamburger Umland baten den Ausschuss um Hilfe, damit ihre Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf eine Sonderschule in Hamburg besuchen durften. Die Hansestadt Hamburg hatte eine Einschulung der Kinder an der Privatschule abgelehnt, weil sie - entgegen der Rechtsauffassung Schleswig-Holsteins - einen Besuch der Privatschule nicht als vom Gastschulabkommen gedeckt angesehen hatte.

Der Ausschuss hat es damals sehr - wirklich sehr bedauert, dass verschiedene Rechtsauffassungen zwischen Schleswig-Holstein und Hamburg dazu geführt haben, dass ein Kind gar nicht und das andere Kind erst nach einem Umzug nach Hamburg die gewünschte Schule besuchen konnte.

Umso mehr begrüße ich, dass sich die Länder in der letzten Woche auf ein neues Gastschulabkommen verständigt haben und derartige Probleme zukünftig wahrscheinlich nicht mehr zu erwarten sind.

(Beifall bei CDU, FDP und der Abgeordne- ten Jürgen Weber [SPD] und Dr. Marret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Nun zu den eingangs angekündigten Neuerungen im Petitionswesen: Angesichts der zunehmenden Bedeutung des Internets in allen Lebensbereichen hat der Petitionsausschuss beschlossen, das schleswig-holsteinische Petitionsverfahren internettauglich zu machen. Für das Petitionswesen ergeben sich daraus neue Möglichkeiten, die wir nutzen möchten - und ich denke auch - nutzen müssen. Zum einen soll es in Schleswig-Holstein in Zukunft möglich sein, Petitionen über ein E-Mail-Formular online einzureichen. Mit dieser Maßnahme reagieren wir auf den zunehmenden Wunsch der Bürgerinnen und Bürger, sich auch über das Internet mit Bitten und Beschwerden an den Petitionsausschuss zu wenden. Bisher war dies nur auf schriftlichem Wege mit eigenhändiger Unterschrift möglich.

Zum anderen wird in Schleswig-Holstein künftig das sogenannte öffentliche Petitionsverfahren eingeführt. Damit soll den Bürgerinnen und Bürgern künftig die Möglichkeit gegeben werden, ihr Anliegen öffentlich auf der Internetseite des SchleswigHolsteinischen Landtags zu vertreten. Internetnut

zer können diese öffentlichen Petitionen durch Mitzeichnung unterstützen.

Eine entsprechende Möglichkeit der Online-Veröffentlichung wird es künftig auch für Beschlüsse in sogenannten Massenpetitionsverfahren geben. Damit entfällt die Verpflichtung, vielen Hunderten, möglicherweise sogar tausenden Petenten die Beschlüsse einzeln zuzuschicken. Damit reagieren wir auch auf aktuelle Entwicklungen im Petitionsverfahren. In Schleswig-Holstein sind in diesem Jahr mehrere Massenpetitionen eingegangen.

Als nächster Schritt wird die technische Umsetzung erfolgen. Daran wird gearbeitet. Die Einführung der Online-Petition sowie der öffentlichen Petition ist aus unserer Sicht ein weiterer Schritt zur Stärkung der Mediendemokratie in Schleswig-Holstein. Ich glaube, wir sind gut beraten, es so zu machen. Viele Bundesländer haben uns schon gezeigt, dass es gut funktioniert.

Damit komme ich zum Schluss und bitte Sie, die Erledigung der Petitionen zu bestätigen.

(Beifall)

Ich danke der Frau Berichterstatterin. Wortmeldungen zum Bericht sehe ich nicht. Eine Aussprache ist nicht vorgesehen. Der Ausschuss empfiehlt, den Bericht Drucksache 17/1046 zur Kenntnis zu nehmen und die Erledigung der Petitionen zu bestätigen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 49 auf:

Kostenlose Kontrazeptiva (empfängnisverhüten- de Mittel) für Personen mit Leistungsbezug gemäß SGB II, SGB XII, dem Asylbewerberleistungsgesetz und mit vergleichbar geringem Einkommen

Antrag der Fraktion DIE LINKE Drucksache 17/912

Bericht und Beschlussempfehlung des Sozialausschusses Drucksache 17/974

(Unruhe)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich hatte vorhin die Reihenfolge bekannt gegeben.

(Katja Rathje-Hoffmann)

Ich erteile dem Berichterstatter des Sozialausschusses, dem Herrn Abgeordneten Christopher Vogt, das Wort.

Frau Präsidentin, ich verweise auf die Vorlage.

(Heiterkeit - Beifall des Abgeordneten Tor- sten Geerdts [CDU])

Ich danke dem Berichterstatter für diesen ausführlichen Bericht.

(Heiterkeit)

Wortmeldungen zum Bericht sehe ich nicht. Die Fraktionen haben sich im Ältestenrat darauf verständigt, dass zu diesem Tagesordnungspunkt nur die Fraktion DIE LINKE als Antragstellerin das Wort ergreift. Ich erteile deshalb für die Fraktion DIE LINKE der Frau Abgeordneten Antje Jansen das Wort.

Dass dieses ernste Thema überall - gerade bei den männlichen Kollegen - für Erheiterung sorgt, na gut.

(Tobias Koch [CDU]: Das hat mit dem The- ma nichts zu tun!)

Das sind wir gewohnt.

Frau Abgeordnete, wenn ich das nur bemerken darf: Ich glaube nicht, dass es diesem Thema galt.

Na gut. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Tatsache, dass Frauen aufgrund finanzieller Not ungewollt schwanger werden, ist zweifelsfrei ein großer sozialpolitischer Missstand. Auch wenn niemand ganz genaue Zahlen hierzu vorlegen kann, bleibt das Problem doch gravierend. Denn jeder individuelle Fall ist ein Fall zu viel. Wer in Deutschland ein Kind bekommen möchte, es aber nicht kann, für dessen medizinische Behandlung ist eine weitreichende Kostenübernahme sichergestellt, denn der unerfüllte Kinderwunsch ist als Diagnose anerkannt - das ist auch gut so.

(Beifall bei der LINKEN)

Ebenso werden die Kosten für Schwangerschaftsabbrüche nach SGB V § 24 b altersunabhängig durch die Kassen übernommen. Auch das ist natürlich richtig. Nach § 24 a Abs. 2 SGB V werden die Kosten für ärztlich verordnete Verhütungsmittel aber nur bis zur Vollendung des 20. Lebensjahres durch die gesetzliche Krankenversicherung übernommen. Danach ist man dafür selbst verantwortlich. Das ist an sich schon ein Missstand.

Wir halten Familienplanung für ein so wesentliches Gut der Selbstbestimmung von Menschen, dass sie in generell in der Sozialpolitik verankert sein sollte.

(Beifall bei der LINKEN)

Das heißt, wenn es nach meiner Fraktion ginge, würde es eine generelle Übernahme der Kosten für Verhütungsmittel durch die Kassen geben.

(Beifall bei der LINKEN)

Selbstverständlich sollte auch die gewollte Empfängnisverhütung einen Grund für Kostenübernahme darstellen.

Zu einem Problem wird dieser Missstand aber, wenn Frauen aufgrund finanzieller Not ungewollt schwanger werden. Eine Pilotstudie der Hochschule Merseburg zeigt deutlich, dass die Frauen oftmals auf billigere und weniger sichere Verhütungsmethoden zurückgreifen, wenn das Geld fehlt. Die Träger - und fast ausschließlich alle Träger - der Schwangerschaftskonfliktberatung, auch in den Kreisen und Gemeinden, wenn dort welche ansässig sind, haben diese Problematik in der letzten Zeit aufgrund der Erfahrung ihrer Arbeit bereits in die Öffentlichkeit getragen. Ich kann nur sagen, dass pro familia in Lübeck, Flensburg und - ich glaube auch - in Ostholstein haben in letzter Zeit gerade diese Frage sehr problematisiert. Auch pro familia in Köln hat in einer nicht repräsentativen Untersuchung festgestellt, dass nach Einführung von Hartz IV unter den Sozialleistungsbeziehern die Quote der Frauen, die regelmäßig verhüten, von vormals 67 % auf 30 % abgesunken ist. Von 69 befragten Frauen zwischen 11 und 45 Jahren waren 27 Frauen schwanger geworden - alle 27 ungewollt.

Dieser Zustand kommt nicht von ungefähr, denn der Anteil für Medikamente und therapeutische Geräte im Regelsatz der Leistung nach dem SGB II beträgt aktuell gut 13,17 € pro Monat. Dieser Betrag soll nach dem Willen der Bundesregierung auf 15,55 € erhöht werden. Dieses Geld soll aber auch für die Praxisgebühr und andere Medikamente reichen. Wenn die Verhütungsmittel also offensicht

(Vizepräsidentin Herlich Marie Todsen-Reese)

lich nicht aus diesem Budget finanzierbar sind, dann stellt sich die Frage, aus welchem Teil des Regelsatzes diese Kosten stattdessen abzuzwacken seien. Wie Sie genau wissen, sind bei den Familien dafür keine Reserven vorgesehen. So weit haben wir es in Deutschland im 21. Jahrhundert schon gebracht: Unsere Gesellschaft lässt junge Frauen, die mit einem Kind schlicht überfordert sind, allein, empört sich gleichzeitig über Babyklappen und offensichtliche Hilfeschreie junger Mütter und zwingt die wachsende Zahl armer Frauen in unserem Land dazu, Abtreibung zu einem Instrument der Familienplanung zu machen. Angesichts der Risiken, die für die Frauen mit diesem Eingriff verbunden sind, grenzt dieser Zustand schon an Körperverletzung.

(Beifall bei der LINKEN)

Um also wenigstens die gröbsten Missstände möglichst schnell abzustellen, haben wir in unserem Antrag eine Kostenbefreiung für jene Menschen gefordert, die ihren Lebensunterhalt nach SGB II, nach SGB XII oder nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen oder aber über ein vergleichbar geringes Einkommen verfügen. Die Frage der Form der Verhütung muss von den Menschen mit Unterstützung durch ärztliche Beratung selbst getroffen werden, und für die Kostenerstattung haben wir nach unserer Meinung sozialpolitisch Sorge zu tragen.

(Beifall bei der LINKEN und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Der Ausschuss empfiehlt dem Landtag mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE bei Enthaltung der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW, den Antrag abzulehnen. Wer dem Antrag der LINKEN jetzt zustimmen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenprobe. Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag der LINKEN, Drucksache 17/912, abgelehnt mit den Stimmen von CDU, FDP bei Enthaltung der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des SSW gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. Dieser Tagesordnungspunkt ist damit erledigt.

Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, begrüßen Sie mit mir auf der Tribüne Vertreter des U-Boots-Stammtisches Kiel! - Herzlich willkommen hier im Landtag!