Protokoll der Sitzung vom 26.01.2011

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie wir alle wissen, wurden mit dem Gesundheitsdienstgesetz, dem GDG, aus dem Jahr 2002 die Weichen für die kommunale Gesundheitspolitik neu gestellt. Die Aufgaben des öffentlichen Gesundheitsdienstes wurden durchgehend als Selbstverwaltungsaufgaben definiert. Ziel war es, die ursprünglich eher gesundheitspolizeilichen Aufgaben der Gesundheitsämter zu einer kommunalen Gesundheitspolitik weiterzuentwickeln. Dabei sollten nicht nur Angebote koordiniert und die Gesundheit der Bevölkerung vorbeugend gefördert werden. Mit dem Gesetz haben wir seinerzeit auch die Hoffnung verbunden, dass hiermit die Ressourcenprobleme im traditionellen, kurativen Gesundheitswesen verbessert werden könnten. Man kann also mit Recht behaupten, dass es sich hierbei nicht

(Antje Jansen)

nur um ein wichtiges, sondern auch um ein sehr ambitioniertes Vorhaben handelt.

Auch der SSW hat diese Entwicklung unterstützt, aber wir haben im gesamten Prozess seit der Verabschiedung des Gesetzes immer angemerkt, dass die Kommunen die entsprechenden Ressourcen bekommen müssen, um diese ambitionierte Pläne auch umsetzen zu können.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Sorge, dass es kontraproduktiv sein könnte, Standards in diesem sensiblen Bereich freizugeben, ohne dabei für eine angemessene finanzielle Ausstattung zu sorgen, haben damals fast alle Fraktionen geteilt. In den hierzu vorliegenden Berichten wurde deutlich, dass die kommunale Ebene bei der Erfüllung der Aufgaben aus dem GDG leicht an ihre Grenzen stößt. Der Effekt des Gesetzes ist dadurch bisher eher begrenzt. Der SSW sieht daher die Landesregierung unabhängig von dem vorliegenden Gesetzentwurf in der Pflicht, für eine auskömmliche Finanzierung der Selbstverwaltungsaufgaben zu sorgen. Dies gilt insbesondere für die Aufgaben im präventiven Bereich. Dieser muss allein schon deshalb ausgebaut werden, weil er langfristig dazu beiträgt, Kosten zu sparen, ohne dabei das Niveau der Krankenversorgung zu verschlechtern.

Kommen wir nun zu den aktuellen Änderungen im vorliegenden Gesetzentwurf. Mit diesem verfolgt die Landesregierung die Absicht, einige Selbstverwaltungsaufgaben des öffentlichen Gesundheitsdienstes zu Aufgaben nach Weisung zurückzuführen. Für den SSW muss ich sagen, dass wir diese Änderungen zum Teil für sinnvoll, zum Teil aber auch für recht zweifelhaft halten.

(Glocke der Präsidentin)

Im Bereich Infektionsschutz muss der Gesundheitsschutz der Bevölkerung selbstverständlich zu jeder Zeit gewährleistet sein. Dass in diesem Bereich neue Herausforderungen wie zum Beispiel bioterroristische Bedrohungen oder Grippepandemien bestehen, ist ebenfalls unstrittig. Es lässt sich aber bezweifeln, ob die Bevölkerung tatsächlich besser geschützt wird, wenn diese Aufgabe zukünftig nach Weisung auszuführen ist. Auch die Behauptung, dass die Umwidmung im Ergebnis den Verwaltungsaufwand reduziert, sehen wir kritisch. Fest steht, dass das Ministerium in einem solchen Fall aufgrund der Fachaufsicht erhebliche personelle Ressourcen vorhalten muss. Es steht zu befürchten, dass die Kommunen von der Möglichkeit Gebrauch machen werden, einfach auf die Verantwor

tung des Ministeriums zu verweisen, ohne selbst eine besonders aktive Rolle zu spielen.

Die geplante Verordnungsermächtigung für den Bereich der Krankenhaushygiene ist dagegen dringend notwendig. Diese Änderung wird auch vom SSW begrüßt, denn Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass dort, wo es landeseinheitliche Vorgaben gibt und die Anforderungen an die Hygiene rechtsverbindlich geregelt werden, auch die Zahl der Infektionen zurückgeht.

Betrachten wir den vorliegenden Entwurf im Ganzen, so muss ich für den SSW festhalten, dass er einige dringende Fragen aufwirft. Wichtig ist vor allem die Frage, ob durch die vorgeschlagenen Änderungen tatsächlich die Kosten und der Verwaltungsaufwand reduziert werden. Auch die Frage nach den Konsequenzen dieser Änderungen für das Niveau der Krankenversorgung sollten wir in einer Anhörung im zuständigen Ausschuss klären.

(Beifall bei SSW, der LINKEN und verein- zelt bei der SPD)

Zu einem weiteren Beitrag der Landesregierung erteile ich Herrn Minister Dr. Heiner Garg das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe eine ganze Weile überlegt, ob ich das jetzt sagen soll. Heute Morgen war von dieser Seite viel von Moral, von Stilfragen und von Transparenz die Rede. Ich finde es sehr beeindruckend, was die Kollegin Bohn und der Kollege Heinemann im Hinblick auf die Zeit und auf die Frage, wann dieses Gesetz kommt, zum Besten gegeben haben. Irgendwann ist es mit der Freundlichkeit vorbei.

Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass mir von meiner Fachabteilung in personeller Kontinuität berichtet wird, dass der damaligen Hausspitze vonseiten meiner Abteilung seit Beginn des Jahres 2007 dringend geraten wurde, im Bereich der Krankenhaushygiene tätig zu werden und im Bereich der Krankenhaushygiene entsprechende Möglichkeiten zu schaffen. Diese Notwendigkeit wurde dringend angemahnt.

Ich glaube, wir alle wissen, wer bis Mitte 2009 die Verantwortung hatte. Ich will ganz deutlich machen, dass eine Änderung des Gesundheitsdienstgesetzes im Ministerium so schnell es ging und mit al

(Flemming Meyer)

len Facetten, die ich Ihnen vorhin vorgetragen habe, besprochen und auf den Weg gebracht wurde. Bei allem Verständnis dafür, dass Sie am Gesetzentwurf selbst offensichtlich nicht besonders viel kritisieren konnten, würde ich Sie bitten, vielleicht ein wenig selbstkritischer mit dem Umstand umzugehen, dass in der Tat zweieinhalb Jahre lang die Chance vertan wurde, weil man das politisch nicht wollte. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, ich will das gar nicht bewerten, aber das war so, weil man das politisch nicht wollte.

(Zuruf der Abgeordneten Dr. Marret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Frau Bohn, die Grünen waren damals in der Opposition. Dass sich aber ein SPD-Abgeordneter hier hinstellt und dieser Landesregierung den Vorwurf macht, finde ich schon bemerkenswert.

(Beifall bei FDP und CDU)

Zu einem Dreiminutenbeitrag erteile ich Herrn Abgeordneten Bernd Heinemann das Wort.

(Zurufe von der CDU)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich sammle mich ganz kurz und bin dann wieder voll dabei. Noch einmal als Replik auf das, was der Herr Minister eben gesagt hat.

Wir haben im Januar - es kann auch im Februar gewesen sein; das kann ich jetzt nicht genau sagen, weil ich jetzt meinen Kalender nicht dabei habe zusammengesessen und haben über die Krankenhaushygiene gesprochen. Ein Beitrag dabei war unter anderem: Solch eine Verordnung kann ich an einem Tag herstellen. Nicht von Ihnen, Herr Minister, aber Ihre Mitarbeiter haben das gesagt, dass das schnell gemacht werden kann - ich will das mal so formulieren -, und Sie haben freundlich dazu genickt.

Wenn Sie sich jetzt hier hinstellen und sagen, unsere Ministerin müsste man zum Jagen tragen - das haben Sie nicht heute gesagt, das haben Sie vor kurzem gesagt -, und heute sagen, die habe nichts gemacht, während Sie selber ein Jahr brauchen, um eine solche Übernachtaktion zu bewegen, dann ich nur sagen: Ich weiß gar nicht, woher Sie den Mut nehmen, sich hier hinzustellen und zu sagen: Wir haben die Sache nicht verschleppt. Eine Krankenhaushygieneverordnung machen andere Länder

in wenigen Wochen. Dafür brauchen Sie ein ganzes Jahr, um sich die Erlaubnis zu holen. Wir hätten hier im Landtag eine Verordnung auf den Weg bringen können. Außerhalb des Gesetzes hätten Sie eine ganze Menge bewegen können. Wir hätten eine gesetzliche Änderung für diesen Teil sofort auf den Weg bringen können und hätten nicht anfangen müssen, uns hinter Bürokratie zu verstecken, weil man das ganze Gesetz ändern muss, um einen Teil zu bewegen. Das können Sie mir nicht erzählen.

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Sassen zu?

Herr Kollege Heinemann, ist Ihnen ganz genau bekannt, wie lange die anderen Länder für Ihre Verordnungen gebraucht haben? Können Sie sich nicht auch vorstellen, dass es nicht nur darum geht, eine Verordnung mal eben an einem Tag runterzuschreiben, sondern auch Gespräche zu führen, wie es die Landesregierung getan hat, damit dann daraus auch etwas Vernünftiges wird?

- Als Antwort darauf, Frau Kollegin Sassen, kann ich sagen: Es geht hier darum, dass Sie ein Jahr gebraucht haben, um die Ermächtigung für die Erstellung einer Verordnung zu bekommen. Es geht gar nicht um die Verordnung, es geht um die Ermächtigung. Die haben wir heute auf den Weg gebracht. Wir brauchen anschließend noch einmal weitere Monate, um dies dann zu einer Entscheidung zu bringen. Wir werden es in einem Monat oder in zwei Monaten eine Entscheidung treffen, ob die Erlaubnis gegeben wird.

Ich kann nur hoffen, dass die Verordnung längst in den Schubladen liegt, damit nicht noch mehr Menschen in diese Bredouille kommen, dass einige Krankenhäuser sich nicht an die Robert-KochRichtlinie halten.

(Beifall bei der SPD)

Das musste ich hier noch einmal hinzufügen, Herr Minister.

(Beifall bei der SPD)

(Minister Dr. Heiner Garg)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucksache 17/1120, sowie der Änderungsantrag der SPD-Fraktion, Drucksache 17/1202, dem Sozialausschuss zu überweisen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Dann ist das einstimmig so beschlossen.

Ich rufe jetzt als letzten Punkt der heutigen Sitzung auf die Tagesordnungspunkte 14 und 15:

Gemeinsame Beratung

a) Für Investitionen in die Schiene - gegen Gigalinerversuche in Schleswig-Holstein und bundesweit

Antrag der Fraktion DIE LINKE Drucksache 17/909

Potential von Ökolinern erschließen

Änderungsantrag der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 17/944

b) Mehr Lkw-Parkplätze an Schleswig-Holsteins Autobahnen schaffen

Antrag der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 17/936

Lkw-Parkplätze an Schleswig-Holsteins Autobahnen schaffen

Änderungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/1183

Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Drucksache 17/1218

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Ich stelle fest, das ist nicht der Fall. Damit eröffne ich die Aussprache. Das Wort hat für die ältere Antragstellung der Herr Abgeordnete Björn Thoroe für die Fraktion DIE LINKE.