Schleswig-Holstein muss im Bundesrat gegen den geplanten Raubritterzug des Bundes zulasten der Länder und der Kommunen stimmen.
Im Bundesrat - darüber diskutieren wir gleich auch noch - kommt es auf die Stimme Schleswig-Holsteins an. Der Ministerpräsident hat angekündigt, dass er dem so nicht zustimmen wird. Ich sage: Der Ministerpräsident steht in der Pflicht zu verhindern, dass Schleswig-Holstein jährlich bis zu 450 Millionen € verliert.
Herr Finanzminister, stimmen Sie im Bundesrat als Erstes gegen Westerwelles Wachstumsbeschleunigungsgesetz,
das uns - das ist doch ein Treppenwitz der Geschichte - zuerst aus der einen Tasche genau die 70/80 Millionen € zieht, die uns durch Bund und Länder als Altschuldenhilfe in die andere Tasche wieder hineingesteckt werden. So kann es nicht gehen, so werden wir das Ziel nicht erreichen.
Schleswig-Holstein muss sich jetzt auf die Schuldenbremse vorbereiten. Es ist aber denkbar schlecht vorbereitet. Sie machen das immer an uns fest, ich mache das nicht nur an uns fest. Ich sage immer: Wir tragen Mitverantwortung, aber ich sage auch der CDU, wo ihre Verantwortung liegt.
Die tiefgreifende Verwaltungsreform fiel den CDULobbyisten zum Opfer, der von Rot-Grün eingeleitete Personalabbau wurde unter Schwarz-Rot eingestellt, und mit dem Schleswig-Holstein-Fonds wurden 423 Millionen € zusätzlich
an Schulden gemacht. Das sind zusätzliche Schulden, Herr Koch. So viel zu Ihrer Generationengerechtigkeit. So, Herr Finanzminister, bereitet man ein Land nicht auf die harten Anforderungen der Schuldenbremse vor - ganz zu schweigen von dem unkalkulierbaren Risiko der HSH Nordbank, einem brodelndem Vulkan, der jederzeit ausbrechen kann.
Und, Herr Finanzminister, kommen Sie nicht auf die Idee, Ihre finanzpolitischen Ziele wieder umzusetzen, indem Sie die Kommunen erneut schröpfen.
Wir teilen die Forderung des Städteverbandes Schleswig-Holstein, dass in der Landesverfassung auch festgeschrieben werden muss, dass das Land die Schuldenbremse nicht zulasten der Kommunen umsetzen darf.
Verbal ist die CDU Sparweltmeister, aber in der Praxis ist sie der größte Schuldenmacher der Nation.
Ich nehme zum Beispiel einmal folgenden Vergleich - Herr Wiegard, Sie haben gesagt, Sie seien die erste Regierung, in der es gelinge, mehr zu erwirtschaften, es seien eigentlich nur noch die Zinsen, die einen erdrosselten -: 1996, unser erstes Regierungsjahr hier in Schleswig-Holstein, lagen die Zinsen bei über 800 Millionen €. Die Nettoneuverschuldung lag bei 630 Millionen €. Das heißt, damals 1996, haben wir 200 Millionen € aus dem laufenden Haushalt für die Zinslast erwirtschaftet.
(Wolfgang Kubicki [FDP]: Da hatten Sie ge- rade Vermögen verschleudert! - Hans-Jörn Arp [CDU]: Die Provinzial haben Sie ver- kauft!)
Jetzt nehme ich Ihr Jahr 2006: 7,2 % Wachstum, 891 Millionen € Zinsen und 885 Millionen € Neuverschuldung. Seien Sie also vorsichtig, wenn Sie sich für Ihre eigenen Erfolge preisen.
Wer die Schuldenbremse ernst nimmt, muss sich auch in Berlin dafür einsetzen, dass sich die Rahmenbedingungen grundlegend ändern. Das Konzept vom Finanzminister Wiegard für einen Altschuldenfonds war richtig. Dafür habe ich Sie immer gelobt. Aber leider war die Landesregierung erfolglos.
- Gut, Herr Stegner sagt immer, dass sei seins. Das kann man mit Sicherheit auch irgendwo nachlesen. Das ist mir aber auch wurscht. Tatsache ist, diese Idee des Altschuldenfonds war richtig, aber sie ist nicht umgesetzt worden.
Wir Grüne halten weiter daran fest. Wir stehen dazu, das haben wir auch vor der Wahl gesagt, dass der Soli-Ost erhalten bleiben muss. Wir brauchen ihn hälftig, um Altschulden zu tilgen, und hälftig für einen Bildungsfonds.
So wie der Aufbau Ost eine gesamtstaatliche Aufgabe war und ist - die Mittel laufen jetzt aus -, so ist aus grüner Sicht die Entschuldung der öffentlichen Hand, aber auch ein qualitativ hochwertiges Bildungssystem, eine gesamtstaatliche Aufgabe. Dafür muss sich die Landesregierung in Berlin einsetzen.
Meiner Fraktion ist es ernst damit, dass Generationengerechtigkeit und Nachhaltigkeit auch für die Finanzpolitik gelten müssen. Unser Vorschlag, in der Haushaltsstrukturkommission mitzuarbeiten, war durchaus ernst gemeint. Dass CDU und FDP dies kaltschnäuzig abgelehnt haben, zeigt, dass sich Schwarz-Gelb in alten Schützengräben bewegt, statt nach vorn zu schauen und zu gucken, wie man mit dem ganzen Haus gemeinsam einen Pfad findet, der gangbar ist.
Meine Damen und Herren, wenn wir der zukünftigen Generation einen geordneten Landeshaushalt übergeben wollen, dann brauchen wir eine Schuldenbremse, die Konjunktur gerecht steuert, eine Schuldenbremse, die mit der alten Philosophie Schluss macht, dass Investitionen in Beton erlaubt sind und Investitionen in Bildung verhindert werden.
Wenn wir den Anspruch haben, die Neuverschuldung zu reduzieren und gleichzeitig in Klimaschutz und Bildung zu investieren, dann muss es auch erlaubt sein, ergebnisoffen über Einnahmesteigerungen des Staates zu reden.
Meine Fraktion wird die Debatte über die Schuldenbremse auch weiterhin konstruktiv begleiten. Jetzt ist es aber erst einmal an der Landesregierung: Herr Finanzminister, fangen Sie endlich mit Ihrer Arbeit an! Vertagen Sie nicht erneut die Finanzplanung! CDU und FDP, liebe Kolleginnen und Kollegen, streichen Sie diesen unsäglichen Absatz aus Ihrem Antrag, dass man die mittelfristige Finanzplanung wieder vertagt.
- Ja, es gibt eine neue Regierung, aber es gibt einen Finanzminister, der gesagt hat, er habe Pläne in der Tasche. Da wird es ihm doch wohl möglich sein, eine mittelfristige Finanzplanung vorzulegen.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW - Wolfgang Kubicki [FDP]: Was würden Sie denn machen, wenn Sie an der Regierung wären? Das ist so etwas von albern! - Weitere Zurufe von der CDU)
Herr Kollege, können wir uns darauf verständigen, dass wir uns für die nächsten fünf Jahre auf eine ganz normale Anrede hier im Haus einigen?
Meine Damen und Herren, ich bin irritiert und ein wenig erschüttert, dass jetzt offenbar zwischen den Fraktionen der Wettlauf ausbricht, wer am meisten gespart hat, wer am meisten sparen will, und zwar beim Personal im Land. An diesem Wettbewerb das kann ich für meine Fraktion sagen - werden wir uns nicht beteiligen.
Ich denke, wir sind uns hier im Haus einig, dass die Schuldenregelung - so wie sie im Grundgesetz verankert worden ist - ein schwerer und nicht hinnehmbarer Eingriff in das Grundrecht unseres Landesparlamentes darstellt. Ich hätte es begrüßt, wenn das an der einen oder anderen Stelle noch einmal hervorgehoben und von allen Fraktionen noch einmal klargestellt worden wäre.
Wir haben zu dem Antrag der SPD einen Änderungsvorschlag vorgelegt. Bevor ich es nachher vergesse, möchte ich darauf hinweisen, dass wir auch möchten, dass diese Anträge alternativ, dass heißt einzeln, abgestimmt werden.
Zur Erklärung unseres Änderungsantrags möchte ich auf die aktuelle politische Finanzdebatte kurz eingehen. Einer der letzten großen Taten der Großen Koalition auf Bundesebene - es war am 7. Oktober dieses Jahres - war ein Gesetzentwurf, in dem der Anteil des Bundes an den kommunalen Leistungen für Unterkunft und Heizung im laufenden Jahr auf durchschnittlich 23,6 % abgesenkt wird. Es geht um die Beteiligung des Bundes an den kommunalen SGB-II-Leistungen. In Schleswig-Holstein soll der Anteil sogar auf 23 % abgesenkt werden.