Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Ich sehe, das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache. Für die CDU-Landtagsfraktion erteile ich dem Herrn Kollegen Werner Kalinka das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Allen, die ehrenamtlich tätig sind, gebührt dafür unsere uneingeschränkte Anerkennung, unser Dank und unser Lob.
Wer sich ehrenamtlich engagiert, der leistet einen Dienst für den Nachbarn, für die Gemeinschaft. Diese Ehrenamtlichen sollen durch den Antrag der Landtagsfraktionen von CDU und FDP gestärkt werden.
Die Bedingungen für die Ehrenamtlichen müssen stimmen. Es genügt nicht, das Hohelied auf das Ehrenamt zu singen; es müssen Taten folgen. Die Belastungen, die Ehrenamtliche heute haben, sind größer geworden, einmal durch familiäre, aber auch durch berufliche Tätigkeiten und beispielsweise auch durch den Ärger aufgrund steuerlicher Behandlung. Die Finanzämter, liebe Kolleginnen und Kollegen, werden nach dem Eindruck, den wir haben, immer kleinlicher. Die steuerliche Behandlung von Entschädigungszahlungen gibt Anlass zur Kritik. Teile müssen versteuert werden, Teile nicht. Das gibt häufig Ärger und ist auch mit einem hohen Verwaltungs- und Bürokratieaufwand für die Finanzämter verbunden.
Wir brauchen ein einfacheres und transparenteres System. Das Merzsche Bierdeckelsystem bei den Steuern sollte jedenfalls beim Ehrenamt gelten, das Brutto sollte auch das Netto sein.
Wir schlagen deshalb vor, dass wir gegebenenfalls die Entschädigungen etwas senken, aber das, was dann gezahlt wird, sollte auch das Netto sein. Das würde für beide Seiten einen großen Vorteil haben. Bei den Ehrenamtlern würde wirklich das herauskommen, was man eingenommen hat. Und bei den
Finanzämtern würde es zu erheblich weniger Aufwand und Ärger führen. Das wäre ein wirklicher Entbürokratisierungsschritt.
Wie konkret dieses ist, zeigt uns das Schreiben des Landesfeuerwehrverbandes vom 19. Januar 2011. Da war unser Antrag schon gestellt. In dem Schreiben gibt es folgendes Beispiel: Da ist ein Fahrlehrer, der Feuerwehrkollege ist und für seine Kollegen für die höheren Klassen die Schulungen übernommen hat. Das Finanzministerium, das Finanzamt, teilt dazu Folgendes mit: Es gibt zwei Fälle. Wenn man 1.500 € Vergütung für die Ausbildung bekommt und 250 € Fahrkosten, dann sind das 1.750 €. 2.100 € sind steuerfrei, das wäre also noch steuerfrei. Aber - so ist hier der Fall - wenn man 2.500 € Entschädigung für das, was man macht, bekommt und dazu noch 500 € Fahrtkosten kommen, dann sind das 3.000 €. 2.100 € davon sind steuerfrei, die übrigen 900 € unterliegen dann der vollen Steuerpflicht. Das ist dann eine als nebenberufliche Tätigkeit eingestufte Tätigkeit. Meine Damen und Herren, Liebe Kolleginnen und Kollegen, so geht es nach meinem Dafürhalten nicht.
Das bedeutet, dass derjenige, der sich ehrenamtlich engagiert, wenn er etwas mehr verdient, auch noch in eine höhere Steuerprogression kommt und dann noch mehr draufzahlt. Das ist eine Entwicklung, der wir nicht tatenlos zusehen dürfen. Deshalb haben wir unseren Antrag gestellt. Das Beispiel, das ich hier zitiert habe, kann für viele stehen, ob beim Sport, bei sozialen Verbänden - entsprechende Initiativen liegen vor -, bei der Jugendarbeit, bei kommunalpolitisch Tätigen oder bei der Feuerwehr. Wir wollen dieses verändern. Ich sage auch und setze hinzu, diese Initiative, die wir hier anstoßen, das ist der erste richtige Impuls seit Langem hier in diesem Landtag zu diesem Thema.
Das ist die Situation, und das ist der richtige Impuls. Das heißt auch überhaupt nicht - ich komme gleich noch darauf zu sprechen, Frau Kollegin -, dass wir uns nicht bemühen wollten, das miteinander zu tun. Wir haben heute die etwas schwierige Geschäftsordnungslage, die zu einer Abstimmung zwingt, aber in der Sache geht es um Folgendes: Hier ist ein Antrag gestellt, Sie stellen Anträge, und wir werden diese gemeinsam im Ausschuss völlig offen diskutieren. Wir wollen ein Maximum an gu
(Vereinzelter Beifall bei CDU und FDP so- wie Beifall der Abgeordneten Dr. Marret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wir laden auch andere zum Dialog ein, und wir werden uns damit im Ausschuss ausführlich beschäftigen.
Aber zwei Dinge sind wichtig, deshalb muss unser Antrag heute auch abgestimmt werden. Erstens muss die Regierung auch ihre Vorschläge machen, sie muss zu diesem Thema an die Arbeit gehen. Deshalb müssen wir das heute beschließen. Zweitens wollen wir diesen Grundsatz, über den wir bei uns diskutiert haben - das, was ausgezahlt wird, soll dann auch das Netto sein -, in unserem Antrag verwirklichen. Ich glaube, hier stimmen wir sogar weitgehend überein.
Deshalb: Auch wenn wir eine Abstimmungsproblematik haben, stelle ich fest, wir werden ausführlich im Ausschuss darüber beraten und hoffentlich miteinander diskutieren.
Lassen Sie mich zum Abschluss festhalten: Wir wollen dem Ehrenamt weitere Perspektiven geben. Wir wollen das Ehrenamt von Bürokratie freihalten. Wir wollen Ehrenamt fördern und Belastungen aus dem Weg räumen. Dazu gibt es eine Reihe von Möglichkeiten. Lassen Sie uns gemeinsam das Ehrenamt in Schleswig-Holstein stärken und aus diesem Parlament heraus die Impulse dafür geben. Wir laden herzlich dazu ein und sind für alles offen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine Gesellschaft von aktiven Bürgerinnen und Bürgern ist für dieses Land unverzichtbar. Dies haben die Ehrenamtlichen in unserem Land so oder in ähnlichen Worten schon oft gehört. Ich kann diesen Satz auch immer wieder unterstreichen. Bürgerschaftliches Engagement macht Städte und Gemeinden erst zu attraktiven Lebens- und Wohnräumen und ist für ein funktionierendes Gemeinwesen von elementarer Bedeutung. Ehrenamt macht zudem auch Freude.
Die Lobes-, Danksagungs- und Auszeichnungskultur in Schleswig Holstein für das Ehrenamt ist ein Teil von Wertschätzung gegenüber dem Ehrenamt, den wir alle gern immer wieder auf Mitgliederversammlungen von Vereinen und Verbänden vornehmen. Der Landtag selbst beteiligt sich an den Danksagungen, indem er jährlich den Empfang für die ehrenamtlichen Hilfskräfte der Katastrophenschutzdienste, Zivildienstleistenden, Bundeswehr- und Polizeiangehörigen ausrichtet. Außerdem hat der Sozialausschuss des Landtages - damals auf meine Initiative hin - der 15. Legislaturperiode gemeinsam mit dem Sparkassen- und Giroverband den Bürgerpreis in Schleswig-Holstein initiiert. Der Bürgerpreis ist inzwischen ein wichtiger Bestandteil der Auszeichnungskultur in diesem Land geworden.
Die Frage, die sich mir jedoch stellt, ist: Müssen dieser Lobeskultur nicht auch Taten folgen? Dies gilt vor allen Dingen auch im Hinblick darauf, dass wir 2011 das Europäische Jahr der Freiwilligentätigkeit haben. Es wird daher höchste Zeit, dass wir als Parlament Beschlüsse fassen, die die ehrenamtlich Tätigen in ihrer Arbeit wirklich unterstützen und ihnen die Arbeit erleichtern.
Herr Kalinka, genau in diesem Punkt unterscheiden wir uns in unserem Antrag aber von Ihrem Antrag. Wir kommen ganz konkret auf ein paar Punkte, bei denen wir sagen, da könnte man heute schon etwas machen.
Längst wissen wir doch durch den Bericht der Enquetekommission des Deutschen Bundestags „Bürgerschaftliches Engagement“, der uns seit 2005 zur Verfügung steht, durch Studien und auch aus eigener Erfahrung - denn viele von uns sind ja zusätzlich auch ehrenamtlich tätig -, wie und wodurch wir dem Ehrenamt praktisch helfen können. Schauen Sie in unseren Antrag, der ein paar sehr konkrete Maßnahmen beinhaltet, mit denen wir sofort helfen könnten.
Neben dem Lob kann das Engagement auch bei Zeugnissen, Beurteilungen oder Einstellungen stärker berücksichtigt werden. Wir wollen den Freibetrag für die Aufwandsentschädigungen erhöhen. Und unser Katastrophenschutz, der lebensnotwendig für uns ist, braucht mehr Unterstützung. Wir sind darauf angewiesen, dass Feuerwehrleute von ihrem Arbeitgeber freigestellt werden. Es darf nicht sein, dass ihre Bewerbung deshalb unter den Tisch fällt, weil sie bei der Freiwilligen Feuerwehr sind. So bekomme ich es immer wieder zu hören.
Wir brauchen gar nicht auf den Bund zu zeigen und zu sagen „Mach mal“, hier sind wir als Landes- und auch als Kommunalpolitiker gefordert.
Hier müssen wir unverzüglich Abhilfe schaffen. Wir können ganz konkret die Vereine und die Freiwilligenstrukturen finanziell unterstützen. Ehrenamtlichkeit braucht Hauptamtlichkeit. An dieser Stelle finde ich den Antrag der Regierungsfraktionen nicht ausreichend. Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, Sie haben gerade erst durch den Doppelhaushalt 2011/2012 - ich muss es leider wieder sagen - vielen Ehrenamtlern die finanzielle Basis entzogen. Insbesondere die ehrenamtliche Jugendarbeit wurde von Ihnen schwer getroffen. Und nun stellen Sie einen Antrag zur Unterstützung des Ehrenamtes. Das passt nicht ganz zueinander: Auf der einen Seite loben Sie das Ehrenamt, auf der anderen Seite haben Sie dessen Zuwendungen im großen Umfang gekürzt. Denken Sie tatsächlich, man nimmt Ihnen Ihren Lobgesang auf das Ehrenamt da noch ab?
Wir wünschen uns eine breite Unterstützung für unseren Antrag, damit wir den ehrenamtlich engagierten Menschen auch etwas zurückgeben können. Den Änderungspunkt der Grünen finden wir auch sehr unterstützenswert. Es darf keine Schlechterstellung der Ehrenamtler, die Bezieher von Arbeitslosengeld II sind, erfolgen. Ihr Engagement darf nicht bestraft werden.
Im Interesse einer aktiven Bürgergesellschaft werbe ich für eine Zustimmung zu unserem Antrag. Gern können wir diesen auch in den zuständigen Ausschuss überweisen, um - wie schon beim Bürgerpreis - zu einem gemeinsamen Handeln, zu einer neuen Tätigkeitskultur für das Ehrenamt zu gelangen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mehr als ein Drittel der Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner sind ehrenamtlich für das
Gemeinwesen engagiert. Sie stellen ihre Arbeitskraft, ihre Ideen, ihr Wissen und ihre Zeit unserer Gesellschaft zur Verfügung - in einer wirklich unüberschaubaren Vielfalt des Engagements. Diese Menschen kommen nicht auf die Idee, auf den Staat zu warten, um Dinge zu verbessern. Sie wollen selbst anpacken, selbst etwas geben. Das ist praktische Solidarität, ohne die ein lebenswertes Gemeinwesen nicht bestehen kann.
Die Wertschätzung für diese große Zahl von Menschen hat der Ministerpräsident unseres Landes ich freue mich, dass er wieder im Saal ist
im November 2010 auf dem traditionellen Helferempfang die Wertschätzung wie folgt zum Ausdruck gebracht. Er hat gesagt:
„Sie alle geben eine Antwort auf die Frage nach der guten Zukunft unserer Gesellschaft. Ohne Sie wäre unser Land ärmer und kälter, weniger lebens- und liebenswert.“