Protokoll der Sitzung vom 28.01.2011

„Sie alle geben eine Antwort auf die Frage nach der guten Zukunft unserer Gesellschaft. Ohne Sie wäre unser Land ärmer und kälter, weniger lebens- und liebenswert.“

Herr Ministerpräsident, diese Worte sind gut gewählt, sie tun den Ehrenamtlichen gut. Danke dafür.

(Beifall bei FDP und CDU)

Die Fraktionen von FDP und CDU wollen mit dem vorliegenden Antrag dem Ehrenamt nicht nur mehr Geltung verschaffen, sondern auch Möglichkeiten und Perspektiven aufzeigen, um das Ehrenamt in Schleswig-Holstein attraktiver zu gestalten.

Schon im Koalitionsvertrag haben sich die Regierungsfraktionen darauf verständigt, bürokratische Hemmnisse zu beseitigen, wo es nur möglich ist, um ehrenamtliche Tätigkeit zu erleichtern. Wir alle wissen, dass durch das ehrenamtliche Engagement so vieler Bürgerinnen und Bürger dem Land, seinen Kommunen und der Gesellschaft erhebliche Vorteile entstehen.

(Beifall bei der FDP)

Mit Blick in die Zukunft und auf die verabredeten Einsparpotenziale beim Personal können wir nur noch hoffen, dass Ehrenamtliche gegebenenfalls Lücken füllen und die erforderliche und erwartete Qualität sicherstellen.

Dank und Förderung dürfen Ehrenamtliche deshalb zu Recht erwarten, und ich sage auch ausdrücklich: auch durch finanzielle Besserstellung. Angemessene Entschädigungen müssen dem übernommenen Verantwortungsbereich gerecht werden. So hat das Innenministerium dann beispielsweise auch folgerichtig zum 1. Dezember 2010 - Sie alle haben das vernommen - die Anhebung der Aufwandsentschädigung in kommunalen Ehrenämtern verordnet.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Auf unseren Druck!)

- Auf Druck der FDP.

(Heiterkeit - Vereinzelter Beifall bei der FDP und Beifall des Abgeordneten Dr. Robert Ha- beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Ich finde, als Redner sollte man gute Wortbeteiligung noch einmal aufgreifen.

Meine Damen und Herren, Sie alle wissen, dass sich meine Partei seit jeher für steuerliche Vereinfachungen und Erleichterungen einsetzt. Erst recht wollen wir natürlich steuerliche Vergünstigungen endlich auch für ehrenamtliche Tätigkeiten einführen.

(Zuruf des Abgeordneten Peter Eichstädt [SPD])

Denn entsprechend der Wortbedeutung ist es das besondere Merkmal ehrenamtlicher Tätigkeit, dass es der Ehre halber ausgeübt wird und nicht der materiellen Entschädigung wegen. Die Aufwandsentschädigung, die mit ehrenamtlichen Aufgaben unstreitig verbunden ist, stellt deshalb in der Regel eine Entschädigung für entstandene Kosten und kein Einkommen dar.

(Beifall bei der FDP und des Abgeordneten Dr. Axel Bernstein [CDU])

Dennoch ist die steuerliche Behandlung von Entschädigungszahlungen derzeit diffizil und für den Steuerzahler eigentlich kaum noch zu durchschauen. Herr Kalinka hat das bereits erwähnt.

Die Bereitschaft zu ehrenamtlicher Tätigkeit von engagierten Menschen in unserem Land darf keineswegs an der Progression der Einkommensteuer oder einer nicht verständlichen zusätzlichen Gewerbesteuerlast scheitern.

Meine Fraktion schlägt daher vor, die Höchstgrenzen für Entschädigungszahlungen zu senken und im Gegenzug die erhaltenen Entschädigungen als steuerfrei zu behandeln.

(Jens-Uwe Dankert)

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Aber auch ein Ausbau der Möglichkeiten ehrenamtlichen Tätigwerdens ist aus Sicht meiner Fraktion erforderlich - das nicht nur, um Menschen, die das wollen, einen Lebenssinn zu geben, sondern auch, um den Staat in seiner Daseinsvorsorge zu entlasten.

Man braucht nicht lange zu suchen, um Bürgerinnen und Bürger mit großer Berufs- und Lebenserfahrung zu finden und für ehrenamtliche Tätigkeit zu gewinnen lassen. Beamte im Ruhestand bieten sich geradezu an, im Status eines Ehrenbeamten ihr Wissen in vielen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens, zum Beispiel als Bescheiderklärer oder Schiedspersonen, einzubringen.

(Zurufe)

- Keinen Neid gegenüber der Beamtenschaft!

Viele Rechtsgrundlagen müssen also überprüft und im Sinne der Zielerreichung gegebenenfalls geändert werden. Dazu müssen neben den Kommunen viele weitere Verantwortungs- und Entscheidungsträger in Verbänden und sonstigen Einrichtungen eingebunden werden. Wir alle - jeder Einzelne und das Gemeinwesen - werden davon profitieren, wenn es uns gelingt, dem Ehrenamt die Beachtung und Geltung zu verschaffen, die es verdient.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Ehrenamtlich tätige Bürgerinnen und Bürger stärken das Vertrauen der Menschen untereinander. Damit greife ich wieder einmal, weil ich es gut finde, ein Wort des Ministerpräsidenten auf: Sie schaffen eine Gemeinsamkeit, die wichtiger ist denn je.

Schon von daher kommt der Beratung im zuständigen Innen- und Rechtsausschuss besondere Bedeutung zu. Meine Fraktion ist der Auffassung, dass wir die Arbeit dort zügig aufnehmen sollten.

(Beifall bei FDP und CDU)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich dem Kollegen Thorsten Fürter.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Anträge aus den Reihen von CDU und FDP schwanken in letzter Zeit im

mer ein bisschen zwischen Sonntagsrede einerseits und trauriger Realpolitik andererseits.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Hört, hört!)

Heute steht wieder einmal ein Sonntagsredenthema auf der Tagesordnung - nun gut.

Der Antrag ist in der Sache in Ordnung. Deshalb werden wir ihn nicht ablehnen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Aber auch nicht zustimmen!)

Sie werden mir aber, wenn Sie sich selbst prüfen, auch zustimmen: Er ist auch ein bisschen verlogen, wenn man auf die Haushaltskürzungen im Bereich des Ehrenamtes guckt.

Sie singen das Loblied auf das Ehrenamt, weil das Singen erst einmal nichts kostet.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Gleichzeitig sparen Sie innerhalb von zwei Jahren bis 2012 - stolze 2 Millionen € im Bereich des Sozialvertrags I ein, was für das Ehrenamt bei gleichmäßiger Verteilung der Kürzung auf alle Projekte eine Kürzung um 55 % bedeutet. Genau das kann man gemeinhin als verlogen bezeichnen.

Kommen wir aber nun zum bürgerschaftlichen Engagement, welches für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft von zentraler Bedeutung ist. Wir stehen vor der wichtigen Aufgabe, bürgerschaftliches Engagement nachhaltig zu stärken und die Idee einer lebendigen Zivilgesellschaft mit Leben zu füllen. Dieses zivile Engagement ist unabdingbar, wenn wir wieder mehr Offenheit und Durchlässigkeit in die Gesellschaft bringen wollen. Ansatzpunkt für dieses Engagement ist die örtliche Gemeinschaft.

Doch was geschieht dort? - Neben der Landesregierung nimmt auch die schwarz-gelbe Bundesregierung den Städten und Gemeinden ihre Substanz weg - wie zum Beispiel mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz geschehen -, statt ihre Investitionstätigkeit zu stärken. Viele kommunale Kultureinrichtungen oder Vereine und Initiativen im Bereich des bürgerschaftlichen Engagements sind freiwillige Leistungen, die schnell dem Rotstift zum Opfer fallen können. Ehrliche Engagementpolitik endet eben nicht mit Lippenbekenntnissen, sondern beginnt bei einer soliden Finanzausstattung der Städte und Gemeinden.

(Jens-Uwe Dankert)

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und des Abgeordneten Peter Eichstädt [SPD])

Ein sehr großer und wichtiger Bereich des Ehrenamtes ist der Sport. Mehr als 2,7 Millionen Menschen in Deutschland leisten jährlich über 500 Millionen Stunden ehrenamtliche Arbeit für rund 27 Millionen Mitglieder in deutschen Sportvereinen. Aber nicht nur in Sportvereinen sind Bürgerinnen und Bürger als Übungsleiter, Trainer, Schatzmeister oder im Vorstand ehrenamtlich aktiv, sondern auch in einzelnen Sportprojekten. Wir wollen dieses Engagement stärken und die Menschen bei ihrer freiwilligen Arbeit unterstützen.

Falsch wäre es aber - das sage ich ganz ausdrücklich -, den Einsatz von Bürgerinnen und Bürgern als Ersatz für professionelle Infrastruktur und staatliche Verantwortung zu begreifen,

(Beifall des Abgeordneten Ulrich Schippels [DIE LINKE])

denn bürgerschaftliches Engagement gibt es nicht umsonst.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und des Abgeordneten Ulrich Schippels [DIE LINKE])

Wir wollen im Steuerrecht, bei den Spenden, im Vereinsrecht, bei dem Ausbau der Infrastruktur, bei der Förderung des Engagements und der verstärkten Qualifizierung und Weiterbildung der Freiwilligen Erleichterungen bewirken. So müssen Anlaufstellen wie zum Beispiel Freiwilligenbüros mit professioneller Beratung aufgebaut und vernetzt werden. Ferner muss es weiterhin kleine Anschubfinanzierungen für ehrenamtliche Projekte geben können. Wichtig ist zudem, dass den Ehrenamtlichen fundierte Fortbildungsmaßnahmen angeboten werden.