Der Umstieg von fossilen auf regenerative Energieträger ermöglicht neue Perspektiven und Jobchancen. Er schafft für neue Produkte weltweit neue Absatzchancen und vermindert auch die Abhängigkeit von Importquellen in Ländern, die uns nicht nur positiv gesonnen sind. Die Chancen, die sich uns bieten, sind immens. Die Möglichkeiten sind da; wir müssen nur nach ihnen greifen. Ich sage: Wir müssen es jetzt tun, und wir müssen es schnell tun.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Nach allen Debatten der Vergangenheit und nachdem wir vor Kurzem auch in der Atomfrage noch als Dagegen-Partei verhöhnt wurden, nachdem Herr Magnussen noch vor wenigen Wochen gesagt hat, die Atomenergie sei das Rückgrat der schleswig-holsteinischen Wirtschaft, Herr Arp neue AKW bauen wollte und die CDU die Laufzeitverlängerung als Ultima Ratio, als alternativlos, als Brücke in das Zeitalter der erneuerbaren Energien bezeichnet hat, die man verlängern müsse, obwohl die erneuerbaren Energien damals schon alle Ausbauszenarien schlugen, nachdem Fachgutachten aus dem Hause Schmalfuß ignoriert wurden, nachdem sich Herr Kollege von Boetticher darüber lustig gemacht hat, dass wir an der Atomdebatte festhalten, folgt jetzt das Eingeständnis, dass wir Zitat Carstensen - diese Technik nicht beherrschen können.
Ich habe schon in der letzten Debatte gesagt, dass eine andere politische Kultur bedeutet, Fehler auch eingestehen zu dürfen, und dass wir dies nicht mit Häme oder Hohn quittieren. Daran halten wir uns, und daran halte ich mich. Ich rede nicht von Wendehälsen oder Wählertäuschern, so wie es im Bundestag gesagt wurde. Insgesamt werden wir diese Debatte - ich finde, das tun wir recht gut - nicht im Stil der Bundestagsdebatte führen.
Ich neige dazu, zu glauben, was man mir sagt. Wenn einige in der Union, oftmals mit persönlichen Worten verbunden, sagen, jetzt, nach 25 Jahren der Atomenergiebefürwortung schwörten sie ihr ab, dann zeige ich nicht mit dem Finger auf sie.
Peter Harry Carstensen hat offen eingeräumt, dass die Situation für ihn jetzt eine andere ist als vor Japan. Das gilt offenbar für viele von Ihnen. Ich finde, dass Sie das zugeben, verdient Anerkennung. Man hätte es vorher wissen können. Es ist für die Grünen, wenn sie hier sitzen, manchmal schwer, die wohlfeilen Worte zu hören und keine Zwischenrufe zu machen. Wir haben es nicht getan, weil wir diese Anerkennung zollen wollen.
Wir freuen uns über jeden, der den Schritt heraus aus der Atomenergie tut. Ich hoffe wirklich, dass es gelingt, eine neue Allianz zu schmieden. Der Erklärungsbedarf liegt nicht bei jenen, die die Atomenergie jetzt ablehnen, sondern bei denen, die sie weiterhin befürworten.
Herr Ministerpräsident, ich danke für den besonnenen Ton, der Ihre Rede in weiten Teilen trug. Ganz allerdings wurden Sie dem eigenen Appell, keinen Wahlkampf zu führen, nicht gerecht. Ich möchte an Herrn von Boetticher gerichtet sagen: Natürlich ist Schweigen manchmal angemessen. Aber letztlich bedeutet eine Situation, dass politisch über sie debattiert werden muss. Totschweigen geht auch nicht. Daher möchte ich kurz auf die Frage nach der Endlagerlösung eingehen.
Herr Carstensen, Sie hätten wissen können, dass die Schritte zu einem Endlagersuchgesetz eingeleitet waren, dass der eingesetzte AkEnd Kriterien für die Endlagersuche definiert hatte. Der Unterschied zwischen uns und Ihnen ist nicht, dass wir kein Endlager suchen wollen, sondern dass wir es ergebnisoffen wollten und dass die CDU die Vorfestlegung auf Gorleben, die, wie wir heute wissen, politisch und nicht aufgrund von wissenschaftlicher Expertise erfolgte, einfach fortschreiben will. Aber unabhängig davon: Dass Sie, der nun mehrfach im Bundesrat für eine Laufzeitverlängerung die Hand gehoben hat, ohne dass es ein Endlager gibt, uns, die wir immer für den Atomausstieg waren, vorwerfen, wir seien unglaubwürdig, richtet Sie selbst.
Sie sagen, der Deutsche Bundestag habe im letzten Herbst eine Gesetzesänderung beschlossen, mit der die Sicherheit unserer Kraftwerke weiter erhöht worden sei. Das ist - schwierig.
Ich hoffe das, Herr Kollege Habeck. - Sie haben, wenn ich Sie richtig verstanden habe, gerade behauptet, dass der Ministerpräsident im Bundesrat
mehrfach seine Hand für eine Laufzeitverlängerung gehoben hat. Können Sie uns sagen, wann das stattgefunden haben soll?
- Nun ja, wir haben es doch hier im Haus mehrfach diskutiert. Ich verstehe nicht, warum Sie jetzt gerade nachfragen. Ich komme auf jeden Fall darauf zurück.
Es ist hier im Haus mehrfach diskutiert worden, ob das Gesetz zustimmungspflichtig ist. Das wurde von vielen Leuten verneint. Das ist es. Von einigen wurde es bejaht, aber es wurde nicht danach gehandelt. Das Laufzeitverlängerungsgesetz wurde im Bundesrat nicht gestoppt, obwohl wiederholt Anträge gestellt worden sind, die das ermöglicht hätten.
Herr Kollege Habeck, Sie haben gerade behauptet, dass man nicht dagegen gestimmt habe, sei eine Zustimmung gewesen. Stimmen Sie mir zu, dass hier doch ein Unterschied besteht?
- Herr Vogt, ich halte das für Haarspalterei. Ich komme darauf zurück, auch was die Position Ihres Parteivorsitzenden angeht.
Es wäre gut gewesen, Herr Ministerpräsident, wenn Sie ein Argument gebracht hätten, warum Sie der Klage gegen die Laufzeitverlängerung nicht beitreten wollen, wenn denn, wie Sie sagten, die Regierung die Laufzeiten größtmöglich verkürzen will. Stattdessen sagten Sie: „Die Klage brauchen wir nicht!“ - Ende der Durchsage, kein Argument!
das rechtssicher erfolgen soll, dann sollte man wenigstens dafür sorgen, dass sie nicht noch länger laufen dürfen. Wie dies gehen kann, beschreibt unser überarbeiteter Antrag. Er übersetzt die vielen politischen Ankündigungen der jüngsten Vergangenheit in Handlungsoptionen.
Liebe Union und liebe FDP, dieser Antrag ist eine Einladung, nicht nur die Lippen zu spitzen, sondern auch zu pfeifen.
Mindestens die FDP, Herr Vogt, müsste dies tun, denn überträgt man - wie die FDP es will - die Laufzeiten von Krümmel und Brunsbüttel auf Brokdorf ohne Rücknahme der Laufzeitverlängerung, bleibt Brokdorf bis ins Jahr 2059 am Netz. 2059 - da bin ich 90, meine Kinder 60 und Sie, Herr Kubicki, 107 Jahre alt.
- Das hoffe ich, Herr Kubicki, aber es ist keine politische Antwort. Es ist - mit Verlaub - Schwachsinn.
Lassen Sie uns die Atomenergie noch zu unseren Lebzeiten beenden. Daran sollte sich auch Herr Koppelin halten, wenn wieder im Bundestag abgestimmt wird. Man sieht an dem von Herrn Kollegen Stegner zitierten Herrn Wadephul, dass es möglich ist, auch in Ausnahmesituationen Ausnahmeabstimmungsverhalten zu zeigen.
Wir und Sie reden beim Haushalt viel von Verpflichtungen gegenüber zukünftigen Generationen und meinen damit die nächsten 10, 20 oder vielleicht 50 Jahre. Aber das muss auch in der Energiefrage gelten.
Wir reden über eine Technologie, die die Erde über Jahrtausende unbewohnbar machen kann. Die Dreimonatspause darf deswegen nicht nur ein taktischer Versuch sein, schon gar kein wahltaktischer, da bin ich ganz beim Ministerpräsidenten.
Als Rot-Grün ein Moratorium für Gorleben vorlegte, hieß es aus den Reihen der damaligen Opposition „feige Handlungsverweigerung“ - an dem Begriff Moratorium festgemacht. Heute haben Sie als Union und FDP die Gelegenheit zu zeigen, dass Sie es ernst mit der der Ankündigung meinen, es sei Aufgabe von Politik „dass die Bürger ohne Angst leben können“. - Nur zu! Ohne Angst heißt ohne Gefahren; ohne Angst heißt ohne Atomkraftwerke.
Ob Sie also Schmu machen oder nicht, werden wir in den nächsten Wochen und Monaten an Ihrem Handeln überprüfen. Aber eines sollte klar sein: Hinter die Ankündigungen, die jetzt gemacht worden sind, hinter all die Aussagen davon, dass nichts mehr so sei, wie es früher war, können Sie nicht mehr zurückfallen. Den erneuten Ausstieg vom verlängerten Ausstieg des Ausstiegs vom Atomausstieg, werden wir Ihnen, Frau Merkel, Herrn Brüderle oder wem auch immer, nicht durchgehen lassen. Die Menschen lassen sich an dieser Stelle sicherlich nicht für dumm verkaufen. Das zu versuchen, wäre politischer Selbstmord. Ich denke, Sie wissen das. Ich denke, Sie wissen, dass das Hin und Her in der Atompolitik ein schwerer Fehler war und dass das Land letztlich - wie gefordert - ein verlässliches Energieszenario braucht und nicht - wie gegeben - das Verhökern der Energiepolitik an die Stromkonzerne.