Es ist also beantragt worden, den Antrag der Fraktionen von CDU und FDP, Drucksache 17/1375, sowie den Änderungsantrag der Fraktion der SPD, Drucksache 17/1414, an den Bildungsausschuss, mitberatend an die Ausschüsse für Wirtschaft, Innen und Recht und Soziales zu überweisen. Wer dafür ist, den bitte ich um sein Handzeichen. - Das sind die Stimmen der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der LINKEN und des SSW. Gegenstimmen? - Das sind die Stimmen der CDU
Fraktion sowie der FDP-Fraktion. Stimmenthaltungen? - Das sehe ich nicht. Damit ist dieser Antrag auf Überweisung mit den Stimmen von CDU und FDP abgelehnt worden.
Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD, Drucksache 17/1414, abstimmen. Wer für diesen Änderungsantrag ist, den bitte ich um sein Handzeichen. - Das sind die Stimmen der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der LINKEN und des SSW. Gegenstimmen? - Das sind die Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP. - Damit ist der Änderungsantrag der Fraktion der SPD, Drucksache 17/1414, mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP abgelehnt.
Ich lasse über den Antrag der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 17/1375, abstimmen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Das sind die Stimmen von CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abgeordneten Lothar Hay.
- Okay, dann war die Hand einfach nur zum freundlichen Gruß erhoben. Vielen Dank, Herr Abgeordneter Hay.
Wer gegen den Antrag stimmt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Das sind die Stimmen der Fraktionen von SPD und der LINKEN. Stimmenthaltungen? - Bei Enthaltung des SSW ist der Antrag der Fraktionen von CDU und FDP, Drucksache 17/1375, mit den Stimmen von CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In den vergangenen drei Jahren hat sich der Landtag immer wieder in großer Ernsthaftigkeit und Einigkeit mit dem Schicksal von Kindern und Jugendlichen beschäftigt, die in Einrichtungen der Fürsorgeerziehung in Schleswig-Holstein untergebracht waren. Diese partei- und fraktionsübergreifende Einigkeit hat sich dankenswerterweise in der vergangenen Sitzung in der Entschließung zur Umsetzung der Ergebnisse des Runden Tisches „Heimerziehung“ bestätigt. Einigkeit bestand und besteht darin, dass das Geschehene aufgeklärt werden muss und dass die Ehemaligen Respekt, Anerkennung und Unterstützung bei ihrer persönlichen Auseinandersetzung mit ihrem persönlichen Schicksal verdienen.
Der Runde Tisch bei uns in Schleswig-Holstein, die Wanderausstellung zur Geschichte der Fürsorgeerziehung und auch die Debatten, die wir in diesem Haus hatten, sind genau dadurch geprägt. Es bestand ferner Einigkeit darin, dass die Frage, wie eine angemessene Entschädigung ausgestaltet werden könne, sinnvoll nur bundeseinheitlich zu beantworten sei. Daraus ergab sich, sich konstruktiv am bundesweiten Runden Tisch zu beteiligen, der auf Vorschlag des Petitionsausschusses beim Deutschen Bundestag in Berlin eingerichtet wurde.
An diesem Runden Tisch waren neben Vertretern der ehemaligen Heimkindern der Bund, die Länder, die kommunale Ebene sowie die Kirchen, Wohlfahrtsverbände und die Wissenschaft vertreten. Er hat im Dezember letzten Jahres seinen Abschlussbericht vorgelegt, dessen zentrale Botschaften ich Ihnen heute kurz darlegen kann. Den Mitgliedern des Sozialausschusses wurde der Bericht im Vorweg bereits elektronisch zugeleitet, und er ist zudem auch im Internet abrufbar.
Der Abschlussbericht umfasst eine ausführliche Bewertung der Heimerziehung in den 50er- und 60er-Jahren aus verschiedenen Blickwinkeln sowie selbstverständlich die Forderungen der ehemaligen Heimkinder. Davon ausgehend hat der Runde Tisch Lösungsvorschläge entwickelt; diese umfassen rehabilitative und finanzielle Maßnahmen zugunsten einzelner Betroffener und für überindividuelle Aufarbeitung. Ferner werden Hinweise zur zukünftigen Ausgestaltung von Heimaufsicht, Vormundschaft sowie von Aus- und Weiterbildung von Fachkräften gegeben.
Hierzu und zu weiteren Einzelfragen möchte ich Ihnen die Lektüre dieses Berichts wirklich ans Herz legen. - Einige Bemerkungen zu den wichtigsten Vorschlägen!
Erstens: Der Runde Tisch empfiehlt ein klares Anerkenntnis der heutigen Repräsentanten aller damals verantwortlichen Institutionen, nämlich das Anerkenntnis, dass den von der damaligen Heimerziehung Betroffenen Unrecht geschehen ist. Meine Damen und Herren, in diesem Punkt sind wir hier in Schleswig-Holstein deutlich weiter. Ich will an dieser Stelle sehr deutlich meiner Vorgängerin, der Kollegin Frau Dr. Trauernicht, für ihr Engagement gerade in der letzten Legislaturperiode zu diesem Thema ausdrücklich Dank und Respekt aussprechen.
Der Landtag hat in der vergangenen Legislaturperiode auf einen interfraktionellen Antrag einmütig das den Betroffenen widerfahrene Unrecht und Leid anerkannt und sein tiefes Bedauern ausgesprochen. Ich habe im vergangenen Jahr die Ehemaligen im Namen der Landesregierung um Entschuldigung für das Geschehene gebeten.
Zweitens: Der Runde Tisch schlägt die Einrichtung regionaler Anlauf- und Beratungsstellen vor, durch die die Betroffenen Unterstützung bei der individuellen Aufarbeitung erhalten. Diese Aufgabe wird bei uns bereits seit über zwei Jahren im Auftrag des Sozialministeriums von Herrn Landrat a. D. Gorrissen wahrgenommen, dem ich an dieser Stelle sehr herzlich für sein bislang gezeigtes Engagement danken möchte.
Drittens: Der Runde Tisch hat Vorschläge für finanzielle Maßnahmen zugunsten einzelner Betroffener gemacht. In diesem Kernpunkt geht es darum, die für viele ehemalige Heimkinder heute noch wirksamen Folgen auszugleichen. Darunter fällt vor allem zweierlei - Ausgleich für die Minderung von Rentenansprüchen aufgrund nicht abgeführter Sozialversicherungsbeiträge und materielle Hilfen bei Folgeschäden wie Traumatisierungen und bei den Aufwendungen für die Aufarbeitung der eigenen Geschichte.
Vorgeschlagen wird ein Fonds oder eine Stiftung mit einem Kapital in Höhe von 120 Millionen €, von denen 20 Millionen € für Rentenersatz und 100 Millionen € für die Linderung von Folgeschä
den durch die Heimerziehung gedacht sind. Der Gesamtbeitrag soll nach diesem Vorschlag zu je einem Drittel vom Bund, den Ländern und Kommunen sowie den Kirchen getragen werden. Wir werden zu beraten haben, wie sich Schleswig-Holstein an diesem Lösungsvorschlag beteiligen will. Voraussetzung hierfür ist, dass alle Beteiligten - Bund, alle alten Länder, beide Kirchen - zu einer einheitlichen Lösung auf der vorgeschlagenen Grundlage kommen. Die Abstimmungen der Länder zur Umsetzung der Vorschläge des Runden Tisches laufen derzeit auf Arbeitsebene.
Zu klären ist auch, ob das Land, wie vom Runden Tisch empfohlen, die Kommunen beteiligen will, und, wenn ja, in welchem Umfang und auf welche Weise. Weiter ist zu klären, wie die Anlauf- und Beratungsstelle in Schleswig-Holstein künftig ausgestaltet sein soll. Sie wird in der bisherigen Form die zahlreichen Anträge ehemaliger Heimkinder auf Hilfe aus dem zu schaffenden Fonds so nicht bewältigen können. Hier muss also eine angemessene personelle Besetzung getroffen werden, bevor diese Anträge eingehen.
Für die Landesregierung halte ich aber fest: Wir wollen den ehemaligen Heimkindern die Unterstützung zuteilwerden lassen, die der runde Tisch als gangbaren Weg aufgezeigt hat, und wir werden uns für eine möglichst zeitnahe Verständigung über das Verfahren zwischen den Bundesländern starkmachen.
Die Landesregierung hat die verabredete Redezeit um eine Minute überschritten. Den Rednern aller Fraktionen steht mithin ebenfalls eine Minute mehr Redezeit zu. Ich denke, das ist für die nun folgenden Rednerinnen und Redner vielleicht eine ganz gute Information.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich spreche für meine Kollegin Heike Franzen, die zu ihrer erkrankten Tochter ins Krankenhaus fahren musste. Ich hoffe, dass ich meine Ausführungen einigermaßen gut über die Bühne bringen werde.
Zunächst einmal möchte dem Minister für seinen Bericht danken. Bereits 2007 hat sich die Landesregierung mit dieser Thematik befasst. Die damalige Sozialministerin, Frau Trauernicht, hat mit den Betroffenen einen Runden Tisch eingerichtet, nach dessen Vorbild sich auch der Runde Tisch auf Bundesebene gegründet hat.
In Schleswig-Holstein ist bereits ein großer Teil der problematischen Heimerziehung in einem Bericht mit einer aufklärenden Aufstellung aufgearbeitet worden. Der Bericht des Runden Tisches „Heimerziehung“ zeigt deutlich, was in den 50erund 60er-Jahren in der Heimerziehung in ganz Deutschland geschehen ist, und gibt dazu seine Bewertung ab. Er nennt die Verantwortlichen beim Namen und weist darüber hinaus auf einen Sachverhalt hin, der uns sehr betroffen macht.
„Offenbar gab es ein latentes Bewusstsein über die Zustände in der Heimerziehung, das aber nur selten zu nachhaltigen gesellschaftlichen Protesten führte. Schließlich kam es auch vor, dass Verwandte, Nachbarn, Lehrer und andere über Anzeigen beim Jugendamt die Heimerziehung anregten. Neben der geschilderten Verantwortungskette muss also auch von einer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung ausgegangen werden.“
Dieser gesamtgesellschaftlichen Verantwortung wollen wir uns in diesem Landtag über alle Fraktionen hinweg gemeinsam stellen.
Erstens: Rehabilitative Maßnahmen für die gesamte Betroffenengruppe, die unter anderem auch die Bitte um Verzeihung der damals verantwortlichen Institutionen enthalten.
Zweitens: Finanzielle Maßnahmen zugunsten einzelner Betroffener, bei denen insbesondere entgangene Rentenleistungen und Folgeschäden sowie besondere Hilfen aufgrund der Heimerziehung berücksichtigt werden sollten.
Drittens: Finanzielle Maßnahmen für die überindividuelle Aufarbeitung wie beispielsweise die wissenschaftliche Aufarbeitung der Heimerziehung. Hier schlägt der Runde Tisch einen Fonds vor, an dem sich der Bund, die Länder und Kommunen sowie die beiden Kirchen und deren Wohlfahrtsver
Viertens: Prävention und Zukunftsgestaltung. Wir müssen aus der Erfahrung der Heimerziehung lernen. Die jüngsten Erfahrungen in Erziehungseinrichtungen in Deutschland zeigen, dass es noch Handlungsbedarf gibt.
Fünftens: Gesetzgeberische Initiativen, die sich zum einen mit dem Begriff der Verwahrlosung auseinandersetzen sollen und sich zum anderen mit den rechtlichen Bestimmungen zum Datenschutz befassen, um Betroffenen den Zugang zu den sie betreffenden Akten und Dokumenten zu erleichtern.
Sechstens: Der Runde Tisch empfiehlt bis zur endgültigen Beschlussfassung in den Ländern, auf der Bundesebene eine Anlaufstelle für ehemalige Heimkinder einzurichten. Die Fraktionen in diesem Haus teilen die Bewertung der damaligen Sachverhalte in der Heimerziehung als Unrecht. Daher forderten wir auch in der letzten Tagung des Landtags mit unserem gemeinsamen Beschlussantrag die Landesregierung auf, sich auf der Bundesebene dafür einzusetzen, dass sich die Bundesländer an der Umsetzung des gefundenen Kompromisses beteiligen. Das sollte nach unserer Auffassung auch möglichst einheitlich geschehen. Für uns ist das eine länderübergreifende Aufgabe, die gemeinsam gestaltet werden muss.