Die Europäische Kommission hat die Gefahr der exzessiven Nutzung dieses Instruments aufgrund innenpolitischen Drucks in den Mitgliedstaaten erkannt und hat auch unmittelbar reagiert. Auf der
letzten Ratssitzung der europäischen Justiz- und Innenminister am 12. Mai 2011 in Brüssel hat die zuständige EU-Kommissarin, Frau Malmström, zugesagt, in ihrem noch vorzulegenden Vorschlag über die Wiedereinführung von Grenzkontrollen unmissverständliche Regelungen zu formulieren und den Ausnahmecharakter einer solchen Maßnahme klarzustellen. Das ist, glaube ich, ein ganz entscheidend wichtiger Punkt, weil gerade in dieser Ratssitzung deutlich geworden ist, welche Gefahr darin lauert, wenn Schengen-Abmachungen durch eine Durchlöcherung dieser klaren Regeln für Ausnahmen möglicherweise eingeengt werden.
Mit Blick auf die geplanten Maßnahmen unserer Nachbarn aus Dänemark sollten wir die Ergebnisse der anstehenden bilateralen Gespräche zwischen Kopenhagen und Brüssel und die gesamteuropäischen Beratungen und Verhandlungen zu diesem Thema abwarten. Erste Weichen könnten schon auf der Sitzung des Europäischen Rates am 24. Juni 2011 gestellt werden. Ich kann mir in meinem auf gute Nachbarschaft gründenden Vertrauen nicht vorstellen, dass die dänische Regierung das Schengen-System und mit ihm die Freizügigkeit innerhalb Europas, zwei der größten Errungenschaften im Rahmen des europäischen Einigungsprozesses, infrage stellt. Diese Errungenschaften werden wir gewiss weiterhin gemeinsam schützen und verteidigen. Sie sind sozusagen das auch für die Bürgerinnen und Bürger erlebbare Fundament der europäischen Integration.
Wir sollten sorgfältig hinhören. Laut Nachricht des Bundesinnenministeriums zum Rat der europäischen Justiz- und Innenminister vom 12. Mai 2011 hat der dänische Integrationsminister Søren Pind erklärt, dass es sich bei den aktuellen Berichten über die Wiedereinführung der Grenzkontrollen durch Dänemark um ein - ich zitiere wörtlich - Missverständnis handele. Es gehe nicht - so der Integrationsminister - um Grenzkontrollen, sondern um eine Verstärkung der Anstrengungen im Zollbereich, insbesondere durch eine Erhöhung der Anzahl von Zollbeamten.
Alle in Europa - davon bin ich zutiefst überzeugt werden sehr genau beobachten, wie sich diese Aussagen in der Realität darstellen werden.
Herr Minister, würden Sie mir zustimmen, dass das Zitat, das Sie von Integrationsminister Pind gebracht haben, noch weitergeht? Er hat von einem Missverständnis in der Beziehung dahin gehend gesprochen, dass die Dänische Volkspartei europaweit als rechtsextrem eingestuft werde, eine Einschätzung, die er nicht teile.
- Ich zitiere die Passage des dänischen Integrationsministers, die ich für geeignet halte, das Problem, das wir hier alle gemeinsam erkannt haben, zu lösen. Um dänische Angelegenheiten kümmere ich mich ansonsten nicht, und ich mache mir die weiteren Zitate natürlich auch nicht - wie Sie auch wissen, Herr Kollege Fischer - zu eigen. Ich halte aber das, was er hier offiziell als dänischer Integrationsminister zur Einordnung dieser Sache gesagt hat, für wiederholenswert - allerdings nur in der ersten Passage, in der zweiten nicht.
Die Polizeiarbeit wird durch die geplanten Zollaktivitäten Dänemarks an den Grenzen beziehungsweise im Grenzraum nicht beeinträchtigt. Die Besuche von Ministerpräsident Peter Harry Carstensen in der letzten Woche in Dänemark haben eindrucksvoll gezeigt, dass die Zusammenarbeit der deutschen und der dänischen Politik vertrauensvoll und belastbar ist. Das wird hier oftmals ein bisschen anders dargestellt - aus anderen Interessenlagen heraus. Ich will deutlich sagen: Lautes politisches Tönen ist eine Sache, ein offenes Wort unter Freunden ist eine andere Sache.
Auch die unmittelbare Zoll- und Polizeizusammenarbeit zwischen den deutschen und dänischen Behörden im Grenzgebiet funktioniert. Ich habe mir das aktuell noch einmal bestätigen lassen. Sie funktioniert sogar ganz hervorragend.
- Ja, das ist nicht „Oh, oh“, das ist ein wichtiger Punkt und eine wichtige Tatsache im Zusammenhang mit der Lösung des Problems. Vielleicht müsste man sich einmal in Padborg vor Ort selbst erkundigen und sich das dort anschauen, denn es ist schon eine herausragende Leistung vor dem Hintergrund dessen, was auch ein Bedürfnis vieler Bevölkerungsteile ist - Anke Spoorendonk hat das dargestellt -, nämlich das zu lösen, ohne dass Schengen infrage gestellt wird. Deshalb sind solche Zwischenrufe leider nicht hilfreich.
Seit dem Wegfall der Kontrollen an der deutsch-dänischen Grenze im März 2001 hat sich dort eine vertrauensvolle Zusammenarbeit ständig fortentwickelt. Die seitdem in Padborg bestehende Bürogemeinschaft zwischen den deutschen Kooperationspartnern, Landespolizei, Bundespolizei und Zoll, und den erst später hinzugekommenen dänischen Partnern von Polizei und Zoll wird ab dem 1. Juni 2011 unter der Bezeichnung „Gemeinsames Zentrum der deutsch-dänischen Polizei- und Zollzusammenarbeit“ weitergeführt. Das ist eine vernünftige Basis, um zu guten Ergebnissen zu kommen.
Mit verantwortlich für die erfolgreiche und effiziente Polizeizusammenarbeit im deutsch-dänischen Grenzraum war und bleibt im Übrigen auch der dänische Pragmatismus, der uns möglicherweise auch lehren kann, manchmal etwas unaufgeregter, eben ich hoffe, ich spreche das richtig aus - hyggelig auf die Dinge zu schauen.
Ich bin sicher, dass sich die Angelegenheit im Sinne der Freizügigkeit des Schengen-Abkommens regeln wird, weil das nun wirklich sozusagen der wichtigste Baustein ist, den die Menschen auch unmittelbar spüren, wenn es um die Integration Europas geht. Ich finde, wir sollten auch auf der Basis des gemeinsamen Antrages - manchmal vielleicht aber auch mit etwas leiseren, ruhigeren und diplomatischeren Möglichkeiten - hier eine Lösung herbeiführen.
Der Minister hat seine Redezeit um 2 Minuten und 30 Sekunden überschritten. Wird von den Fraktionen von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, ihre Redezeit zu verlängern? - Das ist nicht der Fall.
Da keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, schließe ich die Beratung. Es ist beantragt worden, über den Antrag Drucksache 17/1556 in der Sache abzustimmen. Wer dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag Drucksache 17/1556 mit den Stimmen der Fraktionen von CDU, SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und SSW angenommen worden.
Ich erteile der Vorsitzenden des Petitionsausschusses, der Frau Abgeordneten Katja Rathje-Hoffmann, das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist mal wieder so weit: Ich stelle Ihnen heute den aktuellen Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses für das 1. Quartal 2011 vor. Der Bericht umfasst die Monate Januar bis März 2011.
In diesen drei Monaten hat der Ausschuss in fünf Sitzungen 111 Petitionen sowie ein Massenpetitionsverfahren mit 77 Unterstützern abschließend beraten. Zur Vorbereitung der Beratungen im Ausschuss haben wir zwei Ortbesichtigungen sowie eine Anhörung und eine Gesprächsrunde mit Vertretern der Landesregierung durchgeführt.
Insgesamt 53 % der Petitionen - also mehr als die Hälfte - konnten ganz oder zumindest teilweise im Sinne der Petenten entschieden werden. Dies ist ein überdurchschnittlich gutes Ergebnis.
- Das Klatschen an dieser Stelle finde ich gar nicht schlecht, machen Sie das ruhig. Wir werden in unserer Arbeit bestätigt, wir können für unsere Bürgerinnen und Bürger eine Menge tun. Das merkt man auch daran, dass die Anzahl der neuen Petitionen gestiegen ist. Wir haben 125 neue Petitionen in den ersten drei Monaten dieses Jahres erhalten. Das sind rund 34 % mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres.
Um Ihnen einen aktuellen Einblick in unsere Tätigkeit zu vermitteln, möchte ich Ihnen wie immer einige Beispiele aus dem Bericht schildern.
Eine Petition fand ich menschlich besonders anrührend. Es ging um eine 85-jährige Frau aus Moldawien, die jahrelang ohne Krankenversicherung oder sonstige öffentliche Leistungen bei ihrer Tochter im Kreis Stormarn gelebt hat. Ursprünglich war die Mutter der Petentin nur mit einem 90 Tage gültigen Besuchsvisum nach Schleswig-Holstein gekommen. Aus der geplanten Rückreise wurde aber nichts: Die Tochter erlebte ihre fast blinde
Um jährlich befristete Aufenthaltsgenehmigungen für ihre Mutter zu bekommen, hatte sich die Petentin, die selbst nur über ein ganz kleines Einkommen verfügte, verpflichtet, für den Lebensunterhalt ihrer alten Mutter aufzukommen. Der Aufenthalt war damit gesichert, der Schutz im Krankheitsfall jedoch nicht.
Die gesetzliche Krankenkasse verweigerte mit Hinweis auf die Rechtslage die Aufnahme, da die Mutter der Petentin nur über eine befristete Aufenthaltserlaubnis verfügte und zudem die Verpflichtung der Tochter zur Sicherung des Lebensunterhalts bestand. Eine private Krankenversicherung war für die Tochter aber unbezahlbar. Das konnte sie sich schlicht und ergreifend nicht leisten.
In so einem Fall gebietet es die Menschlichkeit, zu helfen. Der Petitionsausschuss hat der Ausländerbehörde deshalb empfohlen, aus humanitären Gründen auf die Verpflichtung der Petentin zur Sicherung des Lebensunterhalts ihrer Mutter zu verzichten. Die von der Ausländerbehörde geforderte Verpflichtungserklärung war ohnehin kaum mehr als ein bürokratischer Akt, denn aufgrund ihres Alters und Gesundheitszustandes hätte die Mutter der Petentin gar nicht abgeschoben werden dürfen. Wäre die Tochter finanziell nicht mehr in der Lage gewesen, ihre Mutter zu unterstützen, hätten die anfallenden Kosten ohnehin von der Sozialhilfe übernommen werden können.
Ich begrüße es daher sehr, dass die Ausländerbehörde dieser Empfehlung auf Weisung des Justizministeriums gefolgt ist. Dadurch war es für die Mutter der Petentin möglich, Grundleistungen zum Lebensunterhalt zu beantragen und somit auch Leistungen bei Krankheit zu bekommen.
Ausdrücklich hervorheben möchte ich hierbei die gute Zusammenarbeit des Petitionsausschusses mit der Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten, die die Mutter der Petentin hinsichtlich der krankenversicherungsund sozialhilferechtlichen Fragen ganz hervorragend beraten hat.
In einem anderen Petitionsverfahren hat sich der Ausschuss für die wenigen noch aktiven Hobbyfischer im Heiligenhafener Binnensee stark gemacht. Wir waren zusammen mit Herrn Poppendiecker vor Ort. Das war eine sehr schöne Sache. Seit Jahrzehnten hatten die Männer mit ihren kleinen Motorbooten auf dem Binnensee gefischt. Inzwischen sind sie alle längst im Rentenalter, fahren aber - wenn es die Gesundheit zulässt - noch immer
auf den See hinaus. Wegen einer behördlichen Neueinstufung des Gewässers sollte dies nun nicht mehr erlaubt sein. Für die alten Fischer war dies unbegreiflich.
Wir haben vor Ort mit allen Beteiligten - da war auch Herr Poppendiecker mit dabei - gesprochen und uns für die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen eingesetzt. In Anbetracht des fortgeschrittenen Alters der Hobbyfischer ließ sich das gut begründen. Ein Verbot wäre wirklich ein herber Schlag für die armen alten Fischer mit ihren kleinen Booten gewesen, die jahrzehntelang das Bild des Binnensees maßgeblich mit geprägt hatten.
In einem weiteren Petitionsverfahren hatte ein Flurbereinigungsverfahren in Nordfriesland dazu geführt, dass ein landwirtschaftliches Grundstück nicht mehr bewirtschaftet werden konnte, weil die einzige Zufahrt - ein Feldweg - dem Nachbargrundstück zugeschlagen worden war. Unsere Überprüfungen ergaben, dass der Weg der Flurbereinigungsbehörde überhaupt nicht bekannt war, da er rein rechtlich nie existiert hat. Zur Lösung des Problems hat der Kreis der Petentin den Bau einer Rampe durch eine Böschung auf der anderen Grundstücksseite angeboten.
Für die Kosten würde die Teilnehmergemeinschaft aufkommen. Der Ausschuss hat der Petentin geraten, diesem Angebot zuzustimmen.
Mit diesen Beispielen aus unserer aktuellen Arbeit komme ich zum Schluss und bitte Sie, die Erledigung der Petitionen aus dem 1. Quartal 2011 zu bestätigen.
Ich danke der Frau Berichterstatterin. Gibt es Wortmeldungen zu dem Bericht? - Das ist nicht der Fall.
Der Ausschuss empfiehlt, den Bericht Drucksache 17/1496 zur Kenntnis zu nehmen und die Erledigung der Petition zu bestätigen. Wer der Ausschussempfehlung folgen und so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich die Beratungen für eine Mittagspause bis 15 Uhr schließe, bitte ich Sie, gemeinsam mit mir Frau Funke alles Gute zu wünschen. Offensichtlich ist ihr Sturz doch