Ich leiste einen Beitrag zu einer - vielleicht auch fraktionsübergreifenden - Annäherung in wesentlichen Punkten des Netzausbaus. Ich glaube, dass wir die noch brauchen werden, spätestens dann, wenn wir das Thema Netzausbau nicht nur im geschützten Raum des Landtags besprechen, sondern bei den Demonstrationen, die mit Sicherheit auf uns zukommen.
Wenn ich mir die Bilder von den Jungs angucke, die die Bürgerinitiative gegen den neuen Leitungsbau zwischen Breklum und Flensburg bilden, dann bitte ich um die Begleitung von mindestens Detlef Matthiessen und Jens Magnussen.
Wir müssen sehen, dass wir diese Gemeinsamkeit pflegen, auch für einen anderen Umstand: Wir werden ja sehr schnell, nicht nur in den Ausschüssen, in der Lage sein zu sehen, ob wir uns in wesentlichen Punkten zusammenraufen, und wir werden das auch tun müssen, wenn wir über die Vorschläge reden, die die Bundesregierung am 6. Juni 2011 im
Kabinett beraten will und die am 8. Juli 2011 durch den Bundesrat verabschiedet werden sollen. Denn dann geht es Spitz auf Knopf bei einer Reihe von Fragen, die in dem sehr umfassenden Antrag der Grünen auch tatsächlich angesprochen worden sind.
Richtig in der Analyse ist, dass der Ausbau der Stromnetze mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien in der Vergangenheit nicht Schritt gehalten hat.
Herr Minister, Sie haben weiter das Wort. Ich wollte nur für ein bisschen mehr Aufmerksamkeit für Sie sorgen.
Okay. - Die Analyse ist richtig. Sie hängt aber auch damit zusammen, dass wir zwei Umstände berücksichtigen müssen. Der eine Umstand ist: Netzausbau ist in Deutschland keine staatliche Aufgabe, sondern die Aufgabe der Unternehmen, die die Netze betreiben, die die Anträge stellen müssen. Das ist eine Voraussetzung, die wir akzeptieren müssen.
Der zweite Umstand ist: Der Netzausbau hat deshalb nicht Schritt gehalten, weil der Ausbau der Energien jeweils schneller vollzogen worden ist, als es die Prognosen erwartet haben. Deshalb sind wir im Moment in einer Lage, dass der Netzausbau deshalb verschärft worden ist, weil es diese Landesregierung war, die die Windeignungsfläche auf 1,5 % erhöht hat, und wir deshalb eine Verdreifachung der installierten Leistungen an Land bekommen, die einen weiteren Netzausbau erforderlich macht. Insofern haben wir einen Handlungsbedarf, den wir durch eine eigene politische Entscheidung selber mit herbeigeführt haben. Insofern sollten wir eher in die Zukunft gerichtet diskutieren.
Wir haben uns sehr schnell mit den Netzbetreibern zusammengesetzt. Ich konzediere übrigens auch, dass der Übergang der Übertragungsnetze auf die TenneT eine spürbare Verbesserung gebracht hat. Wir haben uns sehr schnell mit den Netzbetreibern auf allen Spannungsebenen zusammengesetzt und haben eine Netzausbauinitiative der Landesregierung auf den Weg gebracht. Wir haben die Ergeb
nisse den energiepolitischen Sprechern vor einigen Wochen vorgestellt. Dort ist das, was geplant ist, auf breite Zustimmung gestoßen.
Aktuell wird die energiepolitische Agenda allerdings von den Vorschlägen auf Bundesebene geprägt. Lassen Sie mich dazu kurz folgende Eckpunkte ausführen. Die Bundesregierung wird den Vorschlag machen - in diesem Paket, das am 6. Juni beschlossen wird -, dass bereits im Frühjahr 2012 ein Nationaler Netzentwicklungsplan aufgestellt werden soll, der die notwendigen Leitungsvorhaben für Deutschland beschreibt. Die Bundesregierung plant dann ein Netzausbaubeschleunigungsgesetz, kurz NABEG. Kernelement soll eine Bundesfachplanung sein, die von einer Bundesbehörde in Abstimmung mit den betroffenen Ländern durchgeführt werden soll. Ergebnis der Bundesfachplanung wird ein Bundesnetzplan sein, der die bundesweit notwendigen Trassenkorridore aufzeigt. Diese Trassenkorridore des Bundesnetzplans werden dann umgesetzt in die Landesraumordnungspläne und die regionalen Raumordnungspläne, und sie sind damit für den Bau von Höchstspannungsleitungen reserviert. Sie sind auf diese Weise gesetzlich festgelegt und damit einer gerichtlichen Überprüfung entzogen. Das wird das Verfahren entscheidend beschleunigen.
Zur Schaffung eines bundesweit einheitlichen Genehmigungsverfahrens plant die Bundesregierung, die Bundesnetzagentur als zentrale Planfeststellungsbehörde einzusetzen. Das kann man unterschiedlich betrachten. Ich habe zunächst zu denjenigen gehört, die der Auffassung waren, dass es vor allem notwendig ist, bei länderübergreifenden Vorhaben - das sind die HGÜ- und die Hochspannungsleitungen - eine zentrale Planfeststellungsbehörde festzulegen. Denn es ist bei einer Leitung, die durch fünf Bundesländer geht, hinderlich, wenn die Netzbetreiber mit fünf unterschiedlichen Planfeststellungsbehörden in Kontakt treten müssen.
Die ursprüngliche Forderung der überwiegenden Länder war, dass dies eine von den Ländern benannte zentrale Behörde sein soll. Ich habe das anfangs unterstützt, habe mich aber inzwischen durch Zuhören dessen, was die Länder vorgetragen haben, davon überzeugen lassen, dass es besser ist, wenn die Bundesnetzagentur das zentral macht. Denn wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass es inzwischen Interessenunterschiede der Bundesländer beim Thema Netzausbau gibt. Es gibt die Länder - wie unseres -, die zusätzlichen Strom aus erneuerbaren Energien erzeugen und ihn abgeleitet haben wollen, es gibt die Länder, die Verbrauchszentren haben
und die den Strom haben wollen, und es gibt die Länder, die weder viel verbrauchen noch viel erzeugen und reine Transitländer sein wollen, die eine andere Interessenlage haben.
Weil übrigens auch der Wettlauf um die Wertschöpfung der Energiewende begonnen hat, bin ich der Auffassung, wir sollten diese Interessenunterschiede nicht aufkommen lassen. Nur aus diesem Grund bin ich der Auffassung, dass es zentral dann geschehen kann, wenn es tatsächlich schneller geht und nicht durch den Aufbau einer neuen Behörde zu Verzögerungen führt. Das ist aus meiner Sicht der entscheidende Grund. Bei einer Abwägung zwischen Beschleunigung und Kompetenzgerangel würde ich mich für die Beschleunigung entscheiden.
Klar muss bei dieser Planung ebenfalls sein, dass das, was heute bereits nötig ist, rasch gebaut werden kann. Dazu gehört aus meiner Sicht die HGÜLeitung, die TenneT von Brunsbüttel nach Schweinfurt in Bayern bauen will. Sie ist erforderlich, um die Offshore-Strommengen abzutransportieren. Sie ist auch erforderlich, um die OnshoreStrommengen von den Offshore-Strommengen zu trennen, indem das eine Gleichstrom und das andere Wechselstrom ist. Das wird ein sehr wichtiger Punkt sein. Es ist notwendig, dass bereits im Sommer 2011 ein klares Signal erfolgt.
Solche Leitungen sind teuer. Die HGÜ von Brunsbüttel nach Bayern wird wahrscheinlich 4,5 Milliarden € kosten. Ich bin auch als Wirtschaftsminister der Auffassung, dass es schwierig sein wird, das Kapital zu mobilisieren, das wir brauchen, wenn wir so beschleunigt ausbauen. Auch diesem Grund haben wir den Vorschlag gemacht, mit einer Sprinterprämie über die Rendite einen Anreiz für eine schnelle Kapitalbereitstellung zu schaffen in einem Finanzmarkt, der ansonsten durch Anlageformen gekennzeichnet ist, die höhere Renditen aus Netzen hervorbringt. Aus diesem Grund glaube ich, dass das ein ordnungspolitisch umstrittener, in der Sache aber guter Vorschlag ist.
Der letzte Punkt, den ich ansprechen möchte, ist die Frage der Bürgerbeteiligung. Ich bin der Auffassung, dass es bei diesen Infrastrukturen, die uns bevorstehen, notwendig ist, darauf aufzupassen, dass wir die Bürger nicht zu Gegnern stempeln. Aus dem Grunde ist es nicht nur eine Frage des Umgangs mit den Bürgern, sondern auch eine Frage
Wir sind zu dieser vorlaufenden Bürgerbeteiligung bereit. Wir haben durch das Dialogforum, das wir für die Fehmarnbelt-Querung auf den Weg bringen wollen, auch unter Beweis gestellt, dass wir -
- Brauchen Sie auch nicht! Bei der Frage Bürgerbeteiligung sollte man nicht zwischen sympathischen Vorhaben und unsympathischen Vorhaben unterscheiden.
Es geht darum, dass wir, wenn wir die nachlaufende Bürgerbeteiligung abkürzen, indem wir den Klageweg ausschließen, eine vorlaufende Bürgerbeteiligung möglich machen wollen. Ich habe die Hoffnung, dass wir nicht nur zusätzliche Diskussionsstätten schaffen, sondern auch die eine oder andere Streitfrage ausräumen können, was dann dazu führt, das Vorhaben zu beschleunigen.
In diesem Sinne würde ich mich freuen, wenn wir in Schleswig-Holstein dazu kämen, dass wir in einer breiten Front die Dinge gemeinsam tragen können. Das ist notwendig. Für Schleswig-Holstein gibt es große Wertschöpfungspotenziale durch die Energiewende. Wir alle sollten sie gemeinsam nutzen.
Die Landesregierung hat die verabredete Redezeit um gute 4 Minuten überschritten; diese steht jetzt allen Fraktionen zur Verfügung.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei vielen Punkten, die der Minister genannt hat, besteht eine Übereinstimmung. Im Zusammenhang mit dem Netzbau liegt
die Erschließung von allein 9 GW Onshore-Windstrom vor uns. Das hat eine gewaltige Dimension, was das Einkommen für Schleswig-Holstein anbelangt. Sie können von Erzeugungskosten bei Atomstrom, betrachtet man die externen Kosten nicht, in der Größenordnung von unter 4 ct ausgehen, während wir etwa bei 7 ct bei Onshore-Strom liegen. Wir produzieren im Vergleich zu der Produktion der Atomkraftwerke, als noch alle drei liefen, voraussichtlich die eineinhalb- bis zweifache Menge. Wir reden also über eine gigantische Wertschöpfung. Dazu brauchen wir eine Infrastruktur, die nach Vorschlägen der Netzbetreiber 400 km neue 380-kV-Trassen vorsieht.
Aus der Diskussion hat sich aus meiner Sicht sehr deutlich ergeben, dass alle politischen Kräfte des Landtags dieses Prozess begleiten wollen. Ich bin deswegen noch einmal hier hergegangen, weil Sie, Herr Kollege Kumbartzky, gesagt haben, jetzt werde in der Sache abgestimmt.
Man mag die Qualität einiger Anträge, die vorgelegt werden, in Zweifel ziehen. Ob wir Sozialtarife mit dem Netzausbau verknüpfen müssen, weiß ich nicht, Frau Prante. Das kann man in der Ausschussbefassung relativ schnell einer Klärung zuführen. Auch die Punkte Smart Meter und Smart Grids haben nichts mit dem Netzausbau und anerkannten Kosten für den Netzausbau zu tun, sondern mit § 40 Abs. 3 Ordnungsrecht im EnWG. Das kann man alles im Ausschuss klären.
Angesichts der Politikmüdigkeit in der Bevölkerung, die sich im Wahlverhalten zum Teil deutlich manifestiert, sollten wir den Versuch unternehmen, solche großen politischen Aufgaben gemeinsam anzugehen. Ich möchte gern die Chance haben, die Argumente, die in unserem Papier enthalten sind, im Ausschuss abzuwägen. Es ist doch ein Luxuskonflikt, ob wir eine beliehene Behörde des Landes als zentrale Behörde fordern oder ob wir eine Bundesbehörde schaffen. Ich kann Ihren Argumenten folgen, Herr Minister. Daher appelliere ich noch einmal an die Koalitionsfraktionen, dass wir meinem Vorschlag folgen und alle Anträge an den Ausschuss überweisen.
Ja. Ich habe meinen Antrag hinlänglich begründet. Frau Präsidentin, bei Energie muss ich immer abgeschaltet werden -