In der Regierungserklärung haben wir bereits Schlagworte zu einer sozialen und ökologischen Marktwirtschaft gehört. Dazu gehören Bürokratieabbau, schlanker Staat, Förderung des Mittelstandes, Schleswig-Holstein als ansiedlungsfreundlichster Standort überhaupt in der Bundesrepublik. Das sind Dinge, die durch ein Verbandsklagerecht von Tierschutzverbänden beeinträchtigt würden. Darauf werde ich noch näher eingehen.
Bereits im Jahr 2004 haben SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einen Antrag zur Einführung einer Verbandsklage für Tierschutzverbände auf Bundesebene gestellt. Dieser wurde im Verhältnis 15:1 abgelehnt. Seither haben sie in sechs Landesparlamenten versucht, eine tierschutzrechtliche Verbandsklage auf Landesebene durchzusetzen. Lediglich die Freie und Hansestadt Bremen hat 2007 beschlossen, eine abgespeckte Form der Verbandsklage einzuführen,
in der den Tierschutzverbänden nur die Möglichkeit einer Feststellungsklage gemäß § 42 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung eingeräumt wird.
In der 15. und 16. Legislaturperiode des SchleswigHolsteinischen Landtags haben sich die Abgeordneten wiederholt dieser Thematik angenommen. Jetzt, gleich zu Beginn der 17. Legislaturperiode, befassen wir uns aufgrund eines inzwischen wieder zurückgezogenen Antrags der SPD-Fraktion und eines Gesetzentwurfs der Grünen erneut mit diesem Thema.
In dem vorliegenden Gesetzentwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben sich die Grünen die Mühe gemacht und ihre Vorstellungen zu Papier gebracht. Das ist durchaus löblich. Auf der Grundlage des Gesetzentwurfs sollten wir daher die Argumente im Agrar- und Umweltausschuss diskutieren.
Auch wenn nach Auskunft des Wissenschaftlichen Dienstes des Schleswig-Holsteinischen Landtags die Einführung einer Verbandsklage auf Landesebene möglich ist, muss zunächst geprüft werden, ob in diesem Bereich tatsächlich Handlungsbedarf besteht und damit dem Tierschutz eine notwendige Unterstützung geboten wird. Das Verbandsklagerecht würde nach meiner Auffassung in die Landwirtschaft und die damit verbundene Tierhaltung unverhältnismäßig eingreifen. Zahlreiche Haltungsverordnungen, die besonders bei Genehmigungsverfahren greifen, und das Instrument des Cross-Compliance bieten Kontrollmechanismen genug, in diesen Bereichen den Tierschutz ausreichend zu kontrollieren und sicherzustellen.
Die in Bezug auf den Tierschutz gemachten Erfahrungen machen eine Verbandsklage auch weiterhin überflüssig und würden die durch Bürokratie belastete Landwirtschaft noch weiter einschränken. Das kann und darf nicht unser Ziel sein. Hier tragen wir gleichzeitig die Verantwortung für den Tierschutz
Hinzu kommt, dass bei der Forderung nach Einführung des Verbandsklagerechts bisweilen unterschwellig unterstellt wird, Verstöße gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen würden durch die zuständigen Behörden zu nachlässig geprüft. In der täglichen Praxis gestaltet es sich aber so, dass Amtstierärzte und Ordnungsbehörden vor Ort gewissenhaft Missständen nachgehen und Verstöße abstellen. Auch deshalb erübrigt sich aus Sicht der CDU-Landtagsfraktion die Einführung eines Verbandsklagerechts für Tierschutzverbände.
Aus den genannten Gründen beantrage ich die Überweisung des Gesetzentwurfs zur Beratung in den Umwelt- und Agrarausschuss.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der vergangenen Legislaturperiode haben wir im Plenum und in den Ausschüssen lange Zeit über die Einführung eines TierschutzVerbandsklagerechts diskutiert. Leider mussten wir als SPD feststellen, dass dies mit der CDU in der Koalition nicht möglich ist.
Im Februar dieses Jahres habe ich an dieser Stelle erklärt, dass wir uns weiterhin für das TierschutzVerbandsklagerecht einsetzen und dafür kämpfen werden.
Da Tiere ihre Interessen nicht selbst artikulieren können, brauchen sie eine rechtliche Vertretung, ein wirkungsvolles Verbandsklagerecht, wie es im Naturschutz oder Verbraucherschutz seit Langem selbstverständlich ist. Bei der Diskussion hierüber im Landtag bestand weitgehend Einigkeit. Letztlich bestanden nur in der CDU und in Teilen der FDP grundsätzliche Bedenken gegen die Einführung des Verbandsklagerechts im Tierschutz. Ich wünsche mir von allen Kollegen und Kolleginnen mehr Mut beim Tierschutz.
Dies gilt vor allem für das lange Zeit für andere Länder im Tierschutz vorbildliche Schleswig-Holstein.
Der Wind zur Einführung des Tierschutz-Verbandsklagerechts hat sich bundesweit gedreht. In Bremen wird es vorgelebt. Die Jamaika-Koalition im Saarland will es laut Koalitionsvertrag einführen. Auch die Passagen zum Tierschutz im Kieler Koalitionsvertrag lassen auf einen Meinungswechsel bei der CDU schließen - so dachten wir zumindest.
Schleswig-Holstein steht anders als vor einigen Jahren nicht mehr allein in der Reihe der Bundesländer, wenn es um die Einführung des Verbandsklagerechts im Tierschutz geht. Wir müssen daher in der ersten Reihe stehen und wollen nicht irgendwann bei diesem Thema bundesweit Schlusslicht sein.
Meine Fraktion hat sich entschlossen, frühzeitig für ein Tierschutz-Verbandsklagerecht einzutreten. Anders als die Grünen beim damaligen und auch aktuellen Gesetzentwurf, aber mit dem gleichen Ziel, wollten wir jedoch nicht lediglich eine parlamentarische Debatte über einen schon fertigen Gesetzentwurf, sondern einen vorgeschalteten breiten öffentlichen Prozess über ein Gesetzgebungsverfahren der Landesregierung, den wir mit unserem Antrag einforderten. Dies schien uns der richtige Weg, um juristische und fachliche Fragen auf dem Weg zu einem gesamtgesellschaftlich gewollten TierschutzVerbandsklagerecht zu klären. Dies gilt beispielsweise für die Frage, ob das Klagerecht für anerkannte Tierschutzorganisationen schon im Genehmigungsverfahren oder erst feststellend nach einer behördlichen Entscheidung wirken soll.
Da diese Fragen nun aufgrund des zeitlich nach unserem Antrag erneut eingebrachten Gesetzentwurfs der Grünen auch im Ausschuss zwischen erster und zweiter Lesung geklärt werden können, haben wir uns entschlossen, unseren Antrag zurückzuziehen. Wir behalten uns ausdrücklich vor, anhand der Ergebnisse der Verbandsanhörung und der Diskussion im Ausschuss gegebenenfalls noch entsprechende Änderungen im Gesetzentwurf zu beantragen.
Bei der Diskussion um die Einführung des Tierschutz-Verbandsklagerechts geht es nicht um die Frage, wer der bessere Tierschützer oder die bessere Tierschützerin ist. Seit 2002 ist der Tierschutz im Grundgesetz verankert. Dieser hohe Stellenwert muss durch eine gerichtliche Überprüfungs
damit ein Gleichgewicht zwischen Tiernutzern und Tierschützern hergestellt wird. Wir als SPD-Landtagsfraktion stehen zu unserem Wort. Wir wollen das Tierschutz-Verbandsklagerecht in SchleswigHolstein einführen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Tierschutz ja, Verbandsklagerecht nein. Auf diese knappe Formel lässt sich auch in der neuen Legislaturperiode die mehrheitliche Auffassung der FDPLandtagsfraktion bringen. Frau Kollegin Redmann hat bereits darauf hingewiesen, dass es in unserer Fraktion hierzu unterschiedliche Auffassungen gibt. Das Gewicht hat sich jedoch etwas verschoben. Früher sind 25 % dafür eingetreten, heute sind es nur noch 7 %.
Nach wie vor räumt die gesamte FDP-Fraktion dem Tierschutz einen sehr hohen Stellenwert ein. Wir haben ihn alle gemeinsam eingefordert. Nicht zuletzt mit Blick auf die zwischenzeitliche Verankerung des Staatsziels Tierschutz hat sich in den vergangenen Jahrzehnten eine Menge verbessert.
Nach unserer Überzeugung begründet das aber noch lange nicht die Einführung eines Verbandsklagerechts für Tierschutzorganisationen. Die Regelungskompetenz auf diesem Gebiet steht dem Land zwar grundsätzlich zu. Seit dem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes ist dies zumindest die herrschende Meinung in diesem Haus. Gleichwohl wiegen nach unserer Überzeugung die Bedenken gegen die Einführung eines Verbandsklagerechts so schwer, dass wir von dieser Möglichkeit in Schleswig-Holstein keinen Gebrauch machen sollten.
Auf den ersten Blick taugen weder der inzwischen zurückgezogene Antrag der SPD noch der Gesetzentwurf der Grünen dazu, diese Bedenken zu zerstreuen. Im Gegenteil, die SPD überlässt es begründungslos lieber gleich der Landesregierung, einen Gesetzentwurf zu formulieren. Bis gestern schien
das Vertrauen in die Landesregierung noch grenzenlos. Ich weiß allerdings nicht, was in der Zwischenzeit passiert ist.
Den Grünen ist leider nur eingefallen, ihren alten Gesetzentwurf noch einmal einzubringen, obwohl dieser bereits beim letzten Mal - übrigens auch mit den Stimmen der SPD - scheiterte. Etwas mehr Engagement hätte ich schon erwartet.
Lassen Sie mich deshalb bitte kurz erläutern, weshalb wir eine Interessenklage im Tierschutzbereich ablehnen: Das fängt damit an, dass unser Verwaltungsrecht das Rechtsinstitut einer Interessenklage, wie es das Verbandsklagerecht beim Tierschutz darstellen würde, nicht kennt. Insbesondere halten wir es nicht für vergleichbar mit dem bestehenden Verbandsklagerecht im Naturschutzbereich. Anders als im Tierschutzbereich können Naturschutzkonflikte auch ohne Verbandsbeteiligung anhängig werden, da sich immer Grundstückseigentümer, Nachbarn oder mittelbar Betroffene zur Wehr setzen können. Im Tierschutzbereich sollen dagegen Prozesse geführt werden können, die bisher noch nicht geführt werden konnten. Der viel zitierte Vergleich zwischen den beiden Verbandsklagerechten hinkt also.
Ihm wird auch nicht mit Hinweisen auf andere Regelungen in anderen Ländern auf die Beine geholfen, zum einen, weil die zum Teil unterschiedlichen prozessualen Voraussetzungen nur sehr bedingt für eine Vergleichbarkeit taugen, zum anderen, weil davon auszugehen ist, dass die Ergebnisse im Saarland oder in Bremen eher der besonderen politischen Konstellation als Sachargumenten geschuldet sind.
Darüber hinaus befürchten wir durch ein Tierschutz-Verbandsklagerecht erhebliche Nachteile für Forschung und Lehre in Schleswig-Holstein. Wir haben uns die Frage gestellt, welche Auswirkungen es auf den Forschungsstandort SchleswigHolstein haben könnte, wenn über den Umweg der Interessenklage frühzeitig Informationen durch Einsicht in interne Unterlagen an die Öffentlichkeit gelangen.
Dabei haben alle Beratungen ergeben, dass Tierschutzverbände im Wege der Verbandsklage bereits erteilte Genehmigungen blockieren können, dass durch sie Forschungsvorhaben bereits im Vorfeld
verzögert und verteuert werden können und dass was noch schlimmer ist - durch frühzeitige Informationen über Forschungsvorhaben innovative Ideen unserer Forscher beeinträchtigt werden könnten; denn im Gegensatz zu den beratenden Ethikkommissionen, in denen übrigens Tierschutzverbände bereits Sitz und Stimme haben, unterliegen Tierschutzverbände gerade keiner Geheimhaltungspflicht. Da helfen auch nicht die gut gemeinten Hinweise weiter, dass schließlich nur ein Klagerecht für seriöse Tierschutzorganisationen befürwortet werde. Die Bedenken gegen das Verbandsklagerecht im Tierschutz bleiben.
Wer dem jetzt entgegenhalten will, dass die Landesregierung diesen Bedenken in einem eigenen Gesetzentwurf Rechnung tragen könne, dem danke ich für das Vertrauen in die schwarz-gelbe Regierungsarbeit.