Aber im Zeitalter des Internets ziehen manchmal dunkle Wolken im Musterländle auf. Nicht alle wollen sich kampflos der deutschen Datenschutzkultur ergeben.
Wir diskutieren heute über das Landesdatenschutzgesetz. Es gilt - hierauf wurde bereits hingewiesen - eigentlich nur für die öffentlichen Stellen beziehungsweise regelt den Datenschutz von öffentlichen Stellen; aber das Beispiel von Facebook und die Verwendung des Gefällt-mir-Buttons durch Behörden hat gezeigt, dass es auch Zuständigkeiten gibt, die wir in Schleswig-Holstein regeln können und regeln müssen.
Ich finde, wenn wir diese Herausforderungen, die sich für den Datenschutz stellen, annehmen wollen, dann muss der Datenschutz auf drei Säulen beruhen, die wir nebeneinander stellen müssen. Die erste Säule sind die Datenschutzbeauftragten, die zweite Säule ist die Politik, und das Dritte sind die Bürgerinnen und Bürger selbst.
Dass ich hier überhaupt die Politik nenne - den einen oder anderen wird es wundern -, hat einen Grund. Manchmal hat man den Eindruck, als habe die Politik das Thema Datenschutz „outgesourced“, als seien dafür jetzt allein die Datenschutzbeauftragten zuständig. Tatsächlich gehen sehr viele Debatten von den Datenschutzbeauftragten aus. Die jüngste Facebook-Diskussion ist dafür ein gutes ein Beispiel. Es waren ja keine Politiker oder Minister, die dieses Thema angegangen sind, sondern es waren Datenschutzbeauftragte. Wenn Datenschutzbeauftragte bei der Gesetzgebung beraten, kommt dabei Vernünftiges heraus, was auch die hier vorliegenden Gesetzentwürfe zeigen. Wenn es aber auf internationaler Ebene darum geht, in harte Verhandlungen zu gehen, um grundlegende Datenschutzprinzipien durchzusetzen, dann ist dies Aufgabe der Politik. Ich würde sagen, in der heutigen Zeit ist dies sogar eine Kernaufgabe der Politik.
In Berlin muss sich noch Erhebliches tun, damit die deutsche Datenschutzkultur nicht bald im Regen steht. Denn die Menschen - ich meine gerade auch die jungen Menschen, mit denen ich spreche - sind zwiegespalten. Sie wollen - darauf haben Sie, Herr Eichstädt, hingewiesen - die Möglichkeiten, die das Netz bietet, nutzten, aber sie wollen auch darauf vertrauen, dass es mit den Daten, die sie preisgeben, immer irgendwie gutgeht. Insoweit ist Politik gefordert, einen Rechtsrahmen zu setzen, der dies zumindest ansatzweise garantiert.
Damit bin ich bei der dritten Säule, den Bürgerinnen und Bürgern, angelangt. Die Verwendung von Daten ist auch Teil des eigenen Lebens, Teil der Kultur, Teil der Selbstbestimmung. Wir müssen die Bürgerinnen und Bürger noch stärker in den Schutz ihrer Daten einbeziehen. Auch hier gilt: Datenschutzbeauftragte sind keine Zauberer, die mit geringen finanziellen und organisatorischen Mitteln dafür sorgen, dass es keine Datenschutzverstöße gibt. Wir müssen auch die Instrumente der Zivilgesellschaft weiter schärfen.
Ich sagte es bereits: Vor diesem Hintergrund begrüßen wir die Vorlage eines Gesetzentwurfs durch die Landesregierung und auch den aus vorgelagerten Beschleunigungszwecken Entwurf von CDU und FDP. Die Stärkung der Unabhängigkeit des Datenschutzbeauftragten werden wir heute in zweiter Lesung verabschieden. Der Datenschutzbeauftragte wird damit nicht nur länger als unabhängig bezeichnet, sondern er erhält auch eine stärkere rechtliche Unabhängigkeit von der Exekutive. Dementsprechend haben die Grünen diesem Gesetzentwurf im
Ich möchte einen Aspekt herausgreifen, weil wir im Innen- und Rechtsausschuss noch Debatten zum Entwurf des Landesdatenschutzgesetzes führen wollen, der jetzt von der Regierung eingebracht wird, und möchte auf die Löschungsfristen Bezug nehmen. Es wird eine fünfjährige Löschungsfrist vorgesehen. Wir könnten im Innen- und Rechtsausschuss darüber diskutieren, inwieweit das praktikabel ist. Ich habe nämlich die Befürchtung, dass es sich die Behörden nicht leisten können, regelmäßig alle Internetangebote durchzupflügen, die älter als fünf Jahre sind. Das wird schlicht dazu führen, dass alle Internetangebote mit einer Verfallsfrist von fünf Jahren versehen werden. Dann werden all diese älteren Internetangebote pauschal aus dem Internet verschwinden.
Ich vergleiche das mit Zeitungsarchiven und Informationen, die darin enthalten sind. Diese werden auch nicht vernichtet. Es kann ja ein Interesse geben, solche Sachen zu recherchieren.
Wir müssen bei der Einspeisung dieser Daten stärker darauf setzen, strikt und restriktiv vorzugehen. Die Daten, die sich dann im Internet befinden, brauchen diese fünfjährige Verfallsfrist möglicherweise nicht. Darüber könnten wir reden. Wir wollen auch keine Bürokratie in den Informationsämtern der Ministerien aufbauen, die regelmäßig alte Internetangebote durchforstet.
Ich komme zum Schluss. - Wir werden dem einen Antrag zustimmen und den anderen im Innen- und Rechtsausschuss wohlwollend begleiten.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Datenschutz in Schleswig-Holstein, das ist ein Feld, das über viele Jahre hin gut bestellt wurde. Der schleswig-holsteinische Datenschutzbeauftragte
In der vergangenen Woche hat Thilo Weichert wieder einmal gezeigt, warum er das Vertrauen dieses Hauses genießt. Er hat sich massiv gegen das mächtige und einflussreiche Unternehmen Facebook gestellt und ist auch nicht davor zurückgeschreckt, unkritische Nutzer und Nutzerinnen von Facebook zu verärgern.
Seine Unabhängigkeit und sein besonderes Engagement hat er auch in der Vergangenheit schon oft unter Beweis gestellt. Hierfür möchte ich ihm meinen Dank und meine Anerkennung aussprechen.
Ich würde es mir wünschen - gerade im letzten Beitrag haben wir es gemerkt, wenn wir zugehört haben -, dass er noch mehr Kraft in die Vermittlung von Medienkompetenz investiert. Ich glaube, wir wären schon einen Schritt weiter, wenn jeder, der in diesem Land zu entscheiden hat, wüsste, dass es nicht um die I-like-it-Buttons bei Facebook geht, sondern um Buttons auf anderen Seiten, die dann Verbindungen zu Facebook-Plattformanwendungen herstellen. Dann wird auch klar, was Thilo Weichert in der letzten Woche gemacht hat. Er hat nicht Facebook angegriffen, das in Irland oder sonst wo sitzt, sondern er hat Verantwortung ganz klar von denen abverlangt, die hier in Deutschland mit Facebook Geschäfte machen. Der Kreis Nordfriesland hat es offensichtlich begriffen. Er hat die FacebookButtons auf seinen Internetseiten heute entfernt. Sie sollen gern eine Facebook-Fanseite haben. Ich glaube, niemand hat etwas dagegen. Denn die Daten desjenigen, der sich auf Facebook bewegt, hat Facebook ohnehin. Der kann auch auf jeden I-like-itButton klicken. Ansonsten sollte man sehr vorsichtig damit sein.
Diese Diskussion ist eigentlich gar nicht die, die wir führen, hat aber etwas damit zu tun. Es ist richtig, die Menschen an ihre datenschutzrechtliche Verantwortung zu erinnern und sie dafür auch in die Verantwortung zu nehmen. Besonders wichtig ist dies natürlich bei öffentlichen Anbietern und bei Firmen. Sie sind immer wieder an die Pflicht zum Schutz der Daten ihrer Kundinnen und Kunden zu erinnern.
Genau darum geht es, Kollege Fürter, dass die Daten der Kundinnen und Kunden gelöscht werden. Wenn die Regierung zukünftig Internetangebote au
tomatisch nach fünf Jahren entfernen will, dann habe ich das Gesetz völlig falsch verstanden. Ich finde zum Beispiel, dass die Debatte, die wir heute führen, auch im Jahr 2017 noch nachlesbar sein sollte. Das halte ich für sehr sinnvoll. Allerdings sollten wir dann nicht mehr nachlesen können, wer sich diese Debatte alles angeguckt und die Inhalte runtergeladen hat.
Es geht um die Daten der Kundinnen und Kunden. Sie sind zu schützen, wenn nötig auch mit der Androhung von Bußgeldern, wenn gesetzliche Vorschriften nicht eingehalten werden.
Der Gesetzentwurf von CDU und FDP schafft Rechtssicherheit, indem das Landesdatenschutzgesetz an die Vorgaben des Urteils des EuGH angepasst wird. DIE LINKE begrüßt, dass die Unabhängigkeit des Datenschutzbeauftragten gestärkt wird. Hier wird ganz deutlich, der Datenschutzbeauftragte nimmt seine Aufgaben ausschließlich nach Recht und Gesetz ohne eine Informationsoder gar - wie von der Landesregierung gefordert eine Konsultationspflicht gegenüber der Landesregierung wahr. Wir werden dem Gesetzentwurf daher zustimmen.
Nun zum Gesetzentwurf der Landesregierung. Ich gebe der Landesergierung recht: Die datenschutzrechtlichen Bestimmungen müssen an eine neue Realität angepasst werden. Das Landesdatenschutzgesetz ist veraltet, und es ist grundsätzlich zu begrüßen, dass die Landesregierung eine Novellierung anstrebt. Der vorliegende Entwurf lässt ihr Bemühen erkennen, allerdings sieht DIE LINKE in einigen Punkten noch dringenden Beratungsbedarf.
So möchten wir gern diskutieren, ob es sinnvoll ist, dass das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz künftig Entgelte für die datenschutzrechtliche Beratung von öffentlichen Stellen eintreiben soll. Denn ist nicht gerade genau diese Beratung und kritische Begleitung die Aufgabe des ULD, die durch Landesmittel finanziert werden muss? Bürden wir den Kommunen damit nicht schon wieder finanzielle Lasten auf, die sie ohnehin schon lange nicht mehr schultern können?
Zudem frage ich mich auch, warum die Landesregierung die öffentlich-rechtlichen Unternehmen, die am Wettbewerb teilnehmen, aus dem Anwendungsbereich dieses Gesetzes herausnehmen will. Das macht mich zunächst einmal misstrauisch, und ich möchte Sachverständige in den Innen- und
Ich will aber nicht nur Kritisches sagen. Ich begrüße zum Beispiel, dass in § 5 des Entwurfs ganz klare Vorgaben für die Ausführung des Gesetzes formuliert werden. Wie diese am Ende aussehen sollen, können wir im Ausschuss sicherlich noch beraten. Ich begrüße auch, dass künftig bereits das Unterlassen technisch-organisatorischer Maßnahmen zum Datenschutz bußgeldbewährt sein soll. Das ist richtig.
Alles in allem wird dieser Gesetzentwurf sicherlich Gegenstand längerer und eingehender Beratungen und Anhörungen im Ausschuss sein. Ich freue mich darauf und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Für die Fraktion des SSW erteile ich der Fraktionsvorsitzenden, der Frau Abgeordneten Anke Spoorendonk, das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der SSW begrüßt, dass das Landeszentrum für Datenschutz zukünftig nicht mehr unter der Rechtsaufsicht des Innenministeriums arbeitet und damit der Rechtsprechung des EuGH zur Unabhängigkeit der Datenschützer entsprochen wird. Außerdem sehen wir die Novelle des Landesdatenschutzgesetzes mit der Anpassung an die technischen und inhaltlichen Entwicklungen grundsätzlich positiv.
Es gibt zwei Änderungen, die aus Sicht des SSW sinnvoll wären und die wir in den Innen- und Rechtsausschuss einbringen werden. Der erste Punkt bezieht sich auf § 35 LDatenschutzG und die nur einmal zulässige Wiederwahl des Landesdatenschutzbeauftragten. Genau wie bei der Beauftragten für soziale Angelegenheiten und dem Flüchtlingsbeauftragten sollte auch hier eine Wiederwahl mehrmals zulässig sein.
Darüber hinaus sollten die Gebührenregelungen in § 43 LDatenschutzG spezifiziert werden. Behördliche Datenschutzbeauftragte haben die Aufgabe, datenschutzkonforme Verfahren im Land einzusetzen. Wenn kein Datenschützer bestellt ist, muss das ULD diese Test- und Freigabeverfahren durchführen. Da hier Personal des ULD gebunden wird, weil die Behörden vor Ort keine Datenschützer
Darüber hinaus sind die Änderungen zum Beispiel zur Veröffentlichung von Daten im Internet oder die Erweiterung der Löschungstatbestände durchaus sinnvoll und entsprechen einem modernen Datenschutz im Zeitalter des Internet. Das Landesdatenschutzgesetz ist immerhin elf Jahre alt - das haben wir jetzt schon mehrfach gehört -, und damals war Schleswig-Holstein in Sachen Datenschutz Vorreiter. Dass die konkrete Arbeit unserer Datenschützer auch heute immer noch in aller Munde ist, passt also in dieses Bild. Daher ist es höchste Zeit, dass wir dieses Gesetz endlich den aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen anpassen.
In den letzten Jahren gab es bundesweit viele Datenskandale und Auseinandersetzungen mit großen Unternehmen in Sachen Datenschutz. Als Beispiel sei hier auf die Debatte über Google Street View verwiesen. In der Auseinandersetzung mit diesem großen internationalen Konzern haben es Datenschützer, Politiker und die Gesellschaft mit beispielhaftem Engagement und kritischem Bewusstsein geschafft, Regeln zu entwickeln, die die ausufernde Datenansammlung von Google eindämmt oder zumindest infragestellt. Die Einsprüche sind individuell handhabbar und wirken nachhaltig. Dies wünsche ich mir für den gesamten Datenschutz.
Die Menschen in Schleswig-Holstein haben insgesamt ein sehr ausgeprägtes Datenschutzbewusstsein. Nicht zuletzt die Menge an Einsprüchen gegen Google Street View hat dies noch einmal belegt. Auf diesem hohen Niveau müssen wir ansetzen, um den Datenschutz fit für die Zukunft zu machen. Die Bundesregierung hat schon aufgegeben, bevor sie überhaupt angefangen hat, und verweigert nicht nur alle gesetzgeberischen Ambitionen, sondern setzt zudem auf Freiheit, Eigenverantwortung und Rücksichtnahme. Das hört sich gut an, ist aber im besten Fall naiv.