Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Trotz der Kürze der Zeit fand ich die Debatte eigentlich ganz interessant, muss ich sagen. Auf der einen Seite haben wir den Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und auf der anderen Seite die Position der FDP, die eigentlich sagt: Nein, Subsidiarität ist betroffen, aber wir wollen uns auch inhaltlich äußern.
Ich hatte es so verstanden, dass es um Subsidiarität geht. Ist Subsidiarität betroffen, ja oder nein? Unserer Meinung nach ist Subsidiarität betroffen,
weil Subsidiarität heißt, dass auf nationaler Ebene oder auf Länderebene eine Entscheidungskompetenz vorhanden ist, die erst greifen muss, ehe die europäische Ebene greifen kann. Das hat etwas mit dem Lissabonvertrag zu tun. Es hat auch nicht zuletzt etwas mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu dem Begleitgesetz zum Lissabonvertrag zu tun. Daher finden wir es richtig und notwendig, diesen gemeinsamen Antrag zu stellen.
Ich finde es problematisch, wenn schon zu diesem Zeitpunkt gleichzeitig eine inhaltliche Debatte geführt wird. Wir teilen die Auffassung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dahin gehend, dass in Sachen Klimaschutz und Energieeffizienz sehr viel mehr gemacht werden muss und dass dies freiwillig nicht zu leisten ist. Es ist naiv, das zu glauben. Wir dürfen aber nicht Äpfel mit Birnen vermischen. Daher bleibe ich dabei: Wir haben ein neues Instrument, das zur Stärkung unseres Landesparlaments beiträgt. Das ist ein Diskussionspunkt, wenn wir uns nicht selbst überflüssig machen wollen.
- Kollege Matthiessen, das ist nicht Selbstzweck. Nein, ich finde, das ist unerhört. Ich finde, jeder von uns muss sich der Frage stellen: Warum habe ich mich in dieses Parlament wählen lassen? - Habe ich das getan, um etwas zu bewegen? - Habe ich das getan, weil ich Kompetenzen habe und nicht,
Daher sage ich noch einmal: Das ist etwas Neues. Das ist ein neues Instrument. Es ist ein erster Schritt. Wir sollten uns als Parlamentarierinnen und Parlamentarier, als Parlament, damit beschäftigen und dann die inhaltliche Diskussion führen, wenn sie denn geführt werden muss. Dabei bleibe ich. Ich denke, das kann auch nicht anders verstanden werden, wenn wir den Lissabonvertrag und das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ernst nehmen.
Mir liegen zwei Wortmeldungen zu Dreiminutenbeiträgen vor. Ich erteile zunächst dem Kollegen Detlef Matthiessen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.
Liebe Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Ich wollte noch einmal Stellung dazu nehmen. Meine Wahrnehmung ist, dass auf der Seite dieses Hauses, die sich als bürgerlich bezeichnet, eher die Sorge im Vordergrund steht, dass hier ein Zwangsinstrument zur Häusersanierung und so weiter entsteht. Das will man dort nicht haben. Auf dieser Seite des Parlaments, beim SSW und bei Herrn Fischer, stand im Vordergrund, dass wir eine Kompetenz haben. Anke Spoorendonk sagt: Wenn wir uns nicht überflüssig machen wollen, dann müssen wir auch davon Gebrauch machen. - Mit einem Zwischenruf sagte ich: Dies ist kein Selbstzweck. Vielmehr wollen wir Ihren Worten folgen, wir wollen etwas bewegen. Daher müssen wir gucken, an welcher Stelle wir dies tun können. Wir sagen: An dieser Stelle eben nicht.
Nun komme ich zu der Fragestellung, ob in diesem Fall ein Subsidiaritätsfall berührt wird oder nicht. Es ist so, dass die Energiepolitik in den Verträgen nicht als eigenständiges gemeinsames Politikfeld zu finden ist. Trotzdem finden wir haufenweise Vorschriften, die in den Energiesektor hineinwirken. Diese leiten sich im Wesentlichen aus den gemeinsamen Politikfeldern des Wettbewerbsrechts und des Umweltrechts ab. Klimaschutz ist zweifellos eine Umweltaufgabe ersten Ranges. Es handelt sich
dabei um sehr große finanzielle Volumina. Deutschland kann als Exportnation von so einer Richtlinie profitieren, weil in ihr Normen für den gesamten europäischen Raum festgelegt werden. Wir als Exportnation würden von den Maßnahmen, die in anderen Ländern durchgeführt oder - ohne diese Richtlinie - nicht durchgeführt würden, partizipieren.
Wenn man sagt: Wir wollen so eine Richtlinie nicht, dann sage ich: Das sind Mindestnormen, für die ebenso wie generell für Richtliniennormen der EU gilt: Man darf sie auch überschreiten, Frau Funke. Man darf sie durch nationale Gesetzgebung überschreiten, wie wir das an verschiedener Stelle getan haben. Diese europaweit gemeinsame Norm sorgt ein kleines bisschen für eine Marktegalität.
Ein letzter Punkt: Normen darf man überschreiten. Gerade hier im Schleswig-Holsteinischen Landtag sollten wir nicht die große Hoffnung hegen, dass wir dann, wenn wir diese Normen nicht hätten, in der Energiepolitik landespolitisch besonders voranschreiten. Ich habe bisher eine Vielzahl an Klimaschutzinitiativen, zum Beispiel das ErneuerbareWärme-Gesetz Schleswig-Holstein, eingebracht. Es ist hier abgelehnt worden. Es gibt aber Bundesländer, die hier durchaus Erfolg haben. Es gab einmal eine schwarz-gelbe Initiative aus Baden-Württemberg. Der Bericht dazu liegt jetzt vor. In BadenWürttemberg hat man mit gutem Erfolg wirtschaftliche Impulse entfaltet. Schleswig-Holstein macht hier nichts.
Frau Präsidentin, ich komme zu meinem letzten Satz. - Die Frage der Subsidiarität steht objektiv nicht an. Die EU darf das machen. Wir sagen: Inhaltlich wäre es gut, wenn wir solche Mindestnormen bekämen.
Danke, Frau Präsidentin. Sehr geehrter Herr Kollege Matthiessen, würden Sie zur Kenntnis nehmen, dass ich in meinem Redebeitrag auf die Kernpunkte der Richtlinie eingegangen bin und dass ich mich auch durch Ihren Antrag dazu habe verleiten lassen, eine politische Einschätzung Ihres Antrags zu geben? - Ich habe aber im Wesentlichen zur Subsidiarität gesprochen und gesagt, dass wir diese im Bereich der Energieeffizienz besser vor Ort regeln können und dass ich die Subsidiaritätbedenken daher so begründe.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich übe auch ein kommunales Mandat aus und fand daher die Äußerungen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Beispiel in Bezug auf die Vorgaben der Sanierungsquote von 3 % an öffentlichen Gebäuden sehr interessant. Diese würde erhebliche Maßnahmen zur Folge haben und auch erhebliche finanzielle Folgewirkungen haben. Ich möchte jetzt aber der Versuchung einer inhaltlichen Debatte hierzu widerstehen. Der Kollege Fischer sagte es, es ist in jedem Fall eine sehr spannende Debatte, die wir zu diesem Thema noch bekommen.
Ein Punkt zum Thema Informationsvorteil durch die Regierung: Diesen sehe ich, ehrlich gesagt, nicht. Ich möchte ausdrücklich lobend erwähnen, dass die Zusammenarbeit und der Informationsfluss mehr oder weniger vorbildlich sind. Wir erhalten umgehend sämtliche Frühwarndokumente zur Verfügung. Auch dieses Verfahren zeigt, dass wir was den zeitlichen Ablauf angeht - vernünftig davor sind, denn wir befinden uns noch im Vorverfahren dieser angekündigten Richtlinie.
Außerdem sind wir in guter Gesellschaft. Wir stehen mit unserer Meinung nicht allein da. Die Bundesländer Hessen und Bayern teilen unsere Bedenken, was die Frage der Subsidiarität angeht. Insofern sind wir auch interfraktionell auf einem richtigen Weg. Wir sollten dieser Rüge beitreten.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich kann es kurz machen, weil wesentliche Aspekte genannt worden sind. Ich möchte jedoch für die Landesregierung - und ich glaube, ich kann das auch für die überwiegende Mehrheit im Haus, wahrscheinlich für alle, wenn ich dies so beanspruchen darf, tun - klarstellen, dass wir die Energieeffizienz logischerweise als eines der herausragenden Ziele ansehen, wenn es überhaupt gelingen soll, zu einer Energiewende zu kommen. Das ist unstrittig. Die Energieeffizienz und die Vermeidung von Energieverbrauch sind wesentliche Voraussetzungen dafür, dass die Strommengen, die wir brauchen, so unter Kontrolle gehalten werden können, dass wir unser Ziel durch einen anderen Energiemix und durch erneuerbare Energien überhaupt erreichen können. Insofern gibt es - so glaube ich - keinen Dissens beim Ziel.
Es gibt auch keinen Dissens in der Wahrnehmung, dass die Energieeffizienz bei allen Energiedebatten, die es gibt, immer ein wenig stiefmütterlich behandelt wird. Sie ist nicht so attraktiv wie die Diskussion über große Infrastrukturen, aber sie ist ein sehr wichtiger Punkt. Deshalb geht es nicht um die Frage, ob die Energieeffizienz tatsächlich verbessert werden muss, sondern wie. Da ist auch hinsichtlich der rechtlichen Bewertung vielleicht die Vorgeschichte des neuen Vorstoßes der EU-Kommission von Interesse.
Es geht darum, dass sich die Europäische Union zum Ziel gesetzt hat, bis 2020 den prognostizierten Energieverbrauch um 20 % zu senken. Ob man heute ein solches Ziel noch einmal formulieren würde, sei dahingestellt, aber das gibt es nun einmal. Erste Untersuchungen, die die Kommission vorlegen sollte, haben gezeigt, dass dieses Ziel nicht annähernd erreicht wird. Deshalb gibt es
einen neuen Vorschlag der EU-Kommission mit einer ganzen Reihe von Maßnahmen, mit denen das Ziel für 2020 doch noch erreicht werden soll. Das sind zum Teil rechtstechnische Maßnahmen, um Hemmnisse zu beseitigen und Marktmängel auszuräumen. Es sind aber auch materiell-rechtliche Maßnahmen, die in der Tat dazu führen, dass in gravierender Weise in Rechte, die bisher den Mitgliedstaaten und damit auch den Bundesländern vorbehalten sind, eingegriffen wird.
Da gibt es einen Verstoß gegen die Subsidiarität, und zwar ganz einfach deshalb, weil zum Beispiel die Kommission mit den von ihr vorgeschlagenen Maßnahmen in das Raumordnungsrecht, das bei uns bei den Bundesländern liegt, eingreifen würde. Es stellt sich die Frage, ob eine EU-Kommission, die nicht über die Instrumentarien verfügt, die nicht über die Daten verfügt, die auch nicht über den Regelungsrahmen verfügt, um tatsächlich solche Anpassungen flexibel vorzunehmen, die richtige Stelle ist, dies zu machen. Es handelt sich um Eingriffe, übrigens auch um Eingriffe in wirtschaftliche Ansprüche von Menschen, um Eingriffe in Vermögen mit den Vorschriften, die zum Beispiel im privaten Wohnungsbau gemacht werden.
Da muss es erstens sicher sein, dass es rechtstechnisch tatsächlich dem Regelwerk der Europäischen Union entspricht, und zweitens müssen die Bürger auch sicher sein, dass die Ebene, die über die Eingriffe in ihr Privatvermögen entscheidet, dazu tatsächlich befugt ist und so dicht an den Bürgern dran ist, dass sie tatsächlich flexible Regelungen finden kann.
Das ist der inhaltliche Hintergrund für diese rechtstechnische Debatte. Deshalb schließen wir uns als Landesregierung dem Antrag der Fraktionen an.
Vielen Dank, Herr Minister. - Es ist Abstimmung in der Sache beantragt worden. Deshalb kommen wir nun zur Abstimmung, und zwar zunächst über den Antrag der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 17/1766. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Nun hat die FDP Gelegenheit, mit abzustimmen. Wer diesen Antrag ablehnt, sollte jetzt das Handzeichen geben. - Damit ist dieser Antrag mit den Stimmen von CDU, SPD, FDP, der LINKEN und SSW gegen die Stimmen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, FDP und SSW, Drucksache 17/1783. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Stimmen von CDU, SPD, FDP, der LINKEN und SSW. Wer ist gegen den Antrag? - Das sind die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Der Antrag ist angenommen.
Meine Damen und Herren, bevor Sie in die Mittagspause gehen, möchte ich noch kurz ansagen, dass jetzt der Umwelt- und Agrarausschuss, ich glaube in Raum 139, tagen wird und dass für den Nachmittag folgende Tagesordnung verabredet wurde: Wir beginnen um 15 Uhr mit dem Tagesordnungspunkt 38 - Verfassungsschutzbericht -, und danach kommt Tagesordnungspunkt 20 - Keine Sanktionen für private Facebook-Seiten. Die Reihenfolge der Beratung der Tagesordnungspunkte 21 und 41 ist getauscht worden. Das heißt, heute Nachmittag beginnen wir mit Punkt 38, dann folgen die Punkte 20, 41, 32 und 21.
Ich begrüße auf der Zuschauertribüne unsere Gäste am heutigen Nachmittag. Es sind Mitglieder des CDU-Ortsvereins Ahrensburg. - Seien Sie uns herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!
Für den heutigen Nachmittag habe ich noch eine Krankmeldung erhalten. Erkrankt ist Frau Kollegin Ranka Prante. Wir wünschen ihr von dieser Stelle aus gute Besserung.