Protokoll der Sitzung vom 15.09.2011

Auf der Internetseite von Herrn Fürter bin ich noch nicht gewesen.

(Thorsten Fürter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Ich lade Sie ein!)

- Sie brauchen mich nicht einzuladen, da darf ich auch so hin.

(Heiterkeit und Beifall bei CDU und FDP)

Für diese Internetseite ist so viel geworben worden, dass ich sicherlich einmal auf diese Seite gehen werde.

Ich habe auch keine Angst vor Ihren Cookies, Herr Fürter; denn ich habe meinen Rechner so eingestellt, dass sie nach dem Surfen gelöscht werden. Deshalb sind sie garantiert nicht 23 oder 32 Jahre auf meinem Rechner.

(Peter Eichstädt [SPD]: Aber zehn Jahre auf den Hüften! - Heiterkeit)

- Lieber Herr Kollege Eichstädt, ich kenne mich mit politischen Diskussionen, insbesondere mit Diskussionen mit der SPD, ausgesprochen gut aus. Dass

Sie aber in einer Situation, in der man mich auf Diät gesetzt hat, eine solche Bemerkung machen, halte ich für ausgesprochen unfair. Das ist für einen Kollegen nicht angebracht.

(Heiterkeit und Beifall bei CDU und SPD - Peter Eichstädt [SPD]: Ich entschuldige mich und zeige Ihnen, wie man Cookies löscht!)

- Ich weiß das. Das geschieht automatisch, wenn ich meinen Internetbrowser schließe beziehungsweise meinen Rechner ausschalte; da kann man viel machen.

Der Schleswig-Holsteinische Landtag debattiert heute über den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit dem Titel „Keine Sanktionen für private Facebook-Seiten“. Schon dieser Aussage hätte ich zustimmen können. Inzwischen ist der Antrag überarbeitet worden; dem Titel „Datenschutz in sozialen Netzwerken sichern!“ kann ich noch mehr zustimmen. Aus meiner Sicht sollte die Botschaft aber lauten: Bürgerbeteiligung stärken und Datenschutz sicherstellen!

Soziale Netzwerke - Facebook ist eines davon sind aus dem privaten und dem politischen Leben nicht mehr wegzudenken; darüber brauchen wir gar nicht zu diskutieren. Nie zuvor konnten sich Bürgerinnen und Bürger an demokratischen Entscheidungsprozessen so schnell und so direkt beteiligen. Noch nie konnten Bürgerinnen und Bürger so unmittelbar politische Vorgänge verfolgen und mitgestalten.

Vielleicht kann die vielfach beklagte wachsende Distanz zwischen Bürgern und Politik auch durch soziale Netzwerke ein Stück weit verringert werden. Für die Politik ist dies eine Chance. Genau deshalb nutzt auch die Landesregierung diese neue Form der Kommunikation. Wie wir schon gehört haben, stehen wir damit nicht allein: Bundesministerien, Verbände, Bundestagsabgeordnete, Landtagsabgeordnete, andere Landesregierungen - sie alle gehen diesen Weg.

(Christopher Vogt [FDP]: Bürgermeisterkan- didaten!)

- Auch Bürgermeisterkandidaten; vielleicht können wir noch ein bisschen sammeln. Meine Redezeit ist ausgeschöpft, wenn ich alle aufzähle.

Auch die politischen Parteien, beispielsweise die Jungen Grünen, haben längst erkannt: Wer sich an diese neue Form der Interaktivität herantraut, der macht ein Angebot zum Dialog. Wer auf die entsprechenden Seiten geht, stellt fest, dass die Menschen dieses Angebot auch annehmen.

(Peter Eichstädt)

Meine Damen und Herren, das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein hat durch seinen Leiter auf Defizite und Probleme hingewiesen, die es gerade bei diesem Netzwerk gibt. Damit hat er eine Debatte entfacht, die bundesweit aufmerksam verfolgt wird. Nicht neu ist allerdings die Erkenntnis, dass jeder, der im Netz herumwandert, dort Spuren hinterlässt. Dass der Änderungsantrag der Fraktionen von CDU und FDP an die persönliche Verantwortung eines jeden Einzelnen appelliert, ist deswegen richtig. Auch wenn der Datenschutzbeauftragte nun aufzeigt, wie die Spuren im Netz aussehen und welche Folgen sie womöglich haben, dann ist das seine ureigene Aufgabe.

Aber ich habe mir schon die Frage gestellt, ob es auch seine Aufgabe ist, diese Warnung gleich mit einer Drohung zu versehen: Wer bestimmte SocialPlug-ins jetzt nicht abschaltet, muss sofort mit Zwangsmaßnahmen rechnen. - Die Antwort auf diese Frage gibt das Landesdatenschutzgesetz. Demnach ist es zunächst seine Aufgabe, zu beraten und Empfehlungen auszusprechen. Der Datenschutzbeauftragte soll den Dialog suchen: mit den öffentlichen Stellen, mit den Betreibern, mit den Nutzern. Dies hat er leider unterlassen.

Die Folge ist große Verunsicherung bei den privaten Nutzern und erst recht bei Firmen im Land, deren Geschäftsmodelle auch auf diesen Netzen aufbauen.

Ich habe mich vor Kurzem mit einem jungen Mann aus dem Kreativbereich unterhalten, der sich gerade selbstständig gemacht hatte. Er sagte zu mir: „Wissen Sie was? Ich war selbst überrascht, doch zwei Drittel meiner ersten Aufträge sind über meine Facebook-Seite hereingekommen. Das läuft in der Branche nun einmal so. Muss ich die Seite jetzt abschalten? Ich brauche sie doch!“ - Auch dieses Gespräch hat mir gezeigt, wie groß die Verunsicherung ist.

Was wir eigentlich wollen, nämlich über den Schutz der Daten in sozialen Netzwerken zu reden, geht offensichtlich völlig unter. Dabei ist die Debatte notwendig. Deshalb stimme ich dem Antrag, schnell miteinander ins Gespräch zu kommen, unbedingt zu.

Der Chef der Staatskanzlei hat Herrn Dr. Weichert dieses Gesprächsangebot bereits unterbreitet, und zwar umgehend, nachdem er über dessen presseöffentlichen Auftritt informiert worden war. Da sich das Problem nicht auf Schleswig-Holstein begrenzen lässt, haben wir das Thema gleich für die näch

ste Jahreskonferenz der Chefs der Staats- und Senatskanzleien der Länder angemeldet.

(Vereinzelter Beifall bei CDU und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Die übrigen Länder und das Bundesministerium des Innern haben wir vorab um Stellungnahmen gebeten. Nur ein gemeinsames, abgestimmtes Handeln der Länder mit dem Bund ergibt hier Sinn.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Das ist wie beim Glücksspiel!)

- Herr Dr. Stegner, ein paar kleine Unterschiede gibt es schon. Aber die werden Sie nie begreifen. Deswegen mache ich mir auch nicht die Mühe, Ihnen das noch einmal zu erklären.

Eine solche Abstimmung hätte ich mir auch zwischen allen obersten Landesdatenschützern gewünscht, und zwar bevor man die Öffentlichkeit sucht. So rät beispielsweise der bayerische Datenschützer Kranig eher zu Besonnenheit, um sicher zu sein, dass die Argumente vor Gericht Bestand haben.

Auch nach meinem Dafürhalten muss die rechtliche Einschätzung von Herrn Dr. Weichert relativiert werden, wonach jeden Webseitennutzer und jeden Webseitenbetreiber die volle Verantwortlichkeit des Bundesdatenschutzgesetzes und des Telemediengesetzes trifft. Auch wenn er mit seiner Ansicht nicht allein ist, so ist sie mitnichten die einzige; mindestens ebenso viele widersprechen ihm. Das Grundrecht auf Schutz der Persönlichkeit des Einzelnen kollidiert hier mit dem Grundrecht auf Informationsfreiheit nach Artikel 5 und den Grundrechten auf allgemeine Handlungsfreiheit und Berufsfreiheit aus den Artikeln 2 und 12 des Grundgesetzes. Ebenfalls betroffen ist die in einer Demokratie notwendige und gebotene Öffentlichkeitsarbeit der staatlichen Stellen. Diese Kollision lässt sich nur mit einer verfassungsgemäßen - also insbesondere verhältnismäßigen - Lösung ausräumen, jedenfalls nicht mit einer Ultima Ratio aus Verboten und Strafen.

(Beifall der Abgeordneten Dr. Axel Bern- stein [CDU] und Johannes Callsen [CDU])

Hierzu müssen wir das Gespräch mit den eigentlich Verantwortlichen bei Facebook, Twitter und Co. suchen. Der Innen- und Rechtsausschuss hat damit in der vergangenen Woche bereits begonnen. Facebook will in dieser Woche die geforderte rechtliche Klarstellung nachliefern. Offenbar ist es gelungen, Vertreter von Facebook und des ULD erstmals in offene, konstruktive Gespräche zu bringen.

(Ministerpräsident Peter Harry Carstensen)

Das scheint mir der richtige, weil erfolgversprechende Ansatz zu sein. Drohgebärden sind dagegen nicht nur kontraproduktiv, sondern auch rechtlich fragwürdig.

Das Landesdatenschutzgesetz hat eine klare Systematik des Vorgehens. Dieser sollten alle Beteiligten gemeinsam folgen. Die Landesregierung ist hierzu bereit.

Herr Eichstädt, jetzt haben Sie auch noch dafür gesorgt, dass ich meine Redezeit überzogen habe.

(Heiterkeit und Beifall bei CDU und FDP)

Die Landesregierung hat ihre Redezeit um 4 Minuten überzogen.

(Unruhe bei der CDU)

- Das sollte man nicht alles Herrn Kollegen Eichstädt zuschieben.

Die überzogenen Redezeit könnte jetzt von jeder Fraktion genutzt werden. - Ich sehe, das ist nicht der Fall. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Antrag in der Drucksache 17/1770 (neu) und die Änderungsanträge, Drucksachen 17/1826 und 17/1823, dem Innen- und Rechtsausschuss als selbstständige Anträge zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. Die Gegenprobe! Stimmenthaltungen? - Ich stelle fest, dass die Ausschussüberweisung von den Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und der LINKEN befürwortet worden ist. Abgelehnt wurde sie von den Fraktionen von CDU und FDP. Somit erfolgt keine Ausschussüberweisung.

Ich schlage vor, abweichend von der Geschäftsordnung alle vorliegenden Anträge zu selbstständigen Anträgen zu erklären. - Widerspruch sehe ich nicht. Dann werden wir so verfahren.

Ich lasse zunächst über den Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 17/1826 abstimmen. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Fraktionen von CDU, FDP, SPD und SSW. Enthaltungen? - Enthalten hat sich die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist der Antrag in der Drucksache 17/1826 abgelehnt.

Ich lasse jetzt über den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drucksache 17/1770 (neu) abstimmen. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Fraktionen von CDU, FDP, SPD und SSW. Wer enthält sich der Stimme? - Die Fraktion DIE LINKE. Ich stelle fest, dass der Antrag in der Drucksache 17/1770 (neu) abgelehnt wurde.

Sodann lasse ich über den Antrag der Fraktionen von CDU und FDP in der Drucksache 17/1823 abstimmen. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP sowie die der SSW-Fraktion. - Gegenstimmen! - Das sind die Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. - Enthaltungen? Die Fraktion DIE LINKE enthält sich. Ich stelle fest, dass der Antrag in der Drucksache 17/1823 angenommen worden ist.

Damit haben wir diesen Tagesordnungspunkt erledigt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 41 auf:

Bericht der Landesregierung über das Programm Jugend-Taskforce (Teil 2) und Stellungnahme der Landesregierung: Der Jugendkriminalität früh, konsequent und gemeinsam begegnen: Jugend-Taskforce

Drucksache 17/1614