Protokoll der Sitzung vom 16.09.2011

schussempfehlung enthalten ist, der Stimme enthalten, weil wir uns dort nicht voll wiederfinden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der LINKEN und SSW)

Das Wort für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Markus Matthießen.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin noch nicht so lange dabei wie mein Namensvetter von den Grünen, aber zumindest seit Beginn der 17. Wahlperiode befassen wir uns in der CDU-Fraktion mit einer Möglichkeit, wie beispielsweise das Pumpspeicherkraftwerk Geesthacht wirtschaftlich sinnvoll sauberen Strom produzieren kann. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf von der CDU- und der FDP-Fraktion wird ein handwerklicher Fehler aus dem Jahr 2000 der damaligen rotgrünen Landesregierung bei der Einführung dieser Abgabe korrigiert. Denn obwohl die damalige Landesregierung die Einführung dieser Abgabe als ökologische Abgabe gesehen haben wollte, war diese Abgabe aus meiner Sicht seinerzeit ausschließlich haushalterisch begründet.

(Beifall der Abgeordneten Ursula Sassen [CDU])

Den Versuch, durch diese Abgabe eine nachhaltige Verbesserung des Haushaltes zu erreichen, kann man heute als gescheitert betrachten.

Doch der Blick sollte - ich denke, in der Sache sind wir nicht so weit voneinander entfernt - nach vorne gehen. Der Gesetzentwurf zeigt oder vereint heute Ökologie, Ökonomie und Haushaltskonsolidierung gleichermaßen: Ökologie, weil ab 1. Oktober 2011 ein bereits vorhandener Stromspeicher wieder genutzt und vernünftig verwendet werden kann; Ökonomie, weil wir durch die Reduzierung der Abgabe einen wirtschaftlichen Betrieb für den Betreiber ermöglichen - das gilt auch für künftige andere Projekte, der Kollege hat eben darauf hingewiesen -; Haushaltskonsolidierung, weil durch die Wiederinbetriebnahme der Anlage eine entsprechende Mehrleistung erreicht und damit der Einnahmeverlust ausgeglichen werden kann und somit neutral wirkt.

Wir schreiben mit dem Gesetzentwurf aber auch fest, dass die bestehende Anlage in Geesthacht innerhalb von fünf Jahren Maßnahmen nach dem Stand der Technik ergreifen muss, damit sich der

(Detlef Matthiessen)

ökologische Schaden bei Tier- und Pflanzenwelt in Grenzen hält. Dieser wichtige Punkt fehlte beispielsweise bei dem Gesetzentwurf der Kollegen der Grünen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wo ich gerade bei den Grünen bin: Von Herrn Habeck wurde es mir persönlich als eine Unverschämtheit vorgeworfen, dass wir überhaupt von einem Fehler der damaligen rot-grünen Landesregierung gesprochen hätten, und dass dieser Gesetzentwurf diffamierend sei. Wenn wir den verbalen Pulverdampf - auch den gestrigen - einmal abziehen lassen, sieht die Situation aus meiner Sicht gar nicht so kompliziert aus, denn inzwischen müsste auch der Letzte eingesehen haben, dass die Einführung dieser Abgabe mit den höheren Entnahmesätzen für jede Art der Wasserentnahme, also auch für Pumpspeicherkraftwerke, ein Fehler gewesen ist, der nun korrigiert werden soll und muss.

(Vereinzelter Beifall bei CDU und FDP - Zu- ruf des Abgeordneten Dr. Robert Habeck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Im Ziel sind wir uns also einig. Das ist weder unverschämt noch diffamierend. Daher möchte ich mich bei den anderen Fraktionen dafür bedanken, dass wir den Gesetzgebungsvorgang in dieser Woche unter Dach und Fach bringen können, sodass wir keine weitere Zeit verlieren, um diese Kapazität zu nutzen.

Bei der Diskussion im Umwelt- und Agrarausschuss ist deutlich geworden, dass wir inhaltlich kaum Differenzen haben, dass aber - ich muss das leider sagen - immer wieder einige Rituale gepflegt werden. Durch Verfahrensfragen sollten noch einmal Verzögerungen eingebaut werden. Das kann ich in dieser Form nicht nachvollziehen. Ich denke, dass dies nicht nötig ist. Wir können den Gesetzentwurf heute beschließen.

Zum Abschluss noch ein kleiner Blick in die Zukunft: Bereits bei der Planung der Anlage in Geesthacht in den 50er-Jahren des letzten Jahrhunderts wurde die Anlage auf die doppelte Kapazität ausgerichtet. Dies ist auch baulich erkennbar. Diejenigen, die sich die Anlage vor Ort angesehen haben, und das waren in diesem Sommer eine ganze Menge, konnten sich davon überzeugen. Daher würde ich mich freuen, wenn nach dem ersten Schritt der vollständigen Wiederinbetriebnahme ab 1. Oktober 2011 schnell die Planungen für die Verdopplung der Kapazität in Angriff genommen würden.

Mit der heutigen Beschlussfassung gehen wir energiepolitisch auf dem Weg einen weiteren Schritt in die richtige Richtung, auf dem wir die Potenziale von Pumpspeicherkraftwerken als Speicher in Verbindung mit dem weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien für eine zuverlässige Regelleistung ökologisch und ökonomisch nutzen können. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf.

(Beifall bei CDU und FDP)

Für die SPD-Fraktion erteile ich dem Kollegen Olaf Schulze das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Es gibt keinen Zweifel an der Bedeutung von Pumpspeicherkraftwerken als Energiespeicher und damit als Voraussetzung für die Energiewende hin zur ausschließlichen Nutzung der erneuerbaren Energien. Hierin sind wir uns einig. Das gilt auch und besonders für das derzeit einzige Pumpspeicherwerk Schleswig-Holsteins in Geesthacht. Seit zehn Jahren wird es allerdings nur eingeschränkt genutzt. Daher muss es fit gemacht werden für die Zukunft. Darin besteht Einigkeit zwischen allen Fraktionen.

Vom Kollegen Matthießen höre ich allerdings, dass die rot-grüne Koalition damals etwas versäumt hat, was jetzt geändert werden muss. - Herzlichen Glückwunsch! Es ist gut, den Vorgängerregierungen zu unterstellen, dass sie dies nicht wollten oder nicht getan hätten. Herr Habeck geht gerade raus, aber die CDU regiert seit 2005 in Schleswig-Holstein mit. Sie haben den Umweltminister gestellt, heute stellen Sie die Umweltministerin. Sie haben den Wirtschaftsminister gestellt, von denen es im Jahr 2005 ein paar mehr gab. Daher hätte die CDU das Ganze seit 2005 längst umsetzen können.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Ich kann mich sehr gut daran erinnern, dass dies immer wieder Thema war. Herr von Boetticher war damals Umweltminister. Er hat uns immer gesagt: Es geht leider aus rechtlichen Erwägungen und aufgrund von rechtlichen Möglichkeiten nicht, einen Vollzug durchzuführen, indem man sagt, man trennt. - Okay, wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass es bis jetzt rechtliche Bedenken gegeben hat. Sie müssten es wissen, denn in Ihrer Presse wurde darauf hingewiesen, dass Sie dieses Thema schon

(Markus Matthießen)

seit 2000 immer wieder aufbringen. Im Jahr 2000 wurde der Gesetzentwurf auf den Tisch gelegt. Seitdem haben Sie nichts mehr gemacht. Wenn Sie nicht aus der Atomenergie ausgestiegen wären, dann würden Sie heute noch nichts tun, weil Sie immer gesagt haben:

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Rückgrat der Energiepolitik ist die Atomkraft. - Ich muss sagen: Ich finde es gut, dass Sie dieses Thema endlich besetzen. Ich finde es auch gut, dass Sie das Thema gefunden haben. Allerdings muss ich auch sagen: Sie stellen sich hier fälschlicherweise hin und sagen: Wir sind die Erfinder. - Gut. Das ist in Ordnung.

Nach dem Willen der Regierungsfraktionen und auch der Grünen soll das Gesetz zur Erhebung der Oberflächenwasserabgabe geändert werden, und der bisherige Erhebungssatz für Pumpspeicherkraftwerke auf nur noch ein Zehntel gesenkt werden. Dieser Vorschlag einer gesetzlichen Änderung für lediglich ein - von Vattenfall betriebenes - Unternehmen muss sich natürlich den Anforderungen des Wettbewerbsrechts stellen, sonst wäre er willkürlich und würde zu Klagen anderer Unternehmen führen. Generell ist es schwierig, eine Stellschraube in Bewegung zu setzen, um derzeit nur einen Betrieb betriebswirtschaftlich wieder in Gang zu setzen. Dabei schwingt ein den Gesetzen generell fremder Gedanke mit, nämlich die Einteilung in gute und schlechte Betriebe. Wir haben es gestern auch gehört: Die Atomkraft ist nicht ganz so gut, das andere ist besser. So sehr ich mir die Einteilung in gute und schlechte Betriebe selbst manchmal wünsche; Gesetze dürfen nicht willkürlich und nach Gutdünken gemacht werden. Dieser Verdacht muss ausgeschlossen werden.

Nun soll der Gesetzentwurf von CDU und FDP im Eilverfahren in erster und zweiter Lesung in nur einer Tagung behandelt werden. Das überzeugt uns nach den gestrigen Beratungen im Umwelt- und Agrarausschuss nicht. Ich glaube, das haben wir gestern auch deutlich gemacht. Ich finde es gut, wenn Sie es gut finden und sagen, dass wir uns alle einig sind. In diesem Fall sind wir uns nicht einig, und das haben wir gestern auch deutlich gemacht. Einige entscheidende Fragen mussten unbeantwortet bleiben, weil die Umweltministerin, die zuständig ist, nicht vor Ort war. Die Beantwortung geschieht häufiger durch den Wirtschaftsminister.

Die Fragen waren: Gibt es für die vorgesehene Senkung der Abgabe für Pumpspeicherwerke auf ein

Zehntel der bisherigen Gebühren eine ausreichende ökologische Begründung? - Es handelt sich hier nämlich um ein Umweltschutzgesetz, das Schäden am Ökosystem Wasser, die infolge von Wasserentnahme entstehen, durch Abgaben für spätere Maßnahmen zur Wiederherstellung der Wasserqualität kompensieren soll.

Eine weitere Frage lautet: Wie groß ist die Gefahr wettbewerbsrechtlicher Klagen anderer Unternehmen auf Gleichbehandlung?

(Glocke des Präsidenten)

- Darf ich kurz die Fragen nennen, dann können wir gern zu einer Zwischenfrage kommen. - Sind die vorgeschlagenen neuen Abgabesätze nicht zu sehr auf die betriebswirtschaftliche Situation des Pumpspeicherwerks Geesthacht ausgerichtet, und ist das Gesetz somit willkürlich auf einen Einzelfall zugeschnitten? Wie wird das Pumpspeicherwerk Geesthacht zur Speicherung des Windkraftstroms in die Energiewende eingebunden? - Das sind die Fragen, die auch gestern leider nicht ausreichend behandelt werden konnten.

Ich gehe davon aus, dass Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Sassen zulassen möchten.

Ja, gern.

Herr Kollege die ökologisch bedingten Möglichkeiten, eine Ausnahme für Geesthacht zuzulassen, entstehen nicht erst seit heute. Ich denke, das ist Ihnen bekannt. Ist Ihnen auch bekannt, dass Sie damals unter dem Druck der Haushaltskonsolidierung das Ganze als lenkungs- und umweltbedingte Abgabe getarnt haben, um die Mittel für Ihren Haushalt einzuwerben? Sie hatten nicht einmal die Zeit -

Frau Abgeordnete, das sollte eine Frage werden.

(Ursula Sassen [CDU]: Gut, dann will ich es hierbei bewenden lassen.)

Lassen Sie sie ruhig weitermachen! - Das war es schon? - Dazu kann ich sagen, all das ist mir bekannt. Ich finde es mutig, dass diese Landesregierung von CDU und FDP, die damals sagte, sie wer

(Olaf Schulze)

de die Oberflächenwasserabgabe abschaffen, dies heute tut. In Ihrem Gesetzentwurf steht leider nichts davon. Warum haben Sie es nicht getan? Wo ist Ihr Mut in dieser Frage? Warum werfen Sie uns etwas vor, was Sie jetzt machen? - Das muss man sich fragen. Wir haben gestern im Ausschuss einen Antrag gestellt und gesagt, dass wir gern eine Anhörung haben möchten.

(Beifall bei der LINKEN)

Dies wurde von Ihnen abgelehnt, weil Sie hier ganz schnell etwas durchboxen müssen, was wir nicht verstehen können, wobei wir uns eigentlich alle darin einig sind, was wir wollen, nämlich die Förderung von Pumpspeicherwerken.

(Glocke des Präsidenten)

- Ja, ich komme zum Schluss. Da unserer Meinung nach eine Anhörung gutgetan hätte, werden wir uns heute der Stimme enthalten.

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Wir sind nicht generell dagegen, aber wir finden das Verfahren so nicht in Ordnung.

(Beifall bei SPD, der LINKEN und SSW)

Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Christopher Vogt das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die beschlossene Energiewende hat zum Teil gravierende Folgen für unser Land. Die Landschaft wird sich durch diese Beschlüsse schneller verändern als in den letzten Jahren. Ich glaube, das ist allen klar. Neue Biogasanlagen, Windräder und Stromleitungen werden noch für viele Diskussionen sorgen. Ich glaube, mittlerweile ist allen klar, dass die Stromnetze für eine erfolgreiche Energiewende möglichst schnell ausgebaut werden müssen. Wir brauchen aber auch größere Speicher, da die Bedeutung der Zwischenspeicherung von Strom immer größer wird. Die Stromerzeugung wird gerade hier in Schleswig-Holstein zunehmend diskontinuierlich erfolgen. Wir brauchen deshalb weiterhin eine intensive Forschung im Bereich der Speichertechnologien.