Protokoll der Sitzung vom 05.10.2011

- Ihr Beispiel war niedlich; dabei bleibe ich. Aber ich bitte doch darum festzuhalten, was Sinn dieser Initiative sein sollte. Uns muss doch die Frage beschäftigen: Wie können wir diese verdachtsunabhängigen Kontrollen so durchführen, dass sie dann auch Wirkung erzielen? Das ist doch die Kernfrage.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile nun das Wort für die Landesregierung Herrn Innenminister Schlie.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der Änderung des Waffengesetzes wurde im Jahr 2009 den Waffenbehörden die Möglichkeit eingeräumt, die sorgfältige Aufbewahrung von erlaubnispflichtigen Schusswaffen und Munition verdachtsunabhängig zu überprüfen. Bereits vor Inkrafttreten dieser Verschärfung hatte das Innenministerium die Waffenbehörden der Kreise und kreisfreien Städte darauf hingewiesen, dass die Waffenbesitzer noch stärker dafür sensibilisiert werden müssten, Waffen und Munition so aufzubewahren, dass diese nicht abhanden kommen oder Dritte sie unbefugt an sich nehmen.

Ich begrüße es daher ausdrücklich, dass die Kontrollen der Aufbewahrung inzwischen intensiviert wurden. Waffenbesitzer sind aufgefordert worden, einen Nachweis über die ordnungsgemäße Aufbewahrung ihrer Waffen und Munition vorzulegen. Auf Versammlungen wurden Jägerinnen und Jäger

über die sichere Aufbewahrung ihrer Jagdwaffen aufgeklärt. Zunehmend machen die Waffenbehörden selbstverständlich auch von ihrem Recht Gebrauch, die Aufbewahrung auch ohne konkreten Verdacht vor Ort zu kontrollieren.

Ich möchte mich daher an dieser Stelle bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Waffenbehörden ausdrücklich bedanken. Mit der Wahrnehmung dieser wahrlich nicht immer einfachen Aufgabe leisten sie einen ganz wichtigen Beitrag, dass Waffen und Munition nicht in falsche Hände gelangen.

Die Forderung an die Landesregierung, eine intensive Kontrolltätigkeit der Waffenbehörden sicherzustellen, ist daher wirklich obsolet. Das machen die Kreise und kreisfreien Städte sehr gut in eigener Verantwortung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Einführung einer bundesweiten Waffensteuer stehen neben rechtlichen Unwägbarkeiten, um es einmal vorsichtig zu formulieren, auch andere Gründe entgegen. Zum einen ist das deutsche Steuerrecht kompliziert genug. Wir sollten uns nicht auf die Suche nach neuen Steuerarten begeben, sondern unsere Kraft vielmehr dafür einsetzen, das Steuerrecht langfristig zu vereinfachen. Die Einführung einer Waffensteuer wäre wirklich ein neues Beispiel für eine tagespolitisch geprägte Entscheidung. Für die Kontrolle der Schusswaffen ist das Steuerrecht jedenfalls kein geeignetes Mittel, um Verbesserungen herbeizuführen. Ich kann wirklich nur sagen: Es diskreditiert diejenigen, die sachgerecht und verantwortungsvoll mit ihren Waffen umgehen.

Zum anderen halte ich es auch nicht für vermittelbar, dass Sportschützen in Ausübung ihres Sports mit einer zusätzlichen Steuer belastet werden. Ich frage mich wirklich: Wollen Sie mit dieser Argumentation, die hier jedenfalls einige dargestellt haben, eigentlich wirklich auch Messer aller Art oder meinetwegen auch Golfschläger mit einer zusätzlichen Steuer belasten, weil auch diese natürlich zur Tötung von Menschen eingesetzt werden können? Das ist doch absurd, was Sie hier verlangen. - Das ist wirklich absurd.

Die Landesregierung lehnt aus diesen Gründen die Einführung einer bundesweiten Waffensteuer ab.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Meine sehr geehrten Kollegen und Kolleginnen, sehr geehrte Kollegin Spoorendonk im Besonderen, im Gesetzentwurf zur Errichtung des nationalen Waffenregisters ist vorgesehen, dass die Polizeien

(Anke Spoorendonk)

des Bundes und der Länder Zugang zu diesem elektronischen Register erhalten. Alle Polizeivollzugsbeamten sollen über jeden dienstlichen Computer eine Zugriffsmöglichkeit erhalten - alle! Das hieße, dass über 5.000 Polizisten direkt am Arbeitsplatz die erforderlichen Informationen erhalten können. Diese Lösung soll nach Freigabe des Zugriffs auf das Register bereits im Jahr 2012 umgesetzt sein. Dadurch wird sichergestellt, dass der Polizei zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben, insbesondere zur Eigensicherung, zur Lagebeurteilung, zur Vorbereitung von Einsatzmaßnahmen, zur Vermittlungsunterstützung, verlässliche Informationen zur Verfügung stehen. Mit der kurzfristigen Einrichtung der Zugriffsmöglichkeit auf das nationale Waffenregister gewährleistet die Landesregierung auch den Polizeibeamtinnen und -beamten unserer Landespolizei Zugang zu dieser wichtigen Informationsquelle. Deswegen bedarf es hierzu einer gesonderten Aufforderung des Landtags nicht, und deswegen lehnen wir als Landesregierung auch diesen Aspekt im SSW-Antrag ab.

Lassen Sie mich kurz auf den Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingehen. Auch dieser Antrag findet nicht die Unterstützung der Landesregierung, da vorgesehene Verbote keinen erheblichen Sicherheitsgewinn bringen. Das ist hier ja mehrmals ausgeführt worden. Entscheidend ist und bleibt vielmehr, dass Waffenbesitzer ihrer Verpflichtung nachkommen, ihre Waffen und Munition so aufzubewahren, dass diese vor dem Zugriff unbefugter Dritter sicher sind.

Schon bei der Änderung des Waffengesetzes 2009 wurde zudem klargestellt, dass bereits bei der Antragstellung Maßnahmen zur sicheren Aufbewahrung nachzuweisen sind. Auch die Forderung, den Besitz von Gas-, Schreckschuss- und Signalwaffen vom Vorliegen des Kleinen Waffenscheins abhängig zu machen, geht am eigentlichen Problem vorbei. Das Gefahrenpotenzial einer Gasoder Schreckschusswaffe ist erst dann gegeben, wenn sie in der Öffentlichkeit geführt wird. Daher müssen Personen, die eine solche Waffe in der Öffentlichkeit führen, bereits jetzt einen Kleinen Waffenschein besitzen. Sie sehen, meine Damen und Herren, das ist ein bisschen auch eine Fata-MorganaDiskussion. Man kann sie immer wieder neu führen bei jedem Vorfall, den es gibt.

Da gilt das, was der Kollege Dr. Dolgner gesagt hat: Es wird keine absolute Sicherheit geben können. Wir werden sie nicht herstellen können. Trotzdem bin ich der Auffassung - deswegen ist diese Diskussion auch wichtig und sicher auch eine ver

tiefte Diskussion im Ausschuss, auch eine Diskussion des Innenministers noch einmal gemeinsam mit den Oberbürgermeistern und Landräten -, dass wir natürlich nach wie vor dafür sorgen werden, dass der Kontrolldruck bestehen bleibt. Aber um es noch einmal eindeutig zu sagen: Auch dadurch werden Sie letztlich keine totale Sicherheit haben.

Herr Minister, erlauben Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Spoorendonk?

Ja, selbstverständlich.

Nur eine kleine Frage, Herr Minister: Sind Sie denn mit den Ergebnissen zufrieden, die die Kleine Anfrage meiner Kollegin Silke Hinrichsen zum Ausdruck gebracht hat? Ist das, was in den Kreisen geschieht, Ihrer Meinung nach gut genug?

- Wir werden einen ständigen Prozess haben und auch haben müssen, dass immer wieder durch weitere Kontrollen, durch Aufklärungsarbeit, durch weitere Hinweise an Waffenbesitzer darauf aufmerksam gemacht wird, wie diese Waffen aufzubewahren sind. Deswegen kann jemand, der Verantwortung in diesem Land trägt, nie damit zufrieden sein. Aber es wird eben keine hundertprozentigen Kontrollen geben können. Den Menschen zu suggerieren, dass das mit der Einführung einer sogenannten Waffensteuer geschehen könnte, führt total in die Irre und dient nicht dazu, mehr Sicherheit tatsächlich zu erreichen. Es dient nur dazu, sie vorzugaukeln.

(Beifall bei CDU und FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 17/1874, sowie den Änderungsantrag, Drucksache 17/1904 und Änderungsantrag, Drucksache 17/1907, als selbstständige Anträge dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 26 und 30 auf:

(Minister Klaus Schlie)

Gemeinsame Beratung

a) Studierendenansturm als Chance begreifen Politik muss jetzt handeln!

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/1881

b) Mangel an studentischem Wohnraum endlich gegensteuern

Antrag der Fraktion DIE LINKE Drucksache 17/1886

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Herr Abgeordneter Rasmus Andresen von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das aktuelle Chaos um Studienplätze und fehlenden Wohnraum für Studierende zeigt, welch mangelndes Verständnis Politik für die Zukunftsperspektiven und -ängste der jungen Generation hat. Eine gute Bekannte von mir gehört beispielsweise zu der Gruppe von Abiturienten, denen während ihrer Schulzeit immer wieder eingeredet wurde, wie wichtig es ist, dass man immer schneller ausgebildet wird. Sie hören, wie sehr sie aufgrund des Fachkräftemangels gebraucht werden, wie wichtig Flexibilität ist und dass sie, wenn sie fleißig den Empfehlungen aus Wirtschaft und Politik folgen, eine tolle Zukunft vor sich haben.

Es sind diese Sätze, die viele junge Menschen im Kopf haben, wenn sie in diesen Wochen Absage über Absage von den Hochschulen kassieren. So kommt die Zeit, die durch Schulzeitverkürzungen eingespart wurde, hinten wieder drauf.

Viele von ihnen haben hervorragende Abschlussnoten, die früher für jeden Studiengang gereicht hätten. Dann wird von einigen lapidar gesagt: Na ja, dann kann man eben nicht an seinem Wunschort Medizin studieren. Ich sage Ihnen: Darum geht es schon längst nicht mehr. Die junge Generation macht enorm viele Kompromisse. Viele bewerben sich für ihre eigentlichen Wunschstudiengänge oder -orte erst gar nicht. Gerade auch in Lehramts-Stu

diengängen für Fächer wie Deutsch und Erdkunde hat sich die Lage extrem zugespitzt. Auf einen Studienplatz kommen oft bis zu 13 Bewerbungen, in bestimmten Studiengängen sogar noch mehr.

Gerade junge Menschen aus einkommensschwachen Elternhäusern haben kaum noch eine Chance im Kampf um Studienplätze. Um es ganz deutlich zu sagen: Die soziale Spaltung an den Hochschulen wird so weiter zunehmen. Wer dann doch einen Studienplatz ergattern konnte, dem vergeht spätestens bei der Wohnungssuche die Freude auf das Studium. So berichten mir andere Freunde, dass es beispielsweise in Lübeck und Flensburg bisher unmöglich war, bezahlbaren Wohnraum zu bekommen - und das, obwohl der große Ansturm erst in zwei Wochen erwartet wird. Das gilt für öffentlichen Wohnraum, aber auch für kostengünstigen privaten.

In Flensburg probiert beispielsweise das International Office der Universität, über Makler für internationale Studierende noch Wohnraum zu finden. Doch Fehlanzeige! Außer überteuerten Ferienwohnungen oder Wohnungen für Familien ist nichts mehr frei.

Wir sagen Ihnen eines: Diese Probleme sind hausgemacht. Herr Minister de Jager, Sie und auch Frau Schavan wurden mehrmals vorgewarnt. Ich will hier gar nicht im Einzelnen auf unsere Initiativen aus der Vergangenheit eingehen oder sie wiederholen. Ich will diesmal auf den Präsidenten des Deutschen Studentenwerks Rolf Dobischat verweisen. Er hat mehrmals sowohl die gemeinsame Wissenschaftsministerkonferenz als auch die Bundesbildungsministerin genau vor dieser Entwicklung gewarnt. Doch leider wollten sie nicht hören.

Wir Grüne wollen, dass Sie handeln. Deshalb treiben wir Sie mal wieder zur hochschulpolitischen Aktivität. Wir brauchen dringend weitere Studienplätze, und zwar bis zum nächsten Semester. Jetzt, nicht erst in mehreren Jahren!

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Wir fordern deshalb, dass die Landesregierung bei Frau Schavan anruft und gemeinsam Lösungen erarbeitet. Wir können nicht nachvollziehen, warum Sie sich - ob bisher im Ausschuss über die Frau Staatssekretärin oder in der Antwort auf meine Kleine Anfrage - dem bisher verweigern. Keiner fordert von Ihnen, dass Sie dieses Problem allein lösen. Aber ein bisschen mehr Engagement würden wir uns schon wünschen.

(Vizepräsidentin Dr. Gitta Trauernicht)

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ähnlich verhält es sich mit dem Wohnraum. Sie haben auf unseren Druck hin eine Arbeitsgruppe für den Bereich Wohnraum eingerichtet. Das ist ausdrücklich gut. Allerdings wünschen wir uns mehr Tatendrang und klarere Aussagen in der Wohnraumförderung, als Sie dies bisher getan haben.

Uns ist außerdem absolut unverständlich, dass Sie sich dagegen verwehren, eine Taskforce zu der Situation an den Hochschulen einzurichten und dort beispielsweise die Entzerrung des Studienangebots, der Lehrpläne, aber auch der Einführung des sogenannten dialogorientierten Serviceverfahrens zu diskutieren.

Ich fordere Sie eindringlich auf: Stimmen Sie unserem Antrag im Sinne der Sache und der Zukunftschancen nicht nur der Studierenden, sondern auch des Landes zu!

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)