Protokoll der Sitzung vom 05.10.2011

Kurz gesagt: Sie streuen den Menschen hier in Schleswig-Holstein Sand in die Augen. Deswegen sage ich ganz deutlich: Für uns als CDU ist klar, dass wir an der Seite der Bevölkerung stehen. Wir werden auch weiter alles tun, um CCS in Schleswig-Holstein zu verhindern.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das Wort erteile ich jetzt Herrn Abgeordneten Dr. Ralf Stegner.

Sehr geehrter Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben uns natürlich gefragt, warum die Regierungsfraktionen eine Aktuelle Stunde zu diesem Thema beantragen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben gedacht, dass es vielleicht etwas Neues gibt. Neues gibt es aber eigentlich gar nicht. Die Union war hier im Lande erst für CCS. Als dann der Protest der Bevölkerung so stark war, dass man nicht mehr anders konnte, waren Sie dann dagegen, Herr Ministerpräsident. Das wissen alle.

(Christopher Vogt [FDP]: Und die SPD?)

Bis vor Kurzem ist noch argumentiert worden, man könne gar nicht aus der Atomenergie aussteigen, weil das der einzige Weg zum Klimaschutz sei. Wenn man bis vor Kurzem so argumentiert hat, ist es natürlich ein bisschen kompliziert, wenn man die Kehrtwende begründen will.

Aber ich habe die Rede eben gehört und ahne, was der Kollege von der FDP nachher sagen wird. Der Grund für diese Aktuelle Stunde ist eigentlich ein ganz anderer. Der Grund ist ein ganz anderer. Der Grund ist nämlich, dass Sie sagen, diese Landesregierung arbeite so toll, komischerweise werde sie aber immer von anderen am Erfolg gehindert. Im Bund hat Schwarz-Gelb eine Mehrheit. Schuld ist die SPD. Dann ist der Nachbar schuld, wahrscheinlich sind irgendwelche SPD-Beamte in den Ministerien schuld. Immer ist jemand anderes schuld daran, dass Sie nicht den verdienten Erfolg für Ihre tolle Arbeit einfahren können. Ich finde, das Kuriose ist, warum es Ihnen nicht einmal gelingt, die Bürgerinitiative zu überzeugen, dass das, was Sie als Gesetz vorgeschlagen haben, gut ist. Sind die auch sozialdemokratisch unterwandert, oder was ist eigentlich das Problem?

(Beifall bei der SPD und des Abgeordneten Flemming Meyer [SSW])

Nein, in Wirklichkeit verhalten Sie sich, wie sich eine schlechte Opposition verhalten würde. Sie haben eigentlich eine Mehrheit, aber immer, wenn Sie nach Berlin fahren, um etwas auszuhandeln, bekreuzigen sich die Leute, halten sich ihre Taschen zu und denken, dass es eine Katastrophe ist, mit der sie zurückkommen. Das ist doch die Wahrheit in Schleswig-Holstein.

Diese Regierung ist so schwach, dass sie jetzt schon Anträge stellen muss, in denen sie sich wenigstens selbst lobt, wenn die Bevölkerung es schon nicht gut findet, was sie macht.

Dann kommen Sie natürlich auf ein Thema und sagen, die Brandenburger SPD zum Beispiel sei anderer Auffassung.

(Christopher Vogt [FDP]: Und die Bundes- SPD!)

Das stimmt. Es ist wahr, es gibt in der Tat in unterschiedlichen Ländern unterschiedliche Auffassungen. Die gibt es sogar in der FDP und in der CDU, die gibt es überall. Daraus macht niemand einen Hehl. Aber ich frage mich, wenn Sie so gut sind, warum Sie es eigentlich nicht schaffen, Ihre eigenen Leute davon zu überzeugen, zum Beispiel in

(Johannes Callsen)

den Ländern, wo das anders gesehen wird. Das passiert ja nicht. Wahrscheinlich ist es so, wie Herr Koppelin letztens in dem wirklich denkwürdigen Interview im „heute journal“ gesagt hat. Ich empfehle wirklich jedem, sich das auf Youtube anzugucken. Das ist ein Dokument der Zeitgeschichte.

(Christopher Vogt [FDP]: Das ist es immer, wenn Koppelin spricht!)

- Ja, das stimmt. Da hat er am Ende gesagt, eigentlich sei er dagegen, dieser Europageschichte zuzustimmen, aber weil die SPD sagt, man müsse das tun, müsse er seinem Gewissen folgen und das auch machen. So ähnlich war seine Begründung.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten - Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Wenn Sie uns wirklich für alles brauchen, finde ich, sollten Sie nicht sagen, die Länderklausel kommt bei den Verhandlungen raus, sondern Sie sollten sagen, dass Sie zurücktreten und uns die Verhandlung überlassen, vielleicht kann es dann besser werden.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU)

Das wäre eigentlich die Konsequenz.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Johannes Callsen?

Mit dem größten Vergnügen.

Herr Kollege Dr. Stegner, der SPD-Parteivorstand hat am 30. Mai 2011 beschlossen:

„Wir werden CCR und CCS in Deutschland entwickeln und helfen, diese Technologien auch international verfügbar zu machen…“

Ich würde gern wissen, wie Sie sich dazu verhalten haben.

- Das kann ich Ihnen gern sagen, sehr verehrter Herr Kollege Callsen, weil wir auf Parteitagen öffentlich argumentieren.

(Christopher Vogt [FDP]: Parteivorstand!)

- Immer mit der Ruhe, Kollege Vogt! Zu Ihnen komme ich gleich. Wir haben im Bundesvorstand eine Empfehlung für den Bundesparteitag gegeben. Auf diesem Bundesparteitag habe ich mich als Landesvorsitzender der schleswig-holsteinischen SPD geäußert und gesagt: Wir erwarten, dass gegen den Willen der Bevölkerung so etwas in den Ländern

nicht stattfinden kann. Das geht nicht auf dem Weg, den Sie beschreiten. Das hat übrigens der SPD-Parteitag mit großer Mehrheit beschlossen. Das war der Erfolg der schleswig-holsteinischen Sozialdemokratie.

(Beifall bei der SPD)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Callsen?

Mit dem größten Vergnügen! Nur weiter so, Sie können nur etwas lernen.

Herr Kollege Dr. Stegner, Sie haben zum Thema CCR beschlossen - auch im SPD-Parteivorstand -:

„Wir werden dafür eine bundeseinheitliche Regelung schaffen, bei der die Einsprüche und Einwendungen in den Bundesländern für die Planungs- und raumordnungsrechtlichen Zuständigkeiten der Länder verankert und gesichert bleiben.“

Ich frage Sie: Was ist bei CCR anders, dass Sie dort eine Ländermitsprache einrichten wollen, zu der Sie uns beim Thema CCS vorwerfen, dass sie nichts bringt und unsinnig ist.

- Entschuldigen Sie, ich werfe Ihnen gar nicht Ihre guten Absichten vor - die mögen Sie persönlich ja sogar haben -, sondern ich werfe Ihnen das schlechte Handwerk vor. Ich werfe Ihnen vor, dass Sie Gesetze machen, die nichts taugen, und dass am Ende nichts herauskommt, was einen wirklich schützt.

(Beifall bei der SPD)

Das ist doch das Problem!

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Weg zur Hölle ist mit guten Absichten gepflastert. Gute Absichten haben Sie eine Menge. Die Regierung ist so schlecht, dass Sie einfach nichts umgesetzt kriegen, was in irgendeiner Form etwas taugt.

Ich muss ehrlich sagen, es gibt ein schönes chinesisches Sprichwort.

(Zuruf von der SPD)

Ich zitiere es aber auf Deutsch, damit Sie es verstehen.

(Beifall der Abgeordneten Bernd Heinemann [SPD] und Serpil Midyatli [SPD])

(Dr. Ralf Stegner)

Wer schlechte Arbeit leistet, schiebt die Schuld auf die stumpfen Werkzeuge. - Sie glauben immer, dass Sie mit dem Bundesrat, den Nachbarn oder sonst irgendjemandem argumentieren können, weil Sie nichts durchsetzen. Was für eine Jammerlappenkoalition ist das eigentlich, so, wie Sie hier agieren? Das muss ich Sie ehrlich fragen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der LINKEN - Zuruf von der CDU)

Solange Sie hier noch die Mehrheit haben, sollten Sie wenigstens versuchen, die Bevölkerung zu überzeugen. In dem Moment, wo die Bürgerinitiative sagt, es sei ein klasse Gesetz, das Sie da gemacht haben, werden Sie wahrscheinlich die Sozialdemokratie auch an Ihrer Seite finden. Aber bis dahin ist wahrscheinlich vermutlich ein weiter Weg und ein Regierungswechsel erforderlich.

(Beifall bei SPD, SSW und vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)