Protokoll der Sitzung vom 05.10.2011

Weitere Handlungsfelder sind selbstverständlich die Bereiche Energieeinsparung und Energieeffizienz. Auch der Wärmemarkt muss mehr in den Fokus der öffentlichen und politischen Diskussion rücken. Es geht eben nicht nur um die Energieerzeugung, sondern auch um die eben genannten Themen. Es geht auch um das Thema Energiespeicherung. Es wurde schon erwähnt: Die Novelle des Oberflächenwasserentnahmeabgabengesetzes ermöglicht es, dass Pumpspeicherkraftwerke wie beispielsweise in Geesthacht wirtschaftlich laufen können.

Meine Damen und Herren, der Bericht zeigt, dass Schleswig-Holstein die Weichen gestellt hat und

dass die Energiewende zu einem Gewinn für Schleswig-Holstein wird. Wir bedanken uns noch einmal bei der Landesregierung für den vorliegenden Bericht und vor allem für die Energie, die die Landesregierung in die Umsetzung der Energiewende investiert.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte Ihnen Folgendes mitteilen: Der Herr Abgeordnete JensUwe Dankert ist erkrankt und nimmt ab sofort nicht mehr an der Landtagssitzung am heutigen Tag teil.

Ich erteile Herrn Abgeordneten Detlef Matthiessen für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das, was der Herr Minister zum Bericht vorgetragen hat, waren sozusagen drei konsensuale Wohlfühlpunkte. Ich habe vermisst, dass Sie auch etwas zu den Themen sagen, die vielleicht klimaschutzrelevant sind und bei denen es Unterschiede gibt. Daher konnte ich Ihrer Rede in den von Ihnen genannten Punkten rückhaltlos applaudieren.

Herr Minister, wir danken Ihren Mitarbeitern und den Mitarbeitern und denen des beteiligten Umweltministeriums herzlich für den Bericht. Der Bericht zeigt deutlich: Schleswig-Holstein steht interessanterweise besser da als der Bundesdurchschnitt. Der Pro-Kopf-Vergleich der Emissionen zeigt, dass Schleswig-Holstein mit 6,9 t pro Einwohner um mehr als ein Drittel besser dasteht als der Bundesdurchschnitt mit einer Emission von über 10 t. Das liegt im Wesentlichen an der Stromerzeugung. Der hohe Anteil des Atomstroms wurde in Schleswig-Holstein sukzessive durch erneuerbare Energien ersetzt. Dieser Trend soll und wird sich fortsetzen. Schleswig-Holstein soll, kann und wird, wenn die Politik die richtigen Rahmenbedingungen setzt, bis zu 10 % des nationalen Bruttostromverbrauchs aus erneuerbaren Energien zur Verfügung stellen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das heißt, wir können und werden ein Vielfaches dessen erzeugen, was wir im Land verbrauchen. Das ist eine enorme Chance für unser Land.

(Oliver Kumbartzky)

Herr Minister de Jager, die Landesregierung bleibt aber weiterhin widersprüchlich beim Thema Neubau von Kohlekraftwerken. Das erstaunt vor dem Hintergrund der Debatte, die wir eben genießen durften, sehr. Dabei wird die SPD dafür von Schwarz-Gelb verhauen, dass sie sich auf Bundesebene - nicht auf Landesebene - für Kohlekraftwerksneubauten einsetzt.

Herr de Jager hat - ich glaube, es war in der letzten Woche - bei den Brunsbütteler Industriegesprächen wieder gesagt: Die Landesregierung unterstützt den Neubau von Kohlestromgiganten an der Elbe in Brunsbüttel. In dem Bericht steht nur etwas verschämt, dass zur Netzstabilität hocheffiziente Kohle- und Gaskraftwerke benötigt werden. Man fragt sich: Warum macht die Landesregierung in einem Klimaschutzbericht einen so deutlich versteckten Bogen um das Thema Kohleverstromung? Hat die Kohleverstromung etwa nichts mit Klimaschutz zu tun, fragt man sich.

Es ist doch völlig klar: Wenn neue Kohlekraftwerke gebaut werden, dann führt das zu einer Vervielfachung der CO2-Emissionen in Schleswig-Holstein. Oder um es auf Deutsch und deutlich zu sagen: Frau Dr. Rumpf und Herr de Jager, Sie können diesen Klimaschutzbericht in die Tonne treten, wenn Sie den Kohlepfad nicht verlassen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Wenn Sie uns manchmal als die Dagegenpartei titulieren, dann gilt für die CDU klar der Titel: Ich will alles. Wer aber will, was in diesem Bericht gefordert wird, nämlich Klimaschutz, der darf keine Kohlekraftwerke bauen. Ich will alles, Klimaschutz und Kohle - das geht nicht. Darum sind wir Grünen dagegen. Wir sind gegen neue Kohlekraftwerke in Schleswig-Holstein, weil wir eine klare Strategie in der Energiepolitik verfolgen. Wir haben einen Plan, den wir beharrlich verfolgen, an dem wir feilen und an dem wir auch manchmal etwas ändern. Das ist unser Kurs für nachhaltiges Wirtschaften, für erneuerbare Energien, für Effizienz und für Einsparungen.

Für uns Grüne ist klar, dass die Brücke hin zu 100 % erneuerbarem Strom und erneuerbarer Wärme GuD-Kraftwerke sind, also Gas- und Dampfturbinen, die in Kraft-Wärme-Kopplung bei der elektrischen Erzeugung von Energie einen Wirkungsgrad von über 58 % haben. Bei den Zahlen im Bericht wird allerdings sehr deutlich, dass bei der Kraft-Wärme-Kopplungs-Verstromung in Schleswig-Holstein - auch wenn wir etwas besser als der

Bundesdurchschnitt sind, wie Städte wie Flensburg zeigen - deutlich wird, dass keinerlei Bewegung im Zubau von Kraft-Wärme-Kopplung in SchleswigHolstein zu verzeichnen ist. Das geht nicht, wenn wir von einer Übergangstechnologie reden, Herr Minister. Wenn wir von Brücken ins Solarzeitalter reden, dann sind das doch nicht Kohlekraftwerke mit einer technischen Lebenszeit von mehr als 60 Jahren, die die Elbe mit ihrer Energie, die dort überwiegend eingeleitet wird, aufheizen.

Wir brauchen Objekt-KWK. Dabei gilt: Small is beautiful. Klein ist aber nicht nur schön, sondern „klein“ geht vor allem schnell. Das ist unsere Brücke in das Solarzeitalter. Hier muss die Landesregierung in der strategischen Ausrichtung Ihres Berichts aus unserer Sicht deutlich nachbessern. Die Landesregierung ist nicht bereit, über ein Erneuerbares-Wärme-Gesetz für den Gebäudebestand nachzudenken. Für den Wohnungsneubau gibt es ein Bundesgesetz, das EnEV, und auch ein Bundesgesetz für erneuerbare Energien. Die Länder können aber eigene Regelungen für den Gebäudebestand beschließen. Baden-Württemberg hat dies noch unter Schwarz-Gelb getan. Die neue grün-rote Landesregierung hat die Wirkung dieses Gesetzes evaluiert. Der Bericht und die Überprüfung kommen zu sehr positiven Resultaten für den Klimaschutz. Es gibt also noch viel zu tun. Wir sollten über ein solches Wärmegesetz für Schleswig-Holstein noch einmal sehr ernsthaft nachdenken.

Neben dem Netzausbau kommt der Speichertechnik von Wind- und Solarstrom eine erhebliche Bedeutung zu. Wir Grüne unterstützen den Vorschlag des Bürgermeisters von Quarnbek, den Aushub beim Ausbau des NOK zu nutzen, um ein weiteres Pumpspeicherkraftwerk zu errichten.

Es gibt also viele gute Ideen im Land. Wir haben keinen Mangel an Ideen und Konzepten. Das zeigt der Bericht sehr deutlich. Es muss aber wesentlich mehr getan werden.

Bei der Lektüre des Berichts der Landesregierung fällt auf, dass die Zahlen sehr alt sind. Die aktuellsten Istzahlen stammen aus dem Jahr 2009. Das will ich dem Bericht nicht anlasten. Ursache hierfür ist, dass die Netzbetreiber ihre aktuellen Zahlen offensichtlich nicht rausrücken. Das ist ein weiterer Grund dafür, weshalb wir darüber nachdenken sollten, die Stromnetze der öffentlichen Hand zu übertragen.

(Glocke des Präsidenten)

(Detlef Matthiessen)

Meine Damen und Herren, im Bericht der Landesregierung steht:

„Die Energiekosten drohen die Handlungsfähigkeit aller Landesinstitutionen einzuschränken. Zudem wird das im Klimaschutzbericht 2009 formulierte Ziel der Landesregierung einer Minderung des Energieverbrauchs und der CO2-Emissionen um 40 % bei Trendfortschreibung deutlich verfehlt.“

Das spricht doch Bände.

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Ich komme zum letzten Satz. - Ich fasse zusammen: Im Ankündigen stark, im Umsetzen schwach. Das ist das Fazit der Klimaschutzpolitik dieser Landesregierung.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für die Fraktion DIE LINKE erteile ich dem Herrn Abgeordneten Björn Thoroe.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Klima- und Energiekonzept der Landesregierung ist so nicht zielführend. Es ignoriert die soziale Dimension von Energieversorgung. Das Konzept treibt den Ausbau erneuerbarer Energien nicht konsequent genug voran. Das Konzept setzt der Macht der Energieriesen nichts entgegen. Das Konzept beinhaltet keine Aussagen darüber, wie ein Verkehrskonzept aussehen müsste, das eine sozial-ökologische Verkehrswende beinhaltet.

(Beifall bei der LINKEN)

DIE LINKE hat eigene Vorstellungen für ein Energie- und Klimakonzept entwickelt. Einige Eckpunkte davon werde ich hier nun darstellen.

Die Grundlage für alles ist: Die Versorgung mit Energie ist ein Grundrecht. Für Hartz-IV-Empfänger und Menschen mit niedrigem Einkommen müssen Sozialtarife eingeführt werden. DIE LINKE schlägt darüber hinaus ein Preiskonzept vor, das sozial und ökologisch sinnvoll ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Tarife der meisten Energieversorger funktionieren heute mit einer Grundgebühr plus Kilowattstundenpreis. Der Preis pro Kilowattstunde verringert sich, sobald die verbrauchte Menge eines Haushalts über eine bestimmte Höhe hinausgeht. Es gibt also Mengenrabatt beim Strom. Das ist keine geeignete Maßnahme, um das Energiesparen zu unterstützen.

(Beifall bei der LINKEN)

Stattdessen schlagen wir ein Umdrehen des jetzigen Modells vor. Eine bestimmte Strom- oder Gasmenge - zum Beispiel 1.000 kW/h jährlich - sollten für jeden Anschluss kostenlos sein. Über das Grundkontingent hinaus kostet jede zusätzliche Kilowattstunde einen Preis, der geringfügig über dem bisherigen Kilowattstundenpreis liegt. Ab einer bestimmten Schwelle, die über dem Durchschnittsverbrauch pro Person liegt, wird der Preis pro Kilowattstunde angehoben. So würden Stromsparen belohnt und eine Grundversorgung gesichert.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Modell der Grünen lehnen wir ab. Wir wollen nicht, dass in Haushalten mit wenig Einkommen morgens überlegt werden muss, ob warm gegessen oder Musik gehört werden kann.

DIE LINKE will den Ausbau von Onshore-Windenergie massiv steigern. Dass Kommunen von der Landesregierung verboten wird, Flächen für Windparks auszuweisen, wie es gerade geschieht, ist grotesk. Die Windeignungsfläche auf 1,5 % der Landesfläche festzuschreiben, nutzt einzig den Energieriesen.

So wird künstlich ein Bedarf für hochsubventionierte Offshore-Windenergieparks und für den Betrieb von Kohlekraftwerken erzeugt. Wie bekannt ist, soll auch Brokdorf noch weitere zehn Jahre am Netz bleiben. Noch immer gilt bei allen anderen Parteien Kapital- vor Klimaschutz. Wir müssen endlich beginnen, die Gebäudesanierung umzusetzen. Die Zukunft liegt im Energiesparen. Dazu muss natürlich Geld in die Hand genommen werden.

(Beifall bei der LINKEN)

DIE LINKE steht außerdem für eine sozial-ökologische Verkehrswende. Der Autoverkehr trägt erheblich zum CO2-Aufkommen bei. Es muss endlich umgesteuert werden. Schleswig-Holstein braucht massive Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr und vor allem in die Schiene. DIE LINKE fordert die Inbetriebnahme von stillgelegten Bahntrassen und einen Ausbau des Schienennetzes sowie die Wiedereinführung beziehungsweise den Bau von

(Detlef Matthiessen)

schienengebundenen Verkehrssystemen in Städten. Schleswig-Holstein braucht StadtRegionalBahnen.

(Beifall bei der LINKEN)

Außerdem will DIE LINKE den Ausbau eines flächendeckenden Linienbusverkehres in den ländlichen Regionen und vergünstigte Sammeltaxen, die helfen können, im ländlichen Raum Lücken zu schließen.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Besonders wichtig sind unsere Forderungen nach einer öffentlich organisierten Energieversorgung und nach einem öffentlich organisierten Personennahverkehr; denn bei dem, was der öffentlichen Hand gehört, kann die öffentliche Hand auch bestimmen, was passiert.