Protokoll der Sitzung vom 16.11.2011

Jetzt habe ich leider den Faden verloren. - Ist Ihnen bekannt, dass wir die Grundzüge des Gesetzes richtig finden und damit logischerweise auch für die Lösungen in anderen europäischen Ländern viel Sympathie haben?

Ich habe Ihre systematische Kritik verstanden. Sie wollen keinen Alleingang Schleswig-Holsteins zulassen. Allerdings darf ich fragen: Was wäre entschieden worden, wenn wir diesen Weg nicht gegangen wären? Sie sind uns doch sicherlich zugetan, wenn wir feststellen: Wenn wir unseren Weg der nicht einfach war - nicht beschritten hätten, dann wären wir wieder bei einem europarechtswidrigen Staatsvertrag gelandet. Davor haben wir zahlreiche andere Bundesländer bewahrt. Unser Weg war richtig, auch wenn ich nach wie vor hoffe, dass sich die Erkenntnis durchsetzt - notfalls nach einer Nicht-Notifizierung durch Brüssel -, dass wir noch mehr zueinanderkommen müssen. Auch bei mir stand immer eine Lösung im Vordergrund, die einen Staatsvertrag mit allen vorsieht. Dazu muss noch Bewegung her; darauf müssen wir offensichtlich noch ein bisschen warten. Bei einer Notifizierung müssen einige offensichtlich noch einmal auf die Nase fallen. Herr Kollege Kubicki hat dazu alles gesagt. Wenn es dann Bewegung gibt, wird ein Mittelweg gefunden werden, auf den wir uns auch gern einlassen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Für die Landesregierung hat der Herr Innenminister Klaus Schlie das Wort.

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich kann es relativ kurz machen, weil die Argumente intensiv ausgetauscht worden sind.

Ich will nur noch einmal darauf hinweisen, was ich in der ersten Debatte, die wir im Oktober 2010 geführt haben, dazu gesagt habe. Ich zitiere:

„Die Bevölkerung wünscht die Teilnahme an kontrollierten Glücksspielen, an Lotterien, Casinospielen und auch Sportwetten.“

Das müssen wir zur Kenntnis nehmen. Es ist eine Tatsache, dass es diese Märkte gibt - ob es uns gefällt oder nicht.

Jetzt kommt es darauf an, ob wir gemeinsam mit den anderen Bundesländern einen Weg finden, an dessen Ende eine europarechtskonforme Lösung steht, die tatsächlich eine Regulierung auch dieser Märkte zulässt, oder ob wir alles weiterlaufen lassen wollen wie bisher.

Deswegen ist es einfach nur unredlich, Herr Dr. Stegner, wenn Sie Ihre Position einer monopolistischen Richtung, die Sie ja nun über Jahre völlig aberwitzig vertreten haben, jetzt auf einmal so darstellen, als seien Sie an der Spitze der 15 Bundesländer, die jetzt diesen Glücksspielstaatsvertrag vorgelegt haben. Sie haben Ihre Position letztlich nicht geändert. Ich denke, das hat der Herr Abgeordnete von Boetticher deutlich gemacht.

(Vereinzelter Beifall bei CDU und FDP - Zu- ruf des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Nein, das haben Sie nicht getan. Herr Stegner, Sie haben doch innerhalb der Großen Koalition verhindert, dass wir diesen Weg, den wir jetzt gegangen sind und den wir schon längst hätten gehen sollen, beschreiten.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Ja, aber doch zum Schaden des Landes und zum Schaden einer Regulierung, die notwendig gewesen wäre.

(Beifall bei CDU und FDP)

Glorifizieren Sie das nicht, und tun Sie jetzt nicht so, als sei das eine große Leistung gewesen! Sie sind doch starrsinnig gewesen und haben kein Stück eingesehen, dass europarechtskonforme Lösungen notwendig sind und gefunden werden müssen. Sie haben, so wie Sie es hier auch dargestellt haben, immer gemeint, der gesamte Markt sei

Ihnen suspekt, und damit wollten Sie nichts anfangen. Aber man muss sich der Realität auch ein Stück weit stellen. Aber Sie leben eben neben der Realität.

(Beifall bei CDU und FDP)

Der Bundesrat hat am 8. Juli 2011 zum Grünbuch der EU-Kommission betreffend Online-Glücksspiele im EU-Binnenmarkt eine Stellungnahme beschlossen, aus der ich mit Erlaubnis der Präsidentin zitieren möchte:

„Neben dem legalen Spielbereich … hat sich in den letzten Jahren ein erheblicher illegaler Glücksspielmarkt in Deutschland etabliert.“

- Das ist eine Feststellung des Bundesrats.

(Widerspruch bei der SPD)

- Hören Sie doch erst einmal zu!

„Illegale Glücksspiele werden vor allem im Bereich der Sportwetten sowie im Bereich von Casinospielen und Poker veranstaltet, vertrieben oder vermittelt. … Dem Spieler werden illegale Glücksspielangebote überwiegend über das Internet … und Sportwettenbüros … zugänglich gemacht. Schätzungen zur Größe des illegalen Glücksspielmarkts sind naturgemäß schwierig.“

In der Aufteilung von Glücksspielsegmenten spiegele sich in etwa die nachstehende Struktur wider: 60 % Sportwetten - Internet und terrestrisch - und rund 40 % Casinospiele/Poker und sonstige Internet-Spielsegmente. - Das ist eine Feststellung, an der kein Mensch vorbeikommt. Wenn man die Wirklichkeit nicht ausblenden will, dann muss man sich als politisch Handelnder, als verantwortlicher Politiker um diese Dinge kümmern.

(Beifall bei der CDU und des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Deswegen sage ich Ihnen: Der Entwurf des Glücksspielsstaatsvertrags begrenzt die Anzahl der Sportwettenanbieter nun auf willkürliche 20 Konzessionen. Vorher waren es sieben. Das ist hier dargestellt worden. Ich glaube, ich muss es nicht wiederholen. Es liegt doch auf der Hand, dass selbst jene, die dem zugestimmt haben, wenn sie anschließend mit ihnen sprechen, sagen: Das ist so ein Punkt gewesen, den wir irgendwie auf der Ministerpräsidentenkonferenz mit ausgehandelt haben, aber es ist überhaupt noch nicht erwiesen, dass das europarechtskonform ist. - Wieso ist denn bisher die Notifizierung verweigert worden? Sie ist doch vernünftig.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Machen Sie einen Vorschlag!)

Herr Kollege von Boetticher hat ja dargestellt, dass die Landesregierungen jetzt nach und nach auf dem richtigen Weg sind und die Notifizierung durchführen. Deswegen, Frau Abgeordnete Heinold, ist es mir umso unverständlicher, warum Sie die wichtigen inhaltlichen Positionierungen, die Sie bisher für die grüne Landtagsfraktion in diesem Bereich immer dargestellt haben, jetzt dadurch konterkarieren, dass Sie - für mich strategisch völlig widersinnig - dem Gesetzentwurf der SPD zustimmen und unser Gesetz aufheben wollen. Damit würden wir den vernünftigen Weg, zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen, verlassen.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Sie wollen doch keine gemeinsame Lösung!)

- Herr Dr. Stegner, dass Sie es nicht verstehen können, ist klar. Aber ich bin sicher, dass es Frau Heinold verstehen wird.

(Zuruf der Abgeordneten Sandra Redmann [SPD])

- Ich höre dann auf zu reden, wenn ich mit der Rede fertig bin.

(Beifall bei CDU und FDP - Sandra Red- mann [SPD]: Hören Sie doch auf, ständig Herrn Dr. Stegner anzugreifen!)

- Damit kann ich nicht aufhören. Solange Herr Dr. Stegner in diesem Hause sitzt, wird man sich mit seiner fehlerhaften Politik auseinandersetzen müssen. Dafür kann ich doch nichts. Wenn das irgendwann nicht mehr der Fall ist, höre gern damit auf.

(Lebhafter Beifall bei CDU und FDP)

Die willkürliche Begrenzung der Sportwettenkonzessionen sowie das Fehlen von Lösungen für die Online-Casinoglücksspiele werfen aus Sicht der Landesregierung erhebliche Bedenken im Hinblick auf eine europarechtskonforme Ausgestaltung des Glücksspielmarkts auf, ganz abgesehen von Spielerschutzaspekten bei unkontrollierten und illegalen Anbietern. Diese blieben nämlich bei der Lösung der 15 Länder erhalten.

Unter diesem Vorzeichen muss man doch fragen: Welches Modell berücksichtigt denn zurzeit, zum Zeitpunkt der Neuordnung des Glücksspiels, die von allen Ländern gewollte tatsächliche Lösung das des jetzigen von den 15 Ländern ausgehandelten Glücksspielstaatsvertrags oder unser Glücksspielgesetz? - Die Antwort ist relativ klar: Die Ori

(Minister Klaus Schlie)

entierung wird - davon bin ich fest davon überzeugt -, auch wenn die europarechtlichen Fragen geklärt sind, weiterhin auf der Grundlage des Gesetzes, das hier im Schleswig-Holsteinischen Landtag verabschiedet worden ist, erfolgen. Ich bin jedenfalls sicher, dass das der richtige Weg ist, um tatsächlich zu einer vernünftigen, europarechtskonformen Lösung zu kommen, um eine Regulierung der Märkte zu erreichen und um - das ist überhaupt nichts Unanständiges - natürlich auch Wertschöpfung für das Land Schleswig-Holstein zu erhalten.

(Lebhafter Beifall bei CDU und FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Herr Minister hat die verabredete Redezeit um eineinhalb Minuten überzogen. Diese Zeit steht den Fraktionen jetzt noch zur Verfügung. - Ich stelle fest, dass diese Redezeit nicht wahrgenommen wird. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf in der Drucksache 17/1956 federführend dem Innen- und Rechtsausschuss und mitberatend dem Finanzausschuss zu überweisen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

(Unruhe)

- Ich möchte gern den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufen. - Herr Kollege Arp, bitte nicht wieder die gleiche Ausrede wie vorhin!

Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 12 auf:

Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes

Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/1964

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Ich stelle fest, das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Grundsatzberatung und erteile für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Frau Abgeordneten Ines Strehlau das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Schulbesuch in der Metropolregion ist auch nach dem Abschluss eines neuen

Gastschulabkommens zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein im vergangenen Dezember nicht einfacher geworden. Das Gegenteil ist eingetreten. Weiterhin fehlen eine gemeinsame Schulplanung und ein ehrlicher Kostenausgleich. Der Kostenausgleich ist im neuen Schulgesetz in § 113 noch weiter zulasten der Kommunen in SchleswigHolstein verschoben worden. Denn mit dem neuen Schulgesetz gab es Änderungen in der Pflicht der schleswig-holsteinischen Kommunen, Schulkostenbeiträge an das Land Schleswig-Holstein zu zahlen.