haben. Stattdessen brauchen wir neue, flexible und gut ausgebildete Soldaten. Dass die Wehrpflicht das ist letztlich der Ansatzpunkt dieser Konversionswelle, die wir haben - vor diesem Hintergrund abgeschafft wird, begrüßen wir ausdrücklich.
Es gehört nämlich, wie vieles andere, was sich im Moment durchsetzt, zu den Grundforderungen der Grünen, seitdem es die Grünen gibt. Ich will vor diesem Hintergrund klarstellen, dass wir weniger, aber gut ausgerüstete und vor allem gut ausgebildete Soldaten haben wollen.
Die Zeit, in der öffentliche Mittel für das Militär manchmal verschwendet, teilweise jedenfalls unüberlegt angelegt werden, ist vorbei. Die Zeit, in der die Ausgaben für das Militär als regionales Stützprogramm fungierten, ist auch vorbei. Dieses Geld fehlt sonst bei wichtigen Aufgaben wie Bildung, Betreuung, Klimaschutz oder eben dem Schuldenabbau, Herr Finanzminister. Finanzmittel in Militär und Rüstung haben - wenn man sich das einmal anschaut - relativ geringe Arbeitsmarkteffekte und einen relativ geringen volkswirtschaftlichen Wertschöpfungsanteil. Im Gegenteil, Finanzmittel in anderen Bereichen, vor allen Dingen in den genannten Bereichen Bildung, Tourismus, Kultur oder Energie, haben deutlich höhere Effekte. Eine Forderung, die Umstrukturierung der Bundeswehr nicht anzugehen oder nicht energisch anzugehen, weil sie eben immer auch Regionalförderung ist, werden wir nicht erheben und auch nicht beklatschen. Herr Ministerpräsident, Appelle, dass wir uns jetzt nicht wie die CDU oder andere Oppositionen in der letzten Legislatur aufführen sollen, sind nicht nötig. Das tun wir ohnehin nicht.
Es klang ein bisschen wie ein Eingeständnis, dass es damals falsch war, so zu agieren. Das will ich unterstreichen: Ich finde es falsch. Den Weg, den die Debatte jetzt genommen hat, finde ich auch falsch. Nur zu sagen, die anderen seien schuld, weil wir gerade in der Opposition sind, sollte unser Ding nicht sein.
Herr Stegner, ich glaube, wenn heute Morgen ein sozialdemokratischer Ministerpräsident oder ein Ministerpräsident welcher Couleur auch immer hier gestanden hätte, hätte er eins zu eins die gleiche Rede gehalten. Der Schlagabtausch zwischen Herrn Kubicki und Herrn Dolgner hat das Gleiche belegt. Dass Sie in der FDP in einer vorweggenommenen
sozial-liberalen Allianz vorwerfen, was Sie von der SPD-Pressemitteilung halten und umgekehrt, zeigt genau, dass wir diesen Streit an dieser Stelle sinnlos führen. Es geht eher darum zu überlegen, welche Nuancen wir setzen - vielleicht auch im Wettbewerb miteinander -, um die Konversion vernünftig zu bewältigen.
Wer den Bundeswehrangehörigen verspricht, dass alles gleich bleiben könnte, der belügt die Menschen. Damit unterscheiden wir uns auch ein bisschen von unseren Freunden in der Opposition. Herr Gabriel, der SPD-Vorsitzende, hat in diesem Jahr im Juli bei einem Besuch in Kiel gesagt - so hieß es in der Überschrift in den „KN“ zusammengefasst -, er fordere mehr Geld für die Marine. Ich halte das für altbacken und unrealistisch. Auch der SPD-Chef sollte wissen, dass der Bundeshaushalt genauso klamm ist wie der Landeshaushalt. Mehr Geld für die Marine bedeutet weniger Geld für andere Bereiche oder eben höhere Schulden.
Es ist ein falscher Überbietungswettbewerb, jetzt hier zu versuchen, sich über die Bundeswehr zu profilieren, wer die altmodischere Standortpolitik betreiben möchte.
Dass die zwingend notwendige Umstrukturierung des Landes Schleswig-Holstein besonders hart trifft, ist ebenfalls logisch. Unser Land wurde quasi als Festland-Flugzeugträger aufgerüstet, als Marinestützpunkt und Garnisonsstandort systematisch aufgebaut in jenen Zeiten des letzten Jahrtausends.
Wer sich ein bisschen mit der Landesverteidigung beschäftigt - es ist fast anekdotenhaft amüsant, das zu tun -, findet ein Puzzle an Denkwürdigkeiten. Da ist der Atomschutzbunker der Landesregierung in Lindewitt. Den kenne ich ganz gut. Wir haben da bei Pfingstturnieren immer unseren Kuchen reingestellt, weil der dann immer schön gekühlt war, wenn es draußen heiß war. Es gibt den Bunker im Flottenkommando in Glücksburg. Da sind Sprengschächte an Brücken und Autobahnen, die jetzt zugestopft werden. Es gibt sogar Landepisten auf der A 7 als zusätzliche Landemöglichkeiten.
All das hat Schleswig-Holstein ausgemacht, und eben auch die Stationierungsdichte, die wir haben. Deswegen ist es zwangsläufig, dass der Truppenabbau in diesem Land besonders überproportional ausfällt. Während im Bundesdurchschnitt 30 % aller Dienstposten wegfallen, sind es in Schleswig-Holstein 41 %, aber - nur damit das nicht verschwiegen wird - das ist noch viel weniger, jedenfalls ist es unkonkreter, als das vom ehemali
gen Verteidigungsminister zu Guttenberg ehemals vorgesehene Sparpaket, in dem Zahlen genannt wurden, dass die Bundeswehr ab 2012 jährlich 2 Milliarden € einsparen muss, also in vier Jahren 8 Milliarden €. Solche Zahlen fehlen jetzt im Konzept von de Maizière. Ich sage: Leider fehlen sie. Von diesen konkreten Summen ist keine Rede mehr, dann hätte man immer noch mutiger sein und weiter gehen können.
Der Truppenabzug trifft das Land hart, er trifft Familien hart. Ich denke, jeder von uns hat Nachbarn, Freunde oder Bekannte, die sich jetzt alle darauf einstellen, aus Schleswig-Holstein weggehen zu müssen oder eine Wochenendbeziehung führen zu müssen. Bei mir in Flensburg ist es so, dass das selbst bei meinen Kindern, die sich sonst begrenzt stark für Politik interessieren - außer wenn ihr Vater in der Zeitung steht -, ein Thema ist, weil die Handballmannschaften ihren Halblinken oder Kreisläufer verlieren oder Klassen ihren Klassenkasper. Da ist die Diskussion tief im Herzen Schleswig-Holsteins angekommen. Für viele Menschen ist es eine große Belastung. Kommunen werden vielleicht - hoffentlich nicht - Kitas schließen müssen. Das Handwerk an den Standorten wird erhebliche Auftragseinbußen hinnehmen müssen. Die Wirtschaftskraft des Landes insgesamt wird geschwächt.
Die Ideen, was man mit den Konversionsflächen anstellen kann - wir reden über politische Maßnahmen, aber hier noch nicht über Ideen -, sind, um es positiv auszudrücken, unterschiedlich konkret. Die Forderung aller hier im Landtag, dass die Bundeswehr den Kommunen die Liegenschaften preiswert überlassen sollte, beißt sich allerdings mit dem ersten Vorstoß - der Ministerpräsident hat das angedeutet - von Bauminister Ramsauer, einen Fonds zu gründen, aus dem heraus dann alle Kommunen abgefunden werden sollen. Ein Fonds braucht, damit er funktioniert, möglichst hohe Einzahlungen. Wir aber wollen alle möglichst preiswerte Abgaben der Liegenschaften. Das passt nicht so richtig zusammen. Wir wollen auch - wir haben es eben schon ein paar Mal gehört - eine möglichst zeitnahe Nutzung der Liegenschaften. Ein Fonds hingegen klingt zumindest nicht nach zeitnaher Vergabe, sondern eher nach Bürokratie und kompliziertem Vergabeverfahren.
Es ist richtig, was der Kollege Kubicki gesagt hat, dass nämlich die Bauordnung geändert werden sollte.
zept betroffenen Standorte herausgegeben. Allerdings wird im Wesentlichen auf bereits vorhandene Instrumentarien und Fördermöglichkeiten hingewiesen. Das ist zwar notwendig, bringt uns aber auch nicht wirklich voran. Strukturpolitisch werden die binnenlandsliegenden Liegenschaften am ehesten als Energiestandorte Verwendung finden, beziehungsweise wir werden immer fordern, der Konversion eine grüne Richtung zu geben. Sie werden sagen, wir sind da alle gemeinsam dran. Aber es ist ziemlich klar, dass im Binnenland die erneuerbaren Energien und die Branchen drumherum eine Chance für viele Kommunen darstellen. Die maritimen Standorte werden wahrscheinlich vor allen Dingen touristischen Nutzungszwecken unterworfen werden. Aber das alles sind keine bahnbrechenden Erkenntnisse, sondern sie lassen sich durch einen Blick auf die Landkarte und die Wirklichkeit in Schleswig-Holstein schon erkennen.
Ich möchte noch auf einen dritten Aspekt hinweisen, der nicht verschwiegen werden sollte, dass nämlich bestimmte Flächen auch als Naturerbe zu sichern sind - dort, wo sich bedeutende Rückzugsgebiete für empfindliche Tier- und Pflanzenarten gebildet haben.
Aber wie man es auch dreht und wendet, rhetorisch findet man einige Ansatzpunkte politisch hoffentlich auch, aber es ist verdammt schwierig. So richtig Geld hat niemand. Wir, aber nicht nur wir, sondern vor allen Dingen die Menschen in den Kommunen, stehen vor einem Berg von Aufgaben. Wir sagen: Wo ein Berg ist, da ist auch ein Weg. Vor allem müssen wir aber auch sagen, ein Weg entsteht da, wo ein Wille ist. Also: Wo ein Berg ist, da muss auch ein Wille sein. Deshalb sollten wir versuchen, die verschiedenen Ansätze, die in der Debatte hier durchgeschimmert sind, zusammenzubringen zu einer gemeinsamen Haltung der Politik hier in Schleswig-Holstein.
Dass die Umsetzung des Truppenabzugs bis 2015 oder sogar bis 2017 dauern wird - also relativ langsam vor sich gehen wird; es gab auch andere Fälle in Schleswig-Holstein, wo von heute auf morgen die Lichter ausgingen -, ist eine Chance, mit einer gemeinsamen zivil-militärischen Nutzung den Übergang langsam zu gestalten und schrittweise zu steigern.
Unterschiedliche Optionen müssen bedacht werden. Das Instrumentarium, das es gibt, ist relativ umfassend. Das besteht aus sozialverträglichen Personalreduzierungen, vorzeitigem Ruhestand, Personal
kostenzuschüssen für neue Arbeitgeber, Einmalzahlungen, Qualifizierungsmaßnahmen und so weiter. Aber das kann es nicht gewesen sein.
Das ist das, worauf ich in den letzten zwei oder drei Minuten, die ich noch reden werde, abheben werde: Letztlich wird eine Diskussion, über den jeweiligen Standort und die Größe des jeweiligen Standortes nicht weiterhelfen. Das wird auch der Dimension des Strukturwandels, den wir hier diskutieren, nicht gerecht. Denn quasi als Gegenstück zum überproportionalen Aufbau der Armee im Norden, in Schleswig-Holstein, bekamen andere Bundesländer andere Strukturprojekte. Die Bundeswehr wurde als infrastrukturelle Stützungsmaßnahme des Bundes verstanden und so bewertet. Andere Bundesländer bekamen eben andere Infrastrukturen. Heute sehen wir, dass das die nachhaltigeren waren. Der Westen bekam die Verwaltung - in Bonn die Zentrale, aber auch andere Behörden drumherum -, der Süden bekam die Forschungseinrichtungen und Hochschulen. Und darüber müssen wir mit Berlin verhandeln. Darüber müssen wir reden. Da passt es auch gut zu den Beschlüssen, die inzwischen alle Parteien hier im Landtag gefällt haben, dass sich der Bund stärker an der Bildungs- und Forschungsfinanzierung beteiligen sollte. Genau das sollte er tun.
Ich hoffe, dass auch die FDP bei ihrer Meinung bleibt. Es ist natürlich hart, dass Sie sich bei Ihrem Bundesparteitag nicht durchsetzen konnten. Herr Kubicki, Sie sollten ein bisschen aufpassen, dass die FDP, wenn sie sagt, Schleswig-Holstein werde die Nagelprobe für die FDP werden, nicht Sie mit der Nagelprobe meint. Viel Glück bei der Reise, Ihren Bundesverband zu bekehren, dass wir Gelder für Bildung vom Bund brauchen.
- Mehr Geld aus der Mehrwertsteuer für Bildung: Hoffentlich darf der Bund das dann auch ausschütten.
Über eine andere infrastrukturelle Förderung müssen wir verhandeln. Genau das sieht unser Antrag vor, genau darauf haben wir abgehoben. Es geht darum, nicht nur den Blick nach unten zu richten. Ich möchte noch einmal klar und deutlich sagen, wovon ich rede. Es kann sein, dass nicht jedem Standort in der Dimension geholfen werden kann, wie er es sich wünscht, aber es muss sein, dass andere Standorte, dass das Land an sich, dass die Gesellschaft in Schleswig-Holstein an sich, eine ande
re infrastrukturelle Förderung bekommt und eine andere Infrastruktur aufbaut. Wir dürfen also nicht nur nach unten gucken, sondern wir müssen eine Diskussion führen, die größer ist als jeweils die einzelnen Standorte. Darauf zielen wir mit unserem Antrag ab.
Es geht darum, nicht nur die einzelnen Standorte in den Blick zu nehmen, sondern den gesamten Prozess, über den wir reden. Da der Strukturwandel Strukturen betrifft, die vom Bund aufgebaut wurden, muss der Bund jetzt auch helfen, Strukturen zu schaffen, die nachhaltig sind.
Ich kann mich noch gut an die Aufnäher auf Parkas erinnern, die wir früher hatten: „Schwerter zu Pflugscharen“. Ich richte einen Dank an meinen Kollegen Andreas Tietze, der mich darauf hingewiesen hat, dass das ein Bibelspruch ist. Das war mir so nicht geläufig.
- Ja, jeder hat sozusagen seinen eigenen ideologischen Background. - Aber angesichts des Strukturwandels, den wir auch in der Landwirtschaft erleben, dessen Probleme denen bei der Bundeswehr nicht unähnlich sind, kann man heute nicht mehr guten Gewissens sagen: „Schwerter zu Pflugscharen“. Wir sollten in Zukunft sagen: „Schwerter zu Smartboards“.
Meine Damen und Herren, auf der Tribüne begrüße ich weitere Gäste. Es sind Kursteilnehmerinnen und Kursteilnehmer der Abendvolkshochschule Leck. Seien Sie uns hier heute Morgen herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!
Herr Landtagspräsident! Meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident Carstensen, Ihre Rede von bitteren Wahrheiten, „um den Standort geworben, gekämpft und gehofft“, ist doch sehr zweifelhaft. Wir sehen die Geschichte ganz anders. Sie haben die Zeit vertrödelt. Sie haben zu lange gewartet, als Sie handeln mussten. Sie haben gehofft, als der Zug
längst abgefahren war. Jetzt heute zu sagen, Sie seien traurig, Sie seien überrascht, das reicht nicht. Denn wir wissen seit zwei Jahrzehnten, dass wir militärisch haltlos über unsere Verhältnisse gelebt haben.
Wir wissen seit einem Jahrzehnt, dass von den einst 86.000 militärischen Dienstposten bis 2030 noch nicht einmal 10 % bleiben werden, und das ist auch gut so.