Die Idee, zum Staatsexamen zurückzukehren, obwohl die Hochschulen gerade in mühsamer Arbeit alles umgewandelt haben, ist wirklich aberwitzig, und wir glauben auch nicht daran. Hinzu kommt, dass sich die Uni Flensburg mit ihrer neuen Präsidentin inhaltlich auf einem guten Weg befindet. Das wurde auch von Staatssekretärin Frau Dr. Andreßen anerkannt, als sie bei dem Jahresempfang der Uni das Grußwort der Landesregierung sprach.
Bisher hat die Landesregierung laut Bericht noch nicht entschieden - mag sein, dass das schon geschehen ist, das habe ich so nicht vernommen -, ob sie den Master verlängert oder zum Staatsexamen zurückgeht. Mich interessiert, wie der Sachstand ist.
Für den SSW möchte ich aber noch einmal ganz deutlich sagen, dass ein Zurück zum Staatsexamen gar nicht geht.
Der Bologna-Prozess mit seinen Zielsetzungen der einheitlichen Studiengänge, der einheitlichen Bewertungsrahmen und der Anerkennung von Leistungen in ganz Europa macht schlichtweg keinen Sinn, wenn wir ständig Ausnahmen schaffen.
Davon einmal ganz abgesehen haben die Universitäten einen großen Kraftakt geleistet, um die Studiengänge umzuwandeln. Es würde die Arbeit an den Hochschulen und den Einsatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter völlig entwerten, wenn die Landesregierung jetzt beschließen würde, alles wieder zurückzudrehen.
Die Verlängerung des Masters wird circa 1,8 Millionen € kosten. Dieses Geld hat die Landesregierung aber mit ihrem „Master light“ bisher gespart. Dabei gibt es keinen vernünftigen Grund, warum die Lehrkräfte an Grund-, Gemeinschafts- und Regionalschulen weniger Ausbildung brauchten als Lehrkräfte an Gymnasien. Aus einer rein pädagogischen Sicht hätte schon viel früher auffallen müssen, dass die Regelung, die wir hatten, fast Murks
war. Ich weiß noch, wie sie zustande gekommen ist, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass wir vielleicht von vornherein etwas anderes hätten machen müssen. Das gilt im Übrigen auch für die Debatte um die Gehälter, denn natürlich wird die Forderung erhoben, dass alle Lehrkräfte jetzt auch gleiches Gehalt bekommen, wenn die Ausbildung gleich lang ist.
Insgesamt, denke ich, ist die laufbahnbezogene Besoldung ein Problem - nicht nur hier, sondern insgesamt. Ich hoffe, dass sich das bewahrheitet, was ich gehört habe, dass nicht nur die Oppositionsfraktionen, sondern auch die regierungstragenden Fraktionen - vielleicht sogar in erster Linie die CDU - begriffen haben, dass es leistungsbezogene Besoldung geben muss.
Für den SSW möchte ich noch einmal klarstellen, dass es hier um gut ausgebildete Lehrkräfte für unsere Kinder geht. Es geht nicht darum, wie wir an der Bildung sparen können, um den Haushalt zu sanieren. Da bin ich wieder bei der Debatte, die wir vorhin hatten. Das will ich jetzt nicht alles wiederholen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich mich bei der Landesregierung für den vorliegenden Bericht bedanken, der noch einmal die Grundlagen für die Lehrerausbildung in Deutschland insgesamt aufzeigt. Die Lehrerausbildung in Schleswig-Holstein entspricht nicht mehr den Schulstrukturen in unserem Land. Diese Tatsache ist kein Geheimnis. Wir sind uns sicher alle einig, dass die Lehrerausbildung an unsere Systeme von Grundschulen, Regional- und Gemeinschaftsschulen, Gymnasien, Förderzentren und Berufliche Schulen angepasst werden muss.
Dabei ist insbesondere die Lehrerausbildung an der Universität in Flensburg zu betrachten. Die Akkreditierung dieser Studiengänge läuft im Jahr 2013 aus. Daraus ergibt sich nicht nur die Aufgabe, sondern auch die Chance, die Lehrerausbildung neu zu ordnen.
Zukünftig sollen dort Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer sowie Lehrkräfte für Regionalund Gemeinschaftsschulen ausgebildet werden. Dabei müssen Frühförderung, Differenzierung, Berücksichtigung von Migrationshintergründen und Inklusion besondere Bestandteile der Ausbildung sein. Lehrkräfte müssen in die Lage versetzt werden, die Kinder als Persönlichkeiten mit all ihren Facetten zu erfassen. Dazu gehört für die CDU übrigens auch das frühe Erkennen von Begabungen und das Fördern dieser Begabungen. Wenn wir unsere jungen Lehrkräfte entsprechend gut ausbilden, werden sie auch Freude an ihrem Beruf haben. Das ist für mich eine der Grundvoraussetzungen, um mit Kindern zu arbeiten und ihnen Perspektiven und Motivation fürs Lernen und Leistungsbereitschaft zu vermitteln.
Auch die Empfehlungen der Wissenschaftlichen Kommission Niedersachsen müssen sich in der Neuausrichtung der Lehrerausbildung wiederfinden. Die Polyvalenz der Studiengänge Vermittlungswissenschaften muss für eine eindeutigere Orientierung an der Lehrerausbildung eingeschränkt werden. Dabei müssen die Inhalte Diagnosefähigkeit, Fachdidaktik und -methodik stärker als bisher berücksichtigt werden. Das ist notwendig, um den Besonderheiten des Lehrerberufs an dieser Stelle gerecht zu werden.
Angehende Lehrkräfte müssen für ihren Beruf nicht nur gut ausgebildet sein, sie müssen sich auch für das Arbeiten mit Kindern in der Schule berufen fühlen. Daher müssen Praktika in der Schule früher als bisher stattfinden. Auch Praktika außerhalb der Schule können zur eigenen Berufsorientierung von Studierenden beitragen. Wir als CDU können uns auch durchaus Beratungsgespräche oder Eignungstests vor der Aufnahme eines Studiums der Vermittlungswissenschaften vorstellen.
Auch wenn es heute zunächst um die Umstellung der Lehrerausbildung an der Universität Flensburg geht: Diese Kriterien müssen langfristig insge
samt in die Ausbildung aller Lehramtsanwärter Eingang finden. Der Bericht der Landesregierung weist auf, welche Wege für die Lehrerausbildung in Schleswig-Holstein zukünftig möglich sind - vom dreijährigen Bachelor mit anschließendem zweijährigen Master über einen vierjährigen Bachelor mit anschließendem spezialisierenden oder nicht obligatorischem Master bis hin zur Rückkehr zum Staatsexamen.
Der Bericht - Frau Spoorendonk, Sie haben gerade die Frage danach gestellt - macht auch deutlich, dass sich die Landesregierung noch nicht abschließend entschieden hat. Die Universität Flensburg ist beauftragt worden, auf der Grundlage des Berichtes das beschriebene Eckpunktepapier bis zum 15. Februar 2012 vorzulegen. Auf der Grundlage soll dann eine Entscheidung gefällt werden, wie die Lehrerausbildung für Schleswig-Holstein weitergehen soll. Ich halte es für richtig, dass wir diejenigen, die die Lehrerausbildung in Schleswig-Holstein betreiben sollen, an der Stelle ganz eng mit einbinden.
Wir sind der Auffassung, dass dieses Konzept der Universität Flensburg abgewartet werden soll, bevor wir uns endgültig auf die Strukturen festlegen. Ich will aber auch nicht verhehlen, dass ich ganz persönlich der Auffassung bin, dass wir uns nicht wieder aus dem Bologna-Prozess verabschieden sollen.
Für die CDU-Fraktion beantrage ich die Überweisung des Berichts zur abschließenden Beratung an den Bildungsausschuss.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist jetzt fast fünf Jahre her, dass der Landtag mit der damaligen Mehrheit der Großen Koalition das Schulwesen in Schleswig-Holstein grundsätzlich neu strukturiert hat und damit zum Vorreiter für eine bundesweite Reform der Schule gemacht wurde.
Ich erinnere hier gern einmal an den letzten Parteitag der CDU, bei dem Schleswig-Holstein ein Lob von unserer Bundesbildungsministerin hinsichtlich der Strukturen, die wir vorbildhaft entwickelt haben, erhalten hat. Ich möchte Herrn Dr. Klug gern daran erinnern - weil er in der Zeit auch Mitglied dieses Hauses war -, dass die Regionalschule, die Sie eben angesprochen haben, die Favoritin Ihres Koalitionspartners war. Ich denke, Sie haben alle Chancen, die Probleme, die diese Schulart zurzeit hat, auch mit Ihrem Koalitionspartner zu lösen.
Herr Dr. Klug, im Übrigen bin ich der Auffassung, dass es Ihre Pflicht als Landesregierung ist, administrativ die Dinge zu entwickeln, die notwendig sind, um die Probleme dieser Schulart zu lösen. Das ist Ihre Aufgabe. Ihre Aufgabe ist nicht, Ausführungen zur bildungspolitischen Geschichte des Landes zu machen. Sie haben einen wirklichen Auftrag als Landesregierung.
Der gesunde Menschenverstand sagt auch, dass eine berufliche Ausbildung auch etwas mit den Strukturen zu tun haben sollte. Wir müssen zukünftig die Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer inhaltlich wie auch strukturell auf das reformierte Schulwesen hin ausrichten.
Herr Kollege Höppner, wenn das Problem einer Regionalschule darin besteht, dass dort zu wenig Schüler angemeldet werden, wie soll man das dann lösen? Indem man Schüler dort hinkommandiert, oder wie stellen Sie sich das vor?
- Nein, Sie haben alle Instrumente in der Hand, Herr Dr. Klug. Sie haben Verordnungen. Sie sind zuständig für die Schulentwicklungsplanung in diesem Land. Sie sind auch zuständig für die Aufsicht über die Schulträger. Ich fordere Sie auf: Lösen Sie dieses Problem!
(Vereinzelter Beifall bei der SPD und Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN] - Zuruf des Abge- ordneten Jürgen Weber [SPD])
Abgesehen von einem Entwurf der Kolleginnen und Kollegen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN war eigentlich - sagen wir einmal: in der Rechtspflege der Lehrerausbildung - Stillstand eingetreten. Mitten im Sommerloch 2011 machte die schwarz-gelbe Koalition Schlagzeilen, als der Bildungsminister Dr. Klug verkündete, er wollte wieder weg von den konsekutiven Studiengängen Marke Bologna, zurück zum Staatsexamen, was wiederum seinen Kollegen Herrn de Jager in dieser Zeit wahrscheinlich ein bisschen die Ferien verdarb. Herr de Jager, Herr Spitzenkandidat, ich sage es einmal: Ich bin der Bewunderung voll ob der Toleranz, die Sie gegenüber Ihrem Koalitionspartner aufbringen. Ihnen gilt meine Anerkennung für die aufopferungsvolle politische Notbeatmung, die Sie Ihrem Koalitionspartner zuteil werden lassen
nach dem Motto: Wollen wir einmal sehen, ob er sich wieder erholt und ob wir dann vielleicht wieder etwas gemeinsam machen können. - Ich war schon ein wenig erschüttert über das, was Sie uns vorhin erzählt haben, Herr Dr. Klug.
Wenn der SSW nicht diesen Berichtsantrag gestellt hätte, hätten wir bis heute nichts über den aktuellen Stand des Unternehmens Lehrerbildung erfahren. Vielen Dank, Anke Spoorendonk. Auf Ihre Initiative geht zurück, dass wir heute diesen Bericht haben.
Der Bericht lässt auch erkennen, dass das Schiff nicht nur in die falsche Richtung steuert, sondern nach unserer Auffassung auch auf ein Riff zuläuft. Dieses unvollständige Konzept lässt die Maxime dieser Regierung nur allzu klar erkennen: Es soll so viel Außendifferenzierung wie möglich geben. Das soll die Grundlage dieses Schulsystems werden. Sie fallen sogar noch hinter das bestehende Prinzip zurück, wonach der Grundschullehrer auch in der Lage sein sollte, in der Sekundarstufe I in der Hauptschule zu unterrichten.
Sie treiben das Kastendenken noch weiter, indem Sie den reinen Primarstufenlehrer einführen wollen, daneben den Lehrer an der Sekundarstufe I bis zum mittleren Bildungsabschluss an Regionalund Gemeinschaftsschulen und als dritte Säule den reinen Gymnasiallehrer. Ihr sogenanntes Lehramt Regional- und Gemeinschaftsschule schließt somit von vornherein aus, dass an den Gemeinschaftsschulen zukünftig Gymnasiallehrer unterrichten.