Protokoll der Sitzung vom 15.12.2011

Gute Bildung macht sich nicht nur an der Anzahl der Unterrichtsstunden fest, sondern auch daran, was, wie und unter welchen Rahmenbedingungen unterrichtet wird. Der Landesrechnungshof hat in seinem Bericht 2009 aufgezeigt, in welchem Umfang eine Reduzierung von Lehrerplanstellen bis 2020 vorgenommen werden könnte, nämlich um 4.250. Ich sage deutlich: Der Landesrechnungshof hat eine massive Zusammenlegung von Schulstandorten zugrunde gelegt, die auch wir nicht mittragen wollen. Deswegen hat sich die Landesregierung auf den Weg gemacht und gesagt: 3.650 Stellen sollen langfristig eingespart werden - analog zu den rückläufigen Schülerzahlen, von denen wir seit dem letzten Bericht zur Unterrichtsversorgung wissen, dass sie noch viel drastischer sinken werden, als es 2009 in der Prognose zugrunde gelegt worden ist. Sie sinken nämlich nicht nur um 50.000 Schülerinnen und Schüler, sondern um 59.000 Schülerinnen und Schüler. Darum muss es unser verstärktes Anliegen sein, uns um die Inhalte zu kümmern. Was sollen Kinder heute lernen, wie sollen sie es lernen, welche Unterstützung brauchen sie, und wie müssen wir unsere Lehrkräfte dafür ausbilden? Das sind die Fragen, mit denen wir uns beschäftigen müssen.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU - Zuruf des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Im Gegensatz zu Ihnen bin ich davon überzeugt, Herr Stegner.

Diese Landesregierung hat in diesem Bereich viel erreicht. Wir haben den Schulen die Freiheit gegeben, über ihre Unterrichtsstrukturen so zu entscheiden, wie sie es für ihre Schulen, für ihre Schüler und für ihre Lehrkräfte brauchen. Die Mittel für die

(Heike Franzen)

Lehrerfortbildung sind erhöht worden, damit sich unsere Lehrerinnen und Lehrer besser auf die Situation in den Schulen einstellen können. Wir haben die Hochbegabtenförderung auf den Weg gebracht, damit auch diese Potenziale von jungen Menschen genutzt werden und nicht verloren gehen. Die Lehrpläne für das achtjährige Gymnasium sind so angepasst worden, dass wir unsere Kinder nicht mehr mit zu vielen Inhalten überfrachten. Die verunglückte Einführung der Profiloberstufe unter Frau Erdsiek-Rave aus der letzten Legislaturperiode ist so modifiziert worden, dass sie zu einer Entlastung von Schülerinnen, Schülern und Lehrern geführt hat.

(Beifall bei der CDU und des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP] - Zurufe von der SPD)

Und wir haben trotz knapper Kassen die Schulsozialarbeit an den Schulen eingeführt und damit die Rahmenbedingungen für die Schulen verbessert. Bei der Lehrerausbildung werden wir noch in dieser Legislaturperiode die Weichen stellen, damit sie endlich an die Schularten und an deren Bedürfnisse angepasst werden.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat einen roten Faden in der Bildungspolitik. Wir wissen, was wir wollen. Wir wollen gute Bildung für unsere Kinder,

(Dr. Robert Habeck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zweimal!)

die wir finanzieren können und die nicht von der nächsten Generationen selbst bezahlt werden muss. Deswegen werden wir die vorliegenden Anträge ablehnen.

(Beifall bei CDU und FDP - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Die Rede war nicht mit Inhalten über- frachtet! Da haben Sie Recht! - Wolfgang Kubicki [FDP]: Sie sollen die Rede doch auch verstehen, Herr Dr. Stegner!)

Für die SPD-Fraktion hat Herr Abgeordneter Martin Habersaat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe die FDP auch schon einmal frenetischer in diesem Hause klatschen sehen.

(Christopher Vogt [FDP]: Strengen Sie sich an, dann kommt das!)

Aber vielleicht muss man sich um die FDP dieser Tage gar keine so großen Sorgen machen.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

In der Regel verhallt es ungehört, wenn die Tierschutzpartei Parteitage veranstaltet. Bei der FDP ist man einen Schritt weiter: FDP-Parteitage führen bei der CDU zu hektischen Flecken und bei den Grünen zu parlamentarischen Initiativen.

(Zurufe von der FDP)

Oft ist es so, dass der Berg kreißt und eine Maus gebiert. Dieser Tage haben wir erlebt, wie es ist, wenn die freidemokratische Maus kreißt. Allerdings kam außer heißer Luft nichts raus.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Ans Licht der Welt kamen in dieser Phase nur Unstimmigkeiten in der Koalition und Hinweise auf Missstände in der Schullandschaft, auf die Eltern, Lehrer, Schüler und Opposition seit Langem hinweisen.

Ich habe mir einmal die Mühe gemacht, eine kleine Liste zusammenzutragen, und habe erfreut vernommen, dass Herr Kubicki sich auch mit solchen Listen beschäftigt.

(Christopher Vogt [FDP]: Hausaufgaben ge- tan, sehr gut!)

Ein paar Punkte wollte ich Revue passieren lassen. Da befasst sich ein FDP-Landesparteitag - immerhin einer Regierungspartei - damit, dass es dringend erforderlich sei, 300 Lehrerstellen mehr als geplant im System zu belassen. Wolfgang Kubicki glaubt, eine Pressemitteilung herausgeben zu müssen, in der er Gespräche mit dem Koalitionspartner ankündigt - was für eine Maßnahme! Die CDU zeigt sich verwundert über die Diskrepanz zwischen den Verlautbarungen des zuständigen Ministers über die gute Unterrichtssituation und dem Beschluss der Partei dieses Ministers. An der Stelle kann ich vielleicht zur Aufklärung beitragen: Bisher kann man abschließend erst die Unterrichtsversorgung für das Schuljahr 2010/2011 betrachten. Für das Schuljahr waren die Weichen schon gestellt, bevor sich die Haushaltsstrukturkommission überhaupt ans Werk gemacht hat.

Weiter im Text: Ministerpräsidentenkandidat de Jager äußert Sympathie für die Idee, die Zahl der Differenzierungsstunden an den Gemeinschaftsschulen wieder anzuheben. Herr Callsen erklärt schließlich im Interview entschlossen, er werde sich die Pro

(Heike Franzen)

bleme an den Gemeinschaftsschulen einmal erklären lassen.

(Lachen bei der SPD)

Herr Callsen, die Probleme kann ich Ihnen auch erklären. Erstens. Ihre Koalition hat mit dem Schulgesetz einen tragfähigen Schulfrieden zerschlagen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der LINKEN und SSW)

Zweitens. Durch dieses Schulgesetz haben Sie die Umsetzung der pädagogischen Konzepte unserer Gemeinschaftsschulen unmöglich gemacht.

Drittens. Als stärkste Fraktion dieses Hauses gerieren Sie sich in der Bildungspolitik als Fähnchen im Wind, und ein Fähnchen im Wind kann nun einmal nicht für Ruhe an den Schulen sorgen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die SPD hat sich wiederholt dafür ausgesprochen, die Hälfte der frei werdenden Lehrerstellen im System zu belassen. Wir haben das nicht ohne Grund getan, sondern wir haben das in Kenntnis der Lage an den Schulen und in dem Wissen um die Notwendigkeit getan, dass Unterrichtsqualität verbessert werden muss, dass wir mehr Binnendifferenzierung, mehr Sprachförderung und vieles andere brauchen.

Mehr Lehrer werden - das geht auch aus der Sammlung Kubicki hervor - auch erforderlich, wenn wir mehr Schülerinnen und Schüler zum Abitur führen wollen. Dabei ist übrigens weniger entscheidend, ob wir mehr neue Oberstufen einrichten - was wir tun müssen -, sondern entscheidend ist der Punkt, dass wir mehr Schülerinnen und Schüler länger an der Schule behalten wollen. Natürlich brauchen wir dann mehr Lehrer, und wir wollen auch, dass die Schülerinnen und Schüler ihr Abitur machen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nachdem nun die FDP den Gang von der Regierung - Volley - in die APO fürchtet, hat ihr Landesparteitag einen Antrag beschlossen, der im Saldo den damaligen Haushaltsanträgen der SPD entspricht. Die Grünen schließen sich mit dem heutigen Antrag dieser Position an. Das ist ja nun - kann es nicht sein - kein großideologisches Spielchen, sonst würde Herr Habeck da nicht mitmachen können.

(Beifall der Abgeordneten Serpil Midyatli [SPD])

Es ist ein bisschen ein kleinparlamentarisches Oppositionsschauspiel, Herr Habeck, weil ich nicht damit rechne, dass diese Koalition bis Januar einen Nachtragshaushalt hinkriegt.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Aber in der Sache sind wir uns ja einig.

(Heike Franzen [CDU]: Das wollen doch die Grünen nicht!)

Was sagt nun die Koalition? - Da stellt sich der stellvertretende Ministerpräsident, der heute leider nicht mehr da sein kann - wie der Ministerpräsident auch nicht -, hin, sonst selten um eine fesche Formulierung verlegen, aber in diesem Fall sagt er: Die Bildungsqualität an den Schulen muss verbessert werden, und man wird weiter über das Thema reden. Ob da Zahlen vorliegen oder nicht, darüber wird geredet. Wann wird darüber geredet? Das gefällt mir eigentlich am besten. Es wird darüber geredet, wenn der Bildungsminister seinen Auftrag erfüllt hat. Zum Ende der schwarz-gelben Koalition soll er herausfinden, wie die Lage an den Schulen im Land aussieht.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, SSW und der Abgeordneten Ellen Streitbörger [DIE LINKE])

Meine Damen und Herren, damit haben Sie die Abschlusspointe gesetzt. Ich kann das nicht toppen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der LINKEN und SSW)

Das Wort für die FDP-Fraktion hat der Herr Fraktionsvorsitzende Wolfgang Kubicki.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist bedauerlich, dass bei ernsten Themen wie Europa oder Bildung die Debatten offensichtlich nur noch mit Klamauk geführt werden können. Das mag Sie belustigen.

(Beifall bei FDP, CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Dr. Stegner, man muss Sie einfach nur in der Öffentlichkeit zeigen. Sie sind ein Garant dafür, dass die SPD nie in die Verlegenheit kommen wird, in Schleswig-Holstein wieder Regierungsverantwortung zu tragen. Die Menschen haben diese Form der Darstellung schlicht und ergreifend satt.