Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vielen Dank für den Bericht. Interessant ist vor allen Dingen der letzte Satz, das Fazit des Berichts. Ich zitiere:
„Aus Sicht der Landesregierung SchleswigHolstein bedarf es daher keiner weiteren expliziten Ombudsstellen für Streitfragen im Bereich der erneuerbaren Energien, da hier
für bereits eine Reihe von vor- und außergerichtlichen Institutionen vorhanden sind und genutzt werden können.“
Das heißt zusammengefasst: „Wir ändern erst einmal gar nichts!“, wenn ich das richtig interpretiere.
Gemeint sind die Streitfragen im Bereich der erneuerbaren Energien, denen keine überregionale Bedeutung zukommt. Beispielhaft nennt der Bericht nachbarschaftliche Konflikte im Bereich der erneuerbaren Energien oder Konflikte bei der Ausstellung und Änderung von Regionalplänen, Bauleitplänen, bei denen es um die Errichtung von Anlagen zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen geht.
Das erklärte Ziel der Landesregierung ist laut eigener Aussage, mögliche Konflikte beim Ausbau der erneuerbaren Energien durch vorgezogene Bürgerbeteiligung weitgehend zu lösen. Bisher war damit allerdings immer nur eine frühzeitige Information gemeint. Das reicht ausdrücklich nicht.
Auch wird beim Lesen des Berichts schnell klar, dass die Landesregierung auf schon bestehende Verfahren, Möglichkeiten und Einrichtungen zurückgreifen will. Die einzige Begründung dafür, nämlich der finanzielle Aspekt, überrascht uns nicht wirklich. Mir wird aber einfach nicht klar, warum sie nicht begreifen, dass frühzeitiges Investieren zu mehr Zufriedenheit führt und in diesem Bereich höhere Ausgaben auch hinterher, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist, dadurch vermieden werden können.
Die einzigen wirklichen Verfahren zur Bürgerbeteiligung, die demnach vorgezogen, das heißt einigermaßen frühzeitig, eingreifen, sind die vorgezogene Bürgerbeteiligung im Zuge des Netzausbaus und die frühzeitige Bürgerbeteiligung im Rahmen des Baurechts. Alle anderen genannten Verfahren greifen aus Sicht der LINKEN eigentlich zu spät ein.
Es ist ja nun auch nicht so, als ob es als frühzeitige Beteiligungsform nur die Möglichkeit der Errichtung einer Ombudsstelle gibt. An erster Stelle muss doch die umfassende und frühzeitige Information der Menschen stehen, worauf dann die Beteiligungsformen folgen müssen, die niedrigschwellig sind, und bei denen man auch noch richtig was zu entscheiden hat.
Es ist doch das A und O, mit den Menschen zu sprechen, sich die Sorgen, Wünsche und Nöte der Betroffenen anzuhören. Das darf nicht in Politikersprache, nicht von oben herab, erfolgen und ohne
Ich erzähle Ihnen doch nichts Neues: Überall monieren die Betroffenen, dass Stellungnahmen, Vorschläge und Einwände erst am Ende der Planungen überhaupt eingebracht werden können, dann, wenn es gar nicht mehr um das Ob einer Maßnahme geht, sondern nur noch um das Wie. Das kann es aus unserer Sicht nicht sein.
Im Grunde muss die Landesregierung nicht nur prüfen, ob der Einsatz von Ombudsleuten Sinn ergibt. Wir brauchen eine Prüfung, die generell die Grenzen und Möglichkeiten der Öffentlichkeitsbeteiligung untersucht. Sie muss Möglichkeiten aufzeigen, wie Bürgerinnen und Bürger frühzeitig beteiligt werden können, wenn über das Ob sowie über Alternativplanungen noch ergebnisoffen diskutiert werden kann.
Ich kann mich einfach nicht des Eindrucks erwehren, dass die Beantragung dieses Berichts nicht die tatsächliche Prüfung der Notwendigkeit von Ombudsstellen zum Gegenstand hatte, sondern vielmehr rein taktischer Natur war. Jetzt kann man sagen: Wir haben das Thema behandelt, es ist alles gut, so wie es jetzt ist, und Sie können mit dieser Message auch nach draußen gehen. Ich weiß, dass die Menschen in diesem Land schlauer sind. Sie werden Ihnen so ein Verhalten nicht einfach durchgehen lassen.
Setzen Sie sich endlich für die Belange der Bevölkerung ein, hören Sie auf, an den falschen Ecken und Enden zu sparen, sondern seien Sie innovativ! Die Energiewende, die wir ausdrücklich wollen, ist der beste Zeitpunkt, um zu neuen aktiven Beteiligungsmöglichkeiten zu kommen - für eine Energiewende, die ökologisch, regional und sozial ist.
die Energiewende stehen, sind enorm. Wir verlassen schrittweise das Atomzeitalter und im Gegenzug steuern wir eine dezentrale Versorgung aus regenerativen Energien an. Das ist dann eine komplette Umkehr der bisherigen Energieversorgung in Deutschland. Dabei wird deutlich, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien nur mit dem Ausbau der Stromnetze funktionieren kann. Das sind die beiden Seiten einer Medaille. Wenn dies gelingen soll - und es muss gelingen, denn eine Rückkehr zur zentralistischen Energieversorgung darf es nicht geben -,
müssen wir die Bevölkerung entsprechend einbinden. Genau das muss dann auch schon im Vorfeld geschehen. Wir können es uns nicht erlauben, ein Szenario zu erleben wie beim Bau des Stuttgarter Bahnhofs. Es wäre fatal, wenn wegen jedem neuen Meter Stromtrasse gerichtliche Verfahren angestrengt würden und der Ausbau damit blockiert würde.
Ich will hier nicht falsch rüberkommen: Es geht nicht darum, das Klagerecht einzuschränken. Dies steht jedem Betroffenen zu. So soll es auch bleiben. Aber wir gehen neue Wege in der Energieversorgung und müssen entsprechend neue Wege finden, die Bevölkerung in diesen Prozess frühzeitig einzubinden. Wir müssen uns dabei aber im Klaren sein, dass beide Seiten in diesem Prozess noch lernen.
Natürlich gibt es bereits Klageregechte, die im Rahmen von Projekten genutzt werden können. Aber wir wissen auch, wie lange derartige Verfahren dauern können. An dieser Stelle möchte ich mich für den Bericht der Landesregierung bedanken, in dem auf die bestehenden Möglichkeiten von Beteiligungsverfahren, Clearingstellen oder Mediatoren hingewiesen wird. Das ist gut und richtig. Einzige Neuerung im Bericht ist die Ankündigung der vorgezogenen Bürgerbeteiligung im Zuge des Netzausbaus. Hierzu ist dem Bericht zu entnehmen, dass im Rahmen von Regionalkonferenzen die Bevölkerung in einem Dialog- und Kommunikationsprozess informiert wird und auch über alternative Trassenverläufe diskutiert wird.
Die Erfahrungen mit Stuttgart 21 haben gezeigt, dass die herkömmlichen Beteiligungsverfahren aber nicht ausreichen. Erst als die ersten Bagger anrollten, sind die Bürger aktiv geworden. Es kam dann zu den bekannten Protesten. Aus diesen Erfahrungen müssen wir lernen und unsere Lehren ziehen. Das soll heißen, die bisherigen Beteiligungsverfah
ren reichen nicht mehr aus. Die Bevölkerung fühlt sich nicht mehr rechtzeitig und umfassend informiert und beteiligt. Daher müssen neue Kommunikationswege gefunden werden, um die Bevölkerung frühzeitig und umfangreich zu informieren sowie sie entsprechend einzubinden.
Die Kreise Dithmarschen und Nordfriesland beabsichtigen, weitere Formen der Bürgerbeteiligung im Rahmen eines Modellverfahrens mit der Deutschen Umwelthilfe zu entwickeln und durchzuführen. Dort hat man also die Zeichen der Zeit erkannt, und das ist begrüßenswert.
(Beifall der Abgeordneten Anke Spooren- donk [SSW], Karsten Jasper [CDU] und Oli- ver Kumbartzky [FDP])
Dies kann ich aber leider nicht von der Landesregierung behaupten. Denn sie hat keinen weiteren Bedarf gesehen, entsprechende Möglichkeiten, über die bestehenden Möglichkeiten und Institutionen hinaus zu schaffen. Auf eine Ombudsstelle auf Landesebene wird aus Kostengründen verzichtet. Der Vorschlag, entsprechend eine Ombudsstelle auf kommunaler Ebene einzurichten, wird aufgrund des Konnexitätsprinzips abgelehnt. Ob dies letztlich zu Einsparungen führen wird, wage ich zu bezweifeln. Langwierige Verfahren und Verzögerungen kosten viel Geld. Wenn wir es schaffen können, dass aufgrund der Einrichtung von Ombudsstellen auf Klagen verzichtet werden könnte, dann haben wir schon etwas gewonnen. Deswegen sollten wir dieses Thema noch einmal auf die Tagesordnung setzen.
Wie gesagt, wir müssen neue Kommunikationswege gehen, wenn wir es ernst meinen mit der Energiewende. Dazu ist die Landesregierung bisher leider nicht bereit. Deshalb habe ich die große Sorge, dass der Netzausbau in Schleswig-Holstein nicht so schnell vorankommt, wie wir es uns alle wünschen. Wir sollten uns genau ansehen, was man in Dithmarschen und Nordfriesland macht. Vielleicht könnten wir dafür im ganzen Land die entsprechenden Lehren ziehen, und vielleicht kann man noch einmal darüber nachdenken, ob Ombudsstellen der richtige Weg der Vermittlung zwischen Betroffenen und dem politischen Ziel der Energiewende sind. Das können wir im Ausschuss genauer beraten.
Es ist beantragt worden, den Bericht der Landesregierung, Drucksache 17/1922, dem Wirtschaftsausschuss zur abschließenden Beratung zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? Das ist einstimmig so beschlossen.
Ich unterbreche die Sitzung bis 14:15 Uhr, damit ausreichend Zeit für die Mittagspause ist. Wir setzen unsere Sitzung um 14:15 Uhr fort.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir setzen die Sitzung fort. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 40 und 70 auf:
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Mit dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wird eine Erweiterung der Berichterstattung in dieser Tagung erbeten. Ich lasse deshalb zunächst über diesen Berichtsantrag abstimmen. Wer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Ablehnung? Enthaltung? - Das ist einstimmig so beschlossen. Ich erteile für die Landesregierung Herrn Innenminister Klaus Schlie das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich gebe den Bericht gern im Namen meines Kollegen Schmalfuß, der hier die Federführung hat.