Protokoll der Sitzung vom 25.01.2012

Sie können noch so viel reden, Fakt ist: Es scheitert an der CDU und ihrem kleinen Koalitionspartner. Das ist Fakt. Wir haben es vorgeschlagen. Sich hier hinzustellen und zu sagen, es sei nicht konkret, wenn man zwischen den Ländern Finanzhilfen verhandeln muss - ich kann natürlich nicht im Einzelnen sagen, was darin stehen wird -, ist eines, aber Sie könnten zumindest noch die Interessen des Landes wahrnehmen. Beantragen Sie das! Machen Sie das im Bundestag! Überzeugen Sie Ihre Bundeskanzlerin! Ich habe eher den Eindruck, die Union hat Schleswig-Holstein längst abgeschrieben. Deswegen muss sie gar keine solchen Zusagen machen. Die setzen gar nicht mehr auf ihre Möglichkeiten. Die wissen, dass sie in die Opposition müssen. Das ist der Sachverhalt.

Ich sage noch etwas: Wer nämlich das Kooperationsverbot aufhebt, wer diese Anstrengung für Bildung will, der weiß auch, dass wir für Einnahmeverbesserungen sorgen müssen. Das ist eine Voraussetzung dafür, dass es klappt. Einen Bildungs

gipfel zu machen, auf dem Herr Carstensen und seine Kollegen Luftballons steigen lassen und erzählen, was wir alles tun müssen, um auf OECDSchnitt zu kommen, an dieser Frage dann aber scheitern, ist weit hinter den Ansprüchen zurück. Streiten Sie lieber über Dodenhof. Das ist das Niveau Ihrer Auseinandersetzung.

(Christopher Vogt [FDP]: Oh!)

Wir reden über die Zukunft des Landes.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW - Zurufe der Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP] und Ulrich Schip- pels [DIE LINKE])

Für die CDU-Fraktion erteile ich der Frau Abgeordneten Heike Franzen das Wort.

(Zuruf von der SPD: Das Saarland hindert keinen!)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich würde gern aufgreifen, dass die CDU zumindest der Landesverband der CDU in Schleswig-Holstein - einen ersten Antrag bereits auf dem Bundesparteitag 2010 gestellt hat, die Frage des Kooperationsverbotes zu überdenken. Das ist also weit vor dem, was man hier im Landtag -

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Erfolglos!)

- Nicht erfolglos, Herr Dr. Stegner. Dieser Antrag ist vertagt worden, weil er innerhalb der BundesCDU diskutiert werden sollte. Das hat mit Erfolglosigkeit nichts zu tun.

Wir haben gerade von Scheinanträgen gehört. Wir haben gerade gehört, was peinlich ist. Wir haben von Schaufensteranträgen gehört. Wenn Ihnen der Zeitrahmen, der im September 2011 von der Staatssekretärin im Bildungsausschuss vorgestellt wurde, nicht in den Kram gepasst hat, wäre zu diesem Zeitpunkt Gelegenheit gewesen, einen großen Aufschrei im Land zu starten und zu sagen: „Das geht überhaupt nicht“,

(Beifall bei CDU und FDP)

anstatt jetzt einen Antrag für eine Aktuelle Stunde einzubringen in dem Wissen und in dem Bewusstsein dessen, was als Zeitplan für die entsprechende Bundesratsinitiative vorgesehen ist.

(Dr. Ralf Stegner)

Ich will auch darauf hinweisen, dass die Grünen im Juni des letzten Jahres völlig zu Recht einen weiteren Antrag zum Bildungsföderalismus hier im Landtag gestellt haben und wir versucht haben, uns einem gemeinsamen Antrag zu nähern. Das hat aus den unterschiedlichsten Gründen nicht funktioniert. Aber eine Landesregierung muss solche Anträge in ihren Entscheidungen berücksichtigen und darauf gucken, was am Ende dabei herauskommt und welche Möglichkeiten es gibt, das Kooperationsverbot aufzulösen und das Beste für dieses Land zu erreichen. Das ist das, was die CDU-Fraktion gemeinsam mit der FDP erreichen will, nämlich eine Auflösung des Kooperationsverbotes, und zwar so, dass das Land Schleswig-Holstein nicht benachteiligt wird, sondern die Möglichkeit hat, zusätzliche Mittel aus dem Bund zu requirieren, um Bildungsföderalismus in Schleswig-Holstein finanzieren zu können. Insofern ist das Verhalten der Oppositionsfraktionen mit Schaufensteranträgen und entsprechenden Peinlichkeiten nicht zu überbieten.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das Wort für die SSW-Fraktion erteile ich der Fraktionsvorsitzenden des SSW, der Frau Abgeordneten Anke Spoorendonk.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist ausgesprochen interessant, dass sich Minister de Jager jetzt hier hinstellt und sagt: So einfach ist das nicht, wir wollen ja das Beste für das Land dabei herausholen, und es gibt viele Probleme.

Mir ist nicht bekannt, dass diese Probleme im Bildungsausschuss erörtert worden sind, dass sie in den Landtagsdebatten in den letzten zwölf Monaten überhaupt eine Rolle gespielt haben. Ich werde das recherchieren. Diese Diskussion ist jetzt gekommen und muss vor dem Hintergrund der gestrigen Pressekonferenz der Landesregierung gesehen werden. Darum sage ich noch einmal: Das ist nicht redlich. Der Auftrag des Landtags war klar. Dieser Auftrag liegt 13 Monate zurück. Man hätte genügend Zeit gehabt, darauf zu reagieren.

Nächste Bemerkung! Wenn es darum geht, das Beste für das Land herauszuholen, dann hätte man vonseiten der Landesregierung von Anfang an deutlich machen müssen, welche weiteren Instrumente man ins Spiel bringen will. Diese Instrumente sind zum Beispiel anlässlich des Antrags von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mehrfach diskutiert worden,

zum Beispiel von uns. Wir sagten, wir brauchen für die Aufhebung des Kooperationsverbotes eine weitere Föderalismusreformrunde. Die Grünen haben gesagt: Wir brauchen einen Bildungsrat. Das heißt, diese Vorschläge standen im Raum und hätten weiterverfolgt werden können.

Letzte Bemerkung! Wenn in der heutigen Debatte gesagt wird: „Gucken wir einmal, wie das mit der beruflichen Bildung aussieht“, vergisst man, dass die Weiterentwicklung der beruflichen Bildung auch darunter leidet, dass wir dieses Kooperationsverbot haben. Dies ist Sinn und Zweck unseres Antrages, der jetzt erst in den Ausschuss geht. Wir brauchen eine Berufsbildungskommission von Bund und Ländern - so, wie man das jetzt mit der Wissenschaft gemacht hat.

(Vereinzelter Beifall bei SSW und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

So etwas brauchen wir. Das ist hinten heruntergefallen.

Kooperationsverbot hat mit Geld zu tun, aber auch mit einer verstärkten Zusammenarbeit im inhaltlichen Sinne von Bund und Ländern und letztlich auch mit einer Weiterentwicklung eines solidarischen Föderalismus zu tun. Das haben wir diskutiert, weil wir, wenn es um die KMK geht, sehen, dass jeder für sich herumwurschtelt. Wir meinen nicht, man könne so tun, als könnte man jetzt alles abschaffen. Das ist wirklichkeitsfremd. Es geht darum, dass Bund und Länder das gemeinsam machen, was sie tun können und was für die Bildung und die Weiterentwicklung der Bildung notwendig ist. Das ist die Zielsetzung. Dazu gehört auch eine gerechtere, eine bessere Bildungsfinanzierung. Das bleibt oberstes Ziel. Ohne kommen wir gar nicht weiter.

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Das Wort für die Landesregierung erteile ich dem Minister für Bildung und Kultur, Herrn Dr. Ekkehard Klug.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es geht bei diesem Thema im Kern nicht darum, wer wann welchen Antrag im Parlament oder auf seinem Parteitag zu diesem Thema gestellt hat,

(Heike Franzen)

(Beifall bei FDP und CDU)

sondern es ging um die Frage, wie man bei diesem in der Umsetzung nicht einfach anzugehenden Thema auch an der Konstruktion der erforderlichen Mehrheiten arbeiten kann.

Der Kollege Schippels hat überrascht seine Erkenntnis hier zu Gehör gebracht, dass man Zweidrittelmehrheiten braucht. Die sind im Bundesrat, aber auch im Bundestag nicht einfach zu organisieren. Derzeit - das hat Herr Kollege Stegner ignoriert oder es nicht gewusst - haben die Sozialdemokraten im Deutschen Bundestag, wo auch eine Zweidrittelmehrheit erforderlich wäre, diese nicht. Man muss an das Thema also schon ein bisschen mit Überlegung herangehen.

Ich möchte auch darauf verweisen, dass man gerade im vorigen Jahr, das noch nicht so weit zurückliegt, zumindest eines hatte feststellen können, nämlich dass sich auch unter den für Schulen zuständigen Ministern der Länder zunehmend ein parteiübergreifender Konsens bei diesem Thema abzeichnet. Das ist eine neue Nachricht aus dem Jahr 2011. In dieser Form haben wir so etwas vorher in Deutschland nicht gehabt, denkt man etwa an das von mir auch gestern in der Pressekonferenz und in früheren Landtagsdebatten bereits im letzten Jahr herausgestellte Begründungselement: Wir brauchen eine Überwindung des Kooperationsverbots, um beispielsweise den Bund mit seinen Möglichkeiten für die weitere Förderung der Ganztagsschulen zu gewinnen.

Ich kann Ihnen sagen, dass es eine solche Positionierung nicht nur von mir, einem FDP-Minister, gibt, sondern dass im Laufe des letzten Jahres Bernd Althusmann, CDU-Bildungsminister in Niedersachsen, entsprechende Äußerungen getätigt hat. Ebenfalls gilt das für Sylvia Löhrmann, die grüne Bildungsministerin in Nordrhein-Westfalen, und in einem „Spiegel“-Interview im Herbst vorigen Jahres hat auch Gabriele Warminski-Leitheußer, die sozialdemokratische Bildungsministerin in BadenWürttemberg, sich so geäußert. Das sind also vier Kultusministerinnen und Kultusminister, für Schulen zuständig, aus vier demokratischen Parteien. Nur der Kollege Spaenle in München, von der CSU, steht sozusagen vor der Tür. Für Bayern ist die Überwindung des Kooperationsverbots das Zusammentreffen des Wirkens von Teufel und Beelzebub im Bildungsbereich. Die wollen das auf gar keinen Fall. Aber das ist die Südposition aus Bayern, die inzwischen eindeutig Minderheitsmeinung ist. Ich finde, es ist eine gute Entwicklung und bemerkenswert, dass wir gerade beim Thema Über

windung des Kooperationsverbots im vergleichsweise zum Hochschulbereich viel schwierigeren Schulbereich zu einem entsprechenden Konsens kommen und eine so weitgehende Übereinstimmung von verantwortlichen Politikerinnen und Politikern der demokratischen Parteien in den Ländern haben.

Lassen Sie mich noch einen Punkt hinzufügen: Wir haben auch in anderer Hinsicht das Zusammenwirken der Länder im Schulbereich im Sinne der Angleichung von Anforderungen und Zielen deutlich vorangebracht.

Die Arbeit an einem gemeinsamen Aufgabenpool für schriftliche Abituraufgaben hat - das muss man zugeben - im Jahr 2010 begonnen als Aktion eines Clubs von fünf schwarzen Kultusministern, von Kultusministern aus der Union. Das war eine reine Unionsinitiative. Ich habe Anfang letzten Jahres gesagt: Schleswig-Holstein macht mit. Da haben einige große Augen gemacht, das war auf einmal nicht mehr eine Parteiaktion zur Profilierung einer Partei im Reigen der KMK. Nach der Hamburger Bürgerschaftswahl - das möchte ich an die Adresse der SPD ausdrücklich unterstreichen - hat der Kollege Ties Rabe, der jetzt Präsident der KMK ist, gesagt: Hamburg bleibt dabei und wirkt an dieser Initiative weiter mit.

Bei allem Wahlkampfgetöse, das der Kollege Stegner mit einem halben Tag Verspätung hier zelebrieren musste, finde ich es wichtig, dass wir eine Form parteiübergreifender Zusammenarbeit auch im Schulsektor bei wichtigen Zielen der Zusammenarbeit und der Entwicklung einer gemeinsamen Linie der Länder hinbekommen, wie wir sie früher so in Deutschland nicht gehabt haben. Dies sollte, obwohl Wahlkampf ist, einmal herausgestrichen werden.

(Beifall bei FDP und CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 26 auf:

Für den Erhalt der Sektion Sexualmedizin am UKSH in Kiel

Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und SSW Drucksache 17/2155 (neu)

(Minister Dr. Ekkehard Klug)

Zukunft der Sexualmedizin am UKSH

Änderungsantrag der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 17/2206

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Jürgen Weber das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt einen zentralen Grund, dass wir hier und heute unseren Antrag zum Erhalt der Sexualmedizin beschließen sollten, und der besteht darin, dass seit Monaten die Verantwortung für eine auskömmliche Finanzierung der Sektion zwischen Universität, Fakultät, Klinikum, Wissenschaftsministerium, Justizministerium und neuerdings auch dem ZIP dem Zentrum für Integrative Psychiatrie - hin und her gespielt wird. Es gibt immer noch keine Lösung. Dafür ist die Bedrohung der Sexualmedizin mittlerweile existenziell - zulasten der Studierenden, zulasten der Forschung und, wenn nichts passiert, sehr bald auch zulasten der notwendigen Prävention und Therapie von Sexualstraftätern.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Schwarze-Peter-Spiel muss endlich aufhören!

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN)