- Hören Sie mir doch bitte zu, Herr Kollege, wenn Sie diese Aufklärung nicht selbst leisten können. Ich rede gerade noch mit Ihnen. Sie brauchen nicht stehenzubleiben, aber es wäre nett, wenn Sie mir zumindest zuhören würden.
Es gab diese Debatte, und es gibt sie schon seit Langem. Es wurden immer wieder Bedenken geäußert. Deshalb wurden massiv Studien hierzu gefordert. Diese sind alle erstellt worden. Sie sind aber alle nicht zu dem von Ihnen gewünschten Ergebnis gekommen. Sie sind vor allem nicht zu dem von der Munitionsindustrie gewünschten Ergebnis gekommen, die immer noch bleihaltige Munition produziert.
Hinter vorgehaltener Hand ist mehrfach gesagt worden, dass man im Grunde genommen den Zeitpunkt verschlafen hat, rechtzeitig auf bleifreie Munition umzustellen. Deshalb werden weitere Forderungen nach weiteren Forschungen laut, die im Grunde genommen zu den gleichen Ergebnissen kommen. Deshalb ist es unlauter, wenn Sie an dieser Stelle so argumentieren.
Leider kann ich den Rest meiner Rede jetzt nicht mehr ausführen. Wir als Grüne lehnen dieses Jagdgesetz selbstverständlich ab, auch wegen der eklatanten Widersprüche in Bezug auf Artenschutzrechte. Sie haben das bei den Wildgänsen angesprochen. Ich muss aber leider zum Schluss kommen. Also, keine Zustimmung von uns zu diesem unnötigen Gesetz.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch wir LINKE wollen das Landesjagdgesetz novellieren. Dies muss aus naturschutzrechtlichen Gründen auch gemacht werden. Wir haben im Ausschuss lange darüber diskutiert. Wir hatten schriftliche und mündliche Stellungnahmen dazu. Wir hatten Anhörungen dazu. Mein Eindruck ist, dass dieser Gesetzentwurf von den Naturschutzverbänden und auch von fortschrittlichen Jägern kritisiert worden ist. Bei einigen dieser Kritikpunkte haben Sie Abhilfe geschaffen. Die Mehrzahl Kritikpunkte haben Sie aber unter den Tisch fallen lassen.
Für uns als LINKE ist der Einsatz von Bleimunition ein großer Kritikpunkt, sodass wir dem Gesetzentwurf nicht zustimmen werden.
Herr Kollege Hamerich, Sie haben sowohl in einer Pressemitteilung als auch in Ihrem heutigen Wortbeitrag bekräftigt, dass Sie dem Nichteinsatz von Bleimunition eine Absage erteilen. Dies begründen Sie mit dem Naturschutz. Sie sagen, das schnelle und zuverlässige Töten von Tieren müsse gewährleistet sein. Außerdem haben Sie gesagt, das es keine gesicherten Erkenntnisse darüber gebe, ob alternative Munition Gifte im Fleisch der Tiere anrei
chere. Wenn ich es in der Anhörung des Umweltausschusses richtig mitbekommen habe, dann verzichten alternative Jägerschaften schon jetzt auf Bleimunition. Diese haben außerdem bekräftigt, dass der Naturschutz nicht verletzt werde, wenn kein Blei eingesetzt werde. Dem haben Sie nicht Rechnung getragen.
Sie haben auch gesagt, dass es hierzu keine Erkenntnisse gebe. Auf Bundesebene gibt es aber Untersuchungen, die durchgeführt werden sollen. Warum haben Sie aber nicht die Ergebnisse dieser Untersuchungen abgewartet? Dann hätten Sie auch die Argumente der alternativen Jägerschaft berücksichtigen können. Dann hätten Sie auch das machen können, was die Lübecker Jäger zum Beispiel machen, nämlich auf Bleimunition zu verzichten.
Wir sind der Meinung, dass man darauf verzichten könnte. Meine Vorredner haben die anderen Kritikpunkte bereits angeführt. Frau Kollegin Fritzen hat außerdem darauf hingewiesen, dass Bleimunition gefährlich ist, weil sie als Rückstand im Fleisch vorhanden sein kann. Das ist letztlich auch für die Verbraucherinnen und Verbraucher schädlich. Das hat die Anhörung meiner Meinung nach gezeigt.
Wir werden diesen Gesetzentwurf ablehnen. Wenn Sie sagen, dass Sie es ändern werden, wenn Erkenntnisse darüber vorliegen, dass dies schädlich ist, dann sage ich, dass das zu kurz gegriffen ist. Ich denke, Sie werden rechtzeitig im Mai sehen, dass Sie dieses Gesetz verändern müssen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Landesjagdgesetz existiert in der gültigen Fassung bereits seit 1999. In ihrer Begründung zur Gesetzesänderung machen CDU und FDP deutlich, dass sich das Jagdgesetz in seinen Grundzügen seither bewährt habe. Doch aufgrund geänderter Bundes- und EU-Vorgaben ist eine Anpassung und Ergänzung des Landesjagdgesetzes notwendig geworden. Diesen Anforderungen kommt die Koalition mit dem vorgelegten Gesetzentwurf nun nach. Mit den weiteren Änderungen soll das Gesetz der Praxis angepasst werden.
Bereits seit Jahren ist die Verbissschädenproblematik in unseren Forsten - hauptsächlich verursacht durch Rehwild - bekannt. Die neuere und flexiblere Handhabung bei der Überschreitung der Abschusspläne ist daher durchaus ein Schritt in die richtige Richtung, um dieses Problem zu verringern. Ohne behördliches Verfahren wird künftig eine dreißigprozentige Überschreitung der Abschusspläne der Schalenwildbestände ermöglicht.
Auch mit den Dreijahresplänen erreicht man eine flexiblere und unbürokratischere Handhabung der Abschlusspläne. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass dies ein Schritt in die richtige Richtung ist, um das Problem der Verbissschäden in den Griff zu bekommen. Dies setzt aber regelmäßige Kontrollen voraus, um gegebenenfalls andere Vorgehensweisen in Betracht zu ziehen, die es durchaus gibt.
Der Bundesgesetzgeber ermöglicht den Ländern abweichend vom Bundesjagdgesetz -, die Jagdzeiten flexibel zu regeln. Damit können Jagdzeiten aufgehoben oder verkürzt werden, sie können aber auch verlängert werden.
In diesem Zusammenhang werden in den Erläuterungen zum Gesetzentwurf explizit Rehe und Wildgänse genannt. Wir haben aber in Schleswig-Holstein schon ausgedehnte Jagdzeiten. Da stellt sich die Frage, ob durch eine Verlängerung das Ziel, nämlich Wildschäden vorzubeugen, wirklich erreicht wird. In der Anhörung haben Experten dieses Ziel entkräftet. Durch eine Verlängerung der Jagdzeiten wird genau das Gegenteil erreicht. Hierbei ist insbesondere eine Verlängerung der Jagdzeiten für Wildgänse zu nennen. Die Tiere werden von einer Futterfläche zur nächsten verscheucht. Damit steigen der Energieverbrauch und der Nahrungsbedarf. Deshalb ist davon auszugehen, dass die Fraßschäden zunehmen werden. Die Jagdzeitverlängerung ist somit kontraproduktiv.
Kritisch sehen wir als SSW auch das Ausnehmen von Gelegen bei Federwild. Nach dem Motto „vom Jäger zum Eierdieb“ können künftig Gänsegelege zerstört werden, um den Bestand zu regulieren. Auch wenn dies nur nach strengen Vorgaben und unter Beachtung der EU-Vogelschutzrichtlinie erlaubt werden soll, wirken sich derartige Eingriffe negativ auf andere Populationen aus, denn auf der Suche nach Gänsegelegen während der Brutzeit werden auch andere Vogelarten massiv in diesen Lebensräumen gestört. Dies kann durchaus zur Folge haben, dass die Gelege aufgegeben werden. Es ist daher sehr fraglich, inwieweit eine derartige Regelung und ihre Umsetzung mit den EU-Vogelschutzrichtlinie überhaupt vereinbar ist.
Die Stellungnahmen aus der Anhörung hierzu machen deutlich, dass dies gerade von den Umweltund Tierschutzverbänden äußerst kritisch gesehen wird.
Der letzte Knackpunkt, den ich hier noch erwähnen möchte, betrifft die Verwendung von bleihaltiger Munition. Die toxische Wirkung von Blei ist hinlänglich bekannt, und die Verwendung von bleihaltiger Munition wird daher schon seit Jahren bundesweit diskutiert. Ich will das deshalb hier nicht weiter vertiefen; das ist hier schon ausführlich diskutiert worden. Aber wir wissen, dass es durchaus bereits Alternativen zu dieser Munition gibt, und es wird zukünftig auch noch ganz neue Munition auf den Markt kommen. Aus diesem Grund ist es durchweg möglich, auf bleihaltige Munition zu verzichten.
Leider haben CDU und FDP dies in ihrem Gesetzentwurf nicht berücksichtigt. Damit, denke ich, haben sie Ihre Chance vertan, ein modernes Landesjagdgesetz auf den Weg zu bringen.
Ich sehe gerade keinen Dreiminutenbeitrag. Dann kommen wir jetzt zur Landesregierung. Ich erteile für die Landesregierung Frau Ministerin Dr. Juliane Rumpf das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben in dieser Legislaturperiode eine Reihe von Gesetzen aktualisiert, das Landesnaturschutzgesetz, das Landeswaldgesetz, das Landesfischereigesetz, das Landeswassergesetz, das LandesUVP-Gesetz. Ich freue mich, dass es jetzt auch möglich ist, das Landesjagdgesetz den aktuellen Erfordernissen anzupassen.
Die fachliche und politische Grundausrichtung unseres aus dem Jahr 1999 stammenden Landesjagdgesetzes ist nach wie vor gut. Es enthält viele faire Kompromisse zwischen den oft widerstreitenden Bereichen Jagd, Naturschutz und Tierschutz. Insofern erstaunt mich die hier von einigen geäußerte Kritik.
Im Jahr 2007 ist das Jagdgesetz mit dem Ziel der Entbürokratisierung und Delegation überarbeitet worden. Wir haben die ministeriellen Arbeiten dabei reduziert und einige Aufgaben in die Verantwortung der Jägerschaft gegeben. Dieser Weg hat sich seither auch bewährt.
Die heute zur Verabschiedung anstehende Novellierung verstehe ich in erster Linie als Feinschliff für ein Gesetz, das bewusst den Weg einschlägt, auch Vorschläge der Betroffenen, nämlich der Jägerinnen und Jäger, einfließen zu lassen. Die Gesetze müssen gelebt werden. Das heißt, die Adressaten müssen sie verstehen und mit Überzeugung anwenden. Diese Adressaten sind in erster Linie die rund 18.000 Jägerinnen und Jäger in unserem Land, die überwiegend in dörflichen Feldrevieren jagen.
Mir ist es wichtig, daß dieses Gesetz einen breiten Konsens findet. Schließlich verlangen wir von der Jägerschaft ja auch einiges. Wer Wildschäden durch Schalenwild im Wald beklagt, der muss auch die Schäden auf Feldern und Grünland durch Schwarzwild und durch Wildgänse sehen und sich Gedanken über die Abwehr dieser Schäden machen. Der muss auch sehen, dass Naturschutzziele in Seevogelschutzgebieten durch Raubsäuger zunichte gemacht werden können und deshalb auch jagdliche Eingriffe erforderlich machen können.
Der vorliegende Gesetzentwurf setzt nach meiner Auffassung den ausgewogenen jagdpolitischen Kurs fort, um den uns andere Bundesländer wirklich beneiden. Dazu gehört auch die Tatsache, dass wir nach wie vor zu den bewährten Grundsätzen des Jagdwesens stehen, die im Bundesjagdgesetz geregelt sind. Damit leisten wir einen Beitrag dazu, das Jagdrecht in Deutschland nicht unnötig zu zersplittern.
Gestatten Sie einige Worte auch von mir zur bleifreien Büchsenmunition. Sowohl als Verbraucherschutz- als auch als Naturschutzministerin halte ich es für erforderlich, erst einmal alle Fakten zu sammeln, sorgfältig zu analysieren und erst dann zu entscheiden.
Wir haben am Rande der Günen Woche auch Gespräche mit Herrn Professor Hensel von der BfR geführt, der mich in dieser Ansicht unterstützt. Ich habe in der Agrarministerkonferenz einen Beitrag dazu geleistet und habe die Bundesregierung zusammen mit Mecklenburg-Vorpommern aufgefordert, die Untersuchungen zur Tierschutzgerechtigkeit der Alternativmunition und zur Toxizität der Alternativmaterialien weiter voranzutreiben. Unse
re Landesforsten beteiligen sich übrigens an entsprechenden Forschungsvorhaben. Wenn alle Ergebnisse zu diesen Fragestellungen vorliegen, können gegebenenfalls gesetzliche Regelungen getroffen werden. Meines Erachtens müssen dies bundeseinheitliche Regelungen sein.
Ich bedanke mich für die konstruktiven Beratungen und wünsche diesem Landesjagdgesetz eine lange Umtriebszeit, um es mal mit den Worten der Förster auszudrücken.
Ich lasse jetzt über den Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU und FDP in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die
Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP. Die Gegenprobe! - Das sind die Stimmen der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und SSW. Gibt es Stimmenthaltungen? Ich stelle fest, dass damit der Gesetzentwurf Drucksache 17/1710 mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP gegen die Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und SSW in der Fassung der Drucksache 17/2161 angenommen ist.