Protokoll der Sitzung vom 26.01.2012

Jahr 2000 von 0,97 % auf 0,72 % verringert. Da sieht man, dass zu den 0,3 % aus dem Landeshaushalt noch einmal 0,42 % aus dem FAG hinzukommen. Vor vier oder fünf Jahren waren es immer noch 0,67 % zusätzlich.

Die Kürzungen im Haushalt zum Abbau des strukturellen Defizits, die Sie beschlossen haben, treffen die Kultur besonders schmerzhaft, weil die Kultur zu weit über 90 % von freiwilligen Leistungen lebt. Die Landesregierung hat aber angekündigt, die Kulturförderung von 16,5 Millionen € auf 12,5 Millionen € zu kürzen. Wir fragen uns allen Ernstes: Wieso kürzen und kürzen Sie und sagen dabei, Sie seien guter Hoffnung, dass es mit der Kultur aufwärtsgehen wird. Entweder ist das gelogen, oder Sie müssen uns erklären, wie das funktionieren soll.

Der Landeskulturverband sagt: Im Grunde genommen geht es überhaupt nicht um das Landestheater, sondern es geht um den Streit zwischen dem Land und den Kommunen sowie um den Streit zwischen den Kommunen untereinander. Frau Herold, ich finde es überhaupt nicht günstig, wenn Sie diesen Streit zwischen den Kommunen dadurch anheizen, dass Sie die sicherlich gut gemeinten Äußerungen des Flensburger Oberbürgermeisters, die der Herr Minister heute auch eingefordert und fast wörtlich wiederholt hat, diesem vorwerfen. Natürlich will in der Stadt Flensburg jeder das Landestheater erhalten. Gleiches gilt für Rendsburg, Schleswig und alle anderen Partnergemeinden und Gesellschafter. Das Landestheater soll erhalten werden. Das Problem bei dem Streit um FAG-Mittel ist: In dem Streit zwischen Kommunen und Land wird dieses Landestheater zermahlen. Das Landestheater ist die einzige Einrichtung, die überhaupt keine Chance hat, sich zur Wehr zu setzen.

Ich weise noch einmal auf die 120 Millionen € pro Jahr für die schleswig-holsteinischen Kommunen hin. Die Kommunalverbände fordern seit Jahren: Wir brauchen dieses Geld zurück. Jede Kommune sagt: Wir brauchen dieses Geld zurück. Darin ist nicht nur genug Geld enthalten, um das Landestheater dauerhaft auf gesunde Beine zu stellen, sondern auch, um einen vernünftigen Theaterneubau für die Stadt Schleswig zu bekommen. Herr Minister, Sie sollten sich innerhalb Ihres Kabinetts dafür einsetzen. Dann könnte man sagen: Sie sind nicht nur ein Minister, sondern Sie sind auch ein Minister für Kultur.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Für die Fraktion des SSW erteile ich der Frau Fraktionsvorsitzenden Anke Spoorendonk das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unser Berichtsantrag war erst einmal der Tatsache geschuldet, dass der Kulturminister dieses Landes Anfang des Jahres zum einen den Plänen eine Abfuhr erteilte, in Schleswig mit Hilfe des Landes ein neues Theater zu bauen, zum anderen aber das Schwarzer-Peter-Spiel fortsetzt, das er seit gut einem Jahr spielt: Er sagt, das Land sei nicht zuständig für die überwiegend kommunal ausgerichtete Theaterstruktur Schleswig-Holsteins. Formaljuristisch mag das sogar stimmen, aber kulturpolitisch betrachtet ist diese Einstellung nicht mehr und nicht weniger als ein Armutszeugnis.

Damit meine ich nicht, dass das Land zu allen Wünschen aus Schleswig Ja und Amen sagen sollte. Ich erkenne aber nicht einmal ansatzweise den Willen des Ministers, konzeptionell zu denken oder zu sehen, ob ihm der Hut eines verantwortlichen Kulturministers überhaupt noch passt.

(Beifall bei SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und vereinzelt bei der SPD)

Mittlerweile habe ich den Eindruck, dass Aussitzen besser ankommt, als sich zu bewegen. Ich habe den Eindruck: Der, der sich bewegt, fällt gleich um und ist tot. Auch die heutige Reaktion der Kollegin Herold im „Flensburger Tageblatt“ auf den Berichtsantrag des SSW lässt grüßen. Dort wird behauptet, dass wir davon ablenken wollen, dass der Oberbürgermeister der Stadt Flensburg eine Strukturdiskussion anstoßen will, ohne bisher etwas geliefert zu haben. Das ist natürlich Quatsch, dass dies unser Anliegen ist. Das weiß die Kollegin Herold auch, weil wir beide uns des Öfteren über die schwierige Theatersituation in Schleswig-Holstein ausgetauscht haben.

Ich erinnere daran, dass der SSW gemeinsam mit SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vor einem Jahr einen Antrag zur Sicherung des Landestheaters eingebracht hatte. Wir wollten die Dynamisierung des Vorwegabzugs im FAG für drei Jahre wieder einführen, damit das Land zusammen mit den Gesellschaftern des Landestheaters ein tragfähiges Theaterkonzept erarbeitet könnte. Wir wollten, dass die Theater in Kiel und Lübeck mit einbezogen werden. Das ist natürlich kein einfaches Unterfangen, aber genau aus dem Grund war es uns

(Heinz-Werner Jezewski)

wichtig, daran festzuhalten, dass die Landesregierung in der Pflicht ist, diesen Prozess zu moderieren.

(Beifall bei SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und vereinzelt bei der SPD)

Daraus wurde bekanntlich nichts. Es wurde stattdessen eine Theaterstrukturkommission eingerichtet, die laut Bericht im Bildungs- und Kulturausschuss bisher nichts bewegt hat. Vor diesem Hintergrund ist es natürlich erfreulich und positiv zu sehen, dass das Landestheater mit seinem neuen Intendanten von sich aus alles daransetzt, die wirtschaftliche Lage des Theaters zu verbessern. Dies geschieht mit sehr gutem Erfolg.

Wer redlich ist, der wird aber einräumen müssen, dass weitergedacht werden muss. Der mehrfach verschobene Bericht zur Soziokultur stellt vor diesem Hintergrund einen weiteren Kristallisationspunkt der kommunalen Kulturarbeit dar und macht deutlich, warum es wichtig ist, weiterzudenken. Fraglich ist nur, welche Schlussfolgerungen die Landesregierung aus diesen Punkten, die auch aus dem Bericht hervorgehen, gezogen hat. Im Moment sehe ich keine. Es ist doch im Gegenteil so, dass die soziokulturellen Zentren dermaßen am Hungertuch nagen, dass sie massive Probleme haben, die Eigenmittel aufzubringen, die ihnen die Zuweisung von Bundesmitteln erlauben würden.

Liebe Kollegin Funke, nach meinem Wissen gibt es keine institutionelle Förderung der soziokulturellen Zentren. Wir wollen die einzelnen Bereiche der Kulturarbeit nicht gegeneinander ausspielen. Das wäre dumm und würde letztlich der Kultur in unserem Lande insgesamt schaden,

(Beifall bei SSW, der LINKEN und verein- zelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

zumal noch einmal daran erinnert werden sollte, dass nur knapp 0,7 % des Landeshaushalts für den Kulturbereich zur Verfügung steht und dass Schleswig-Holstein auch im Bundesvergleich ganz schlecht dasteht. Anders herum ist uns allen aber auch bewusst, dass der finanzielle Spielraum sehr gering ist. Kulturkonzepte nach dem Motto ,,Wünsch dir was“ werden daher nicht als glaubwürdig akzeptiert werden.

Für den SSW fordere ich daher ein, dass die aktuelle Situation des Landestheaters mit dem maroden Theater in Schleswig als Chance gesehen wird, kulturpolitisch und kulturstrategisch über den Tellerrand von Hier und Jetzt zu denken. Die zentralen Fragen lauten für uns: Welche Art von Gebäude

würde der Stadt Schleswig als Kulturstadt am meisten helfen? Welches Theaterangebot brauchen wir in Schleswig-Holstein? Und wie wird es uns gelingen, neue Gruppen der Bevölkerung an Kulturerfahrungen heranzuführen?

Wir wissen, dass es keine Patentrezepte gibt. Die Zeit der Denkverbote sollte aber nun wirklich vorbei sein. Als gebürtige Schleswigerin sage ich aber auch: Ich bin davon überzeugt, dass für die Stadt Schleswig eine Art Mehrzweckhalle viel wichtiger wäre als ein traditionelles Theatergebäude. Ich könnte mir vorstellen, dass unsere Theaterstätten Flensburg, Schleswig und Rendsburg Profile bilden. Das ist natürlich etwas völlig anderes, als Sparten zu schließen. Und ich könnte mir vorstellen - das ist ganz wichtig -, dass Kulturbarrieren zwischen Soziokultur und Theater - wie auch immer das heißen soll - abgebaut werden

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

unter dem Schlagwort: Kulturbildung ist Lebensmittel für alle in diesem Land. Das alles schreit aber förmlich nach einem anderen Kulturminister.

(Beifall bei SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und vereinzelt bei der SPD)

Der SSW will einen Kulturminister, der sich aktiv in die wichtigen Zukunftsfragen der Kulturpolitik des Landes einmischt. Wir wollen einen Kulturminister, der sich beim Landestheater mit Ideen und Vorschlägen für ein zukünftiges Theater einbringt und nicht passiv zuschaut, wie der Karren an die Wand gefahren wird. So einen Kulturminister werden wir vor der Wahl wohl nicht mehr bekommen.

(Beifall bei SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Meine Damen und Herren, begrüßen Sie bitte mit mir auf der Tribüne Besucher des Regionalen Bildungszentrums Steinburg/Itzehoe und Vertreter der Grünen Jugend aus Eckernförde. - Herzlich willkommen im Haus!

(Beifall)

Für die CDU erteile ich jetzt Herrn Abgeordneten Wilfried Wengler das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zwei Bemerkungen vorweg: Anke, es gibt eine institu

(Anke Spoorendonk)

tionelle Förderung. Die Höhe kannst du nachlesen.

(Anke Spoorendonk [SSW]: Eine halbe Stel- le, oder so!)

Wenn man alles für die soziokulturellen Zentren zusammennimmt, liegt sie bei 96.000 €. Die ist auch in diesem Jahr glücklicherweise erhalten geblieben.

Zweitens möchte ich voraus schicken: Ich beabsichtige nicht, eine Wahlrede zu halten.

(Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie kandidieren doch gar nicht!)

- Eben, deswegen.

Meine Damen und Herren, wir beschäftigen uns heute mit zwei kulturellen Themen, die vor dem Hintergrund finanzieller und konzeptioneller Probleme durchaus miteinander in Verbindung zu bringen sind. Allerdings ist zu bedauern, dass durch die gemeinsame Behandlung eine ausführliche Debatte kaum möglich erscheint. Ich hoffe daher, dass es uns gelingt, im Bildungsausschuss den einzelnen Bereichen die gebührende Aufmerksamkeit zu schenken.

Kommen wir zunächst zur Situation des Landestheaters! Ich danke dem Minister für seinen ungeschminkten Bericht. Gegenüber den Diskussionen in den vergangenen Jahren hat sich zumindest in kurzfristiger Hinsicht die Lage des Theaters verbessert. Dies ist vor allem den erfolgreichen eigenen Initiativen des Theaters und seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu verdanken, die wir vorbehaltlos anerkennen.

(Beifall bei CDU, SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Allerdings bleiben weiterhin strukturelle Probleme, die eine dauerhafte Stabilität in einige Ferne rücken. Hier kommen nicht nur Landesebene und kommunale Ebene wieder in das Blickfeld, sondern auch die staatlichen Theater in Kiel und Lübeck. Ich bedauere es sehr, dass die vom Landtag angeregte und von Anke Spoorendonk schon erwähnte Strukturdiskussion unter Moderation des Ministeriums bisher keinen messbaren Erfolg erzielen konnte. Nach wie vor bin ich der Überzeugung, dass diese Gespräche fortgeführt werden müssen - vielleicht auch flankiert von einer Bedarfsanalyse -, um eine stabile Struktur der Theaterlandschaft in Schleswig-Holstein für die Zukunft zu erreichen.

Kommen wir nun zum zweiten Themenbereich: Soziokultur und freie Theater. Das ist ein Bereich,

der für viele, insbesondere auch für Kinder und Jugendliche, einen ersten Einstieg in die kulturelle Vielfalt unseres Landes bedeutet. Auch dieser Bereich der Kultur wird unter anderem von großem ehrenamtlichen Engagement getragen, für das ich mich an dieser Stelle ausdrücklich bedanken möchte.

(Beifall bei CDU, FDP und vereinzelt bei der SPD)

Die Soziokultur und die freien Theater sind auf eine enge Verknüpfung des Alltagslebens der Menschen mit Kunst und Kultur ausgerichtet und bieten mehr als eine rein elitäre Kulturförderung, wie es in einer Verlautbarung der Bundesvereinigung der soziokulturellen Zentren heißt. Vielfach haben sich soziokulturelle Zentren und freie Theater in sozial schwachen Stadtteilen oder Stadtteilen mit großem Migrantenanteil angesiedelt und leisten damit einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zur Integration dieser Bürgerinnen und Bürger.

Der vorliegende Bericht, der die Antworten auf Kleine Anfragen der Linken noch einmal zusammenfasst, gibt uns einen knappen Einblick in die Szene. Am meisten beeindruckt hat mich die Resonanz der Bevölkerung. Die freien Theater verzeichneten 2010 mehr als 110.000 Besucher. Im Vergleich verzeichnete das Landestheater knapp 150.000 Besucher. Im Gegensatz dazu steht die staatliche Förderung. Landestheater: 13,27 Millionen € aus dem kommunalen Finanzausgleich; freie Theater: circa 240.000 € aus Landesmitteln zuzüglich kommunaler Mittel in mir unbekannter Höhe. Für mich sind diese Relationen Anlass, über die Aktualität unserer Schwerpunktsetzung nachzudenken.

(Vereinzelter Beifall bei CDU und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN sowie Beifall des Ab- geordneten Jürgen Weber [SPD])

Die Besucherzahl der soziokulturellen Zentren liegt bei circa 800.000, Herr Jezewski hat es vorhin schon erwähnt, die Förderung des Landes bei 96.000 € in diesem Jahr. Die kommunale Förderung betrug 2010 circa 1,7 Millionen €. Betrachtet man das Angebot im soziokulturellen Bereich am Beispiel der Kulturwerkstatt „Kühlhaus“ in Flensburg, so reicht es in der Musik von der Nachwuchsförderung bis zu Leuchtturmprojekten. In der Literatur gibt es Werkstatt und Lesungen, es gibt Filmkooperationen, Theater, Tanz und Performance, Künstleratelier und anderes mehr. Ein besonderer Fokus wird auf Jugendliche, Kinder und Familien gerichtet.

(Wilfried Wengler)

Die soziokulturellen Zentren erfüllen also - wie kaum andere Institutionen - die Aufgabe, einen Ersteinstieg in das kulturelle Angebot in unserem Land zu bieten - sowohl für Erwachsene als auch besonders für Jugendliche.