Protokoll der Sitzung vom 26.01.2012

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Bericht der Landesregierung, Drucksache 17/2136, dem Finanzausschuss zur abschließenden Beratung zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 23 und 33 auf.

Gemeinsame Beratung

a) Norddeutsche Hafenkooperation entwickeln Keine Zustimmung zur Elbvertiefung

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/2140

Fahrrinnenanpassung der Elbe ökologisch verantwortlich umsetzen

Änderungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/2205

Fahrrinnenanpassung der Elbe jetzt durchführen

Änderungsantrag der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 17/2215

b) Elbvertiefung

Antrag der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 17/2171

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Mit dem Antrag zu b) Elbvertiefung wird ein Bericht in dieser Tagung erbeten. Ich lasse zunächst darüber abstimmen, ob der Bericht in dieser Tagung gegeben werden soll. Wer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich erteile für die Landesregierung dem Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr, Herrn Jost de Jager, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich vorweg sagen: Der Hamburger Hafen ist auch unser Hafen. Er ist der größte Arbeitgeber für Schleswig-Holstein. Wie sich der Hamburger Hafen entwickelt, ist für unsere Wirtschaft in Schleswig-Holstein von höchster strategischer Bedeutung. Die Wettbewerbsposition des Hamburger Hafens zu erhalten, ist deshalb ein zentrales Anliegen der schleswig-holsteinischen Landesregierung.

(Vereinzelter Beifall bei CDU und FDP)

Wenn ich sage, dass der Hamburger Hafen unser Hafen ist, dann sage ich das auch hinsichtlich seiner bundesweiten Bedeutung. Der Hamburger Hafen ist der größte und wichtigste Hafen für Deutschland. Er ist das Exportfenster der deutschen Wirtschaft. Deshalb geht es darum, die Wettbewerbsfähigkeit dieses Hafens zu erhalten, um auch den Standort Deutschland insgesamt zu sichern.

Wettbewerbsfähig ist der Hafen allerdings nur, wenn er für die großen Schiffe internationaler Reedereien weiterhin erreichbar bleibt. Insofern stehen wir einer weiteren Anpassung der Fahrrinne von Unter- und Außenelbe nicht nur aufgeschlossen gegenüber, sondern wir unterstützen sie.

(Beifall bei CDU und FDP)

Nun zum Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, mit dem sie die Elbvertiefung ablehnen und stattdessen eine gemeinsame Hafenstrategie der norddeutschen Länder und eine übergreifende Kooperation der norddeutschen Häfen fordern. Eine

(Lars Harms)

breitere Kooperation sehe ich positiv. Die Landesregierung begrüßt und unterstützt zum Beispiel die Hafenkooperation Unterelbe oder die Hafenkooperation Offshorehäfen Schleswig-Holstein. Wir begrüßen und unterstützen es, wenn die norddeutschen Häfen übergreifende Interessen in Berlin und Brüssel gemeinsam wahrnehmen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Aber die Häfen sind Wirtschaftsunternehmen, die miteinander konkurrieren. Das hält sie übrigens stark und auch effizient beziehungsweise effektiv. Die Devise muss deshalb lauten: So viel Kooperation wie möglich, aber so viel Wettbewerb wie nötig.

(Beifall bei CDU und FDP)

Die Hafenunternehmen wollen und können wir auch nicht zentral steuern. Ebenso wenig wollen und können wir Reedereien vorschreiben, welche Häfen sie anlaufen und welche nicht. Darauf liefe ja die Vorstellung hinaus - das ist der Vorschlag der Grünen -, Wilhelmshaven solle sämtliche tiefgehenden Containerschiffe von Hamburg übernehmen. Einen solchen Dirigismus werden internationale Reedereien nicht akzeptieren, sondern sie würden sich dann womöglich ganz von deutschen Häfen verabschieden. Dann hätten Sie übrigens auch für Ihr grünes BIP in dieser wichtigen Frage kein Wachstum mehr. Auch aus dem Grunde sollten Sie sich von den eigenen Vorstellungen in dieser Frage verabschieden.

(Beifall bei CDU und FDP)

Für den Hamburger Hafen gilt, die lange Revierfahrt auf der Elbe ist seine Stärke und seine Schwäche zugleich. Für den neuen Tiefwasserhafen Wilhelmshaven gilt, er bietet uneingeschränkten Zugang für die größten Schiffe, aber der Landweg für die Ladung ist unter Umständen länger. Jeder Reeder entscheidet für jedes Schiff, was jeweils wirtschaftlich ist. So ist das in einer Marktwirtschaft, und das ist auch gut so.

(Vereinzelter Beifall bei CDU und FDP)

Der Erhalt des Universalhafens Hamburg - und ich unterstreichen den Begriff „Universalhafen Hamburg“, weil ich es nicht für richtig halten würde, am Ende so einen Universalhafen durch einen Flickenteppich von Spezialhäfen zu ersetzen - ist für unsere Wirtschaft von höchster Bedeutung. Deshalb steht Schleswig-Holstein zur Elbvertiefung.

Aus Gründen der Sturmflut- und Deichsicherheit, aus Gründen des Umwelt- und Naturschutzes, aus Rücksicht auf die Nebenflüsse, die Sperrwerke, die

Sportboothäfen begleiten wir allerdings die Planungen und Verfahren aufmerksam und kritisch. Das ist übrigens so, seit im Jahr 2002 - das muss man auch einmal anmerken, auch das ist Deutschland -, vor zehn Jahren, der Antrag zur Elbvertiefung gestellt worden ist. Bereits in der gemeinsamen Kabinettssitzung 2003 wurde damals einvernehmlich klargestellt, dass ein weiterer Fahrrinnenausbau nur infrage kommt, wenn die Deichsicherheit in keiner Weise durch das Vorhaben eingeschränkt wird und die Belange des Natur- und Umweltschutzes sorgfältig berücksichtigt werden.

Es ist übrigens seitdem dem Einsatz schleswig-holsteinischer Landesdienststellen zu verdanken, dass die Planfeststellungsunterlagen inzwischen mit hinreichender Zuverlässigkeit erkennen lassen, wie sich die neue Fahrrinnenanpassung auswirken wird und was zum Ausgleich für die Eingriffe in die Natur und in die Landschaft getan werden kann und muss. Danach werden sich die Sturmflutwasserstände um maximal 2 cm erhöhen. Das ist im Hinblick auf die Deichsicherheit eine zu vernachlässigende Größe. Die größeren Schiffe werden allerdings größere Wellen verursachen, was die ungesicherten Ufer, die Deckwerke an den Deichen sowie die Verschlussorgane - so heißt das - vor allem in den mit Stemmtoren versehenen Sielen zusätzlich belasten wird. Dementsprechend sind die Lasten der Uferunterhaltung von Brunsbüttel bis Hamburg zwischen Bund und Land neu verteilt worden. Der Bund unterhält nun alle Abschnitte, die dem Angriff der Schiffswellen ungeschützt ausgesetzt sind, vollständig und allein. Das Land ist nur noch für die Abschnitte verantwortlich, die geschützt hinter den Elbinseln liegen. Die Deichsicherheit ist damit aus unserer Sicht uneingeschränkt gewährleistet.

In weiteren Vereinbarungen hat sich der Bund verpflichtet, sich an den Kosten für Siele und Sperrwerke zu beteiligen. Die Freie und Hansestadt Hamburg hat darüber hinaus einen Fonds geschaffen, mit dem die Unterhaltung von Sportboothäfen an der Elbe und an den Elbnebenflüssen unterstützt wird.

Insofern sind die Arbeiten, die von uns erwartet werden konnten - Sicherstellen, dass eine Elbvertiefung nicht zulasten anderer Interessen, Naturschutzinteressen, Anwohnerinteressen, Gewerbeinteressen, entlang der Elbe gehen -, abgearbeitet worden. Wir haben jetzt den Entwurf der Planfeststellungsbeschlüsse vorliegen. Die Landesregierung wird darüber voraussichtlich im März entscheiden. Sie haben im Verlauf meiner Rede feststellen können,

(Minister Jost de Jager)

dass es auf eine positive Entscheidung hinauslaufen wird.

(Beifall bei CDU und FDP)

Der Minister hat seine Redezeit um 1 Minute und 50 Sekunden überschritten. Diese Zeit steht den Fraktionen ebenfalls jeweils zusätzlich zur Verfügung.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Abgeordnete Marlies Fritzen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister, immer höher, immer weiter oder - wie in diesem Fall - immer tiefer

(Zuruf)

- das ist eben die Frage -, das ist die fatale Spirale scheinbar grenzenlosen Wachstums, der heiligen Kuh, die CDU und FDP immer noch anbeten. Aber der Konkurrenzkampf - das sehe ich anders als Sie, Herr Minister - der Küstenhäfen bringt weder Effizienz, noch bringt er eine ökonomische Perspektive für die Zukunft. Er verlagert die gewaltigen Kosten eher auf kommende Generationen.

„Elbvertiefung, die neunte“, heißt das aktuelle Stück. Und wenn man ehrlich wäre, müsste das Drehbuch für die zehnte Folge bereits geschrieben werden. Schiffe mit bis zu 14,90 m Tiefgang können die Elbe bereits heute schon - wenn auch tideabhängig - befahren. Aber für die nächste Generation moderner Containerschiffe reicht die geplante Vertiefung bei Weitem nicht aus. Sie haben davon gesprochen, dass 2003 schon einmal über die jetzt geplante Vertiefung geredet wurde. 1999 war die vorletzte abgeschlossen worden, und bereits drei Jahre später war von einer weiteren Notwendigkeit die Rede.

Immer größer, immer schwerer, immer breiter und immer tiefer werden auch die Schiffe, und sie werden zu groß für die Elbe. Es wird auch immer teurer, die Fahrrinne auszubauen. 180 Millionen € waren ursprünglich veranschlagt, 385 Millionen € schätzt man heute. Und die Ausgleichsmaßnahmen und der von den Landnutzern in Niedersachsen, vorwiegend den Viehhaltern und Obstbauern im Alten Land, verlangte Bau von Süßwasserspeichern ist da noch nicht eingerechnet. Bis zu 600 Millionen € könnten am Ende dabei heraus

kommen. Hinzu kommen die Unterhaltungsmaßnahmen, die sich schon heute auf jährlich rund 50 Millionen € belaufen. Alles, was mit „Elbe“ anfängt, gerät in Hamburg kostenmäßig aus dem Ruder.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mit diesen gigantischen Summen soll das Tor zur Welt - oder Sie sprechen von einem Exportfenster offengehalten werden, was heute schon - wenn man ehrlich ist - eher ein Nadelöhr ist. Statt die Elbe zu vertiefen, muss sich Hamburg eine neue ökonomische Perspektive als Hafenstadt geben. Nur dann wird es auf Dauer auch wettbewerbsfähig sein. Statt der Entwicklung immer hinterherzuhinken - größere Schiffe, tiefere Elbe -, muss sich Hamburg auf den Weg machen und gemeinsam mit anderen Hafenstandorten kooperieren.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dazu gehört auch, endlich einzusehen, dass Deutschlands Tiefwasserhafen mit Zukunft, und zwar der einzige mit Zukunft, der Jade-WeserPort in Wilhelmshaven ist. Er liegt direkt an der Küste. Dorthin können die riesigen Containerschiffe mit einem Ladevolumen von 18.000 TEU gelangen. Selbst nach dem Ausbau - wenn wir ihn jetzt noch einmal hätten, der weiteren Vertiefung der Elbe - werden diese Schiffe nicht nach Hamburg gelangen können.