Protokoll der Sitzung vom 26.01.2012

(Beifall bei der CDU)

Ob die Anerkennung von Bildungsveranstaltungen, für die am Ende Geld genommen wird, tatsächlich zu den Kernaufgaben des Wissenschaftsministeriums gehört, darüber können wir gern einmal eine grundsätzliche ordnungspolitische Debatte führen.

Ich bin der Auffassung, dass die Zuständigkeit übertragen werden kann. Ich bin zudem der Auffas

(Minister Jost de Jager)

sung, dass es richtig ist, dies durch die Investitionsbank machen zu lassen. Es ist ferner richtig, dass die Investitionsbank ihre Aufwendungen für die Anerkennung refinanziert durch einen Beitrag, der dafür geleistet werden muss; denn auch der Weiterbildungsmarkt ist ein Markt. Wenn ein Weiterbildungsträger glaubt, dass er seine Weiterbildung nicht mehr anbieten kann, weil er für eine Zertifizierung 70 € zahlen muss, dann hat er andere Probleme, die aber nichts mit den Gebühren der Investitionsbank zu tun haben.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb kann man das Anerkennungsverfahren übertragen. In Richtung Grüne möchte ich sagen: Dass man die Zuständigkeit für die Anerkennung der Träger nicht übertragen kann, liegt daran, dass die Anerkennung der Träger eine hoheitliche Aufgabe ist, die Zertifizierung im Sinne einer Qualitätssicherung von bestimmten Leistungen allerdings nicht.

Meine Damen und Herren, wir schaffen Strukturen in der Weiterbildung, von denen wir wissen, dass sie auf Dauer wirtschaftlich tragfähig sind, und zwar sowohl für das Land als auch für die Anbieter. Insofern leistet dieses Gesetz einen Beitrag zur Verbesserung der Weiterbildung in Schleswig-Holstein. Ich weise noch einmal darauf hin, dass dies nur ein Beitrag ist, weil Weiterbildung von viel mehr Aspekten als allein von einem Gesetz abhängig ist.

(Beifall bei CDU und FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucksache 17/1854. Ich lasse über den Gesetzentwurf in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung einschließlich der von der Frau Berichterstatterin mündlich vorgetragenen Ergänzung abstimmen. Wer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Damit ist der Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucksache 17/1854, mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und SSW in der Fassung der Drucksache 17/2174 einschließlich der mündlichen Ergänzung angenommen.

Ich lasse nun abstimmen über den Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 17/594. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag abzulehnen. Wer der Ausschussempfehlung folgen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Damit ist der Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 17/594, mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und SSW abgelehnt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 21 auf:

Rückstellungen für AKW-Stilllegung insolvenzsicher machen

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/2092

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Herr Abgeordneter Detlef Matthiessen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Für die Atomkraftwerke Brunsbüttel und Krümmel ist die Berechtigung zum Leistungsbetrieb erloschen. Dies geht aus dem Atomgesetz hervor. Damit ist der Atomausstieg nicht mehr länger eine politische Forderung, sondern nach langem Kampf endlich auch durchgesetzt, und das ist gut so.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die politische Forderung ist Gesetz geworden. Der Atomausstieg ist beschlossen. Dieser muss nun praktisch umgesetzt werden. Dabei zeigt sich, dass es jede Menge Probleme gibt.

Zunächst einmal ist der Rückbau der Atomkraftwerke im Atomgesetz überhaupt nicht konkretisiert. Soll es einen sicheren Einschluss oder einen Rückbau zur grünen Wiese geben? Suchen Sie einmal eine Antwort auf diese exotische Frage! Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen bei der Suche im Gesetz oder in anderen untergesetzlichen Rechtsvorschriften.

Wenn es zu keinem sofortigen Rückbau kommt, was dann? Wie lange soll die Abklingphase dauern? Was soll abklingen und wie lange? Wie soll der hochradioaktive Abfall konditioniert werden für die Einlagerung? Es ist eindeutig, dass das Atomge

(Minister Jost de Jager)

setz präzisiert werden muss. Von einer klaren Handlungsanweisung zum Atomausstieg ist das bisherige Regelwerk weit entfernt.

Darüber hinaus haben wir kein Endlager. Die Politik hat sich noch nicht einmal über die Methode geeinigt, wie ein Endlager gefunden werden soll. Gorleben ist jedenfalls nicht geeignet. Dies ist und bleibt ein Potemkinsches Dorf der Atomindustrie und der Politik, die das Atomprogramm befördert hat.

Die Suche nach alternativen möglichen Endlagerstandorten, die Untersuchung dieser Standorte auf Eignung, Ausbau und Einrichtung zum Endlagerbetrieb, diese Aufgaben müssen angegangen und erledigt werden. Dabei wird natürlich noch viel Zeit ins Land gehen.

Nun kommen wir zum zentralen Thema unseres Antrags, den wir Ihnen heute vorlegen: Was ist mit den Rückstellungen? Die Atomkonzerne haben Rückstellungen in Milliardenhöhe gebildet. Mit diesem Gesetz soll der Ausstieg finanziert werden. Es gibt aber keine Regeln, wie die Rückstellungen für den Zweck, zu dem sie gebildet werden, zu sichern sind. Sie sind aufgrund der sehr langen Zeiträume, in denen Rückstellungen gebildet, aber nicht ausgegeben werden, wie steuerfreie Gewinne zu behandeln. Das ist eine Wettbewerbsverzerrung. Das sind Subventionen. Die Monopolkommission wird nicht müde, dies auch als Subvention zu benennen und dies immer wieder zu kritisieren. Vor allem sind unkonditionierte Rückstellungen nicht pleitesicher. Am Ende zahlen nicht die Verursacher, sondern die öffentliche Hand den Atomausstieg, nämlich dann, wenn einer oder mehrere dieser Konzerne insolvent werden.

Das ist keine abstrakte Gefahr. Vattenfall steckte in roten Zahlen und kommt erst langsam wieder aus diesen heraus. In diesem Fall könnte man noch von insolvenzsicheren Rückstellungen reden, weil letztlich der schwedische Staat für diesen Konzern bürgt.

Anders ist dies bei E.ON. Am 14. Dezember 2011 titelte das „Handelsblatt“:

„Gewinnschmelze bei E.ON“.

Der Branchenprimus, der über Jahre hinweg zweistellige Zuwachsraten präsentierte, sieht einem Milliardenverlust entgegen. Teure Übernahmen, hohe Abschreibungen im Ausland, überteuerte Verträge im Gashandel belasten das Ergebnis, Doppelarbeit in der Verwaltung, sicher geglaubte Gewinne brechen weg und so weiter. Hiervon sind nur einige

Probleme hausgemacht, andere jedoch branchentypisch.

Dass Größe allein nicht vor Pleite schützt, zeigt auch der Untergang des damals sehr viel größer als E.ON dastehenden Konzern Enron in den USA, der zahlreiche Rentenfonds mit in den Abgrund gerissen hat. Sie haben das vielleicht noch in Erinnerung.

Es gibt, wie in der Begründung zu unserem Antrag erwähnt, eine Kleine Anfrage von mir und eine Kleine Anfrage des Kollegen Werner Kalinka. Die Antwort der Landesregierung bestätigt meine soeben gemachten Ausführungen. Schleswig-Holstein mit seinen Atomkraftwerken hat ein vitales Interesse, dass einer möglichen Insolvenz der Verpflichteten vorgebeugt wird. Das kann ein öffentlich-rechtlicher Fonds sein wie in der Schweiz, das können Bürgschaften oder eine Absicherung zum Beispiel durch die Münchener Rück oder andere sein. Über die Methode der Insolvenzsicherung der Rückstellungsmilliarden kann man natürlich streiten, über ihre Notwendigkeit jedoch nicht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Atomstrom ist verbraucht. Die strahlenden Altlasten bleiben. Daher muss sich die Politik der Verantwortung stellen, auch die Politik, das sind wir, die das Atomprogramm immer abgelehnt haben, aber natürlich auch die Politik, und das sind die schwarzen Brüder und Schwestern hier im Hause, die das Atomprogramm getragen haben, die vor den Folgen jedoch immer die Augen verschlossen haben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, meine Fraktion beantragt Ausschussüberweisung zur näheren Beratung auch der von Ihnen in Zwischenfragen aufgeworfenen Fragestellungen: Wie wird eine Insolvenzsicherung gewährleistet? Wie soll die Bundesratsinitiative zur Präzisierung des Gesetzes aussehen und so weiter? Alles das wollen wir im Ausschuss vertiefen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Markus Matthießen das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aufgrund des politischen und gesellschaft

(Detlef Matthiessen)

lichen Konsenses ist der Ausstieg aus der Kernenergie in Deutschland im vergangenen Jahr deutlich beschleunigt worden. Die letzten deutschen Kernkraftwerke werden nun bis 2022 vom Netz gehen. Deutschland schafft so schneller den Einstieg ins Zeitalter der erneuerbaren Energien und den zügigen Ausstieg aus der Kernenergie.

Die 13. Novelle des Atomgesetzes legte die Grundlage dafür. Nach dem dreimonatigen Moratorium vom 15. März 2011 sind neben sechs weiteren Blöcken die Kernkraftwerke Brunsbüttel und Krümmel endgültig vom Netz gegangen. Übrigens sind heute nach dem Beschluss der christlich-liberalen Koalition auf Bundesebene vier Kernkraftwerke weniger am Netz, als ursprünglich von RotGrün vorgesehen war.

Trotzdem ergeben sich natürlich für die Zukunft, für die Zeit nach der Abschaltung entsprechende Fragestellungen. Eine liegt uns hier heute vor. In der Quintessenz geht es darum, ob die Rückstellungen der Betreibergesellschaften auch für die Anlagen in Schleswig-Holstein ausreichen und wie die Haftung bei einem Zahlungsausfall dieser Gesellschaften geregelt ist.

Allerdings haben wir bereits aufgrund der Stellungnahme des Ministeriums zu den Kleinen Anfragen, die mein Vorredner hier zitiert hat, festgestellt, dass die Verantwortung bei den Betreibergesellschaften liegt. Nach dem derzeitigen Stand und aus der Bilanz per 31. Dezember 2010 sind für das Kernkraftwerk Brunsbüttel rund 1,6 Milliarden € und für Krümmel rund 1,9 Milliarden € Rückstellungen dafür vorgesehen. Diese Bilanzierung erfolgte aus der Zeit vor dem Moratorium und der endgültigen Abschaltung. Das bedeutet natürlich, dass diese auch entsprechend neu bewertet werden müssen. Daher ist klar, dass wir jetzt die Bilanzierung zum 31. Dezember 2011 abwarten müssen, um das entsprechend zu behandeln. Insofern ist es richtig, dass das im Ausschuss geschieht.

Sie haben noch zwei Punkte angesprochen, die nicht Gegenstand des Antrags waren, nämlich die atomgesetzlichen Regelungen und die Endlagerfrage. Auch hier kann ich es mir nicht verkneifen zu sagen, dass auch Rot-Grün dafür gesorgt hat, dass auch in Schleswig-Holstein drei Atomzwischenlager vorhanden sind. Das ist ganz deutlich der Stempel von Rot-Grün.

Insofern sind auch wir für Ausschussüberweisung. Im Ausschuss können wir weiter darüber diskutieren, wenn die aktuellen Zahlen vorliegen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Olaf Schulze das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die gute Nachricht immer zuerst: Der Ausstieg aus der Atomkraft ist unumkehrbar.

(Beifall bei der SPD)