nichts zu tun habe. Dass es immer noch große Defizite in der Aufarbeitung der DDR-Geschichte gibt, lässt sich anhand von Umfrageergebnissen immer wieder dingfest machen. Zwei Jahrzehnte nach dem Mauerfall zeigt sich, welche fatalen Folgen diese fehlende Beschäftigung mit der DDR-Geschichte hat. Die DDR wird vielfach nostalgisch verklärt, aber größtenteils schlichtweg ignoriert.
Eine Befragung Berliner Schülerinnen und Schüler, die 2007 von der Freien Universität Berlin durchgeführt und wissenschaftlich begleitet wurde, belegt, dass Jugendliche sowohl aus dem West- als auch aus dem Ostteil der Stadt wenig über die DDR wissen. Diffus ist auch das Wissen über die Politiker beider Staaten. Fast jeder dritte Schüler hält Konrad Adenauer, den ersten deutschen Bundeskanzler, für einen Politiker der DDR. Insgesamt 18 Wissensfragen wurden gestellt. Hiervon konnten etwa 70 % der Ostberliner und 65 % der Westberliner Schüler aus den Klassen 9 bis 11 nur die Hälfte oder weniger beantworten. Entsprechend stellten die Forscher bei der Bewertung von Staat und Gesellschaft ein gespaltenes Bild der beiden deutschen Staaten fest: Westberliner bevorzugten auf nahezu allen Feldern die alte Bundesrepublik, Ostberliner Schüler mehrheitlich die DDR. Viele Ostdeutsche bewerten die beiden deutschen Staaten als gleichrangig. Das führt bei einigen zu der Behauptung, die DDR und die alte Bundesrepublik seien zwar anders gewesen, aber keiner der beiden Staaten könne „in der Gesamtschau besser oder schlechter beurteilt“ werden.
Es würde den Rahmen meiner Redezeit sprengen, wenn ich jetzt auf die unterschiedlichen Aspekte bei der Aufarbeitung der DDR-Geschichte im Einzelnen eingehe. Auch wenn die vorhin zitierte Studie zwei Jahre zurückliegt, so zeigt sie mit großer Deutlichkeit, wo angesetzt werden sollte - nicht nur in Berlin, sondern auch, wenn es darum geht, die gesamtdeutsche Geschichte auch als gesamtdeutsch zu begreifen.
Der vorliegende Antrag geht genau in diese Richtung. Dabei will ich nicht verhehlen, dass er aus Sicht des SSW fast zu detailliert ist. Es ist nicht die Aufgabe des Parlaments, Lehrplanarbeit zu leisten. Genau dies geschieht aber in unserem gemeinsamen Antrag.
Wir brauchen auf gesellschaftlicher Ebene und nicht zuletzt auch im Geschichts- und Politikunterricht unserer Schulen ganz einfach neue Konzepte für den Umgang mit der DDR-Vergangenheit. „Wenn nach Römern, Griechen und Nationalsozialismus irgendwann die DDR dran ist, beginnen meist die Sommerferien“, las ich irgendwo in einer Zeitung. Ich denke, dass trifft immer noch den Kern des Dilemmas vieler WiPo-Lehrer an unseren Schulen. In Klammern bemerkt: Ich habe die Hoffnung, dass die mediale Aufarbeitung des Mauerfalls in den letzten Monaten doch einiges in den Köpfen von jungen Leuten bewirkt hat. Viele Sendungen in Rundfunk und Fernsehen haben dazu beigetragen. Von daher sind wir vielleicht schon einen Schritt weiter, als wir noch im Juni waren, als dieser Antrag entstanden ist.
Gleichwohl - auch dies will ich in Klammern hinzufügen - teile ich ausdrücklich die Auffassung des Kollegen Höppner. Dieses Stück Berliner Mauer hat nichts mit authentischer Geschichtsschreibung zu tun. Das ist ein Kunstwerk. Darum ist es richtig, dass man dieses Stück Mauer in den Geschichtsunterricht nur so integrieren kann wie es vorhin von Kollegin Strehlau gesagt wurde.
Das soll heißen: Wenn wir den Gegenwartsbezug des Unterrichts stärken und vertiefen wollen, geht es letztlich nicht ohne eine Entrümpelung der Lehrpläne.
Die Erinnerungen an die DDR dürfen nicht verschwinden. Es muss eine kritische, offene und vergleichende Aufarbeitung und Bewältigung der DDR-Geschichte geben, die keinen Schlussstrich zieht, sondern einen Einstieg in eine aktive Auseinandersetzung und Thematisierung der Geschichte unserer Republik bildet.
Ich möchte wiederholen, mir ist es wirklich wichtig, deutlich zu machen, dass wir es mit einer Geschichte zu tun haben, die beide Teile der deutschen Republik umfasst und umfassen muss.
Zu einem Dreiminutenbeitrag gibt es eine Wortmeldung von Herrn Kollegen Werner Kalinka von der CDU-Fraktion. Sie haben das Wort.
Höppner hat mit seinem Hinweis, bei dem Mauerstück handele es sich um eine denkmalschutzrechtliche Betrachtung, einen gravierenden Denkfehler gemacht.
- Das Mauerstück, das hier steht, ist auch für uns eine Mahnung. Sie mögen sich darüber ärgern, dass der Name „Bild“ darunter steht. Ich hörte eben, es sei ein Werbemittel. Die „Bild“-Zeitung hat es nicht nötig, mit diesem Stück da vorne zu werben.
Lassen Sie mich das einmal ganz deutlich sagen. Wenn es einen Verlag in Deutschland gab, der mit seinen Journalisten für die Einheit eingetreten ist, dann war es der Axel-Springer-Verlag.
- Wenn es einen Verlag gegeben hat, der sich dafür eingesetzt hat, war es der Axel-Springer-Verlag. Ich wiederhole dieses.
- Ich finde es mehr als unangemessen, in dieser Form mit einem Verlag und mit Journalisten umzugehen, die dort geschrieben haben, wo andere geschwiegen haben.
Lassen Sie mich eine zweite Bemerkung machen. Es ist der Begriff der „Blockparteien“ gefallen. Mancher hat gesagt, man hätte eine politische Nische gehabt. Ich teile das nicht. Man kann vieles kritisieren. Wenn man aber das Stichwort fallen lässt, darf man auch nicht vergessen, dass es seit 1984 den Versuch des Wandels durch eine Annäherung zwischen SED und SPD gegeben hat. Das darf man dann nicht verschweigen.
- Das darf man in dieser Diskussion nicht verschweigen, wenn man meint, diese Debatte führen zu wollen.
Das schließt das andere nicht im Geringsten aus. Wenn man diskutieren will, dann bitte auch das andere Thema. Wenn man das diskutieren will, dann will ich das deutlich gemacht haben.
- Wissen Sie, ich muss mich bei Ihnen nicht entschuldigen. In der Frage, wie ich mich für die Einheit eingesetzt habe und wie ich mich hier engagiert habe, muss ich mich bei Ihnen nicht entschuldigen. Wenn man drüben über die Befindlichkeit spricht, dann gibt es zwei Dinge: Drüben gibt es wirklich Menschen, die das System nicht miterlebt haben. Sie schätzen manche Dinge von früher als gut ein, und zwar rein menschlich. Das hat mit Politik nichts zu tun. Das müssen wir ernst nehmen. Es gibt auch Menschen, die aus alten Strukturen kommen. Wir können so viel Fördermittel geben, wie wir wollen, das wird in ihren Köpfen nichts verändern. Das sind die beiden Situationen, die wir in den neuen Ländern hatten. Das wollte ich herausarbeiten, weil mir das wichtig ist.
Der vierte Punkt ist das Thema Stasi. Die Stasi hat nicht frei schwebend gehandelt. Sie war Schild und Schwert der SED.
Ich finde es ungeheuer wichtig, dass wir den Opfern eine hohe Aufmerksamkeit geben, die noch heute leiden.