Protokoll der Sitzung vom 27.01.2012

(Beifall bei FDP und CDU)

Bei uns werden jetzt angehende Lehrkräfte aller Fächer und aller Schularten in einem Fachdidaktikmodul Deutsch als Zweitsprache ausgebildet und damit auf einen Unterricht in Klassen vorbereitet, in denen immer mehr Kinder aus Einwandererfamilien sitzen. Ihr Anteil ist schon gestiegen, und er steigt weiter. Was wir in diesem Schuljahr neu eingeführt haben, hat kein anderes Bundesland außer Schleswig-Holstein so in der zweiten Phase der Lehrerausbildung zu bieten.

(Beifall bei FDP und CDU)

Wir wollen und müssen die Übergänge ins Arbeitsleben, in eine berufliche Ausbildung weiter fördern. Dazu muss das Handlungskonzept Schule & Arbeitswelt verstetigt und weiterentwickelt werden. Die von Landesseite dafür eingesetzten Stellen - nach dem Haushalt sind wir ermächtigt, bis zu 75 Stellen hierfür einzusetzen - sollen auch künftig zur Verfügung stehen. Ebenso wichtig ist es, dass für diesen Aufgabenbereich über das Ende der jetzigen EU-Förderperiode hinaus, das heißt auch nach 2013, Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds zur Verfügung stehen.

(Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das ist doch unstrittig!)

- Bei der Gestaltung der EU-Förderprogramme wird man sehen, ob wir das schaffen. Ich habe dieses Thema auch im Namen einer Reihe anderer Bundesländer im Oktoberplenum der KMK beim Gespräch mit der Bundesregierung angesprochen. Frau Schavan hat uns, den Ländern, zugesichert, dass uns der Bund mit seinen Möglichkeiten - der Bund ist ja derjenige, der auf der europäischen Ebene bei der künftigen Entwicklung der EU-Förderprogramme mitgestaltet - hier unterstützen wird.

Das müssen wir erreichen, denn in der jetzigen EUFörderperiode über sieben Jahre haben wir 25 Millionen € für diesen Zweck zur Verfügung. Aus eigenen Kräften könnten wir das nicht schultern.

Als neues Angebot für Schüler, die noch keinen Ausbildungsplatz erhalten konnten, ist außerdem in unserem Ministerium das Modell kooperativer Berufseingangsklassen entwickelt worden, das wir in den kommenden Jahren in Zusammenarbeit mit Handwerk und mittelständischen Betrieben einführen wollen.

Wir fördern seit diesem Schuljahr erstmals mit Landesmitteln die Schulsozialarbeit, was keine der früheren Landesregierungen getan hat.

(Beifall bei FDP und CDU)

Diesen Einsatz gilt es zu verstetigen. Das gilt in gleicher Weise für die noch deutlich höheren Bundesmittel - etwa 10 Millionen € oder noch etwas mehr -, die jetzt jährlich an die Kommunen nach dem Bildungs- und Teilhabepaket gegeben werden.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Verstetigt klein ge- handelt, da haben Sie recht!)

Wir wollen, dass dieses Geld, das wir für die Schulsozialarbeit brauchen, nicht nur bis Ende 2013 kommt, sondern dass wir das wirklich eine dauerhafte Förderung werden lassen. Denn - das hat sich ja auch gezeigt - es ist schon wichtig, das auf Dauer abzusichern, weil wir nur so auch das Personal gewinnen können. Für den, der nur eine kurze Perspektive hat, ist das natürlich kein so interessantes Tätigkeitsfeld.

Wir haben in den letzten beiden Jahren in der Begabtenförderung ein Netzwerk aufgebaut, wie es in diesem Land früher an den Schulen nie existiert hat, mit Kompetenzzentren an Kitas und Grundschulen sowie an Gemeinschaftsschulen und Gymnasien. Die dort entwickelten Förderkonzepte sollen künftig auf alle Schulen übertragen werden. Wir richten in diesem Jahr 2012 erstmals auch eine Schülerakademie für die Jahrgänge 6 und 7 ein. Auch das ist ein Teil unseres Konzepts zur Begabtenförderung.

(Beifall bei FDP und CDU)

Wir müssen mehr Lehrkräfte in Mangelfächern gewinnen. Seiteneinsteiger sollen deshalb künftig in der dreieinhalbjährigen Qualifizierungsphase sie werden ja zunächst auf Zeit eingestellt - bei einer deutlich verringerten Unterrichtsverpflichtung mehr Zeit für ihre Ausbildung in Pädagogik und Fachdidaktik erhalten, damit sie dann auch mit Er

(Minister Dr. Ekkehard Klug)

folg diese dreieinhalbjährige Phase absolvieren können. Denn wir stellen am Ende auf Dauer nur die ein - das ist unser festes Prinzip -, die mindestens einen befriedigenden Abschluss erreicht haben. Denn wir wollen über den Seiteneinstieg gute Kräfte gewinnen. Das ist die Voraussetzung.

Wir haben für die Berufsschulen in den letzten beiden Jahren erfolgreich einen Sonderweg der Aufnahme auch von Hochschulabsolventen praktiziert, die dann in eine spezielle Lehrerausbildung für Mangelfächer aufgenommen worden sind.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Habeck?

Ja, bitte.

Herr Dr. Habeck, Sie haben das Wort.

Herr Minister, ich könnte vier Fragen stellen. Ich fasse sie in einer zusammen: Kommen Sie noch dazu, unsere Fragen zu beantworten?

Ich komme noch dazu, aber ich darf Ihnen auch das noch sagen, was Sie vielleicht nicht hören wollen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Es müssen in diesem Land mehr Erzieherinnen und Erzieher ausgebildet werden. Das war spätestens klar, als sich 2007 der Bund und die Länder auf einen massiven Ausbau des Angebots an Krippenplätzen verständigt haben. Aber es ist nichts passiert bis zu dem Punkt, wo ich gesagt habe, dass wir die Ausbildungskapazität an den Fachschulen für Sozialpädagogik um ein Drittel erhöhen. Das haben wir in zwei Etappen in den letzten beiden Schuljahren getan. Wir nehmen jetzt wesentlich mehr junge Leute in die Erzieherausbildung pro Jahr auf. Dafür haben wir den Berufsschulen die notwendigen Ressourcen zur Verfügung gestellt. Ich bin allerdings der Auffassung, dass wir da noch etwas nachlegen könnten, um den hohen Bedarf an Fachkräften für die Kitas und für die Kinderkrippen auch in den kommenden Jahren decken zu können.

(Beifall bei FDP und CDU)

Es ist unser Ziel, mehr Schülerinnen und Schülern den Weg zu höheren Schulabschlüssen zu ermöglichen. Abitur und Fachhochschulreife zusammengenommen erreichen bereits rund 48 % eines Jahrgangs. Diese Entwicklung stützt sich auf mehrere Eckpfeiler: erstens auf die Gymnasien, die heute 86.000 Schüler haben. Anfang des letzten Jahrzehnts waren es 66.000. Da sieht man, wie sich die Expansion dieser Schulart im letzten Jahrzehnt vollzogen hat. Zweitens stützt sich diese Entwicklung auch auf die Gemeinschaftsschulen mit Oberstufen und drittens in hohem Maße auf die berufsbildenden Schulen, nicht nur die Beruflichen Gymnasien, sondern auch Angebote der Beruflichen Schulen, über die Absolventen mit mittlerer Reife einen höheren Abschluss erreichen können. Diese Standpfeiler für die Gewährleistung des Aufstiegs zu höheren Abschlüssen müssen wir pflegen und stützen.

Wir haben bei der Personalausstattung der Schulen die Benachteiligung der Gymnasien abgebaut. Dazu habe ich Ihnen gestern in der Debatte zum Thema Eigenverantwortung schon einiges an Details genannt. Das will ich jetzt nicht wiederholen. Von einer Bevorzugung der Gymnasien durch diese Landesregierung kann jedenfalls keine Rede sein. Wir haben vielmehr Rückstände abgebaut, die da waren, die wir übernommen haben.

(Beifall bei FDP und CDU)

Ich sage Ihnen, wir müssen das Erreichte sichern, damit die Schüler auf den Gymnasien erfolgreich in ihrer Schulzeit bis zum Abitur gefördert werden können.

Dazu gehören - auch wenn das vielleicht nicht alle jetzt gerne hören - auch die seit diesem Schuljahr eingeführten G-9-Angebote an Gymnasien unseres Landes. Wenn man zum Beispiel bei einem Besuch an der Thor-Heyerdahl-Schule in Kiel-Mettenhof erfährt, für wie wichtig Lehrer und Eltern das G9-Angebot gerade für die Schüler aus diesem Stadtteil erachten, dann ist es doch kaum nachzuvollziehen, dass Torsten Albig - er ist Oberbürgermeister -, dessen Stadt vor einem Jahr seine Zustimmung zu diesem neuen Bildungsangebot erteilt hat, es im nächsten Schuljahr am liebsten wieder abschaffen möchte.

(Beifall bei FDP und CDU)

Herr Stegner, das ist keine Bildungspolitik, die auf Schulfrieden ausgerichtet ist.

(Beifall bei FDP und CDU)

(Minister Dr. Ekkehard Klug)

Mein Fazit lautet: Es muss heute und in Zukunft darum gehen, die Qualität der Schulbildung zu verbessern. An den Abbau von Defiziten, die bestanden und auch noch bestehen - das will ich als Bildungsminister ja gar nicht bestreiten -, sind wir in gut zwei Jahren mit konsequenten Schritten herangegangen. Wir haben vieles erreicht, was in den Jahren vorher nicht denkbar und nicht machbar gewesen ist.

(Beifall bei FDP und CDU)

Nur ein kleiner Punkt: Dass wir die schleswig-holsteinische Teilnehmerzahl bei „Jugend forscht“ um 41 % in diesem Jahr steigern konnten -

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Waren Sie persön- lich dabei?)

- Wir haben in dem Jahr der Naturwissenschaften 2010/2011 mit vielen Konzepten, die wir für die Förderung des naturwissenschaftlichen Unterrichts eingeführt haben, auch zu diesem guten Ergebnis mit der Unterstützung der Partner aus der Bürgergesellschaft, insbesondere aus der Wirtschaft, beigetragen, und wir können stolz darauf sein, dass dieser Weg zustande gekommen ist.

Wunder gibt es in der Politik mit Sicherheit nicht, schon gar nicht in der Bildungspolitik. Aber die aktuelle Entwicklung zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind, denn wir eröffnen Lebenschancen für Kinder und ihre Eltern und nicht nur für Einheitsschulfantasten.

Verbesserungen lassen sich manchmal, wie wir es bei der Lehrerausbildung gezeigt haben, auch durch gute Konzepte ohne zusätzliche Kosten erreichen. Aber - jetzt muss ich etwas Wasser in den Wein gießen - auf anderen Feldern wie in der Schulsozialarbeit kostet nun einmal Innovation auch Geld. Ich habe darüber schon gesprochen, was wir in den nächsten Jahren erreichen müssen. Aber auch wenn wir die Zahl der gebundenen Ganztagsschulen es sind jetzt 33 - weiter ausbauen wollen, dann muss man wissen, dass jede neue gebundene Ganztagsschule im Durchschnitt fünf Lehrerstellen erforderlich macht. Der Schulbereich soll ja mit insgesamt, eingerechnet schon das letzte Jahr, 3.600 Stellen 69 % des vorgesehenen Personalabbaus im Land beitragen.

Wenn man das also bedenkt, können wir nicht einfach durch Umschichtung auch noch etwas Neues auf die Beine stellen. Wer also zusätzliche gebundene Ganztagsschulen für mehr Bildungsqualität will, muss Abstriche machen - soweit es uns möglich ist - von diesem bislang vorgesehenen Perso

nalabbau. Das gilt auch für die Stabilisierung von Förderprogrammen wie „Lesen macht stark“ und „Mathe macht stark“; das gilt für die Einrichtung zusätzlicher Klassen an Fachschulen, etwa in der Erzieherausbildung, oder auch für das Berufliche Gymnasium.

Es gibt Kollegen aus unterschiedlichen Fraktionen, die mich auf verschiedene Projekte vor Ort ansprechen. Da muss ich sagen, dass jede neue Oberstufe - und das Berufliche Gymnasium ist eine berufsbildende Oberstufe - zweizügig gestaltet etwa zehn Lehrerstellen kostet. Das gilt auch für die Einrichtung neuer Oberstufen an Gemeinschaftsschulen, Herr Dr. Stegner.

(Beifall bei der FDP)

Sie haben ja in Nortorf, das habe ich gelesen, erklärt - Vorsicht, ich muss sehen, dass ich das auch richtig zitieren kann -:

„… überall wo es gewollt ist, sollen Gemeinschaftsschulen auch die Oberstufe bekommen.“

(Dr. Christian von Boetticher [CDU]: Unver- antwortlich!)

- Wörtliches Zitat von Ihnen aus dem „SchleswigHolsteinischen Zeitungsverlag“ vom 14. September letzten Jahres. Das wären dann über 100 Schulen. Etwa zehn Stellen würde die Einführung einer zweizügigen Oberstufe erfordern. Damit haben Sie schon einmal 1.000 Stellen, die Sie in Aussicht stellen, Herr Dr. Stegner.