Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei der Debatte im Landtag im November letzten Jahres sagte der Kollege Sönnichsen zu, dass die Regierungsfraktionen gern einer Neuregelung zustimmten, wenn sie sich in der Ausschussarbeit ergebe. Laut Protokoll bot er eine Berücksichtigung der Mehrkosten, die den Kommunen entstehen, im kommenden Doppelhaushalt an. Das wäre eine faire Lösung, damit die Kommunen nicht auf den Kosten für die 330 Schülerinnen und Schüler aus Hamburg sitzenbleiben.
Tatsächlich haben wir lange im Ausschuss gerungen. Doch die Regierungsfraktionen haben letztlich nichts geliefert, obwohl einzelne Abgeordnete im persönlichen Gespräch durchaus Verständnis für die Benachteiligung der Kommunen aus dem Hamburger Rand gezeigt haben.
Der Sachverhalt könnte klarer nicht sein. Trotzdem lehnen die Regierungsfraktionen eine Lösung ab. Bereits im Ausschuss hatte der Bildungsminister gemeint, dass er das Geld nicht aufbringen könne und damit basta. Tatsache ist, dass auch die Kommunen Probleme haben, das Geld aufzutreiben. Ich
möchte nicht erleben, dass wir die bisherige Praxis, Hamburger Schülerinnen und Schüler in SchleswigHolstein zu beschulen, aufgeben, weil es sich die Kommunen einfach nicht mehr leisten können. Dann sind wir nämlich genau da, wo wir nie hinwollten, in der schlechtesten aller Welten, in der Eltern und Kinder die Verhandlungsfehler der schleswig-holsteinischen Landesregierung ausbaden.
Um noch einen Schritt weiterzugehen: Ich sehe auch schwarz für die Neuverhandlung des Gastschulabkommens, die 2015 ansteht. Die Kommunen befürchten - meines Erachtens völlig zu Recht -, dass beim nächsten Gastschulabkommen mit Hamburg ihre Kostenbelastungen weiter steigen werden. Die Kommunen sitzen nicht mit am Verhandlungstisch, können also gar nicht mitverhandeln, dürften aber die misslichen Ergebnisse anschließend ausbaden. Somit ist das Gastschulabkommen ein weiteres Beispiel für die Politik der Landesregierung, die die Kommunen nicht gerade als Partner behandelt, sondern ihnen als unbeteiligten Dritten Kosten aufbürdet.
Laut § 113 des Schulgesetzes sind die schleswigholsteinischen Schulträger aber verpflichtet, Schulkostenbeiträge für die Schülerinnen und Schüler an das Land zu entrichten, die in Hamburg zur Schule gehen - ganz egal, ob es sich dabei um eine Ersatzschule oder eine öffentliche Schule handelt. Was die LAG der kommunalen Landesverbände davon hält, konnten wir schon in einer Stellungnahme vom Dezember 2010 lesen:
„Die Landesregierung als Verhandlungsführer hat es versäumt, die Kommunen rechtzeitig in das Verfahren einzubinden. Sollte in § 113 eine derartige Ermächtigungsgrundlage geschaffen werden, handelt es sich insoweit um einen unzulässigen Vertrag zulasten Dritter, der gegen die Grundsätze der Beteiligungsvereinbarung zwischen Landesregierung und kommunalen Spitzenverbänden verstößt.“
Die andere Seite dieser Medaille findet sich vor diesem Hintergrund in der genannten Tatsache, dass unsere Schulträger keinen Erstattungsanspruch gegen das Land für jede Schülerin und jeden Schüler hat, die bei uns in Schleswig-Holstein zur Schule gehen, wobei sich natürlich die Frage stellt, wieso das Land diese Forderung nicht gleich mit in die Verhandlung mit Hamburg zum Gastschulabkommen genommen hat. Das ändert aber alles
nichts daran, dass es nicht in Ordnung ist, Schulträger aus dem Hamburger Rand mit den Kosten für die Schülerinnen und Schüler aus dem Nachbarland einfach im Regen stehen zu lassen.
Es geht um die Lebenswirklichkeit rund um Hamburg. Im Hamburger Umland ist es nun einmal gang und gäbe, in einem Bundesland zu wohnen und in einem anderen zu arbeiten, und darum auch völlig natürlich, in dem einen zu wohnen und beim Nachbarn zur Schule zu gehen. Die Eltern haben gezeigt, was sie von bürokratischen, einengenden Verfahren halten, nämlich überhaupt gar nichts. Das Problem besteht nicht darin, dass Kinder zum Schulbesuch nicht die Landesgrenzen übertreten dürfen, sondern darin, dass die schleswig-holsteinischen Kommunen im Hamburger Umland doppelt bezahlen müssen: für die Hamburger, die ihre Schulen besuchen, und für die eigenen Schüler, die nach Hamburg fahren. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, diese missliche Situation zu ändern. Der SSW wird dem vorliegenden Gesetzentwurf zustimmen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wollte einige kleine Anmerkungen machen. Im Grunde könnte man das Ganze über ein ganz einfaches Verwaltungsverfahren lösen. Das erzähle ich gleich.
Wir haben in der Tat aber das Problem nicht nur in Hamburg. Ich habe das vorhin angedeutet. Es gibt auch viele Schülerinnen und Schüler, die aus Mecklenburg in der Hansestadt Lübeck zur Schule gehen, und auch aus Niedersachsen viele Schülerinnen und Schüler, die die Elbe überqueren. Wir müssten dann schon nicht nur für Hamburg, sondern für andere Bundesländer insgesamt eine Regelung finden.
Manchmal ist etwas problematisch, wenn andere Bundesländer Schülerinnen und Schüler in Heime in Schleswig-Holstein schicken und diese Heime in Schleswig-Holstein Förderzentren mit unter
schiedlichen Schwerpunkten unterhalten müssen. Hier ist die Frage, ob man das auch gleich löst. Das andere Problem, das auftritt, ist: Wenn Schülerinnen und Schüler aus Schleswig-Holstein eine Schulform wie die Stadtteilschule in Hamburg besuchen, stellt sich die Frage, was wir zur Erstattung heranziehen. Haben wir für die Schulform Stadtteilschule eine Verrechnungsgröße, stufen wir sie ein wie eine Gemeinschaftsschule oder wie ein Gymnasium? Wir müssen das lösen.
Das wird ein bisschen komplizierter, wenn wir das mit Mecklenburg-Vorpommern regeln müssen. Dort haben die Gymnasien keine Orientierungsstufe, sondern die Klassen 5 und 6 werden grundsätzlich an regionalen Schulen - so heißen sie da - beschult. Es gibt dann, wenn man das über eine Gesetzesregelung perfekt machen will, eine ganze Menge Regelungsbedarf, auch um es im Land gleich zu handhaben und sich nicht nur auf Hamburg und Schleswig-Holstein zu konzentrieren.
Man könnte sich natürlich ein ganz einfaches Verfahren überlegen. Ich nehme als Beispiel einmal Ellerbek. Herr Bürgermeister, Sie schicken aus Ihrer Gemeinde 25 Schülerinnen und Schüler nach Hamburg, sind aber an einer Schulträgerschaft in Schleswig-Holstein beteiligt und haben fünf Schülerinnen und Schüler aus Hamburg, die Ihre Schule besuchen.
Da könnte man natürlich sagen: Theoretisch ziehen wir von den 25, die nach Hamburg gehen, fünf ab, die wir aus Hamburg bekommen. Dann hätten wir eine bereinigte Form, die ausschließlich innerhalb des Landes lösbar ist. Wir hätten dann keine zwischenstaatliche Vereinbarung zu treffen.
Wir müssen uns in diesem Zusammenhang noch überlegen, wie wir das bei ein paar Dingen hinbekommen. Ich denke, das Problem, auf das Sie im Hinblick auf den nächsten Haushalt hingewiesen haben, sollten wir in Angriff nehmen. Ich würde empfehlen, da wir immer zum Schuljahreswechsel einschulen, eine solche gesetzliche Regelung wenn wir denn dazu kommen sollten - nicht zum 1. Januar beginnen zu lassen, sondern mit dem Schuljahr. Dann können wir es - wie wir es aus der Verwaltung kennen -, mit fünf bis sieben Zwölfteln abrechnen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Gastschulabkommen als einen Fehler zu bezeichnen, ist schon dreist. Wir müssen uns noch einmal die Gegebenheiten angucken. Es ist 2009 von Hamburger Seite von der grünen Senatorin dort mit dem Anspruch aufgekündigt worden, 30 Millionen € als Finanzausgleich aus Schleswig-Holstein zu bekommen - stark unterstützt von den Grünen hier im Parlament, die einen entsprechenden Antrag gestellt haben, diesen Forderungen ihrer Kollegin aus Hamburg nachzugeben.
Es kam erst dann zu einem Gastschulabkommen, als sich die Regierung in Hamburg aufgelöst hat, das Ministerium von einem CDU-Minister übernommen worden ist - von Herrn Wersich - und man sich an der Stelle endlich auf Zahlungen hat einigen können, und zwar nicht auf 30 Millionen € zulasten dieses Landes. Im Übrigen wäre das auch, wenn es dazu gekommen wäre, zulasten der Kommunen im Umland um Hamburg herum gegangen. Es wäre eine deutlich teurere Kiste für diese Kommunen geworden.
Insofern muss man an der Stelle sagen, dass das Gastschulabkommen, das dort geschlossen worden ist, ein Erfolg für dieses Land und auch für die Kommunen ist.
Meine Damen und Herren, wenn Sie darauf abheben, dass die Zahlen jetzt im Haushalt für die Kommunen als Fehlzahlen zu Buche schlagen, muss man ganz deutlich sagen, dass das erst einmal virtuelle Zahlen sind, weil es so ist, dass die Kommunen im Augenblick gar keine Zahlungen von Schulkostenbeiträgen geleistet haben.
Ich will gern darauf hinweisen: Wir reden von 327 Schülerinnen und Schülern, die aus Hamburg in Schleswig-Holstein zur Schule gehen, wir haben aber rund 1.600 Schülerinnen und Schüler, die aus Schleswig-Holstein in Hamburg zur Schule gehen. Wenn wir das so machen, wie Sie das damals vorgeschlagen haben und wie es von Herrn Habersaat
immer noch vorgeschlagen wird, heißt das natürlich, dass ich so viele Hamburger Schülerinnen und Schüler gegen schleswig-holsteinische Schülerinnen und Schüler gegenrechnen kann - es wird eine teure Tasse Tee.
Ich will darauf hinweisen, dass die Ausgleichszahlungen der Gemeinden nach wie vor unter denen liegen, die eine Gemeinde in Schleswig-Holstein zu tragen hat, wenn sie ihre Schülerinnen und Schüler bei einem anderen Schulträger zur Schule schickt. Auch da gibt es eine gewisse Ersparnis, weil es keinen Vollkostenausgleich gibt.
Ich habe in meiner Rede 2010 darauf hingewiesen, dass die Schulkostenbeiträge, die 2010 in Schleswig-Holstein gezahlt worden sind, höher waren als die Ausgleichszahlungen, die im Augenblick die Gemeinden an das Land leisten.
Das muss man alles zusammenfassen. Dann muss man gucken, ob es wirklich diese Benachteiligung gibt. Wenn es so ist, stehe ich nach wie vor dafür ein, dass wir mit den Gemeinden reden müssen, wie wir zu einer anderen Lösung kommen. Das heißt aber nicht, dass ich das an der Stelle gesetzlich festschreiben möchte.
Ich habe eine weitere Meldung für einen Dreiminutenbeitrag vom Kollegen Habersaat von der SPDFraktion. Er hat jetzt das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Weil mehrfach angesprochen worden ist, was für wundersame Vorschläge ich in den Raum gestellt habe, ein einfaches Rechenbeispiel: Wenn aus SchleswigHolstein 100 Schülerinnen und Schüler in Hamburg zur Schule gehen und gleichzeitig aus Hamburg 100 Schülerinnen und Schüler eine Schule in Schleswig-Holstein besuchen, wäre es aus meiner Sicht eine faire Regelung, wenn man sagen würde:
Von dieser Grundüberlegung ausgehend habe ich einen Vorschlag entwickelt, der natürlich berücksichtigt, dass die Finanzierung von Schule in Hamburg anders funktioniert als in Schleswig-Holstein. Da liegen Schulträger- und Lehrerfinanzierung in einer Hand, in Schleswig-Holstein haben wir das Land als Ebene, die die Lehrerinnen und Lehrer stellt, und die Kommunen, die als Schulträger tätig sind. Deswegen wird man natürlich eine Lösung finden müssen, wo das geteilt wird. Es bestreitet im Hamburger Rand niemand, dass es fair ist, dass sich die Kommunen daran beteiligen.
Wenn wir jetzt darüber nachdenken, eine gemeinsame Schulentwicklungsplanung mit Hamburg im Hamburger Rand hinzubekommen, und es, wenn die Schülerinnen und Schüler oder Eltern die Wahl haben, durchaus denkbar ist, dass der Grenzverkehr in beide Richtungen stattfindet, vielleicht sogar noch stärker, als es heute schon der Fall ist, dann ist es doch nur eine natürliche Folge, im Auge zu haben, wie die einzelnen Schülerinnen- und Schülerströme sind, ob ich dann bei einer 100-100-Regelung bin oder woanders.