Protokoll der Sitzung vom 23.02.2012

Im Kaiserreich ist der NOK in seiner jetzigen Form gebaut worden - es folgten leichte Veränderungen später, 1888 bis 1895 - ein Rüstungsprojekt.

(Wortmeldung des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Das Kaiserreich ist gegangen - Herr Kubicki geht auch, und deswegen beantworte ich keine Zwischenfrage -, und der Kanal ist geblieben. Kanäle sind, sobald sie fertig sind, zu klein aufgrund der rasanten technischen Entwicklung. Auch das ist keine neue Erkenntnis.

Die Geschichte des Kanals zeigt: Eingriffe in die Natur sind zwar nötig, aber beim Kanal ist die Ökobilanz positiv. Es wird viel Zeit und viel Treibstoff gespart; das ist schon erwähnt worden.

Der Nord-Ostsee-Kanal ist die meist befahrene künstliche Wasserstraße der Welt - ich sage das noch einmal -, zumindest gemessen an der Anzahl der Bruttoregistertonnen. 97 % der Güterverkehre

(Oliver Kumbartzky)

weltweit gehen über Wasser. - Der Ausbau des Kanals ist also eine wichtige Infrastrukturmaßnahme.

(Beifall bei der LINKEN)

2008 passierten über 42.000 Schiffe den Kanal. Wir hatten durch die Finanz- und Wirtschaftskrise einen leichten Knick. Jetzt geht es wieder aufwärts: 42.000 Schiffe mussten nicht den Umweg ums Skagerrak auf sich nehmen; es ist auch ein bisschen gefährlich, da um die Ecke zu fahren. 42.000 Schiffe, die durch die Passage des Nord-Ostsee-Kanals Zeit und Unmengen an Treibstoff sparten - ökologisch und ökonomisch eine große Erleichterung.

(Anhaltende Unruhe)

Nach dem Ausbau könnten es noch deutlich mehr Schiffe sein. Nach Verbreiterung auf durchgehend 70 m wäre der Kanal auch für Schiffe bis zu 280 m Länge passierbar. Bisher ist bei 235 m Länge Schluss. Auch Staus und langen Wartezeiten wäre durch den Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals ein Ende gesetzt. Übrigens hätten wir auch mehr Sicherheit auf dem Kanal. Sie alle wissen um die Unfälle, die wir in letzter Zeit gehabt haben.

Verkehrsvermeidung ist ein Grundpfeiler im Verkehrskonzept der LINKEN. Dazu gehört auch die Abkürzung der Fahrstrecken. Deshalb brauchen wir den Ausbau des Kanals.

(Beifall bei der LINKEN)

Leider verweigert sich die Koalition in Berlin. Die Geschichte um den notwendigen Ausbau des Kanals - ich habe es schon gesagt - entwickelt sich zu einer unendlichen Geschichte. Es muss endlich Geld in die Hand genommen werden, um die notwendigen Maßnahmen umzusetzen. Aber ich höre aus Berlin schon das Wort „Schuldenbremse“, und ich hörte hier schon das Wort „Gegenfinanzierung“. Hier zeigt sich wieder einmal: Die Schuldenbremse ist auch eine Kanalausbaubremse.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die Fraktion des SSW erteile ich Herrn Abgeordneten Lars Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Zielrichtung unterstützen wir selbstverständlich das Ansinnen, den Nord-Ostsee-Kanal bedarfsgerecht auszubauen, wie alle anderen hier im Hause auch. Bedarfsgerecht bedeutet für uns,

dass wir die Kanalschleuse bei Brunsbüttel brauchen, dass wir den Ausbau auf der Oststrecke benötigen und dass der Kanal in naher Zukunft natürlich auch vertieft werden muss. All diese Maßnahmen sind notwendig, um den Kanal für die Zukunft fit zu machen und ihn in der Konkurrenz mit dem Seeweg um das Skagerrak herum zu stärken. Hier gibt es keinen großen Dissens.

Dass Gelder erst bei Planungsreife der jeweiligen Projekte abgerufen werden können, ist auch klar. Die Planungsreife für den Ausbau des östlichen Kanals ist noch nicht erreicht, da hier noch einige Einsprüche gegen das Verfahren entgegenstehen. Somit müssen wir noch etwas warten, auch mit der Vergabe der Mittel. So ist es nun einmal in einem Rechtsstaat, in dem Rechtsmittel genutzt werden. Ich bin ganz froh darüber, dass wir in so einem Rechtsstaat leben.

(Beifall der Abgeordneten Anke Spooren- donk [SSW] und Wolfgang Kubicki [FDP])

Es besteht die Hoffnung, dass die Planungsreife bis zum Jahresende erreicht wird und wir dann in die konkrete Umsetzung und Finanzierung einsteigen können.

Die mögliche Vertiefung des Kanals ist davon aber noch nicht berührt. Hier stehen wir erst am Anfang, sodass die Zeiträume, nach denen wir mit dem Projekt konkret weiterarbeiten können, noch viel länger sind.

So gesehen gibt es eigentlich keinen Grund, hier über den Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals zu sprechen, wo wir doch im Ziel alle einig sind. Auch die Zeitfristen sind uns allen klar, und trotzdem gibt es natürlich einen Konflikt, der aber im Dringlichkeitsantrag von Grünen, SPD und der LINKEN nicht gleich ersichtlich ist. Es geht nämlich nicht um inhaltliche Fragen, sondern vielmehr um eine allgemeine finanzielle Frage, nämlich wie die Projekte konkret finanziert werden sollen.

Der Konflikt, der entstehen könnte, wird im vorliegenden Antrag mehr oder weniger umgangen. Vor dem Hintergrund, dass die Mittel für den Ausbau von Verkehrsstrecken natürlich begrenzt sind, kann man die Frage nicht ausklammern, wie denn der gewünschte und notwendige Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals finanziert werden soll. Für die Schleuse bei Brunsbüttel gibt es Mittel, aber für die Vertiefung und den Ausbau der Oststrecke eben nicht. Bei begrenzten Mitteln stellt sich dann die Frage, auf was möglicherweise zugunsten dieses wichtigen Projekts verzichtet werden könnte.

(Ulrich Schippels)

Meine Damen und Herren, genau hier wird es politisch. Im Gegensatz zu den Antragstellern sehen wir den Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals nicht nur als ein rein landespolitisches Projekt oder als ein Projekt der norddeutschen Küstenländer an, sondern wir sind der Auffassung, dass dies ein wichtiges nationales Projekt ist. Somit ist für uns klar, dass die wünschenswerten Ausbaumaßnahmen beim Nord-Ostsee-Kanal nicht auf Kosten von wichtigen landespolitischen Infrastrukturmaßnahmen gehen dürfen.

Um es ganz klar zu sagen: Der Weiterbau der A 20 mit Elbquerung, der Ausbau der A 7, die Verlängerung der A 21 und die vielen Bahnstrecken, die verbessert werden müssen, sind extrem wichtige Infrastrukturmaßnahmen, die nicht gefährdet werden dürfen. Deswegen machen wir das Spiel von Verkehrsminister Ramsauer nicht mit, das da heißt: Wenn ihr den Ausbau des Kanals wollt, müsst ihr auf ein anderes Projekt verzichten. Zumindest darf es nicht sein, dass für ein solches nationales Projekt regionale Projekte zurückgestellt werden. Hier unterscheiden wir uns möglicherweise voneinander.

(Beifall beim SSW)

Wir sind gern bereit, das wichtige Projekt Kanalausbau in einen Topf mit anderen nationalen Projekten zu legen. Dann sind wir bei TEN-Projekten wie der Fehmarnbelt-Querung oder der Elbvertiefung oder möglicherweise auch bei Maßnahmen, die in Süddeutschland stattfinden.

Wenn ich die Wahl zwischen der wenig sinnvollen Elbvertiefung und der extrem notwendigen Vertiefung des Nord-Ostsee-Kanals hätte, weiß ich auch, wie ich mich entscheiden würde. Dann ist die Kanalvertiefung wichtiger, nicht nur für den Hamburger Hafen, sondern auch für alle anderen deutschen Häfen an der Nord- und Ostseeküste. Strategisch hilft uns der Kanalausbau auf dem internationalen Feld eher weiter als die Elbvertiefung.

(Beifall beim SSW - Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Guter Mann!)

Aber trotzdem müssten wir festhalten, dass die regionalen Verkehrsprojekte, die gut für SchleswigHolstein und gut für Norddeutschland sind, nicht infrage gestellt werden dürfen, wenn es um unseren Kanal geht. Vielmehr ist nach unserer Auffassung der Bund in einer Bringschuld, die nationale Aufgabe Kanalausbau zu bewältigen - und das nicht auf unsere Kosten.

(Beifall beim SSW)

Für die Landesregierung erteile ich dem Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr, Herrn Jost de Jager, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir sind uns alle einig, dass der Nord-Ostsee-Kanal eine international bedeutsame Wasserstraße und ein Verkehrsweg von nationaler Bedeutung für Deutschland ist. Ich brauche nicht - weil andere es schon getan haben - noch einmal die Zahlenreihen im Hinblick auf Güterverkehr, Frequenz und so weiter vorzulesen, weil einfach klar ist, wie wichtig diese Wasserstraße für uns alle ist. Weil wir uns in dieser Frage so einig sind, ist das, was wir hier beredet haben und was der wegweisende Antrag des Abgeordneten Tietze hier in Gang gesetzt hat, natürlich nicht mehr als ein Sturm im Wasserglas.

(Zuruf von den LINKEN)

- Ja, das ist so. Es ist nicht mehr als ein Sturm im Wasserglas, der nicht einmal die Kanalböschung erreichen würde. Denn es ist doch völlig klar, dass zum Beispiel der Beginn des Baus der fünften Kanalschleuse in Brunsbüttel der Einstieg in die Erweiterung des Nord-Ostsee-Kanals ist. Es ist doch denklogisch völliger Unsinn zu sagen, dass der Schleusenbau sinnlos wäre, wenn nicht die Kanalerweiterung kommt. Richtig wäre zu argumentieren, dass die Schleuse der erste Schritt der Kanalerweiterung ist.

(Beifall bei CDU, FDP und vereinzelt beim SSW)

Deshalb ist es ein Erfolg dieser Landesregierung zusammen mit den Bundestagsabgeordneten in Berlin - gewesen, dass sie dafür gesorgt und sichergestellt hat, dass das Geld für diesen Schleusenneubau auch tatsächlich zur Verfügung gestellt wird. Das ist schon einmal ein sehr wichtiger Punkt.

Frau Poersch, ich würde doch sagen: Auch wenn wir Wahlkampf haben, sollte man ein bisschen aufpassen. Dieses Vorhaben Schleusenneubau in Brunsbüttel als Beruhigungspille zu bezeichnen, wird nun wirklich der Aufgabe und auch der Bedeutung dieser Maßnahme nicht gerecht.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wir reden über eine Maßnahme - allein für die Schleuse - in Höhe von 300 Millionen €. Wenn Sie die Dinge hinzurechnen, die noch hinzukommen,

(Lars Harms)

die Sanierung der alten Schleusen und so weiter, landen Sie brutto bei 500 Millionen €. Das ist die Hälfte dessen, was der Bundestag dem Verkehrsminister überhaupt zusätzlich zur Verfügung gestellt hat. Dann zu sagen, das sei eine Beruhigungspille, wird überhaupt nicht dem gerecht, was die Bundesregierung und der Bundestag damit entschieden haben, nämlich die Stärkung eines Verkehrswegs in Norddeutschland. Das muss man auch einmal festhalten.

(Beifall bei CDU und FDP)

Dann wird immer wieder der Eindruck erweckt, als wenn diese ganzen Mittel schon einmal im Haushalt gestanden hätten und dann irgendwie herausgeflogen wären. Wenn man die Zeitungsartikel dazu liest, denkt man, dass der ehemalige Verkehrsminister Tiefensee eine Art Schutzheiliger des NordOstsee-Kanals gewesen ist.

(Heiterkeit)

Dazu sage ich Ihnen: Das war er nicht. Auch die Behauptung, die Mittel für die Kanalerweiterung würden jetzt nicht mehr zur Verfügung stehen, ist falsch, weil sie nie zur Verfügung gestanden haben. Denn Minister Tiefensee hat zwar immer darüber gesprochen, aber er hat nie veranlasst, dass irgendwo eine Summe eingestellt wird. Insofern haben wir hinsichtlich der Finanzierung der Erweiterung des Nord-Ostsee-Kanals überhaupt keine Statusverschlechterung.

(Beifall bei CDU und FDP - Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Insofern kann ich Ihre Frage nicht mehr zulassen, weil ich mit meinem Beitrag fertig bin.

Sie sehen, es ist sichergestellt, dass wir - genauso wie wir es bei der Kanalschleuse erreicht haben die Erweiterung des Kanals erreichen werden, dass diese Mittel kommen werden. Es gibt eine klare Interessenwahrnehmung Schleswig-Holsteins in Berlin in dieser Frage. Sie werden es in Kürze erleben, Herr Abgeordneter Tietze, es gibt auch eine erfolgreiche Interessenwahrnehmung dieser Landesregierung für die Interessen Schleswig-Holsteins, was die A 20 anbelangt.