Protokoll der Sitzung vom 23.02.2012

(Beifall bei FDP und CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben feststellen müssen, dass mehr Anbieter, als wir jemals gedacht hatten, sich darum bewerben, in SchleswigHolstein eine Lizenz zu erhalten. Wir stellen mittlerweile auch fest, Herr Kollege Dr. Dolgner, dass selbst in den Vereinigten Staaten ein komplettes Umdenken stattfindet - so der ehemalige Direktor des FBI, der ehemalige Direktor der Homeland Security -, weil festgestellt worden ist, dass man den Online-Bereich ansonsten nicht regulieren kann; denn erste staatliche Aufgabe ist es, den Online-Bereich zu regulieren.

Diejenigen Anbieter, die von uns eine Lizenz erhalten, erfüllen sämtlich scharfen Kriterien, was die Abwicklung des Glücksspiels und die Abwicklung des Zahlungsverkehrs angeht.

(Zuruf von der CDU: So ist es!)

Nur die sind in der Lage, Geldwäsche wirksam auszuschließen. Geldwäsche nämlich findet momentan über diejenigen Anbieter statt, die auf den Caymen Islands oder sonst wo sitzen.

Herr Dr. Dolgner, man könnte fast vermuten, dass Sie von denen gesponsert werden, die nicht wollen, dass wir eine ordentliche Regulierung herstellen.

(Beifall bei der FDP)

Es geht nämlich nicht nur um fiskalische Interessen, sondern darum, endlich einen rechtssicheren Raum zu schaffen, wozu die Ministerpräsidenten der anderen Länder bisher nicht in der Lage waren. Ich bin mir sicher, Herr Dr. Dolgner - wir sehen uns ja noch einmal wieder -, dass Sie in ein paar Wochen feststellen werden, dass auf europäischer Ebene das, was wir als Gesetz in die Welt gesetzt haben, nicht nur akzeptiert ist, sondern auch Nachahmer findet, während das, was Sie wollen, schlicht und ergreifend von der Bildfläche verschwinden wird.

(Beifall bei FDP und CDU)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich der Frau Abgeordneten Monika Heinold.

(Wolfgang Kubicki)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch wir Grüne wollen einen neuen Rechtsrahmen für das Glücksspiel schaffen, gerade für das Glücksspiel im Netz. Wir wollen aber auch eine bundeseinheitliche Lösung. Das haben wir immer wieder gesagt.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Die wird ja kom- men!)

Wir halten es für falsch, dass in Schleswig-Holstein Lizenzen vergeben werden, bevor wir Klarheit darüber haben, ob es nicht doch eine bundeseinheitliche Lösung geben kann. Das ist zentral.

Wir alle warten zurzeit auf die Bewertung der Europäischen Kommission. Wir warten schon lange; das stimmt uns nicht froh. Manchmal dauert es etwas länger. Auf jeden Fall wird die Europäische Kommission in den nächsten Wochen sagen, ob der Staatsvertrag rechtskonform ist. Wenn er rechtskonform ist, wäre es gut, wenn sich Schleswig-Holstein anschlösse. Wenn er nicht rechtskonform ist, gehe ich davon aus, dass die anderen 15 Länder nachjustieren und wir uns dann anschließen.

Das Problem bei Ihrem Gesetz - das ist ein Problem für uns, für Sie ist es wahrscheinlich eine heimliche Freude oder Genugtuung - ist, dass die Lizenzen zum 1. März vergeben werden und für sechs Jahre gültig sind. Das heißt, wenn Sie - über 80 Lizenzen stehen im Raum - ab 1. März in Schleswig-Holstein über 80 Lizenzen an weltweite Anbieter vergeben werden, die sechs Jahre Gültigkeit haben, dann hat das Land kaum noch eine Chance, ohne Schadenersatzansprüche beispielsweise zum Sommer aus diesem Gesetz wieder rauszukommen. Das ist das, was wir auf das Heftigste kritisieren.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD - Zuruf des Abgeordneten Wolf- gang Kubicki [FDP])

Wir haben einen Landtag, von dem wir alle wissen, dass er sich sozusagen relativ schnell erledigt hat. Wir haben Neuwahlen, weil wir in Schleswig-Holstein eine Situation haben, in der das Gericht die Legitimation des Landtags infrage gestellt hat. In dieser Situation -

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Nein, nein! - Pe- ter Lehnert [CDU]: Das stimmt nicht! - Hans-Jörn Arp [CDU]: Dann hätten wir über- haupt keine Gesetze verabschieden dürfen! - Weitere Zurufe von CDU und FDP)

- Wir dürfen Gesetze verabschieden, aber die Legislaturperiode muss vorzeitig beendet werden, weil der Landtag nicht verfassungskonform zusammengesetzt ist.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Unglaublich!)

Nun muss sich so ein Landtag immer wieder fragen, mit welchen Mehrheiten er hier etwas beschließt.

(Zurufe von CDU und FDP - Glocke des Prä- sidenten)

- Ich verstehe, dass Sie das nicht hören mögen, weil das ein ziemlich mieser politischer Stil ist, den Sie mit diesem Glücksspielgesetz betreiben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Das will ich auch sehr deutlich sagen. In dieser Situation, kurz vor einer Landtagswahl, Lizenzen zu vergeben, die über die nächste Legislaturperiode hinweg gültig sind

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Dann dürften wir auch keinen Haushalt aufstellen!)

und die, ohne Schadenersatzansprüche gegen das Land auszulösen, nicht wieder zurückzuholen sind, finden wir falsch.

(Christopher Vogt [FDP]: Was ist das für ein Parlamentsverständnis, Frau Heinold?)

- Ich kann Ihnen mein Parlamentsverständnis erklären! - Damit begibt sich Schleswig-Holstein auf einen Alleingang, weil an einer Stelle allein in Schleswig-Holstein etwas geregelt wird, was eigentlich bundeseinheitlich geregelt werden müsste. Deshalb halten wir es für falsch, dass die Stadt Kiel schon jetzt Sponsorenverträge abschließt. Wir halten jedes Signal an die Glücksspielindustrie für falsch,

(Christopher Vogt [FDP]: Wer regiert in Kiel?)

das sagt, Sie könnten im Alleingang bekommen, was Sie in anderen Ländern nicht bekommen können.

Meine Damen und Herren, der Ministerpräsident hat immer wieder gesagt, er lasse die Tür für eine bundeseinheitliche Lösung offen. Das kann nur ernst gemeint sein, wenn das Gesetz zurückgenommen wird oder zumindest so lange ausgesetzt wird

(Zuruf)

- ja! -, bis wir beurteilen können, ob es nicht doch eine bundeseinheitliche Lösung gibt.

Wenn Sie vorher über 80 Lizenzen erteilen, hat sich das mit der bundeseinheitlichen Lösung erledigt.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Gerade nicht!)

Das ist Türen zuschlagen und nicht Türen offen lassen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Deshalb sage ich Ihnen: Nutzen Sie heute Ihre Chance, dem Gesetzentwurf der SPD zuzustimmen! Alles andere wäre ein norddeutscher Schildbürgerstreich zulasten unseres Landes.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Das Wort für die Fraktion DIE LINKE erteile ich dem Herrn Abgeordneten Ulrich Schippels.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Frau Heinold, ich teile Ihre Einschätzung, was das Demokratieverständnis von CDU und FDP angeht.

(Lachen bei CDU und FDP)

Wir werden tatsächlich über die Legislaturperiode hinaus gebunden. Ich hoffe, dass Sie das auch beispielsweise bei ÖPP-Projekten überlegen. Dort werden nämlich Ausgaben über 30 Jahre gebunden. Das ist beispielsweise beim UKSH geplant. Da werden sozusagen den nächsten Generationen, die hier im Landtag sitzen, Fesseln angelegt. Ich hoffe, dass sich die Einsicht wiederfindet, wenn wir über ÖPP beim UKSH reden.

(Beifall des Abgeordneten Björn Thoroe [DIE LINKE])

Herr Kubicki, ich gebe Ihnen sehr selten recht, aber was die Einschätzung der SPD-Position angeht, wage ich gar nicht, Ihnen zu widersprechen. Die SPDPosition ist wirklich nicht konsistent. Bei Herrn Albig sind wir das ja schon gewohnt. Ich hoffe aber, dass sich das irgendwann einmal ändern wird. Es macht allerdings das Glückspielgesetz nicht besser, wenn die SPD so wackelt, wie sie das tut.

(Beifall des Abgeordneten Björn Thoroe [DIE LINKE])

„Gipfeltreffen der Online-Zocker in Norderstedt“, das war die Überschrift eines Artikels im „Hambur

ger Abendblatt“ zum Treffen Anfang Januar in Norderstedt. Knapp 200 Wettanbieter trafen sich mit ihren Freunden von der Landesregierung,

(Lachen bei CDU und FDP - Hans-Jörn Arp [CDU]: Was Sie machen, ist unerhört!)