Aber natürlich ist es so - das haben wir in der Diskussion zu den zahlreichen Auswirkungen zur Finanzkrise gehört -, dass entwicklungspolitische Ziele mehr denn je in den Hintergrund der politischen Aufmerksamkeit und des politischen Handelns getreten sind.
Liebe Frau Kollegin Spoorendonk, könnten Sie mir sagen, wo wir oder irgendjemand anderes gesagt haben, dass Entwicklungspolitik Luxus sei? Mein Redebeitrag hat klar gesagt, dass ich es als ein Gebot der Nächstenliebe und darüber hinaus empfinde.
Ich weiß nicht, was Sie gesagt haben. Ich habe gehört: Können wir uns das noch leisten? Wenn Sie einem Hartz-IV-Empfänger erklären sollen, dass Sie Geld für Entwicklungshilfe ausgeben, wie würden Sie darauf reagieren? Ich muss sagen, meine Schlussfolgerung ist naheliegend.
Wenn ich mir den Redebeitrag von Frau Kollegin Klahn anhöre, dann denke ich auf jeden Fall, dass es naheliegend ist, es so zu sehen. Sie müssen sich noch einmal durchlesen, was Sie selbst gesagt haben, lieber Herr Kollege von Abercron.
Wichtig ist natürlich daran festzuhalten, dass globale Solidarität sich nicht in einer Landtagsdebatte erschöpfen lässt nach dem Motto: Gut, dass wir mal wieder darüber geredet haben. Ich denke, es stünde uns gut zu Gesicht, diese Anliegen im Ausschuss noch einmal miteinander zu beraten. Auch wir sind wirklich für eine Ausschussberatung.
Tatsächlich sinken die ODA-Ausgaben, die Official Development Assistance-Ausgaben, im Landeshaushalt und liegen derzeit unter 200.000 €. Das ist ein dürftiges Feigenblatt. Die Landesregierung verwies in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage des Kollegen Schippels darauf, dass bei der Entwicklungszusammenarbeit die Bemühungen zur Haushaltskonsolidierung berücksichtigt werden müssen. Das war der Tenor Ihres Beitrages, Frau Klahn. Das kann irreführend dazu verleiten zu sagen: Wir können uns das überhaupt nicht mehr leisten.
Damit hat es Schleswig-Holstein auf den letzten Rang unter allen Bundesländern geschafft, also Schleswig-Holstein ist ein entwicklungspolitisches Schlusslicht in der Bundesrepublik.
Aus der besagten Antwort der Landesregierung geht weiter hervor, dass sie für sich nicht beansprucht, eine eigene Strategie bei der Entwicklungszusammenarbeit zu verfolgen. Fraglich aus unserer Sicht ist jedoch, ob die von der Fraktion
Die Selbstverpflichtung des Landes in Sachen Beschaffung wäre natürlich eine Möglichkeit. In Lübeck hat man sich per Ratsbeschluss der Fair-Trade-Bewegung angeschlossen und ermuntert die regionale Wirtschaft, fair gehandelte Produkte anzubieten beziehungsweise auszuschenken.
Das Gleiche gilt für das Studentenwerk, das FairTrade-Kaffee in den Mensen anbietet. Das sind Bausteine für eine entwicklungspolitische Strategie, weil die Erzeuger unabhängiger vom Welthandel werden und abseits der herrschenden Spekulationsgeschäfte rund um Rohstoffe wie Kakao und Kaffee eine stabile Wirtschaft aufbauen können.
Die Strukturprobleme der südlichen Länder fußen ich sagte es bereits - auf Ausbeutung durch die entwickelte Welt, sei es durch ruinöse Preise oder etwa durch subventionierte EU-Exporte, die zum Beispiel in Kamerun die ansässigen Hühnerbetriebe in die Pleite trieb.
Realistischerweise wage ich zu bezweifeln, dass es möglich sein wird, auf Landesebene dieses verpflichtend durchzuführen. Fakt ist aber auch: Eine solide wirtschaftliche Grundlage versetzt die Erzeuger in der Dritten Welt in die Lage, ihre Kinder von der Produktion freizustellen und sie zur Schule zu schicken.
Was tun? - Wir alle wissen, dass das Eine-WeltEngagement in Schleswig-Holstein ausschließlich von regionalen NGO getragen wird. Wer sich die Netzwerkliste anschaut, sieht, dass die Kirche und viele Bildungsträger vertreten sind. Das Land hat sich aus dieser Arbeit zurückgezogen. Da hilft es auch nicht zu sagen, dass die Landesregierung neben fachlicher Beratung insbesondere Veranstaltungen und Seminare zu Nachhaltigkeitsthemen initiiert.
Damit meine ich nicht, dass neue Stellen oder Institutionen geschaffen werden sollen. Um seiner entwicklungspolitischen Verantwortung gerecht zu werden, müsste das Land aber schon mehr leisten und dort, wo es direkten Einfluss hat, auch gezielt darauf hinwirken, dass global gedacht und lokal gehandelt wird. Soll heißen: Bingo-Lotto ist gut, aber Konzepte für Bildungskooperationen wirken nachhaltiger. Das gilt zuerst natürlich für den Hochschulbereich, wobei ich lobend den Studiengang Energie- und Umweltmanagement an der Uni Flensburg erwähnen möchte, weil dort Studienplät
Damit solche Ansätze verstetigt werden können, brauchen wir neue konzeptionelle Überlegungen. Es ist nötig, dass sich das Land den Hut der Verantwortung aufsetzt.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In den vergangenen Jahren hat sich die Verantwortung für die Entwicklungszusammenarbeit neben dem Bund auch auf die Länder, die Kommunen und die Zivilgesellschaft verlagert. Der Grundgedanke dieses Ansatzes ist, dass jede Ebene ihre spezifischen Stärken und Kernkompetenzen in die Entwicklungszusammenarbeit einbringt. In diesem Rahmen nimmt Schleswig-Holstein seine Verantwortung für die Entwicklungszusammenarbeit wahr.
Es ist richtig: Wir konzentrieren uns dabei überwiegend auf die entwicklungspolitische Inlandsarbeit.
Schwerpunkte sind: Informations- und Bildungsarbeit und die Unterstützung von Kommunen und Schulen bei der Gestaltung von Nord-Süd-Partnerschaften und anderen Aktivitäten. Diese Leistungen fließen übrigens nicht in die ODA-Leistungen ein und sind deshalb in dem Vergleich nicht vorhanden.
Wir arbeiten eng mit der kommunalen Ebene der Nordelbischen Kirche und dem Bündnis Eine-WeltSchleswig-Holstein zusammen. Für mich ist diese Inlandsarbeit eine sehr wertvolle Arbeit. Hierein geht sehr viel Engagement vieler Menschen. Ich finde es nicht gut, wenn diese Inlandsarbeit kleingeredet wird.
Die Debatte um die Finanzen will ich hier nicht wiederholen. Ich will aber auch auf die Haushaltslage des Landes hinweisen. Ich halte es für eine
sehr verengte Sichtweise, wenn die Entwicklungspolitik nur anhand von bezifferbaren Ausgaben bewertet wird. Für mich ist Entwicklungspolitik mehr.
Meine Damen und Herren, der vorliegende Antrag geht in grundlegenden Punkten von unzutreffenden Annahmen aus und ist in seinen Aussagen für die entwicklungspolitische Praxis aus meiner Sicht nicht geeignet. Zwei Beispiele dafür:
Eine Zuordnung von Maßnahmen der Entwicklungszusammenarbeit zu einzelnen Millenniumzielen ist schwierig und insbesondere im Bereich der entwicklungspolitischen Inlandsarbeit in der Regel auch überhaupt nicht möglich. Diese entwicklungspolitische Bildungsarbeit zielt darauf ab, globale Wirkungszusammenhänge zu vermitteln und Handlungskompetenzen zu stärken. Dieser übergreifende und nur mittelbar wirkende Ansatz lässt eine eindimensionale Zuordnung zu einzelnen Zielen wie Kindersterblichkeit oder Nachhaltigkeit nicht zu.
Der Aufbau einer zusätzlichen Nord-Süd-Partnerschaft des Landes ist für mich keineswegs gleichbedeutend mit einer guten und effektiven Entwicklungszusammenarbeit. Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass nur über lange Jahre gewachsene Partnerschaften, die sowohl im Staat als auch in der Gesellschaft verankert sind, einen entwicklungspolitischen Mehrwert bringen. Die Erfahrungen zeigen auch, dass Partnerschaften zwischen Bundesländern und Ländern des Südens durchaus Problempotenzial bergen, insbesondere wenn Bundesländer aufgrund ihrer beschränkten Kapazitäten und Mittel und aufgrund ihrer fehlenden außenpolitischen Befugnisse den Erwartungshaltungen der Partnerstaaten nicht gerecht werden können.
Es gibt also gute Gründe für die bestehende Arbeitsteilung zwischen Bund und Ländern. Die Kompetenzen der Länder liegen ersichtlich in der entwicklungspolitischen Inlandsarbeit, die des Bundes in der Auslandsarbeit. Und daran sollten wir festhalten.
Diese Aspekte verdeutlichen, dass der Antrag der Fraktion DIE LINKE in die falsche Richtung weist. Die Entwicklungszusammenarbeit in SchleswigHolstein ist unter den gegebenen Rahmenbedingungen gut aufgestellt. Neue Handlungsfelder eröffnen hieße, die vorhandene Konzentration der Ressourcen aufzulösen und damit im Ergebnis die Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit in Schleswig-Holstein zu schwächen.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. - Doch, ja; das habe ich sogar auch notiert. Entschuldigung! Die Kollegin Sandra Redmann von der SPD-Fraktion hatte sich zu einem Dreiminutenbeitrag gemeldet. Der sei ihr natürlich gewährt.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Klahn! Das Land Schleswig-Holstein muss sich nicht um Entwicklungshilfe kümmern. Das war Ihre Aussage, eine interessante Ansicht. Auf der Ministerpräsidentenkonferenz 2008 wurde die besondere Mitverantwortung der Bundesländer unterstrichen und in einem von allen Bundesländern angenommenen Beschluss festgelegt. Informieren Sie sich doch einfach einmal, bevor Sie solche Reden halten.
Horst Köhler hat auf dieser Konferenz noch einmal die ganz besondere Bedeutung und Verantwortung der einzelnen Länder dargestellt. Auch die Frau Ministerin hat das eben getan.
Frau Klahn, ob das nun Frauenpolitik oder Entwicklungshilfe ist oder zu welchen Themen Sie auch immer sprechen, Sie sind echt auf dem Stand der 50er-Jahre stehen geblieben.
Ich weiß nicht, ob Sie nicht wollen oder ob Sie das nicht können. Aber in dieser Arroganz darüber zu sprechen, wie sich viele, viele Menschen ehrenamtlich - eben wurde es ja auch noch einmal gesagt -, auch in der Kirche engagieren, ob das im Bereich Fair Handeln ist beispielsweise, ob wir als Land solche Kampagnen in dem Bereich auch unterstützt haben - das haben Sie eben alles so weggewischt, als wenn das alles nur Mist und Humbug wäre. So jedenfalls haben Sie in Ihrer Rede eben gesprochen.
Die derzeitigen Verlierer der Globalisierung sind die Entwicklungsländer. Darum kann man nicht herumreden.
Und auf deren Rücken leben wir hier in Wohlstand. Dann so eine anmaßende Rede zu halten, das sucht schon seinesgleichen.