Protokoll der Sitzung vom 22.03.2012

dass Schulsozialbezirke zusammengefasst werden und ein Schulsozialarbeiter für drei oder vier Schulen zuständig ist. Das ist uns einfach zu wenig.

(Beifall bei der LINKEN und der Abgeord- neten Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

In dem Bericht wird auch gesagt, dass es zur weisungsfreien kommunalen Pflichtaufgabe gehört. Aber Sie wissen, dass die Kommunen in finanziellen Schwierigkeiten stecken und letztlich oft gar nicht in der Lage sind, die zusätzlichen Mittel zu finanzieren. Wie werden denn die Schulsozialarbeiter momentan bezahlt? - Sie haben befristete Arbeitsstellen für die ganze Zeit, sie werden schlecht bezahlt und sie bekommen nicht unbedingt den Tarif, den andere bekommen, die in diesem Bereich tätig sind.

Wir können nur empfehlen: Schauen Sie einmal nach Frankreich oder in die Niederlande! Dort ist das flächendeckende Angebot wesentlich besser aufgestellt. Dort hat Schulsozialarbeit einen festen Platz im Schulsystem. Schulbegleiterinnen und Schulbegleiter sind dort bereits in den 70er-Jahren etabliert worden.

Vielfältige soziale Probleme an Grund-, Regionalund Gemeinschaftsschulen, erhöhter Leistungsdruck an den Gymnasien, steigende Zahlen von Kindern und Jugendlichen in jugendpsychiatrischer Behandlung erfordern den Ausbau der Schulsozialarbeit.

(Beifall bei der LINKEN und der Abgeord- neten Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir brauchen einen flächendeckenden Ausbau an allen Schularten, vor allem jedoch an den Grundund Förderschulen - was Sie zum Teil in kleinen Trippelschritten gemacht haben -, um frühzeitig präventiv wirken zu können.

Erfolgreiche Schulsozialarbeit entlastet auch die Jugendämter, den Allgemeinen Sozialen Dienst und die Jugendgerichtshilfe. Doch die Praxis auf kommunaler Ebene zeigt sich anders. Nach Gutdünken, Kassenlage und fachlicher Kompetenz der Sozialdezernenten und Jugendamtsleiter in den Kreisen werden Mittel für die Schulsozialarbeit bereitgestellt oder eben nicht. Ich weiß hier auch um die Schwierigkeit der Zusammenarbeit zwischen Schule und Jugendhilfe. Das ist zum Beispiel auch ein ganz dickes Brett, das hier gebohrt werden muss. Es ist nicht so einfach, diese Stellen an den Schulen zu besetzen.

Sie verweisen in Ihrem Ausblick zwar darauf, dass im kommenden Doppelhaushalt eine Erhöhung der Zuschüsse um weitere 3 Millionen € vorgesehen ist. Aber Herr Minister Klug, diese Lippenbekenntnisse retten Sie auch nicht über den 6. Mai herüber. Sie wissen auch gar nicht, wie das letztendlich weiter finanziert wird.

DIE LINKE fordert ein klares Konzept für eine funktionsfähige Schulsozialarbeit. Wir brauchen aber auch einen angemessenen Personalschlüssel:

(Beifall bei der LINKEN)

eine sozialpädagogische Fachkraft auf 150 Schülerinnen und Schüler. In dem Bericht werden nur zwei Lehrerwochenstunden pro Schulamtsbezirk für die Kooperation zwischen Jugendhilfe und Schulsozialarbeit bereitgestellt. Wenn ich vorher schon gesagt habe, wie schwierig diese Zusammenarbeit ist, weiß man, dass die zwei Lehrerwochenstunden meist überhaupt nicht ausreichen. Man muss keine Hellseherin sein, um jetzt schon zu sagen, dass es in der Form nicht funktionieren wird.

Wir brauchen ein professionelles Team für diese Zusammenarbeit, das übrigens auch im Hinblick auf die Umsetzung der Inklusion in der Schule un

(Antje Jansen)

erlässlich ist, und wir brauchen wir mehr zeitliche Ressourcen. Das heißt auch, dass wir mehr Geld in das System geben müssen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir werden nicht akzeptieren, dass Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter prekär beschäftigt werden, weil die Landesregierung die Kommunen immer weiter ausbluten lässt. Sie verlieren in Ihrem Bericht kein Wort darüber, wie Sie die Schulsozialarbeit langfristig sichern wollen. Was passiert, wenn die Mittel aus dem Bildungs- und Teilhabepaket 2013 auslaufen? - Darauf haben Sie keine Antwort.

DIE LINKE wird nicht - wie CDU und FDP - darauf hoffen, dass nach Auslaufen der Bundesfinanzierung möglicherweise Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds bereitgestellt werden. Wir betreiben kein Glücksspiel, wenn es um die Zukunft unserer Kinder geht.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir brauchen eine Politik der sozialen Gerechtigkeit. Um die Kontinuität von Schulsozialarbeit zu gewährleisten, sind unbefristete Stellen unerlässlich.

(Beifall bei der LINKEN und der Abgeord- neten Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

DIE LINKE fordert: Bringen Sie endlich eine langfristige Sicherung der Schulsozialarbeit auf den Weg, dann können wir auch über ein gelungenes Programm sprechen! Der Bericht heute gibt das jedenfalls nicht her, denn er ist mehr als dürftig, und er wirft mehr Fragen auf, als er Lösungen anbietet. Ich denke mir, der erste kleine Schritt ist gemacht, aber der große Wurf ist es nicht.

(Beifall bei der LINKEN und der Abgeord- neten Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Für die Fraktion des SSW hat die Fraktionsvorsitzende, Frau Abgeordnete Anke Spoorendonk, das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Gute an dem vorliegenden Bericht ist, dass er zur begrifflichen Klarstellung dieses Aufgabenfeldes beiträgt. Wie der Bericht ausführt, haben wir es

mit der Schnittstelle von Schule und Jugendhilfe zu tun und mit dem Ziel, die notwendige Kooperation von Jugendhilfe und Schule vor Ort zu stärken. Diese Arbeit - auch das gehört zur Wahrheit dazu ist in den Kreisen und kreisfreien Städten bisher sehr unterschiedlich geleistet worden. Zur Wahrheit gehört auch die Feststellung, dass wir uns in den letzten zehn Jahren immer wieder mit diesem Thema befasst haben, viele Debatten darüber geführt haben - mit durchwachsenem Ergebnis. Ich denke, wir müssen das auch sagen.

Liebe Kollegin Conrad, darum ist die Bejubelung dieses Berichts nun wirklich -

(Beifall der Abgeordneten Antje Jansen [DIE LINKE])

Ich sage es nicht so hart, aber ich finde, ein bisschen weniger wäre gut gewesen.

(Beifall beim SSW und vereinzelt bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LIN- KEN)

Aus Sicht des SSW gibt es aber auch keinen Grund, daran herumzumäkeln, dass die Angebote der kommunalen Träger seit dem Doppelhaushalt 2011/2012 durch eine Landesförderung von Schulsozialarbeit ergänzt werden. Wie der Bericht ausführt, ist das Geld für die Erstattung von Maßnahmen der Schulsozialarbeit, Zuwendungen an öffentliche Träger sowie Regiekosten bestimmt. Das ist die Maßgabe.

Hervorgehoben wird die ergänzende Förderung von Projekten in Höhe von - die Summe haben wir schon mehrfach gehört - 2,5 Millionen €. Das heißt, parallel fördert das Land die Kooperation von Jugendhilfe und Schule, Maßnahmen zur Verbesserung der Zusammenarbeit von Schule und Schulsozialarbeit, und das Land kofinanziert das Handlungskonzept „Schule & Arbeitswelt“. Hinzu kommen nun die Bundesmittel für Schulsozialarbeit mit mehr als 13 Millionen €, die den Kreisen als Teil des Bildungs- und Teilhabepakets bis 2013 für neue Projekte zur Verfügung stehen. Aber auch das ist genau das Problem. Wir wissen immer noch nicht, wie es mit den Bundesmitteln weitergehen wird.

(Beifall bei SSW und vereinzelt bei BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Wir teilen die Auffassung des Ministers, dass es notwendig ist, diese Mittel zu verstetigen. Ich weiß aber aus Gesprächen, dass viele Kreise gerade wegen dieser Unsicherheit sehr zurückhaltend sind, in

(Antje Jansen)

dem Bereich Schulsozialarbeit weiter zu investieren.

(Beifall bei der Abgeordneten Antje Jansen [DIE LINKE])

Wir haben also mehrere Landestöpfe und einen Bundestopf, aus denen Projekte finanziert werden können. Was wir nicht haben, ist ein schlüssiges Konzept, das alle Ebenen einbezieht, sodass anhand nachvollziehbarer Kriterien vor Ort die Mittel eingesetzt werden könnten. Bei der Umsetzung bleiben die Akteure also weitgehend sich selbst überlassen. In Nordfriesland etwa wurden mit den bereits seit dem Schuljahr 2009/2010 bestehenden Modellprojekten wie in Leck und Husum sehr positive Erfahrungen gemacht. Das haben uns Vertreter des Kreises, aber auch der beiden Kommunen bestätigt. Die neuen Fördermittel werden in das Projekt Jugendsozialarbeit in Schulen integriert und damit aufgestockt. Für 2012 rechnet der Kreis damit, dass die meisten Schulen mit Schulsozialarbeit ausgestattet werden. Die Schulsozialarbeiter werden dabei von einem freien Träger der Jugendhilfe angestellt, was aus meiner Sicht nicht völlig unproblematisch ist. Die Schulträger tragen 50 % der Kosten. Der in Nordfriesland praktizierte Schulraum-Ansatz - so nennen sie das -, ist ein Beispiel für eine gute, vernetzte, präventive Schulsozialarbeit. Insofern ist das auch ein gutes Beispiel dafür, dass Kreise ihre Spielräume nutzen.

Gleichwohl teile ich die Auffassung der Kollegin Erdmann, dass das Bild insgesamt sehr, sehr unterschiedlich ist. Denn gleichzeitig ist festzustellen, dass es an einigen Stellen, an mehreren Stellen, wirklich hakt, dass nämlich aus organisatorischen Gründen, aus Verwaltungsdesinteresse oder aufgrund der politischen Mehrheitsverhältnisse - auch das gibt es - einige Abläufe nicht konkretisiert werden oder intransparent ablaufen und dass auch die Mittelvergabe immer wieder ins Stocken gerät. Nicht überall scheint also die Erkenntnis angekommen zu sein, dass gute Schulsozialarbeit später Mittel in der Jugendhilfe und in den Schulen einspart. Wir erwarten, dass die Vorgaben der Landesregierung genau hier ansetzen.

Fakt ist aber, der Bericht gibt keine Antwort darauf, wie es konkret weitergehen wird. Nach einer Evaluierung soll die weitere Förderung vom Ergebnis und von der Höhe der künftig verfügbaren Mittel abhängen, sagt der Bericht. Er sagt weiter, CDU und FDP hätten sich verständigt - ich zitiere jetzt einmal -, „den Haushaltsansatz für 2013 und 2014 jeweils um 3 Millionen € jährlich zu erhöhen.“ Er sagt auch, dass die Landesregierung dann anstrebe,

Gelder aus dem Europäischen Sozialfonds für Schulsozialarbeit einzuwerben. - Das hört sich gut und schön an, aber alles ist wirklich noch sehr unkonkret.

Von daher muss ich noch einmal sagen: Ich hätte mir von dem vorliegenden Bericht sehr viel mehr erhofft. Ich meine, dass es notwendig und möglich gewesen wäre, uns heute einen anderen, vollständigeren Bericht vorzulegen.

(Beifall beim SSW sowie vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LIN- KEN)

Wenn es um das Kindeswohl geht, dann muss einfach mehr Fleisch bei den berühmten Knochen.

Weg von der Projektarbeit hin zur Verstetigung der Maßnahmen - das gibt Trägern Planungssicherheit und den Schulen eine Perspektive. Wir fordern daher, es muss eine von Land, Kreisen und Gemeinden getragene Evaluation geben. Die Finanzierung der Schulsozialarbeit muss verstetigt werden. Wir sprechen uns daher grundsätzlich dafür aus, dass diese sogenannte demografische Rendite im Bildungssystem verbleibt und zur Finanzierung der Schulsozialarbeit beiträgt.

(Beifall beim SSW und vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Finanzierung darf nicht dadurch erfolgen, dass an anderer Stelle massiv eingespart wird. Ich erinnere noch einmal an die vielen Bildungsdiskussionen, die wir in den letzten Monaten hier in diesem Haus und außerhalb, zum Beispiel in den Kreisen, geführt haben. Aus ihnen geht hervor, dass Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen durch Einsparung, durch Kürzungen, durch Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen, die Schulsozialarbeit selbst finanziert haben.

(Vereinzelter Beifall bei SSW, SPD, BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Anders formuliert: Es entzieht sich ganz einfach meiner Vorstellungskraft zu glauben, wieso Lehrkräften und den Schülerinnen und Schülern geholfen sein soll, wenn das, was vorn aufgebaut wird, hinten wieder eingerissen wird.

(Beifall bei SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Zu einem Dreiminutenbeitrag erteile ich der Frau Abgeordneten Heike Franzen das Wort.