Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir setzen unsere Sitzung fort. Die Sitzung ist wieder eröffnet. Zunächst begrüßen Sie bitte mit mir auf der Besuchertribüne Mitglieder und Kommunalpolitiker der CDU aus den Ortsverbänden Eutin, Malente, Schashagen, Bosau und Süsel. - Seien Sie uns herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag! Ich wünsche Ihnen einen interessanten Nachmittag.
Mit der Nummer 1 des Antrags zu Teil b), Drucksache 17/2360, wird ein Bericht in dieser Tagung erbeten. Ich lasse zunächst darüber abstimmen, ob der Bericht in dieser Tagung gegeben werden soll. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? Dann ist das einstimmig beschlossen.
Ich erteile zunächst für die Landesregierung dem Herrn Minister für Justiz, Gleichstellung und Integration, Emil Schmalfuß, das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich die wichtigste Erkenntnis an den Anfang stellen: Trotz der korrodierten Atommüllfässer in Brunsbüttel waren und sind die Gesundheit des Betriebspersonals und die Gesundheit der Bevölkerung zu keinem Zeitpunkt durch Strahlung der radioaktiven Abfälle gefährdet.
tung der Vorkommnisse einzuleiten. Diese Aufarbeitung hat inzwischen eine ganze Reihe weiterer Ergebnisse erbracht, die seither nach und nach ins Internet gestellt werden. In den Ausschusssitzungen wird die Landesregierung ausführlich berichten.
Diese Vorgehensweise halte ich für richtig. Solange keine Gefahr besteht, informiert die Behörde dann, wenn sie gesicherte Erkenntnisse hat. Bruchstückhafte Informationen zu einem früheren Zeitpunkt hätten eine Fülle von Nachfragen zur Folge gehabt, die noch nicht hätten beantwortet werden können. Verwirrung und Verunsicherung wären die Folge gewesen. Zur Aufklärung beigetragen hätte das nicht.
Gar nicht nachvollziehen kann ich die Vorwürfe, die Pressekonferenz am 7. März 2012 sei zu überhastet einberufen worden. Da kann ich nur fragen: Wie hätten Sie es denn gern? Tagelange Ankündigungen, die wilde Spekulationen anheizen - das kann doch nicht Ihr Ernst sein!
Dass die Betreibergesellschaft die Atomaufsicht wieder nicht zeitgerecht informiert hat, am Anfang sogar betonte, die Vorkommnisse seien atomrechtlich nicht meldepflichtig gewesen, wirft erneut ein schlechtes Licht auf die Sicherheitskultur des Vattenfall-Konzerns.
Mangelhaftes Kommunikationsverhalten zieht sich wie ein roter Faden durch die Betriebsgeschichte des Kernkraftwerks Brunsbüttel. Wichtige Informationen erhielt die Atomaufsicht - wie auch in diesem Fall - häufig erst auf Nachfrage. „Wir haben verstanden“, hatte der damalige Geschäftsführer von Vattenfall Europe nach den Störfällen Mitte 2007 zur verspäteten Informationsherausgabe gesagt. Ich frage mich: Was hat der Konzern verstanden? So werden die erneuten Kommunikationspannen selbstverständlich in die laufende Zuverlässigkeitsprüfung in Bezug auf diesen Betreiber mit einfließen. Doch denjenigen, die einen Lizenzentzug für die Vattenfall-Betreibergesellschaft insgesamt fordern, prophezeihe ich schon heute: Lang wird die Liste der Bewerber nicht sein, die Verantwortung für ein Kraftwerk übernehmen wollen, das nie mehr in den Leistungsbetrieb gehen wird.
Die Diskussion über die Entsorgung nuklearer Stoffe konzentrierte sich bis in die jüngste Zeit hinein auf die Suche nach einem geeigneten Endlager für abgebrannte Brennelemente, also für hochradioaktive Stoffe. Das ist - wie wir alle wissen - ein Problem, das dringend gelöst werden muss.
Weniger beachtet wurde in der öffentlichen Debatte, dass auch die Entsorgung schwach- und mittelradioaktiver Stoffe noch längst nicht gelöst ist. Der Präsident des deutschen Atomforums, Ralf Güldner, beschrieb die Situation kürzlich mit dem Satz:
„Bei den Energieversorgern haben sich bereits größere Mengen schwach- und mittelaktiver Abfälle angesammelt, die auf eine Entsorgung in Konrad warten.“
Herr Güldner hat damit ein Problem angesprochen, das die Kernkraftstandorte in Deutschland insgesamt betrifft, nicht allein die schleswig-holsteinischen oder gar nur den Standort Brunsbüttel.
Gerade weil das so ist, lässt - wie Sie wissen - der Bundesumweltminister auf meine Initiative hin derzeit an allen Kernkraftwerksstandorten in Deutschland prüfen, ob es gleichgelagerte Erkenntnisse gibt.
Im baden-württembergischen Neckarwestheim ist inzwischen ein Fass mit Korrosionsspuren identifiziert worden. Das ist eines von 7.000 Fässern, die an baden-württembergischen Kernkraftstandorten lagern.
(Vereinzelter Beifall bei der FDP - Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist wirklich eine Unverschämtheit, Arp! Wer hat denn das Atomprogramm gemacht, ihr doch! Das ist unerträglich, so etwas! - Zu- rufe von CDU und FDP - Glocke der Präsi- dentin)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lieber Herr Kollege Matthiessen, ich bitte Sie, sich zu mäßigen, damit wir hier eine in der Sache angemessene Debatte
Meine Damen und Herren, das Kernkraftwerk Brunsbüttel ist vor rund 35 Jahren in Betrieb gegangen. Zu dieser Zeit hatten in Salzgitter die Untersuchungen am Standort Konrad gerade erst angefangen. Niemand ahnte damals, dass es mehrere Jahrzehnte dauern würde, bis sich die Eignung als Endlagerstätte für schwach- und mittelradioaktive Abfälle erweisen würde. Noch heute wissen wir nicht, wann Konrad in Betrieb gehen kann. Von 2019 spricht aktuell das Bundesamt für Strahlenschutz, zuletzt ging das Jahr 2022 durch die Presse.
Wenn es so weit ist, wird es auch gesicherte Einlagerungsbedingungen geben, sodass die Betreibergesellschaften verlässlich wissen werden, welche Behälter sie verwenden müssen. Die Kernkraftwerksbetreiber beklagen, dass es hierzu bisher keine Klarheit gibt.
Lassen Sie mich noch einmal betonen: Für die Verzögerungen beim Projekt Konrad ist nicht die schleswig-holsteinische Landesregierung verantwortlich.
Leider gingen Mitte der 70er-Jahre die Experten davon aus, dass ein Endlager in überschaubarer Zeit zur Verfügung stehen würde. Dies bewahrheitete sich nicht. Nachdem sich Verzögerungen bei Konrad andeuteten, wurden Behelfslösungen in Morsleben und in der Asse genutzt. Ich muss Ihnen nicht erklären, warum diese Lagerstätten später als völlig ungeeignet wieder geschlossen werden mussten.
Das hat aber trotzdem nicht zur Folge, dass die Lager an den Kernkraftstandorten als dauerhafte Zwischenlagerstätten genutzt werden sollten.
Vor dem Hintergrund des von mir hier Dargestellten will ich hier nicht weiter auf die wirklich infantil anmutende Kritik der Landesvorsitzenden der Grünen, Frau Löhr, eingehen, die der Landesregierung vorgeworfen hat, für die Strahlung von 5.00 mSv in der Kaverne veantwortlich zu sein. Danach müsste sie dem grünen Ministerpräsident