Vor dem Hintergrund des von mir hier Dargestellten will ich hier nicht weiter auf die wirklich infantil anmutende Kritik der Landesvorsitzenden der Grünen, Frau Löhr, eingehen, die der Landesregierung vorgeworfen hat, für die Strahlung von 5.00 mSv in der Kaverne veantwortlich zu sein. Danach müsste sie dem grünen Ministerpräsident
Kretschmann das jetzt entdeckte Rostfass mit radioaktivem Müll im Kernkraftwerk Neckarwestheim und die vermeintlich versäumten Kontrollen dort ebenfalls vorwerfen.
Meine Damen und Herren, ich will noch einmal auf die Vorwürfe und Unterstellungen meinem Haus und mir gegenüber zu sprechen kommen, die der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Herr Habeck, getätigt hat. Ich bedaure es außerordentlich, dass Herr Habeck heute erkrankt ist. Ich wünsche ihm gute Besserung. Ich hätte es sehr begrüßt, wenn ich meine Rede und meine Stellungnahme in seiner Anwesenheit hätte vortragen können. So wird er meinen Beitrag nachlesen müssen.
Ich habe dazu bislang bewusst keine Stellung genommen. Das Thema Atomenergie und Sicherheit ist für mich viel zu ernst. Eines will ich aber deutlich sagen: Ich halte die Kritik des Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Ton und in der Sache für unangemessen und unpassend.
Erstens. Es ist nichts verschlafen worden. Zweitens. Die Atomaufsicht ist kein „Laden“, wie er es ausdrückt. Drittens. Sie arbeitet auch nicht schlampig, wie er es behauptet.
Die schleswig-holsteinische Atomaufsicht besteht aus hochqualifizierten Physikern, Radiologen, Ingenieuren und Juristen, die absolut verantwortungsbewusst und loyal ihre schwierigen Kontrollaufgaben für das Land Schleswig-Holstein und seine Menschen wahrnehmen. Seit vielen Jahren wird die hohe Qualität ihrer Arbeit nicht nur in Schleswig-Holstein, sondern bundesweit wahrgenommen und anerkannt. Die Aufsicht unterstützt mich bei meiner politischen Verantwortung. Ich will darauf hinweisen: Es sind dieselben Frauen und Männer, die meiner Amtsvorgängerin Frau Trauernicht in schwierigen Zeiten loyal beiseite gestanden haben.
Es sind dieselben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die dem früheren grünen Staatssekretär für Atomaufsicht, Willi Voigt, sieben Jahre lang geholfen haben, seiner Verantwortung nachzukommen.
Herrn Habeck und mich trennt in der Diskussion über dieses Thema etwas ganz Entscheidendes. Der Soziologe Max Weber hat 1919 in seiner Denkschrift „Politik als Beruf“ über die Verantwortung des Politikers reflektiert: Der Politiker müsse für die Folgen seines Handelns aufkommen, und er sollte in seinem Handeln Augenmaß beweisen. Damit ist exakt der Übergang von der Gesinnungsethik zur Verantwortungsethik im politischen Alltag beschrieben. Bis zu einem gewissen Grad kann jeder Politiker allein seinen Überzeugungen verpflichtet bleiben; im Wahlkampf oder anderswo. Er kann Versprechungen abgeben, Forderungen stellen und Vorwürfe erheben. Doch mit der Sacharbeit egal ob im Parlament oder in der Regierung - ändern sich die Bedingungen in dieser Arbeitshaltung.
Die Politiker vollziehen in ihren Abwägungen und durch ihr Handeln den Schritt von der Gesinnungsethik zur Verantwortungsethik. Sie müssen dies tun, wollen sie ergebnisorientierte Sachpolitik betreiben. Bezeichnenderweise äußern sich Politiker, die schon einmal exekutive Verantwortung getragen haben, aufgrund ihrer Erfahrungen wesentlich differenzierter in ihrer Kritik von politischen Sachverhalten. Ich verweise auf die Aussagen und Bewertungen von Herrn Voigt, nachzulesen in den „Kieler Nachrichten“ vom 9. März, und auch auf die Aussagen von Frau Höhn zur Atomaufsicht in Sachen Vattenfall.
Auch gut gemeinte Absichten entbinden niemanden von rational geprüften Entscheidungen; sei es beim Wortlaut von Äußerungen eines Oppositionspolitikers oder bei der Übernahme von Handlungsverantwortung wie bei mir.
(Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kommen Sie noch einmal zum Thema? - Zurufe - Glocke der Präsidentin - Kirstin Funke [FDP]: Das muss man ertragen können! - Zuruf des Abgeordneten Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Weitere Zurufe)
Hier ist zu allererst menschliche Vernunft gefordert. Ich erwarte von Herrn Habeck und der Fraktion der Grünen -
Ich glaube, ich habe mich eben deutlich geäußert. Ich bitte jetzt, die Zwischenrufe zwischen den Fraktionen zu unterlassen und dem Herrn Minister zuzuhören.
Meine Damen und Herren, ich wiederhole es gern. Ich erwarte von Herrn Habeck und von der Fraktion der Grünen, dass sie den Tonfall gegenüber der schleswig-holsteinischen Atomaufsicht ändern.
Die Frage der atomaren Sicherheit in den Kernkraftwerken ängstigt und besorgt die Menschen im Land. Ich bin soeben draußen gewesen und habe mit den Menschen gesprochen. Wir sollten diese Furcht im Wahlkampf nicht durch hysterische Kommentierungen, politischen Aktionismus und Schuldvorwürfe weiter befeuern.
Ich werde in der Öffentlichkeit immer als parteiloser Minister wahrgenommen. Natürlich bin ich das nicht.
Ich habe auf Bitte der FDP hin mein Amt übernommen. Ich teile deren bürgerrechtliche Grundhaltung und stehe für liberale Werte.
Ich nehme jetzt aber einmal bewusst die Position eines parteilosen Ministers ein, weil ich eines ganz deutlich sagen möchte: Die Fässer in Brunsbüttel sind nicht von gestern auf heute angerostet. Sie liegen teilweise seit drei Jahrzehnten dort. Fast alle hier im Landtag vertretenen Fraktionen, die Grü
nen, die SPD, die CDU, haben in diesen Jahren Regierungsverantwortung für die Atomaufsicht und die Atompolitik in diesem Land getragen.
Die Menschen erwarten, dass die Politik ihre Sorgen ernst nimmt. Die Menschen erwarten, dass die Politik ihrer Verantwortung nachkommt und Lösungswege für die zeitlos sichere Verwahrung von atomarem Restmüll aufzeigt.
Wie gehen wir nun weiter vor? - Bezüglich der korrodierten Fässer habe ich die Fraktionen, die Medien und die Öffentlichkeit ausführlich informiert. Übergreifend geht es jetzt darum, den Standort in Brunsbüttel so schnell wie möglich sicherheitstechnisch möglichst wieder zu einer grünen Wiese zu machen. Ich würde einen direkten Rückbau bevorzugen. Mit dem Stilllegungskonzept, das Vattenfall mir bis Ende März vorlegen soll, erwarte ich in dieser Hinsicht einen ersten Schritt. Die Stilllegung der Kernkraftwerke Brunsbüttel und Krümmel
Der Herr Minister hat die verabredete Redezeit um 9 Minuten 20 Sekunden überschritten. Diese Zeit steht jetzt allen Fraktionen zusätzlich zur verabredeten Redezeit zur Verfügung.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, vielen Dank für diesen ausführlichen Bericht und die klaren und deutlichen Worte,
(Beifall bei CDU und FDP – Lachen bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Welche Worte denn? - Weitere Zurufe)
(Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schleswig-Holstein in guten Händen! - Anita Klahn [FDP]: Ganz gut er- kannt, junger Mann!)