Schleswig-Holstein steht mittlerweile in fast allen Bereichen so gut da wie noch nie in seiner Geschichte.
- Doch, die merken das auch, Herr Stegner! Ich bin ja jeden Tag draußen, und ich rede mit denen. Sie merken das nicht nur, sondern sie wissen das. Die Menschen haben wieder Arbeit, die niedrigste Arbeitslosigkeit seit fast 20 Jahren. Das ist nicht allein, aber auch Leistung dieser Landesregierung. Ein Triple A für Schleswig-Holsteins Kreditwürdigkeit, das ist auch die Bestnote für eine solide Finanzpolitik, meine Damen und Herren.
- Ja, Herr Fischer, und regen Sie sich doch nicht auf. Fast 80 % der Unternehmen sind nach der jüngsten Umfrage der schleswig-holsteinischen Wirtschaft zufrieden mit dieser Landesregierung, und das ist das Ergebnis unserer Politik. Noch nie waren in diesem Land die Bedingungen besser, neue Jobs zu schaffen. Die rot-grüne Verkehrsblockade ist Geschichte, und unter der Führung der CDU und ihres Verkehrsministers Jost de Jager gibt es Fortschritt, nicht Stillstand, und das nicht nur im Straßenbau. Wir erneuern die Schleusen in Brunsbüttel. Rot-Grün hat dieses Thema noch nicht einmal auf der Tagesordnung gehabt.
Trotzdem, meine Damen und Herren, lehne ich mich nicht zufrieden zurück und sage: Toll gemacht, und wir können jetzt die Füße hochlegen. Im Gegenteil! Wir haben den Anfang gemacht, um aus den Schulden herauszukommen, und darauf sind wir auch stolz. Aber es ist eben der Anfang. Wir bringen die Finanzen in Ordnung, weil wir dieses Land gestalten wollen, und wir wollen es fit machen für die Herausforderungen der Zukunft.
Ich räume auch gern ein: Bei der Bildung sind wir noch nicht da, wo wir hin wollen. Aber ich warne vor einem Rückfall in die sozialdemokratische Bildungspolitik, meine Damen und Herren.
Denn die Kollegen von der SPD haben leider nichts gelernt. Sie machen schon wieder Bildungsversprechen auf Pump und hoffen, dass es irgendwie doch gut gehen wird. Ich sage Ihnen: Wenn die Finanzschuldenkrise uns eines lehrt, dann das: Es geht nicht gut. Das Schuldenmachen ist ein politisches Vergehen an unseren Kindern. Schauen Sie nach Spanien, nach Griechenland, nach Portugal! Die Hälfte der jungen Generation ist ohne Job, ohne Perspektive, aber doch nicht etwa, weil die Regierungen dort zu wenig Schulden gemacht haben.
Deswegen sage ich: Die Finanzen müssen in Ordnung gebracht werden, damit wir mehr in die Bildung unserer Kinder investieren können - je eher, desto besser. Das ist das, was für mich zählt und nicht eine neue Debatte über Schulformen, wie sie angestoßen wird. Die Eltern sind es leid, die Lehrer sind es leid, und die Schüler sind es auch leid.
Deswegen basteln wir nicht an neuen Etiketten, sondern drinnen muss die Qualität stimmen. Das Problem ist der Unterrichtsausfall, und diesen lösen wir ganz konkret, indem wir den Vertretungsfonds so aufstocken, dass möglichst kein Unterricht mehr ausfallen muss, und zwar ohne neue Planstellen, die den Landeshaushalt dauerhaft belasten würden.
Meine Damen und Herren, Pragmatismus statt Ideologie, Tatkraft statt wolkiger Worte - das ist die Wahl, die die Bürgerinnen und Bürger SchleswigHolsteins am 6. Mai haben, und das macht den Unterschied.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß, Herr Präsident, um die Selbstverpflichtung der Landesregierung, sich in der Aktuellen Stunde kurz zu halten und die Redezeit nicht auszunutzen. Aber angesichts meiner vermutlich letzten Rede vor diesem Hohen Haus bitte ich darum, die verbleibende Redezeit ausnahmsweise etwas mehr beanspruchen zu dürfen. Ich möchte einige wenige, aber ganz persönliche Bemerkungen machen.
Die Zeit für den Wechsel, für die Übergabe der Verantwortung in jüngere Hände ist gekommen. Im Buch des Predigers Salomon heißt es: „Alles hat seine Zeit, und jegliches Vorgehen unter dem Himmel hat seine Stunde.“ Dieser Satz ist auch für mich persönlich immer eine Art Richtschnur gewesen. Deshalb habe ich das Amt des schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten gern übernommen, mit Freude, aber auch mit allerhöchstem Respekt. Alles hat seine Zeit, gewiss. Es gibt Zeit, die Verantwortung zu übernehmen, und es kommt der Zeitpunkt, die Verantwortung wieder abzugeben. Dazwischen liegt die Zeit, Verantwortung zu tragen. Verantwortung zu tragen heißt vor allem, Entscheidungen zu treffen.
Eine der schwierigsten Entscheidungen war es, den Weg in den Schuldenstaat zu stoppen. Die Senkung der Ausgaben in den Haushalten 2011 und 2012 ist ein historischer Schritt. Dieser Schritt hat viel Überzeugungskraft gekostet. Natürlich sind alle dafür, wenn abstrakt gesagt wird, dass gespart werden muss. Wenn es dann konkret wird, sieht es anders aus. Ich gebe offen zu: Die haushaltspolitische Kehrtwende hat mich auch persönlich sehr viel Kraft gekostet. Und doch war sie nötig. Ich habe die Verschuldung nicht nur als fiskalische Herausforderung gesehen, sondern auch als ein ethisches Problem. Wie wollen wir es verantworten, nachfol
genden Generationen einen wachsenden Schuldenberg zu hinterlassen, der ihnen die Luft zum Atmen nimmt?
Alles hat seine Zeit, und nun ist es an der Zeit, dass Jüngere diesen steinigen Weg weitergehen, konsequent, systematisch, damit sich unser Land aus den Schuldenfesseln befreien kann. Mir war es jedenfalls wichtig, diese für unser Land existenzielle Kehrtwende nach der weltweiten Wirtschafts- und Bankenkrise durchzusetzen, damit wir, damit unsere Kinder und Enkel überhaupt wieder Spielräume erhalten, um Schleswig-Holstein weiterzuentwickeln als Bildungsstandort, als Land für Wissenschaft und Forschung, als Wirtschaftsstandort, in dem es sich zu leben lohnt.
Ein zweiter Satz ist für mich auch immer eine ernsthafte Richtschnur gewesen. Er heißt: „Kein Herr über mir, kein Knecht unter mir.“ Diesen Satz hat meine Mutter mir mitgegeben. Sie stammte aus Dithmarschen, wo es eine lange Tradition gibt, die Dinge selbst und selbstbewusst in die Hand zu nehmen. Ich habe diesen Satz nie als Floskel verstanden. Ich habe ihn vielmehr als Maßstab verstanden und als Anspruch, wie anderen Menschen zu begegnen ist.
Ich meine, es gibt in der Demokratie keine zivilere, keine vornehmere, keine angemessenere Haltung. Wir brauchen in der Demokratie den gegenseitigen Respekt. Wir brauchen die Augenhöhe zwischen den Regierenden und den Regierten. Wir brauchen aber auch den Respekt untereinander. Ja, ich habe von der respektlosen, anonymen Unanständigkeit gegenüber Heide Simonis profitiert. Ich habe ihr gegenüber allerhöchsten Respekt, wie sie diese herabwürdigende Unanständigkeit getragen hat. Wie können wir eigentlich von anderen, von Bürgern, von unseren Wählern Respekt uns Politikern gegenüber erwarten, wenn wir ihn nicht einmal untereinander in Worten und Taten zeigen und anwenden, meine Damen und Herren? Bei denen, bei denen auch ich respektlos gewesen bin, bitte ich um Verzeihung.
Wir brauchen den Dialog, das gleichberechtigte politische Gespräch zwischen Bürgerinnen und Bürgern und der Politik auf den verschiedenen Ebenen der öffentlichen Verantwortung. Wenn dieses Gespräch erlahmt, wenn Politikverdrossenheit und Politikerverdrossenheit um sich greifen, dann sind wir als Demokraten gefordert, mit Aufrichtigkeit und vor allem mit Gesprächsbereitschaft auf die Menschen zuzugehen, nicht mit fertigen Weisheiten, nicht mit fertigen Antworten, noch bevor überhaupt die Fragen gestellt sind, nicht als Redner, wenn Zu
hörer gefragt sind. Die Menschen wollen Alltagsgespräche und keine Sonntagsreden. So habe ich das durch die Jahre wahrgenommen. Das fällt auf der Ebene der Kommunen und der Kreise vielleicht noch leichter. Auf Länderebene müssen wir schon fürchten und zur Kenntnis nehmen, dass viele Menschen sich von der Politik nicht mehr angesprochen fühlen. Das hat viele Ursachen. Dabei müssen wir auch selbstkritisch sein. Das hat, so meine ich, eben auch eine Ursache darin, dass die Bürgerinnen und Bürger ihrerseits nicht mehr angesprochen werden.
Deshalb habe ich die Nähe zu den Menschen gesucht, die Nähe zu denen, die nicht sofort politisch kommunizieren, wie wir es als Parlamentarier, als Regierungsmitglieder und als Berufspolitiker tun. Deshalb habe ich das Gespräch gesucht gerade mit denen, die Tag für Tag ihre Pflicht erfüllen, die sich um die Zukunft ihrer Kinder sorgen, die sich an ihrem Arbeitsplatz ins Zeug legen und die unternehmerischen Risiken tragen, die sich für ihre Selbstständigkeit einsetzen. Ich habe das Gespräch gesucht mit denen, die darüber hinaus auch noch die Kraft aufbringen, sich ehrenamtlich zu engagieren. Deshalb habe ich bei jeder sich bietenden Gelegenheit Rede und Antwort gestanden, wenn die Bürgerinnen und Bürger dies wünschten.
Ein dritter, ganz persönlicher Leitsatz für mich lautet: Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. Ich habe mich in meinem beruflichen Leben und - ich sage dies ganz bewusst - auch in meinem privaten Leben stets aufgehoben gefühlt und geleitet in meinem Glauben an Gott. Ich habe keinen Mangel leiden müssen. Das Versprechen aus dem 23. Psalm hat sich mir persönlich erfüllt, und dafür bin ich dankbar.
Ich habe mich nicht in Ämter gedrängt. Ich habe mich nicht um Ämter beworben. Ich habe getan, was ich für meine Pflicht hielt. Deshalb verabschiede ich mich heute in aller Zufriedenheit aus dem verantwortungsvollen Amt nicht in Selbstgerechtigkeit, sondern in Nachdenklichkeit und in persönlicher Zufriedenheit.
Gewiss hat es Entscheidungen gegeben, die schweren Herzens getroffen worden sind und die mir vieles abverlangt haben. Gewiss hat es auch Dinge gegeben, die im Nachhinein anders zu entscheiden gewesen wären. Gewiss ist es mir auch nicht immer gelungen, Gerechtigkeit zu üben gegenüber jedermann. Auch dafür bitte ich um Verzeihung.
Wenn ich Politikerinnen und Politikern, die noch am Anfang ihrer Aufgaben stehen, einen Rat geben darf, dann diesen: Die Politik muss sich auf das Ge
stalten konzentrieren, auf das Problemlösen, auf das Entscheiden, und dies alles, damit die Menschen, die uns ihr Vertrauen geschenkt haben, es besser haben, damit Schaden abgewendet wird und Gutes gemehrt wird. Politik muss sich nicht konzentrieren auf das Inszenieren von Wirklichkeit und eigener Wichtigkeit, auf Traumtänzerei und auf das Theatralische. Politik muss sich konzentrieren auf die Analyse von Sachverhalten, auf das Ringen um die beste Lösung und auf die Entscheidung, die verantwortbar sein muss. Dazu gehören auch die Einsicht und der Mut, sich Entscheidungen zu stellen, die früher oder später ohnehin getroffen werden müssen.
Angesichts mancher Debatte auch hier in diesem Hohe Haus fühle ich mich an Theodor Storm erinnert. Dieser war nicht nur ein Erzähler von Weltrang, sondern auch ein politischer Kopf. Wenn mancher Politiker so tut, als könnte er die Augen vor der Realität verschließen, dann denke ich an Storms Gedicht „Aus der Marsch“. Es heißt:
Der Ochse frisst das feine Gras und lässt die groben Halme stehen; der Bauer schreitet hinterdrein und fängt bedächtig an zu mähen. Und auf dem Stall zur Winterszeit, wie wacker steht der Ochs zu kauen! Was er als grünes Gras verschmäht, das muss er nun als Heu verdauen.
Meine Damen und Herren, wir sollten allemal klüger und auch mutiger sein als Storms Ochse, denn wir können nicht vor der Wahrheit weglaufen.
Ich verabschiede mich aus dem Amt des Ministerpräsidenten des Landes Schleswig-Holstein in Nachdenklichkeit. Ich verabschiede mich auch in tiefer Dankbarkeit. Ich bin für das Vertrauen dankbar, das mir entgegengebracht wurde, und für die hohen Ämter, die mir im Laufe meines politischen Lebens anvertraut wurden.
Ich bin dankbar für die vielen Begegnungen, die mein Leben bereichert haben. Ich bin dankbar für die treuen Wegbegleiter, für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, für die Berater und Gesprächspartner, die mir dabei geholfen haben, meine Aufgaben durch die Jahre wahrzunehmen. Ich hoffe, dass ich ihnen allen im Großen und Ganzen gerecht geworden bin. Ich weiß, dass es gerade im schleswig-holsteinischen Landesdienst kreative und leistungsfähige, loyale und hoch motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gibt. Auf sie kann mein Nachfolger bauen.
Ich wünsche Ihnen allen, den Abgeordneten des Schleswig-Holsteinischen Landtags, Erfolg bei Ihrer Arbeit zum Wohle der Menschen in unserem Land.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das was in der Tat ein etwas ungewöhnlicher Umgang mit der Geschäftsordnung des Schleswig-Holsteinischen Landtags und natürlich kein Beitrag zur Aktuellen Stunde, sondern das war -
Herr Abgeordneter, ich unterbreche Sie ganz kurz. Das war ein Beitrag zur Aktuellen Stunde, genauso wie Ihr erster Beitrag ein Beitrag zur Aktuellen Stunde war. Darauf haben wir uns zu Beginn dieser Sitzung verständigt. Ich erinnere gern auch an die Sitzung des Ältestenrats. Darüber wollen wir öffentlich aber nicht reden.
Ich wollte etwas ganz anderes sagen. Der Beitrag des Ministerpräsidenten ist so angelegt gewesen, dass er Bilanz über seine Amtszeit gezogen hat. Ich glaube, es ist nicht angebracht, diese Amtszeit in der Aktuellen Stunde zu Beginn der letzten Landtagstagung zu würdigen, in der wir über politische Inhalte miteinander streiten. Sondern über diese Amtszeit sollte bei anderer Gelegenheit Bilanz gezogen werden.
Ich möchte ein persönliches Wort an Sie richten, Herr Ministerpräsident. Sie haben über Heide Simonis gesprochen. Ich habe das Bild noch sehr gut sichtbar vor Augen, das sich damals im Plenarsaal zeigte. Ich habe Ihre Reaktion damals ganz anders wahrgenommen als das, was Sie heute gesagt haben. Wenn es ehrlich gemeint gewesen sein sollte,