Ich glaube trotzdem, dass die Zeit der hohen Wachstumsraten vorbei ist. Deswegen brauchen wir auch eine Steuerreform, die gerechter ist, die denjenigen etwas gibt, die es brauchen, und denjenigen etwas nimmt, die die höchsten Vermögen und Einkünfte haben. Denn es geht hier um Schulen, öffentliche Schwimmbäder und Büchereien, um eine ordentliche Bezahlung von Polizistinnen und Polizisten, Lehrerinnen und Lehrern, Erzieherinnen und Erziehern und um vieles andere mehr.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Neben der Regelung in der Landesverfassung brauchen wir aber auch einen neuen Anlauf für einen fairen Altschuldenpakt von Bund, Ländern und Kommunen, und zwar so, wie Uwe Döring und ich das entwickelt haben und wie es zeitweise Herr Carstensen und Herr Döring noch gemeinsam vertreten haben. Das ist aktueller denn je und auch deswegen nicht naiv, weil gerade Kommunen in Ländern wie Nordrhein-Westfalen und Bayern noch stärker verschuldet sind als die Kommunen bei uns.
prekärer ist als die anderer Länder. Länder erhalten nämliche unterschiedliche Zuschüsse. Berlin erhält durch den Finanzausgleich über 1.500 € pro Einwohner mehr als Schleswig-Holstein. Bekämen wir diesen Betrag, wären das für uns 4,5 Milliarden €. Damit hätten wir nicht nur einen ausgeglichenen Haushalt, sondern wir wären in fünf Jahren schuldenfrei. Auch da muss man sagen: Auch die Hälfte dessen, was Mecklenburg-Vorpommern oder Sachsen bekommen -
- Das ist nicht die reale Welt. Aber man muss doch wissen, dass wir das Problem jedenfalls nicht dadurch lösen können, dass wir die Bildung und die Kinderbetreuung verschlechtern und die soziale Infrastruktur kaputthauen.
Lassen Sie mich zusammenfassend feststellen: Wir müssen investieren in Kinderbetreuung, Bildung und Klimaschutz. Wir müssen sparen und kürzen bei Verwaltung, Bürokratie, einzelbetrieblicher Förderung und anderen Dingen.
Wir brauchen in der Verfassung eine Nachhaltigkeitsklausel zur Einnahmensicherung. Wir brauchen eine neue, gerechtere Steuerpolitik für unser Gemeinwesen. Wir brauchen eine faire Altschuldenregelung für Bund, Länder und Kommunen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Zukunft soll man nicht voraussehen, sondern möglich machen. Die SPD-Landtagsfraktion ist bereit, mit ihren Vorschlägen an einer seriösen Lösung mitzuwirken.
Wir sind bereit, mit Ihnen gemeinsam einen Weg zu gehen, der die finanzielle Zukunft unseres Landes sichert und sozial verantwortbar bleibt. Wer das Gemeinwohl über den Eigennutz stellt, wird die Unterstützung der SPD-Fraktion bekommen! Wer nach dem Motto „Eigennutz vor Gemeinwohl“ handelt, wird auf unseren entschiedenen Widerstand stoßen!
Das Wort erteile ich dem Vorsitzenden der CDUFraktion, Herrn Abgeordneten Dr. Christian von Boetticher.
Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man fragt sich als Normalbürger: Warum braucht ein Staat eigentlich eine Schuldenbremse? Wir alle kennen es von zu Hause: Wenn wir Schulden machen, müssen wir sie irgendwann abbezahlen. Anderenfalls kommt derjenige, dem wir verpflichtet sind, und treibt sie ein.
Jeder macht mal Schulden. Wenn man ein Haus baut, muss man einen Kreditfinanzierungsplan vorlegen, nach dem diese Schulden abgetragen werden. Jeder, der einmal Schulden hatte, weiß, dass es immer die beste Investition ist - weil man in der Regel höhere Zinsen zahlen muss, als man woanders bekommt -, von der Verschuldung schnellstmöglich herunterzukommen.
Das versuchen alle in ihrem Privatleben bestmöglich einzuhalten, nur der Staat hat das nicht getan. Begonnen in den 60er-Jahren, als das Wirtschaftswunder vorbei war, meinte man in der ersten schlechten Zeit, diesen Aufschwung durch Kreditaufnahme fortführen zu können. Es ist nichts Schlechtes, wenn man in einer schlechten Zeit Kredite aufnimmt. Dieser Staat hat nur über viele Jahrzehnte vergessen, dass man diese Kredite in guten Zeiten zurückzahlen muss.
Dafür reicht es nicht aus, dass wir eine bestimmte Schuldengrenze heute schon in der Verfassung haben, in Artikel 53 unserer Landesverfassung:
„Die Einnahmen aus Krediten dürfen die Summe der im Haushaltsplan veranschlagten Ausgaben für Investitionen nicht überschreiten …“
Das hört sich gut an, allerdings nur solange, Herr Kollege Stegner, bis man sagt: Das, was in der Verfassung steht, dieser Investitionsbegriff, ist ja total veraltet, und darum interessiert er uns nicht. - Wissen Sie, wenn ein Begriff veraltet ist, dann kann man ihn vielleicht ändern, aber solange er in der Verfassung steht, gilt er und man hat sich daran zu orientieren. Das ist jedenfalls mein Rechtsverständnis, Herr Stegner.
Wir hatten in Schleswig-Holstein, wenn man sich die langfristige Entwicklung zwischen 1988 und 1995 ansieht, sieben fette Wirtschaftsjahre, Wirtschaftsjahre, in denen es uns außerordentlich gut ging, wo wir vom normalen Wirtschaftswachstum von 2,5 % nach oben deutlich abwichen und teilweise deutlich über 3,5 % beim Wirtschaftswachstum und damit auch in den Einnahmen lagen. Das waren Jahre, wo man hätte sagen können: Jawohl, das Geld, das wir in unerwartet hohem Maß mehr haben, nehmen wir, um diese alten Schulden oder jedenfalls die Neuverschuldung zu reduzieren! - Man hätte sie nehmen können für all die schönen Dinge, die Sie eben verkündet haben: für Investitionen in die Infrastruktur, für die Verbesserung der Situation an den Schulen, für die Verbesserung der Situation Alleinerziehender - für all die Dinge, die Sie uns eben hier vorgehalten haben, was jetzt unbedingt getan werden müsse. All das hätte man in diesen Jahren tun müssen. Die Frage ist doch: Warum haben Sie es nicht getan, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPD?
Sie haben die fetten Jahre dafür genutzt, in diesem Land vor allen Dingen über den Durst das Personal hochzufahren. Man kann sehr schön erkennen, dass die Personalsteigerungen auch in den Ausgaben immer höher ausgefallen sind als die Einnahmeerhöhungen, die in diesen Jahren vonstatten gegangen sind, aber eben nicht für die von Ihnen eben als wichtig angesprochenen Investitionen ausgegeben wurden. Sonst wäre die heutige Situation ja nicht so, wie sie erkennbar ist, zurückgeblieben.
Dann kamen, wie es immer so ist, in der Tat schlechtere Jahre. Die Jahre 1998 bis 2002 waren von Rückgang geprägt, von Stagnation, von weniger Einnahmen. Und dann kam etwas hinzu, Herr Kollege Stegner, von dem Sie heute nichts mehr hören wollen: Die rot-grüne Bundesregierung beschloss genau in dieser Situation ein gigantisches Steuerentlastungspaket, mit Körperschaftsteuerund Einnahmesteuerreduzierungen - Sie würden heute sagen, Entlastungen für die Reichen -, man beschloss, das Kindergeld zu erhöhen, wohlhabende Familien wurden damit unterstützt - um es einmal in Ihrem Duktus zu sagen. All das beschloss Rot-Grün im Jahre 1999. Und wissen Sie, was Sie gemacht haben? Sie haben sich nicht hier hingestellt und waren empört, haben sich nicht aufgeregt artikuliert und gegen diese böse Bundesregierung geschimpft, die dem Land Schleswig-Holstein erneut Lasten auferlegt.
Nein, Sie sind in den Bundesrat gegangen und haben als Schleswig-Holsteiner einen Antrag formuliert, der diese Steuerentlastungen ausdrücklich begrüßt, meine Damen und Herren.
Das ist nun wirklich die allergrößte Art des Wendehalstums! Das kann man heute gar nicht mehr erklären.
Ihre Antworten hier waren dann seit 1996: verfassungswidrige Haushalte. Kein einziger Haushalt seit diesem Jahr entsprach der Landesverfassung. Das heißt, gerade hier in Schleswig-Holstein wurde immer nur auf Pump gelebt, und zwar mehr, als es die Verfassung erlauben würde. Das ist der Grund, aus dem wir heute über zusätzliche Mechanismen in der Verfassung nachdenken müssen, wie man solche unverantwortlichen neuen Schulden gegenüber der nächsten Generation verhindern kann.
Natürlich kann man sich fragen - das wird ja in den Zeitungen häufig getan -: Was in Herrgotts Namen sollte nun eine Regierung, sollte eine Regierung in einem Land, in dem viele Jahre schlichtweg die Verfassung gebrochen worden ist, in Zukunft davor bewahren, das wieder zu tun? Wenn Sie das in die Verfassung schreiben, eine Verfassungsänderung vornehmen bezüglich der Schuldenbremse, über die wir heute alle reden: Was ändert das? - Am Ende halten sich Regierungen ohnehin wieder nicht daran.
Darum, sage ich Ihnen, ist das, was wir heute in den Artikel 143 d des Grundgesetzes aufgenommen haben - wobei wir der Meinung sind, dass vieles nicht im Grundgesetz geregelt werden darf. Dort steht aber, dass die Länder ihre Hilfe - in dem Fall Schleswig-Holstein 80 Millionen € - unter folgenden Kriterien erhalten:
„Das Nähere, insbesondere die jährlichen Abbauschritte der Finanzierungsdefizite, die Überwachung des Abbaus der Finanzierungsdefizite durch den Stabilitätsrat, sowie die Konsequenzen im Falle der Nichteinhaltung der Abbauschritte, wird durch Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates und durch Verwaltungsvereinbarung geregelt.“
Wir bekommen 80 Millionen €, wobei man sich darüber streiten kann, ob das zu wenig ist. Ich sehe es auch so: Wir brauchten eigentlich mehr. Aber an den Verhandlungen waren Sie, die SPD, nicht ganz unbeteiligt. Das ist ein Fahrplan, den wir einhalten müssen und wo wir nicht allein stehen, sondern wo wir unter Beobachtung von anderen Bundesländern und auch des Bundes stehen.
Ich kann Ihnen sagen: Das wird auch auf Sie Druck ausüben, sollten Sie, was wir verhindern werden, hier jemals wieder auf diese Regierungsbank kommen. Dann trifft das aber - egal, wer dieses Land regiert - denjenigen gleichermaßen, und er muss die Frage beantworten, wie er bis 2020 diese Schulden mithilfe dieser Bundesunterstützung abbauen will.
Sehen Sie: Wenn Sie immer von Anfang an sagen, dass über die verschiedensten Dinge nicht geredet werden darf, oder wenn man es so macht, wie die Kollegin Spoorendonk gestern - ich habe da sehr genau aufgepasst -, erhält man folgenden Eindruck. Sie haben gesagt: Wir haben ein strukturelles Defizit; das ist in Schleswig-Holstein gewachsen, da können wir gar nichts machen, und darum sind wir ohnehin auf Hilfe im Solidarausgleich der Bundesländer angewiesen. - Es ist ja nun aber nicht so, dass wir als armes Land bei den Ländern ankämen, die viel Geld haben, sondern alle Länderhaushalte haben Defizite. Alle Länder müssen ihre Hausaufgaben machen, die einen mehr, die anderen weniger. Darum ist es eben nicht so, dass wir das arme Bundesland sind, das sich mal eben zurücklehnen und sagen kann, gebt uns Geld, wir haben es verdient, wir können es nicht selbst leisten, sondern wir werden schon den Nachweis erbringen müssen, dass wir uns auf diesem Weg auch ernsthaft bemühen, dass wir alles tun, um den Eindruck zu vermeiden, dass wir hier Geld für Dinge ausgeben, die man sich in anderen Bundesländern nicht leistet.
- Sie sollten zum Thema Steuer und Steuererleichterung ab heute ganz ruhig sein, Herr Stegner, Ihre historische Leistung im Bereich von Steuersenkungsdebatten auch auf Bundesebene ist nun mehrfach dargelegt worden. Vielen Dank aber für den Einwurf. Das ist genau der Anlass, um noch einmal auf Ihren Änderungsantrag zurückzukommen.
Ihr Änderungsantrag ist schon in der Pressekonferenz mit großer Verwunderung aufgenommen worden. Wenn ausgerechnet Sie sich angesichts dieser
Historie - auch in Ihrer Parteigeschichte gerade aus dem Jahr 1999 - hinstellen und sagen, diese Schuldenbremse für das Land gilt aber nicht, wenn der Bund entsprechende Entlastungen macht, dann frage ich - Sie wurden ja schon in der Pressekonferenz danach gefragt -: Wie war das eigentlich bei Ihnen damals mit Ihren Gesetzen? Soll das auch gelten, wenn eine rot-grüne Bundesregierung Steuererleichterungen macht? - Damals lautete Ihre Antwort jedoch - das wurde mir jedenfalls berichtet; Sie können es ja richtigstellen -: Nein, das waren ja sinnvolle Steuererleichterungen.