Protokoll der Sitzung vom 16.10.2015

Und der LBV - das sage ich ganz ausdrücklich - hat das Know-how darüber, welche Strecken geeignet und wo wann welche Baustellen sind, die bei den Erlaubniserteilungen relevant sein können. Er hat also die notwendige Vorortkenntnis. Das ist ganz wichtig.

Es ist also ganz konsequent zu fordern, dass das Genehmigungsverfahren beim LBV in einer Hand konzentriert wird. Insofern hat der Landesrechnungshof recht, meine Damen und Herren.

All diese Vorteile wollen die antragstellenden Fraktionen nun entgegen der Empfehlung verschenken und stattdessen ein Optionsmodell einführen, mit dem den Kreisen und kreisfreien Städten die Beibe

haltung der Zuständigkeit als Erlaubnis- und Genehmigungsbehörde ermöglicht werden soll. Wenn mit diesem Modell gemeint sein soll, dass sich die kommunalen Behörden aussuchen können, ob sie weiterhin selber zuständig sein oder ob sie die Zuständigkeit vertraglich auf eine andere Kommune oder auf den LBV übertragen wollen, dann führt das zu einer Rosinenpickerei. Das sage ich ganz deutlich. Das entspricht nicht dem Grundsatz einer zweckmäßigen, wirtschaftlichen und ortsnahen Verwaltung. Ausgerechnet FDP und CDU, die immer gern als starke Befürworter einer schlanken Bürokratie auftreten, werden einen effizienten Genehmigungsvorgang dadurch nicht erlauben, weil es durch das Optionsmodell ein großes Durcheinander im Lande geben wird und das Gegenteil von klaren Strukturen.

(Beifall Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Lars Harms [SSW] - Hans-Jörn Arp [CDU]: Quatsch!)

Herr Kumbartzky, ich bin sehr verwundert, dass Sie sagen: Dann kann der LBV ja auch Gebühren erheben. - Sie sind für Gebührenerhöhungen zulasten von Unternehmen. Das will ich an dieser Stelle festhalten. Auch das ist kein Argument für das Optionsmodell. Denn wenn Sie dem LBV noch zusätzlich sagen, er soll die Gebühren doch erhöhen, dann machen wir die Genehmigungen teurer. Möglicherweise werden sie dann außerhalb des Landes beantragt.

Meine Damen und Herren, das Thema ist komplex und hat mehrere Optionen. Wir wollen darüber im Ausschuss ernsthaft diskutieren. Aber ich sage auch sehr deutlich: Die Kommunen sind vor allem an einem interessiert, nämlich an den Einnahmen. Da gibt es Geschäftsmodelle, insbesondere in Dithmarschen - die Leute dort sind ganz plietsch -, die dazu führen, dass wir dort teilweise Briefkastenfirmen haben. Sie kümmern sich um die Erlaubnisse, weil der Kreis Dithmarschen Erlaubnisse erteilt, die mitnichten mit der Zuständigkeit im Kreis zu tun haben. Sondern da gibt es Genehmigungen für Schwerlasttransporte auf der A 7 von Ellund bis nach Ulm. Herr Kumbartzky, ich habe noch nie gehört, dass die A 7 durch Dithmarschen führt. Es wäre schön, aber da haben sie etwas geschafft, was andere nicht geschafft haben.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Sie könnten das än- dern!)

Lassen Sie uns also ernsthaft über die verschiedenen Vorschläge reden. Ich sage ganz deutlich: Neben der Zentralisierung beim LBV gibt es auch die

(Minister Reinhard Meyer)

Möglichkeit, das bei einer Kreisbehörde für das ganze Land zu konzentrieren. Das habe ich ausdrücklich gesagt. Dazu hat es aber keinerlei Vorschläge von den kommunalen Landesverbänden gegeben. Wenn zum Beispiel der Kreis Dithmarschen das für alle kommunalen Gebietskörperschaften im Land - Kreise und kreisfreie Städte tun möchte, gäbe es die Möglichkeit über das Gesetz über kommunale Zusammenarbeit.

Meine Damen und Herren, wir werden auch prüfen, ob es in irgendeiner Form von Amtshilfe gelingen kann, mit den Kommunen zu einer vernünftigen Lösung zu kommen. Ich könnte mir auch vorstellen, ein Modellprojekt zu machen - der Kreis Dithmarschen ist dafür geeignet -, in dem man Kreise im Rahmen der Amtshilfe beauftragt, nur für die Betreuung von Unternehmen zuständig zu sein.

Ich will deutlich signalisieren, dass wir über all diese Dinge miteinander sprechen wollen, insbesondere auch mit den Betroffenen, weil unsere Überlegungen an dieser Stelle nicht abgeschlossen sind.

(Beifall Karsten Jasper [CDU] und Jens- Christian Magnussen [CDU])

Aber eines ist klar: Wir brauchen eine Lösung, die Verwaltungsabläufe optimiert und nicht erschwert. Ich sage ganz deutlich: Das Optionsmodell erschwert dies. Es führt zu unklaren Zuständigkeiten. All das, was wir in den Debatten immer wieder abstrakt kritisieren, wollen wir in der Praxis durch ein aktives Handeln des Landes nicht zulassen. Lassen Sie uns insofern darüber diskutieren. Die Möglichkeiten dazu, die wir für realistisch halten, habe ich aufgezeigt. - Vielen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Vielen Dank, Herr Minister. - Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe deshalb die Beratung. Es wurde beantragt, den Antrag Drucksache 18/3408 (neu) dem Wirtschaftsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! Stimmenthaltungen? - Damit ist das einstimmig so beschlossen.

Meine Damen und Herren, wir haben als Gast einen weiteren ehemaligen Kollegen auf der Tribüne, nämlich Carsten-Peter Brodersen, der in der vergangenen Legislaturperiode Abgeordneter der FDP war. - Herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Nun rufe ich Tagesordnungspunkt 28 auf:

Umsetzung des Lehrkräftebildungsgesetzes

Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/3420

Änderungsantrag der Fraktion der FDP Drucksache 18/3439

Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Mit dem Antrag wird ein Bericht in dieser Tagung erbeten. Der Änderungsantrag ergänzt den Berichtsantrag.

Ich lasse daher zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der FDP Drucksache 18/3439 abstimmen. Wer diesem seine Zustimmung erteilen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! Stimmenthaltungen? - Damit ist dies einstimmig so beschlossen.

Ich lasse jetzt über den Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/3420 abstimmen. Wer diesem in der jetzt geänderten Fassung zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit ist auch dies einstimmig so beschlossen.

Ich erteile nun der Ministerin für Soziales, Gesundheit, Wissenschaft und Gleichstellung Kristin Alheit für die Landesregierung das Wort.

Sehr geehrter Frau Präsidentin! Meine geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Kaum ein Thema hat im letzten Jahr für so viele Diskussionen im Land gesorgt wie die Neuaufstellung der Lehrkräftebildung. Wir können heute feststellen: Sie ist - anders als manche gemutmaßt haben - gelungen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Die Hochschulen haben - auch anders als manche gemutmaßt haben - sehr konstruktiv und an der Sache orientiert zusammengearbeitet. Ihnen gilt deshalb an dieser Stelle mein ganz besonderer Dank. Ich danke auch dafür, dass dieser Bericht so ausgesprochen positiv ausfallen kann.

(Beifall SPD, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

(Minister Reinhard Meyer)

Eine zentrale Änderung des Lehrkräftebildungsgesetzes vor einem Jahr war die Einführung von zwei neuen Lehrämtern: dem Lehramt an Gymnasien und Gemeinschaftsschulen, Sekundarschullehramt, sowie dem Sekundarschullehramt mit dem Schwerpunkt Sekundarstufe I. Der Lehramtstyp „Sekundarschullehramt mit dem Schwerpunkt Sekundarstufe I“ wird nach den Signalen aus den anderen Bundesländern als Lehramt der Sekundarstufe I bundesweit anerkannt. Sie sehen also, auch das ist kein Problem.

(Beifall Dr. Ralf Stegner [SPD])

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind in eine ausgesprochen kooperative und konstruktive Umsetzungsphase gegangen. Die Hochschulen haben, wie beschlossen, für die Umsetzung aller mit dem Lehrkräftebildungsgesetz zusammenhängenden Anforderungen eine Frist bis 2017, in Ausnahmefällen bis 2019. Änderungen im Zusammenhang mit der Anpassung der Studiengänge betreffen in der ersten Phase vor allem die Europa-Universität in Flensburg. Hier wurden zwei neue Lehramtsstudiengänge erfolgreich akkreditiert und zum anlaufenden Wintersemester 2015/16 eingeführt: ein Master-Studiengang Sekundarschullehramt und ein Master-Studiengang Sekundarschullehramt mit dem Schwerpunkt Sekundarstufe I.

Ziel ist es, die Lehrkräfte so auszubilden, dass sie sowohl in der Sekundarstufe I als auch in der Sekundarstufe II unterrichten können. Allerdings ist aufgrund der Rahmenbedingungen an der EuropaUniversität Flensburg die Anhebung auf das Sekundarstufe-II-Niveau nicht in allen Fächern möglich. Daher plant die CAU entsprechende Master-Studiengänge. Hier laufen zurzeit die entsprechenden Gespräche.

Für das Fach Musik haben wir eine Lösung zwischen den Hochschulen in Flensburg und in Lübeck erreicht. Sie ermöglicht es Flensburger Studierenden, in die Master-Studiengänge an der Musikhochschule Lübeck zu wechseln und dort die entsprechende Qualifikation zu erlangen.

Eine inhaltliche Weiterentwicklung bringt das Lehrkräftebildungsgesetz an allen Hochschulen zu den drei Themen Inklusion und Grundlagen der Förderdiagnostik, Vermittlung von Medienkompetenz und durchgängige Sprachbildung, also Deutsch als Zweitsprache.

An der Europa-Universität Flensburg und an der Musikhochschule Lübeck sind alle drei Themen bereits in Form von eigenständigen Pflichtmodulen oder als ein Querschnittsthema in die Lehramtsstu

diengänge integriert. An der CAU ist die Umsetzung noch nicht ganz abgeschlossen. Sie wird diese Inhalte über ein übergreifendes Konzept für alle lehrerbildenden Fächer als Querschnittsthema realisieren. Vorgesehen ist dies fristgerecht zum Wintersemester 2017/18.

Alle Studierenden sollen sich in den vorbereitenden Seminaren unter anderem theoretische und förderdiagnostische Grundlagen aneignen, um sie anschließend im schulpraktischen Block, im Schulalltag, zu erproben, wo Heterogenität und Inklusion Realität sind. Das ist ein ganz neuer Ansatz an der CAU, der ab Wintersemester 2017/18 auch tatsächlich gelebt wird. An der Musikhochschule Lübeck wurde das bisherige Master-Praktikum weiter als ein Praxissemester anerkannt. Das bedeutet: Insgesamt sind wir mitten in der Implementierung von Inklusion als einer elementaren Dimension pädagogischer Arbeit ins Studium, und zwar für alle Lehrerinnen und Lehrer. Meine Damen und Herren, das war überfällig.

(Beifall SPD, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Wir freuen uns auch sehr darüber, dass die Grundideen des Lehrkräftebildungsgesetzes konform mit den Förderzielen des Bundesprogramms Qualitätsoffensive Lehrerbildung sind. Daher wurde der Projektantrag der Universität Kiel als förderfähig eingestuft. An dieser Stelle sage ich noch einmal herzlichen Glückwunsch an die CAU in dieser Sache.

(Vereinzelter Beifall SPD und Beifall Jette Waldinger-Thiering [SSW])

Es liegt aber in der Natur der Sache, dass nicht jeder erfolgreich sein kann. Dies gilt auch für den Antrag der Europa-Universität Flensburg, die aber, und da bin ich zuversichtlich, in der zweiten Förderrunde erneut einen Antrag stellen wird, die ab 2019 läuft.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich komme zum Thema Praxissemester. Von besonderem Interesse ist hier sicherlich die modellhafte Entwicklung an der Europa-Universität Flensburg. Das erste Praxissemester wurde evaluiert und einhellig positiv bewertet; von den Studierenden, von den Schulen und auch durch die Universität. 304 Studierende der Europa-Universität haben im ersten Durchgang für zehn Wochen an 136 Schulen in allen Kreisen und kreisfreien Städten Schleswig-Holsteins ein Semester abgeleistet. Die Schulen haben auch in diesem Semester landesweit wieder großes Interesse an dem Praxissemester gezeigt. Für rund

(Ministerin Kristin Alheit)

380 Studierende wurden von den Schulen circa 1.230 Plätze gemeldet. Das ist gegenüber dem Vorjahr ein Plus von 270 Plätzen. Um es ganz deutlich zu sagen: Das Praxissemester ist ein Erfolg, und es ist ein Gewinn für alle Studierende.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Mit dem Praxissemester stellt sich aber natürlich auch die Frage der Fahrtkosten. Zu diesen erhalten die Studierenden, wie Sie es sicherlich noch in Erinnerung haben, einen Zuschuss, und zwar sowohl für die Fahrten mit dem Pkw als auch für die Fahrten mit dem ÖPNV.

Lassen Sie mich zum Abschluss noch etwas zu den Kosten des Lehrkräftebildungsgesetzes sagen: In der laufenden Zielvereinbarungsperiode, die von 2014 bis 2018 läuft, wurde die Lehrerbildung an der Europa-Universität Flensburg mit 465.000 € in einer ergänzenden Zielvereinbarung festgeschrieben, und es wurde eine weitere Erhöhung des Globalbudgets in Höhe von circa 1 Million € pro Jahr berücksichtigt. Hinzu kommt eine Verstärkung durch abgeordnete Lehrkräfte sowie durch die eben angesprochene Fahrtkostenerstattung im Praxissemester von rund 170.000 € pro Jahr.