Protokoll der Sitzung vom 17.11.2016

Weitere Studien zeigen: Unser Land schneidet in anderen Bildungsbereichen durchaus schlechter ab, als es die jetzige IQB-Studie vermuten lässt. Ich habe den Bildungsmonitor ebenso erwähnt wie die Studie Caritas. Laut Bildungsmonitor in SchleswigHolstein ist unser Land das einzige, in dem sich die Leistungen der Schüler in den letzten drei Jahren, also zwischen 2013 und 2016, verschlechtert haben. Das muss man auch zur Kenntnis nehmen. Man kann sich nicht immer nur auf Studien berufen, die einen bestätigen, sondern man muss auch andere Studien zurate ziehen. Da ist das nachweislich eine völlig gegensätzliche Entwicklung, die wir auch mit zu berücksichtigen haben.

Im Gegenteil: Ob Abschaffung von Noten und Schulartempfehlungen oder der Wegfall des Sitzenbleibens, Rot-Grün hat in diesem Land gewaltig an der Leistungsschraube gedreht, aber leider nicht nach oben, sondern nach unten. Wie sollen Eltern realistisch einschätzen können, an welcher weiterführenden Schule ihr Kind am besten aufgehoben ist, wenn es keine Schulartempfehlungen mehr

gibt? Zum Glück haben unsere Eltern Ihren Weg, den Sie gehen wollten, nämlich eine notenfreie Grundschule, gestoppt. Sie haben mit den Füßen abgestimmt, weil sie gesagt haben, das ist genau der falsche Weg. Fast alle Grundschulen in unserem Land haben gesagt: Schluss damit. Wir brauchen Noten für unsere Kinder, damit wir das besser beurteilen können.

(Beifall CDU - Zuruf Beate Raudies [SPD])

Ich finde, ein Blick Richtung Baden-Württemberg hilft uns im Moment auch ein wenig. Dort ist die gleiche rot-grüne Vorstellung - ohne Leistung geht Schule auch - als Illusion offenkundig gescheitert. In nur fünf Jahren hat es die dortige grün-rote Landesregierung geschafft, das Land schulpolitisch abzuhängen. Gucken Sie sich die Studie an. Es gibt kein anderes Land in Deutschland, das so abgerutscht ist wie Baden-Württemberg. Zitat des Vorsitzenden des Deutschen Philologenverbandes:

„Der signifikante Leistungseinbruch BadenWürttembergs in Deutsch kann kein Zufall sein. Es liegt nahe, hierfür die … massiv und überstürzt in Gang gesetzten Schulreformen mitverantwortlich zu machen, in denen nicht die Frage der Leistungsorientierung, sondern eine falsch verstandene Bildungsgerechtigkeit im Vordergrund stand.“

- Originalzitat aus dem Bereich. Da Schleswig-Holstein heute die gleichen Fehler macht, wie sie Baden-Württemberg vor fünf Jahren gemacht hat, sage ich Ihnen: Wenn Sie mit Ihrer Bildungspolitik so weitermachen, dann stehen wir in fünf Jahren genau da, wo Baden-Württemberg heute steht.

Deswegen sage ich Ihnen: Wir brauchen einen Kurswechsel in der Bildungspolitik, um nicht die Fehler zu wiederholen, die Baden-Württemberg gemacht hat.

(Beifall CDU - Zuruf Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Lehrerversorgung in der Oberstufe ist hier so schlecht wie in keinem anderem Land, und das obwohl Sie mehr Lehrerstellen ins System gegeben haben; Letzteres bestreitet überhaupt niemand. Aber diese Stellen kommen in den Klassenräumen überhaupt nicht an. Das ist auch kein Wunder, weil Sie immer wieder Bildungsreformen machen. Dafür brauchen Sie mehr Lehrerstellen, ohne dass sich die Qualität verbessert. Wenn Sie ihre unsinnigen Bildungsreformen nicht gemacht hätten,

(Lachen Beate Raudies [SPD])

(Daniel Günther)

hätten wir mit den Lehrerstellen, die wir heute in Schleswig-Holstein haben, eine hundertprozentige Unterrichtsversorgung. Wegen Ihrer Bildungspolitik scheitert das bei uns.

(Beifall CDU und FDP - Zurufe SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege, gestatten Sie eine Bemerkung der Abgeordneten Erdmann?

Ich lasse keine Zwischenfrage zu.

(Martin Habersaat [SPD]: Besser ist das! - Beate Raudies [SPD]: Postfaktisches Zeital- ter! - Zuruf SPD: Ist auch besser so! - Weite- re Zurufe)

- Sie alle haben die Gelegenheit, nach mir zu sprechen, die Sie auch umfänglich nutzen werden.

Deswegen will ich mit einer Legende aufräumen. Ihnen, Frau Ministerin, nehme ich das nicht übel, weil Sie das vielleicht nicht gewusst haben. Aber die regierungstragenden Fraktionen werden nachher wieder - wie jedes Mal - dasselbe erzählen. Sie vergleichen immer die alten Zeiten mit dem, was heute ist.

(Zurufe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Deswegen haben Sie eben schon wieder gesagt: Wir haben mit dem Kurs der Vorgängerregierung gebrochen und wieder mehr Lehrerstellen geschaffen. - Das ist nicht die Vorgängerregierung von CDU und FDP gewesen, sondern Bildungsministerin Ute Erdsiek-Rave hat diesen Kurs in der Großen Koalition eingeschlagen. Also hören Sie mit dieser Legendenbildung in unserem Land auf. Diese Vergleiche sind völlig unzulässig.

(Beifall CDU und FDP - Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt geht’s zurück?)

- Nein, weil sie in einer völlig anderen Situation entstanden sind.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Weil sie Ihnen nicht passen!)

- Herr Stegner, warum haben Sie damals diesem Kurs zugestimmt? Sie haben doch auch selbst dafür gestimmt, dass wir diese Lehrerstellen einsparen, weil Schleswig-Holstein in einer finanziellen Lage

gewesen ist, die Sie uns hinterlassen haben, Herr Stegner. Deswegen mussten wir das machen. Es gibt keinen anderen Grund.

(Lebhafter Beifall CDU und FDP - Zuruf SPD: Ui, ui!)

Deswegen sage ich Ihnen, was wir in SchleswigHolstein anders machen müssen.

(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Da waren die Daten genau gleich!)

Die Landesregierung muss dafür sorgen, dass Schülerinnen und Schüler so gefördert werden, dass sie unsere Schulen mit einem Abschluss in ihrer Tasche verlassen können.

„Abi für alle“ löst unsere Probleme nicht. Das sage ich ihnen sehr deutlich. Wir müssen alle Schulabschlüsse stärken. Unser Prinzip der dualen Ausbildung muss gestärkt werden. Die 80.000 Fachkräfte, die uns in zehn Jahren fehlen, fehlen nicht nur im Akademikerbereich, sondern im Mittelstand und auch im Handwerk.

(Serpil Midyatli [SPD]: Abschieben, abschie- ben, abschieben!)

Deswegen brauchen wir alle qualifizierenden Abschlüsse und nicht nur das Abitur - das ist das Einzige, worauf Sie zielen.

(Beifall CDU)

Auch in der Bildungspolitik brauchen wir den Grundsatz „Fordern und Fördern“. Nur in diesem Gleichklang funktioniert gute Bildungspolitik. Die individuellen Bedürfnisse der einzelnen Schülerinnen und Schüler müssen wieder in den Mittelpunkt gestellt werden. Gleichzeitig müssen wir die Schulen stärken, indem wir flexible und eigenverantwortliche Formen der Schulorganisation ermöglichen. Wir müssen auch wieder dafür sorgen, dass es überall Noten gibt. Weiterhin sage ich: Niemand hat etwas dagegen, als Ergänzung dazu Entwicklungsberichte anzufertigen. Aber Eltern brauchen Klarheit in der Schule. Sie müssen wissen, wo ihre Kinder stehen.

(Beifall CDU - Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vier ist vier!)

Das geht nur mit Noten; das wissen Sie ganz genau. Sie argumentieren hier rein ideologisch.

Sie haben zu verantworten, dass die Durchlässigkeit in unserem Bildungssystem in den letzten Jahren schlechter geworden ist.

(Daniel Günther)

(Zuruf Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Ich weiß: Sie haben völlig andere Ansprüche. Aber Sie haben den Schulartwechsel zwischen Gymnasien und Gemeinschaftsschulen in Schleswig-Holstein erschwert. Wie kommt man auf eine solche Idee?

(Beifall CDU)

Wenn man darüber redet, dass man den Aufstieg will, muss man doch den Wechsel ermöglichen und darf ihn nicht verhindern. - Das ist Ihre Politik!

Wir brauchen in der nächsten Wahlperiode eine Unterrichtsgarantie. Wir werden sie schaffen übrigens auch mit unseren Anträgen, die wir schon in dieser Wahlperiode gestellt und gegenfinanziert haben.

Wir werden unsere Lehrerinnen und Lehrer in Schleswig-Holstein wieder schulartbezogen ausbilden, weil es ein Unterschied macht, ob man an einem Gymnasium oder einer Gemeinschaftsschule unterrichtet. Das wird wieder schulartbezogen sein, weil es richtig und nicht ideologisch ist, wenn man die Lehrerausbildung so versteht.

(Beifall CDU und vereinzelt FDP)

Weil wir zu wenige Naturwissenschaftler haben, sage ich Ihnen: Wir wollen, dass Naturwissenschaften in unserer Schule wieder einzeln unterrichtet werden, dass es wieder Biologieunterricht, Chemieunterricht und Physikunterricht gibt. Wir sind dagegen, dass das zusammengefasst wird, weil wir das für falsch halten und weil das überhaupt nicht zukunftsfähig ist. Das Gleiche gilt für das Fach Weltkunde: Erdkunde, Geschichte und WiPo müssen wieder einzeln unterrichtet werden.

(Beifall CDU - Zuruf Martin Habersaat [SPD])

Diesen Mischmasch und diese Gleichmacherei darf es nicht geben. Ihre Bildungspolitik muss von uns beendet werden.

Wir wollen, dass sich die Menschen auf unser Bildungssystem verlassen können. Darum stärken wir die geschaffenen Strukturen. Frau Ministerin, Sie haben eben wieder dieses Märchen angesprochen: Wir wollen jetzt keine Schulstrukturdebatte. - Wer will sie denn führen?

(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Sie! - Lachen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)