Protokoll der Sitzung vom 23.03.2017

Jetzt kommt eine Brückenrede, also keine Büttenrede. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jahrzehntelang gab es Neubau und Verkehrswachstum, insbesondere auch eine Vervielfachung des Lastverkehrs, die auf einen Bestand traf, der darauf nicht ausgelegt war. Das rächt sich nun bei der Rader Hochbrücke. Die Schlagader des

(Kai Vogel)

Landes droht an ihrer empfindlichsten Stelle zu verstopfen. Minister Reinhard Meyer machte sofort den ersten nötigen Schritt: Tempolimits und Kontrollen. Damit hat die Brücke eine Chance, ihre noch prognostizierte Lebenszeit bis 2026 zu erreichen.

Als einen zweiten wichtigen Schritt begann die Koalition sofort mit Planungen für Ersatzbauten. Viele Möglichkeiten wurden diskutiert, meine Damen und Herren, auch eine von uns befürwortete Variante, nämlich die kombinierte Tunnellösung für Straße und Schiene. Darauf folgte der schmerzliche dritte Schritt, nämlich die Erkenntnis, dass die Zeit bis zur Realisierung angesichts der drohenden Sperrung der alten Brücke nichts anderes zulässt als eine Ersatzbrücke an gleicher Stelle. Die Planung wurde unmittelbar begonnen.

Wir dürfen, wenn wir schon neu bauen, keinen neuen Engpass über den Kanal planen. Also noch einmal hier verdeutlicht: Wir unterstützen den Antrag der FDP nach dem Motto: Schleswig-Holstein first, Schleswig-Holstein first.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Make Schleswig- Holstein great again! - Zurufe SPD und Chri- stopher Vogt [FDP])

Es stellen sich aber natürlich einige Fragen, Herr Kollege Vogt. Eine sechsspurige A 7 BordesholmDänemark steht in keinem Verkehrswegeplan.

(Zuruf CDU: Das muss auch nicht sein! - Christopher Vogt [FDP]: Das ist ein Ersatz- bauwerk!)

Der bestehende Bundesverkehrswegeplan ist jetzt schon Makulatur, weil er unterfinanziert ist.

Ich sagte, ich stelle noch einmal Fragen. Wo bleiben die Mengen von Fahrzeugen, wenn die feste Fehmarnbelt-Querung tatsächlich kommt? Inwieweit ist dort eine Entlastung der A 7 zu erwarten?

(Christopher Vogt [FDP]: Ihr sagt doch im- mer, es fährt keiner drüber!)

Die gleiche Frage stellt sich für die A 20. Es geht um solide Verkehrsprognosen, um die Sechsspurigkeit auch begründen zu können.

Meine Damen und Herren, 6,5 t Achsgewicht im schwingenden Verbrenner bedeuten circa 30.000-fache Last auf der Straße, verglichen mit einem Pkw. Das muss aber nicht so bleiben.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Warum redet eigent- lich nicht Herr Tietze dazu?)

Was ist für die Statik und den Platzbedarf der A-7-Brücke zu erwarten, wenn Lkw statt Verbrennerantrieb elektrisch fahren und automatisch, also elektrisch ruckfrei und unbemannt in dichtem Abstand mit maschinendisziplinierter Langsamfahrt?

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Wollt ihr das jetzt auf der Rader Hochbrücke fordern?)

Wir brauchen sehr langfristige Prognosen für eine Sechsspurigkeit. Ich stelle dazu einige Fragen, die wir heute in der Form noch nicht beantwortet haben.

(Wortmeldung Dr. Kai Dolgner [SPD])

Wir brauchen also im Verkehr Netzstrategien mit Prioritätenlisten und vor allen Dingen verlässlicher Datengrundlage, meine Damen und Herren. Wenn wir gerade bei Bauwerksfestigkeit sind, bei Stabilität sozusagen: Meine Damen und Herren, die CDU sagt, stabile Regierung statt Dänenampel.

Ich möchte nicht über Rassismus reden. Wenden wir uns dem Begriff Stabilität zu, den die CDU für sich reklamiert. Stabilität und CDU: Viel Spaß!

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Was hat denn Rassismus damit zu tun?)

- Wie soll die es denn gemeint haben, Herr Kubicki? Eine Positivkonnotation ist das ja wahrscheinlich nicht.

Ich möchte noch einmal CDU und Stabilität ansprechen. Die CDU hat es geschafft, in zwei verkürzten Legislaturperioden vier Verkehrsminister zu verbrauchen.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Was hat das denn jetzt mit der Rader Hochbrücke zu tun?)

Demnächst hat Küstenkoalitions-Meyer die Amtszeiten aller seiner Vorgänger eingesackt, vier Verkehrsminister, sechs Landesvorsitzende.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Aber keine Straßen gebaut!)

- Herr Arp, Stabilität sieht anders aus. Und Daniel Günther ist auch so ein Wechselbalg, ein Irrtum sozusagen. Er wurde ja eingewechselt, weil der andere Spitzenkandidat schlechtere Umfragewerte einspielte und wenig bekannt wurde.

(Uli König [PIRATEN]: Was hat das mit der Brücke zu tun? - Volker Dornquast [CDU]: Was hat das mit der Brücke zu tun? Rede doch über das Thema!)

Und jetzt, liebe CDU: Bekannt? Umfragewerte? Daniel Günther müsste eigentlich nach CDU-Logik

(Detlef Matthiessen)

ausgewechselt werden. Stabilität sieht anders aus, meine Damen und Herren. Lassen Sie lieber Minister Meyer die Brücken bauen, dann wird es solide.

(Christopher Vogt [FDP]: Nein, lieber nicht!)

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Piratenfraktion hat das Wort der Abgeordnete Uli König.

Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich glaube, wir können das hier relativ schlank abhandeln: Wir sind uns weitgehend darüber einig, dass wir eine sechsspurige Rader Hochbrücke wollen. Die CDU hat das noch nicht ganz verstanden. Die hat noch ein bisschen Angst davor, dass es länger dauern könnte. Aber der Rest des Hohen Hauses ist sich an dieser Stelle einig.

Meine Damen und Herren, mir ist sehr wichtig: Wenn wir eine neue Rader Hochbrücke bauen, muss diese einen ordentlichen Windschutz bekommen. Wie oft hören wir im Radio: Die Rader Hochbrücke ist gerade nicht befahrbar wegen starken Windes; leere Lkw, Wohnmobile und so weiter dürfen gerade nicht drüber.

Ich würde Sie bitten, Herr Minister - ich glaube, Sie haben es im Ausschuss schon einmal angedeutet -, dass bei dem Neubau der Brücke für einen ordentlichen Windschutz gesorgt wird, damit man auch im durchaus windreichen Land Schleswig-Holstein bei möglichst viel Wetter diese Brücke benutzen kann. So wie ich die DEGES verstanden habe, prüft sie im Moment Wind- und Lärmschutzmaßnahmen in Rücksprache mit den Anwohnern.

(Zuruf Christopher Vogt [FDP])

Ich glaube, der Kollege Vogel hat es vorhin angedeutet: Es ist sehr wichtig, dass wir im Blick haben, dass diese neue Brücke sehr lange halten muss und wird. Wenn wir sie ordentlich planen und eine ordentliche Baukontrolle machen, haben wir darauf eine Chance. Aber wir wissen noch nicht, was in 50 Jahren passiert.

Ich nenne ein Beispiel aus der Kunst. Im Film „Zurück in die Zukunft, Teil 2“ aus dem Jahr 1989 wurde versucht zu prognostizieren, wie das Jahr 2015 wohl aussehen würde.

(Heike Franzen [CDU]: Hoverboards!)

- Ja, genau, Hoverboards, Frau Franzen, Sie haben es richtig erkannt, und fliegende Autos, die keinen Rollwiderstand auf der Straße haben. Was das, Herr Matthiessen, für die Brücke bedeutet, wissen wir heute noch gar nicht. Was ich damit sagen will, ist: Der Verkehr kann sich in den nächsten 50 Jahren krass verändern; wir haben keine Ahnung.

(Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wollen wir jetzt keine Brücke bauen, oder was?)

- Doch! Wir sollten auf Sicherheit spielen an der Stelle, wir sollten ein sechsspuriges Bauwerk bauen, weil wir nicht sicher sein können, was wird. Ich bin aber nicht der 100-prozentige Sicherheitsmensch wie der Kollege Arp. Ich war vor zwei Jahren in Nepal. Da hat mir ein Guide erklärt: Die Deutschen wollen immer 100 % garantiert. - Ich habe das damals nicht verstanden. Ich habe nicht verstanden, was er meint. Aber nachdem ich jetzt hier den Kollegen Arp zur Rader Hochbrücke habe reden hören, dass er zu 100 % garantiert haben will, dass die Brücke auf den Tag genau fertig wird - ohne jegliche Verzögerung

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Das habe ich nie ge- sagt!)

- ein Tag, haben Sie gerade gesagt, da können wir ins Wortprotokoll schauen -,

(Zuruf Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])

dann weiß ich, wen der Guide aus Nepal gemeint hat, wenn er meint, die Deutschen wollten immer alles 100 % garantiert haben. Herr Arp, ich schlage vor, wir wagen hier ein bisschen Risiko und bauen sechsspurig.

Herr Meyer hat angedeutet, dass wir für die sechsspurige Brücke mit Mehrkosten von bis zu 15 % zu rechnen haben. Das ist im Vergleich zu der Leistung, die wir dafür bekommen, sehr günstig. Insofern sollten wir das machen.

Meine Damen und Herren von der FDP, an dieser Stelle kann ich Ihnen sagen: Man muss es nicht nur wollen, man muss es auch können, liebe FDP. Dieser Spruch hört sich für die meisten meiner Kollegen nicht wie ein Wahlkampfslogan, sondern wie Werbung für ein - so sage ich mal - Potenzmittel an. Aber vielleicht funktioniert es ja mit diesem Antrag.