Es gibt ein paar kleinere Projekte, die in der öffentlichen Wahrnehmung nicht so eine Bedeutung hatten, aber die in der Zahl erheblich sind. Es wurden 20 neue Umspannwerke gebaut, wo - quasi wie wenn man von der Bundesstraße auf die Autobahn fährt - die 110-kV-Ebene auf die 350-kV-Ebene umgespannt wird. Es wurden 150 Ersatzbauwerke oder Neubauwerke umgesetzt. 80 Transformatoren wurden im Land neu verbaut. Überall ist die Energiewende Materie geworden, und das in sehr kurzer Zeit bei vergleichsweise geringem oder gar keinem Widerstand.
Mit Blick auf die Zukunft möchte ich sagen: Wenn wir im Jahr 2021, am Ende der nächsten Legislaturperiode, bei der großen Aufgabe, die abstrakt Sektorkopplung heißt und praktisch bedeutet, wir müssen bei den anderen Bereichen, die vor allem fossil befeuert werden - Verkehr, Wärme, Industrie -, da stehen, wo wir heute mit dem Netzausbau stehen, haben wir in den nächsten fünf Jahren sehr viel richtig gemacht. Es ist viel passiert. Die neue Aufgabe ist: Rein mit dem „erneuerbaren Strom“ in die anderen Sektoren. Wir stehen da am Anfang. Wenn Schleswig-Holstein seine Vorreiterrolle wahrnehmen will, dann wird es das genau in diesen Sektoren tun müssen.
Es bietet sich an, kurz auf die Debatte von heute Morgen einzugehen. Ja, es ist richtig, der Netzausbau kommt zeitverzögert zum Ausbau der erneuerbaren Energien. Aber nicht richtig ist, dass wir in Schleswig-Holstein zu viel „erneuerbaren Strom“ hätten.
Wir haben ihn nur nicht in den Bereichen, in die er eigentlich hingehört. Ich appelliere an die sich fein fügende Allianz. Es ist im Moment die Bundesregierung, die verhindert, dass es möglich ist, dass für den Strom, den wir bezahlen, der aber nicht produziert wird, Speichertechniken - Wasserstoffprozesse, Wärmeprozesse, Power-to-Heat, Power-to-Gas, was immer einem einfällt - verwandt werden können. Wir haben nur Teilerfolge erzielen können, weil die Sorge - ich glaube, es ist eine im Kern politische Sorge -, dass die Verdrängung von fossilen Energien aus den industriellen Prozessen heraus eine andere Wertschöpfungskette aufmacht, relevant ist.
Wir befinden uns tatsächlich noch immer auf einem Konfliktfeld. Energiewende bedeutet: alte Technik raus, neue Technik rein. Offensichtlich gibt es Beharrungskräfte, die Zukunft verhindern. Lassen Sie
Der Konsens, dass der Atomausstieg tatsächlich Wirklichkeit wird, hält trotz einiger anderer Stimmen. Es ist, wenn ich es richtig sehe, nur eine Minderheit, die sagt, Atomkraft sei doch eigentlich eine ganz gute Sache, zu der man wieder zurückgehen solle. Bisher wird das nur von Parteien vertreten, die nicht in diesem Parlament sitzen. Wenn es nach mir geht, müssen sie hier auch nicht hineinkommen.
Das heißt, wir müssen den Rückbau hinbekommen. Die Lage ist so, dass die Atomkraftwerke Brunsbüttel und Krümmel sowie das Helmholtz-Forschungszentrum in Geesthacht Anträge zur Stilllegung und zum Rückbau eingereicht haben. Für das Helmholtz-Zentrum Geesthacht und das Kraftwerk Brunsbüttel hat die Erörterung stattgefunden: für Geesthacht gerade vor zwei Tagen. Für Krümmel sind die Vorbereitungen dafür in Planung. Wir erwarten für den Rückbau von Brunsbüttel einen Planfeststellungsbeschluss Ende dieses Jahres oder Anfang nächsten Jahres. Für das Helmholtz-Zentrum erwarten wir den Beschluss Mitte nächsten Jahres und für Krümmel zeitversetzt.
Bis dahin werden die Atomkraftwerke brennstäbefrei sein. Das ist das Sicherste, was wir sagen können, die Anträge lauten darauf. Wir informieren Sie immer wieder über die Kampagnen, die dort stattfinden. In Brunsbüttel und Krümmel läuft die Beladung der Castoren mit Brennstäben. In Brunsbüttel müssen noch fünf Castoren beladen werden, in Krümmel noch ungefähr zwölf, dann sind alle Brennstäbe aus den Meilern draußen. Wenn dann der Planfeststellungsbeschluss kommt, werden die Atomkraftwerke rückgebaut werden, sobald sie brennstäbefrei sind. Auch das ist nicht selbstverständlich, und es ist eine gute Nachricht.
Lassen Sie mich kurz auf das Atomkraftwerk Brokdorf und damit auf den Antrag auf Übertragung von Reststrommengen zu sprechen kommen. Brokdorf befindet sich jetzt schon seit ein paar Wochen in der Revision. Sie wissen aus den Veröffentlichungen und auch aus den Debatten hier, dass es eine Oxidierung von Brennstäben gegeben hat, die nicht der Prognose entspricht. Es läuft dort ein Prozess
ab, der nicht erklärbar ist. Deswegen wird das Atomkraftwerk erst wieder angefahren werden, wenn die Erklärung nachgereicht wurde und auf Basis dieser Erklärung eine neue Prognose erstellt worden ist, die diesen ungewollten Oxidationsprozess in der Zukunft verhindert. Das liegt aber eindeutig in der Hand des Betreibers. Ich kann Ihnen nicht sagen, wann das Atomkraftwerk wieder ans Netz geht.
Die Frage ist, wie lange das Atomkraftwerk noch über Strommengen verfügt. Das Kraftwerk darf bis 2021 am Netz sein, es kann aber möglicherweise der Moment kommen, zu dem Strommengen aus anderen Teilen der Republik nach Brokdorf transferiert werden. Der Antrag der regierungstragenden Fraktionen fordert, dies solle unterbleiben. Nach meiner Sicht fordert er es zu Recht, denn wir sind Netzausbaugebiet - so heißt es im Jargon der Bundesregierung. Das heißt, wir haben bei erneuerbaren Energien einen gedeckelten Zubau. Es macht für ein Gebiet, das - eigentlich ist das eine falsche Formulierung - gemessen am Netzausbau einen Stromüberschuss hat, nun gar keinen Sinn, die erneuerbaren Energien zu deckeln und Atomstrom hineinzutransferieren.
Das macht wegen der Risikotechnologie Atomkraft keinen Sinn. Es macht aber auch ökonomisch keinen Sinn. Wenn wir die Zukunft gewinnen wollen, müssen wir uns von der Vergangenheit verabschieden. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister. - Bevor wir in die Aussprache eintreten, möchte ich Sie bitten, mit mir gemeinsam Gäste auf der Tribüne zu begrüßen. Es sind Schülerinnen und Schüler der Herderschule aus Rendsburg, eine Gruppe von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN mit Landfrauen aus dem Kreis Segeberg und Absolventinnen und Absolventen des Freiwilligen Sozialen Jahres aus Rendsburg. - Seien Sie uns alle herzlich willkommen hier im Kieler Landeshaus!
Ich teile Ihnen mit, dass die Landesregierung die vereinbarte Redezeit um 4 Minuten überzogen hat. Das heißt, dass allen Fraktionen nun 9 Minuten zustehen. Im Ältestenrat wurde vereinbart, dass die
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eine Redezeit von 10 Minuten erhält - das bezog sich auf die ursprünglichen 5 Minuten.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Erst einmal danke ich dem Minister für die Berichte zur Energiepolitik. Mit dem Rückbau der Atomkraftwerke wird endlich ein energiepolitischer Irrweg beendet, und das ist gut so.
Es handelt sich dabei um die weltweit umfangreichste Rückbauaktion in der Geschichte der Atomenergie. Es ist ein wahres Mega-Projekt. Was 1959 mit dem Beschluss des Deutschen Bundestages zur friedlichen Nutzung der Kernenergie begann, wurde 2011 endlich beendet.
In diesem Zusammenhang will ich die Anti-Atomkraftbewegung hervorheben und lobend erwähnen: Es ist ihr Verdienst, dass sich die Mehrheit der deutschen Bevölkerung gegen die friedliche Nutzung der Atomenergie gewandt hat. Die SPD Schleswig-Holstein war immer führend und an vorderster Stelle dabei, wenn es darum ging, den Atomausstieg zu forcieren. Noch bevor die Grünen überhaupt als Partei gegründet waren, war die SPD Schleswig-Holstein schon dafür.
(Oliver Kumbartzky [FDP]: Hört, hört! - Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Aber vorher woll- tet ihr in jedem Kreis ein Atomkraftwerk bauen!)
Erlauben Sie mir in diesem Zusammenhang noch eine Anmerkung zu den Windkraftgegnern. Ich finde es ziemlich einfallslos, dass diese Leute die berühmte Anti-Atomkraft-Sonne mit dem Slogan „Atomkraft? Nein danke“ für ihre Zwecke missbrauchen. Ich halte es für geradezu geschmacklos gegenüber den Anti-Atom-Aktivisten, die gegen Brokdorf, Brunsbüttel und Krümmel demonstriert haben. Es gehört sich nicht.
Atomkraftwerke und der sichere Einschluss. Bei einem direkten Abbau werden alle Anlagenteile im Anschluss an die Nachbetriebsphase entfernt und beseitigt. Die zweite Möglichkeit sieht den Abbau der Anlagenteile erst nach einem sicheren Einschluss vor. Das kann 40 bis 60 Jahre dauern. Die Zeitdauer ist im Atomgesetz nicht vorgeschrieben und wird im Genehmigungsverfahren von den zuständigen Behörden festgelegt.
Das bedeutet aber, dass das stillgelegte Atomkraftwerk für einen langen Zeitraum sicher eingeschlossen sein muss. Bautechnisch, haustechnisch und sicherheitstechnisch muss es für diesen Zeitraum gesichert werden. Das kann keine Alternative sein. Es muss darum gehen, die Expertise der derzeitigen Belegschaften der Kraftwerke zum Abbau zu nutzen. Deshalb ist für mich der zügige und vollständige Rückbau unser Ziel.
Zum Irrweg Atomkraft gehört, dass nun bundesweit nach einem Endlager gesucht werden muss, in dem der hochradioaktive Müll für hunderttausende von Jahren sicher gelagert werden kann. Dies soll bis zum Jahr 2031 geschehen. Die Atomenergie ist und bleibt in der Nachschau ein Irrweg. Es ist gut, dass wir jetzt aussteigen.
Mit dem Energiewendegesetz haben wir einen historischen Meilenstein zum Gelingen der Energiewende beschlossen. Dem Zielszenario für den Ausbau der erneuerbaren Energien muss der Netzausbau weiter folgen. Eine leistungsfähige Infrastruktur ist der Schlüssel für eine erfolgreiche Energiewende.
Der dringend notwendige Ausbau der Stromnetze kommt gut voran. 283 km Spannungsleitungen sind planfestgestellt. Statt der ursprünglich geplanten 150 neuen Ortsnetztransformatoren müssen mittlerweile 900 angeschafft und eingebaut werden. 15 Umspannwerke werden allein an der Westküste erweitert oder neu gebaut. Marne-West entwickelt sich zum größten Umspannwerk zur Aufnahme von Windenergie, und TenneT hat einen Vorschlag für einen Korridor für SuedLink vorgelegt. Auch das ist ein Ergebnis des intensiven Dialogs der Landesregierung mit den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern. Dafür ist Herrn Minister Habeck ebenfalls zu danken.
Er forderte die Abschaltung des alten Heizkraftwerks Wedel und mahnte den Ersatz durch das Kohlekraftwerk Moorburg an. Um das zu erreichen, wird der Oppositionsführer im „Wedel-Schulauer Tageblatt“ wie folgt zitiert: