Protokoll der Sitzung vom 23.03.2017

(Lars Harms)

gen die Antworten der Landesregierung, dass der Ausbau nicht nur auf das zahlenmäßige Wachstum beschränkt ist. Den qualitativen Ausbau der Betreuungsangebote, im Übrigen auch bei den Tagesmüttern, hat die Landesregierung durch zahlreiche Initiativen und Programme unterstützt. Kindertagesstätten in Schleswig-Holstein sind eben zuerst pädagogische Einrichtungen, sie sind keine Kinderaufbewahrungshallen.

Die Landesregierung beschreibt in ihrer Antwort auf Seite 65 ihre Unterstützungsangebote für Alleinerziehende, die auch die Kinderbetreuung umfassen. Wie sieht es aber mit den Familien aus? In Schleswig-Holstein gibt es viele Familien, deren Einkommen dicht an der Grenze der Sozialstaffel liegt. Sie entscheiden sich oftmals aus puren Kostengründen gegen eine Kita, sodass in der Regel die Mütter beruflich zurückstecken müssen. Diese Entscheidung ist Alltag, nichtsdestotrotz eine Realität, mit der ich mich nicht abfinden möchte.

(Beifall Jette Waldinger-Thiering [SSW], Dr. Marret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN] und Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir müssen dafür Sorge tragen, dass die guten pädagogischen Angebote allen Kindern zugutekommen, unabhängig vom Familieneinkommen. Letztlich müssen die Kita-Gebühren ganz wegfallen. Wir haben erste Schritte dorthin gemacht. Der Besuch muss ebenso kostenfrei werden wie der Besuch einer Schule. Das müssen wir ändern, und das werden wir in der nächsten Wahlperiode Stück für Stück ändern.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch über den Wohnungsbau kann man viel in der Antwort auf die Große Anfrage nachlesen. Die PIRATEN haben nach den Anstrengungen der Landesregierung für den Wohnungsbau gefragt. Obwohl die Landesregierung die Förderung und Unterstützung des bezahlbaren und bedarfsgerechten Wohnraums massiv ausgebaut hat - wir reden über hohe dreistellige Millionenbeträge -, gibt es momentan an allen Ausbildungsstandorten zu wenig Wohnungen. Studierende, Schüler, Auszubildende, Alleinerziehende, ältere Menschen und Menschen mit Behinderung haben auf dem freien Wohnungsmarkt sehr häufig das Nachsehen.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Das ist wahr!)

Privater Mietwohnungsbau allein kann die Nachfrage nicht befriedigen. Die Förderung des genossen

schaftlichen Wohnraums muss daher weiter verbessert werden. Die Wohnungsgenossenschaften sind der Garant für soziales Bauen und lebendige Nachbarschaften. Darum müssen wir unsere Anstrengungen in diese Richtung weiter verstärken. Genau das wollen wir tun, und genau das werden wir auch tun.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich komme zum Bau und zur Erhaltung von Straßen. Das Flächenland Schleswig-Holstein ist ein Pendlerland und ein Transitland für Verkehre von Nord nach Süd und umgekehrt, also ein Autoland. Das ist eine schlichte Tatsache. Man kann die täglichen Staumeldungen einfach nicht ignorieren. Die PIRATEN sehen den Straßenbau vorwiegend als Belastung. Gut, das kann man machen, aber das löst kein Problem.

(Zuruf Uli König [PIRATEN])

Es ist ein Problem, dass wir aufgrund von Fehlplanungen der alten Regierung die A 20 nicht haben weiterbauen können. Da müssen wir ran und da werden wir auch rangehen.

(Zuruf Volker Dornquast [CDU])

Die Instandsetzung der Straßen ist ein wichtiges Infrastrukturprojekt, das über das wirtschaftliche Schicksal unseres Landes entscheidet. Wer seinen Kunden keine termingenaue Lieferung garantieren kann, wird Schleswig-Holstein den Rücken kehren. Dazu darf es keinesfalls kommen. Darum plädieren wir für den konsequenten Abbau des Sanierungsstaus. Genau das haben wir in dieser Wahlperiode umgesetzt. Wir haben mehr investiert als unsere Vorgänger, und wir werden da auch weitermachen.

(Vereinzelter Beifall SSW, SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN - Wortmeldung Uli König [PIRATEN])

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten König?

Nein, danke. Der Mittag steht vor der Tür. Mein Magen knurrt. Es muss weitergehen, meine Damen und Herren.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Lars Harms)

Weiter geht es mit der Tariftreue. Auch das ist ein Leib- und Magenthema insbesondere des SSW. Wie schon bei vielen Gelegenheiten angeführt, kommt der Landesregierung als Arbeitgeber ein besondere Vorbildfunktion zu. Wie sie Leiharbeit oder Praktikanten behandelt, wird von gewerblichen Arbeitgebern im Land sehr genau beobachtet. Das ist gewissermaßen der Goldstandard. Die angeführten Tarifverträge mit den Leiharbeitsfirmen sind zwar ein erster Schritt, werden aber von den DGB-Gewerkschaften immer noch kritisiert, und das zu Recht. Die Leistungen entsprechen nicht dem, was die Tarifverträge der entsprechenden Branchen festlegen. Sie liegen regelmäßig darunter. Hier sind in der Tat weitere Anstrengungen gefragt. Wir wollen gute Arbeit, und darauf können sich die Leute draußen verlassen. Wir werden das bei unseren Leuten umsetzen.

Leiharbeit sollte auch bei der Landesregierung nur zur Abdeckung von besonderen und vorübergehenden Bedarfen zum Einsatz kommen. Ansonsten sind Leih- und Zeitarbeit zu begrenzen. Die Landesregierung hat eine entsprechende Initiative für alle Auftraggeber unterstützt. In Anerkennung der Leistungen der Tarifpartner muss das Land auf die Zahlung des Mindestlohns beharren und darauf, dass dieser mit den Lebenshaltungskosten Schritt hält.

Regelungen, die im Tariftreuegesetz geregelt sind, müssen eingehalten werden, und zwar von allen, vom Land, von den Kommunen, von den Kreisen. Ausnahmen und Einfrieren auf der derzeitigen Höhe darf es nicht geben. Wir wollen, dass faire Löhne bezahlt werden. Wir wollen, dass Mindestlöhne eingehalten werden. Wir wollen gute Arbeit, und wir werden das weiterhin so machen.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zuruf Dr. Patrick Breyer [PIRA- TEN])

Meine Damen und Herren, es ist wirklich ein wichtiges Thema. Die öffentliche Hand muss als Auftraggeber die Tariftreue gewährleisten. Nicht der billigste Anbieter ist der beste, sondern derjenige ist auszuwählen, der seinen Beschäftigten faire Arbeitsbedingungen bietet, der soziale Standards einhält, der ökologische Standards einhält, der Standards einhält, die wichtig sind für Entwicklungsländer, für die Arbeitsbedingungen dort. Das alles ist in unserem Tariftreuegesetz geregelt. Das sind richtige Regelungen, und wir werden sie beibehalten, meine Damen und Herren.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Untertarifliche Entlohnung entspricht meiner Meinung nach nicht dem sachgerechten Einsatz von Steuermitteln. Auch das muss einmal gesagt werden. Existenzsichernde Löhne und Gehälter gehören mit zur Verantwortlichkeit der Landesregierung und der Kommunen als Auftraggeber. Dem dürfen sich Kommunen nicht entziehen. Das geschieht immer wieder. Eine der wichtigen Aufgaben einer kommenden Regierung, auch einer kommenden Küstenkoalition, ist, im Tariftreuegesetz festzuschreiben, dass die Kommunen ordentliche Tarife einzufordern haben und dies nicht mehr freiwillig ist. Das zumindest ist die Überzeugung des SSW.

(Vereinzelter Beifall SSW, SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Zusammenfassend kann ich sagen: Die Antwort auf die Große Anfrage ist eine gute Beschreibung. Sie spiegelt wider, wie soziale Gerechtigkeit geht, wie Zusammenarbeit mit den Kommunen geht, wie Windkraftplanung richtig geht, wie Minderheitenförderung geht, wie Kulturpolitik geht, wie Wirtschaftsförderung geht,

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Wie Lars Harms geht!)

wie Bildungspolitik geht und - lieber Kollege Kubicki - wie solide Haushaltsplanung geht. Das haben Sie überhaupt nicht auf die Reihe gebracht. Wir haben das hinbekommen. Wir sparen Geld, wir machen Überschüsse und machen eine gute Politik. Das lassen wir uns nicht kaputtreden. Es ist total klasse, was wir da auf die Beine gestellt haben.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Bilanz der Landesregierung und dieser Koalition fällt sehr gut aus. Das ist noch ein zurückhaltendes Urteil.

(Regina Poersch [SPD]: Jawohl!)

Wir haben gesagt, was wir tun wollen, und wir haben getan, was wir gesagt haben. So einfach ist das, und so einfach bleibt das.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Regina Poersch [SPD]: Jawohl!)

Da wir rekapitulieren, was wir in der Vergangenheit alles hinbekommen haben, auch noch einmal von meiner Seite im Namen des SSW Dank an unsere Koalitionspartner, die Fraktionen von SPD und

(Lars Harms)

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, aber auch Dank an die Landesregierung

(Volker Dornquast [CDU]: Halleluja!)

für die richtig klasse vertrauensvolle und freundschaftliche Zusammenarbeit. Ich finde dieses Klima, das wir in dieser Koalition haben, absolut klasse. Das würden sich viele andere Landesregierungen und wahrscheinlich auch die Bundesregierung sehr wünschen. Wir sind uns auch menschlich richtig nahe gekommen.

(Zurufe CDU und FDP: Oh!)

- Ja, ich weiß, das kennt Ihr nicht.

(Christopher Vogt [FDP]: Doch, das kennen wir auch!)

Ihr kennt untereinander immer nur die Meckereien. Mit uns klappt es eben gut. Das mag euch nerven.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich muss sagen, dass es unsere Entscheidung bestätigt, als SSW zum ersten Mal in eine Landesregierung eingetreten zu sein. Es geht nicht nur um politische Ziele, die haben wir klasse umgesetzt. Es geht auch darum, wie man miteinander umgeht. Das klappt bei uns hervorragend. Um mit einem Wort zu sprechen, das ein Mitarbeiter immer gebraucht, der jetzt oben am Lautsprecher zuhören wird: Ich habe den Eindruck, wir sind die Geilsten.

(Beifall und Heiterkeit SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte jetzt zunächst die verbleibende Redezeit der Fraktionen mitteilen: Für die PIRATEN sind es 9 Minuten, für die CDU 14 Minuten, für die SPD 1 Minute, für die Grünen 5 Minuten und für FDP und SSW jeweils 10 Minuten.

Wortmeldungen liegen mir von dem Kollegen Dr. Kai Dolgner für einen Dreiminutenbeitrag sowie von dem Kollegen Dr. Patrick Breyer für die Nutzung der Restredezeit seiner Fraktion vor.