Protokoll der Sitzung vom 24.03.2017

nen. In diesem Sinn werden wir uns weiter einsetzen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Übergang von der Schule in die Berufsausbildung, ins Studium, gehört zu den wichtigsten Übergangen im Leben junger Menschen. Hier wird eine entscheidende Weiche gestellt für die spätere Zufriedenheit im Beruf, für ein auskömmliches Leben, für einen guten Platz in unserer Gesellschaft. Deshalb ist es so wichtig, dass dieser Übergang gelingt.

Das ist nicht immer der Fall. Seit den 80er- bis zu Beginn der 2000er-Jahre wurden immer neue Maßnahmen auf den Weg gebracht, um die jungen Menschen zu unterstützen. Alles gut gemeint. Aber das Ziel, einen schnelleren Weg in die Ausbildung schaffen, wurde nicht erreicht.

2006 wurde auf der Vorlage des Bundesbildungsberichts der Begriff „Übergangsbereich“ festgelegt, und klar, dass ein sehr hoher Anteil eines Jahrgangs schon damals in Maßnahmen feststeckte. Seitdem versuchen wir, die Zahl der Maßnahmen zu reduzieren.

Auch in Schleswig-Holstein wechseln immer noch zu viele Jugendliche in den sogenannten Übergangsbereich, der keine beruflichen Abschlüsse bietet. Zählt man für das Schuljahr 2015/16 die Jugendlichen im Ausbildungsvorbereitenden Jahr (AVJ) , im Berufsgrundbildungsjahr (BGJ), in einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme der Bundesagentur für Arbeit (BvB), in der betrieblichen Einstiegsqualifizierung (EQ) und in den Berufseingangsklassen (BEK) zusammen, macht das in der Summe 8.788 junge Menschen, die den Übergang von der Schule in die Ausbildung nicht direkt geschafft haben.

Das sind zu viele. Dazu kommen noch die, die über Berufsfachschulen versuchen, einen höheren Schulabschluss zu erreichen. Hinzu kommen die jungen Menschen, die aktuelle Arbeitslos sind: Im Februar meldete die Bundesagentur 10.475 Arbeitslose im Alter von 15 bis 25 Jahren.

Die Gründe, warum sie im Übergangsbereich sind, sind sehr unterschiedlich. Einigen mangelt es an einem ausreichenden Schulabschluss, andere haben persönliche Probleme, oft genug fehlt schlicht ein geeigneter Ausbildungsplatz. Junge Menschen im Alter von 16 bis circa 25 fallen in unterschiedliche

Zuständigkeiten, manchmal sind mehrere Institutionen zuständig: die Berufsschule, das Jobcenter, die Bundesagentur für Arbeit oder die Jugendhilfe der Kommunen. Das ist im Einzelfall ganz unterschiedlich.

Für alle diese jungen Leute müssen wir etwas tun. So entstand die Idee für Jugendberufsagenturen (JBA). Sie bieten für junge Menschen, die Hilfe brauchen, eine Anlaufstelle „unter einem Dach“. Die JBA ist keine neue Institution, sondern eine verbindlich arbeitende rechtskreisübergreifende Kooperation. Den Auftrag dafür, dies voranzubringen, haben die Fraktionen von SPD, Grüne, die Abgeordneten des SSW und die Fraktion der CDU im November 2014 dem Bildungsministerium gegeben.

Im September 2016 hatte der Landtag einen schriftlichen Bericht gefordert. Der Bericht liegt Ihnen vor. Ich möchte hervorheben, dass die Ausgangslage in Schleswig-Holstein sehr gut war. In allen Kommunen wurde und wird die Verbesserung des Übergangs von der Schule in den Beruf mit einem ausgeprägten Verantwortungsgefühl und mit großer Kooperationsbereitschaft verfolgt. Aber es gab auch viele Stimmen, die Jugendberufsagenturen für städtische Projekte gehalten haben. Sie haben sich geirrt.

Die Landeslenkungsgruppe Übergang Schule - Beruf (Kammern, UV Nord, DGB Nord, Regionaldi- rektion Nord der BA, MWAVT, MSGWG und die drei kommunalen Landesverbände) haben sich im April 2015 auf Eckpunkte verständigt. Besonders wichtig war uns die aktive Einbindung der Schulen.

Parallel hat das Ministerium für Schule und Berufsbildung entschieden, JBA in Schleswig-Holstein mit einer Anschubfinanzierung von jeweils bis zu 200.000 € zu unterstützen. Die vier Kreise Dithmarschen, Pinneberg, Nordfriesland, Schleswig-Flensburg und die Stadt Neumünster hatten sich erfolgreich um diese Anschubfinanzierung beworben.

Die erste Jugendberufsagentur Schleswig-Holsteins wurde im Februar 2016 in der Stadt Neumünster eröffnet. In den Kreisen Dithmarschen (regionale Standorte in Heide, Meldorf und Brunsbüttel), Nordfriesland (Husum und Niebüll an den Berufs- schulen), Pinneberg (Elmshorn 2. Dezember 2016), und Schleswig-Flensburg (Schleswig am 7. No- vember 2016) wurden im Verlauf des vergangenen Jahres Jugendberufsagenturen eingerichtet. Die Eröffnung des ersten JBA-Standortes in Kiel fand am 1. März dieses Jahres im RBZ Wirtschaft statt.

(Jette Waldinger-Thiering)

In der Praxis zeigt sich schnell, wie wichtig die rechtskreisübergreifende Zusammenarbeit von Jobcenter und Jugendhilfe ist. In Fallkonferenzen erfolgen Absprachen und schnelle Hilfen.

Ich möchte ausdrücklich den Landrätinnen und Landräten, den Oberbürgermeistern und Bürgermeistern sowie den Kommunalparlamenten für ihr Engagement und ihre Begeisterung für das Thema JBA - und damit für viele junge Menschen in diesem Land - danken. Sie sorgen für ein Klima der Kooperation, das für die gute Entwicklung der JBA in Schleswig-Holstein sehr, sehr wertvoll ist.

Was mit einer Anschubfinanzierung von 200.000 € im September 2015 begann, ist schnell gewachsen. Ich freue mich sehr darüber und bedanke mich für die gute Kooperation mit der Bundesagentur für Arbeit (BA), den Jobcentern und den Kommunen.

Ich bin zuversichtlich - auch nach den Signalen aus dem Land -, dass es in absehbarer Zeit gelingen wird, in allen Teilen des Landes zur Einrichtung von Jugendberufsagenturen zu kommen. Das Ministerium für Schule und Berufsbildung fördert auch im Jahr 2017 die Einrichtung weiterer Jugendberufsagenturen. - Vielen Dank.

Schleswig-Holstein in Europa - Europapolitische Schwerpunkte Europabericht 2016 - 2017

Bericht der Landesregierung Drucksache 18/5266

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Zunächst sage ich allen Mitarbeitern, die an der Erstellung des Europaberichtes 2016 bis 2017 mitgewirkt haben, einen herzlichen Dank! Es ist einmal mehr eine fundierte Datensammlung aus allen Fachbereichen entstanden. Der Europabericht enthält die breite Palette an Themen, die die europapolitische Arbeit unseres Landes gelegentlich auch mit neuen Schwerpunkten berührt.

Der Bericht umfasst neben einer Einführung zur aktuellen politisch schwierigen Lage alle wesentlichen Punkte, die wir im Parlament - insbesondere im Europaausschuss und im Plenum - immer wieder intensiv behandelt haben, und dies sicher auch in Zukunft tun werden.

Sehr geehrte Damen und Herren, morgen jährt sich zum 60. Mal die Unterzeichnung der „Römischen

Verträge“, also die Grundlage der EWG und der Europäischen Atomgemeinschaft.

Es ging dabei um den Abbau von Handelshemmnissen, einem gemeinsamen Markt, um Bewegungsfreiheit von Kapital, Waren, Dienstleistungen und vor allem um die Bewegungsfreiheit der Menschen und um die friedliche Nutzung der Atomenergie.

Schwer war um diese Verträge gerungen worden Motor zur Einigung waren zum einen die Krisenund vor allem Kriegserfahrungen der vorangegangenen Jahrzehnte, doch genauso entscheidend die Führungsstärke und das Verantwortungsbewusstsein der damals politisch Verantwortlichen.

Immer wieder in den darauffolgenden Jahrzehnten gab es Krisen, um deren Lösungen hart gerungen wurde. Aber nie wurde dabei die Europäische Union als Vereinigung aller Mitgliedstaaten infrage gestellt.

Die politische Lage in Europa und der Welt hat sich in einer Art und Weise entwickelt - dramatisch entwickelt -, die wir uns vor einigen Jahren so nicht hätten vorstellen können und mit deren Auswirkungen wir umgehen müssen.

Kriegerische Auseinandersetzungen, untragbare politische Verhältnisse im Mittleren und Nahen Osten, in Nordafrika, auf dem afrikanischen Kontinent, und, und, und führten und führen zu einem Flüchtlingsaufkommen, das Europa vor eine gewaltige Aufgabe stellte und stellt.

Einige Länder der EU haben diese Herausforderung angenommen, bei Weitem jedoch nicht alle. Wir brauchen dafür eine Lösung, und zwar eine solidarische! Ein neues gemeinsames Asylrecht! Wir dürfen nicht einzelne Länder, wie Griechenland und Italien, mit diesen Problemen alleinlassen. Wir brauchen aber auch eine bessere Entwicklungshilfepolitik, einen von allen getragenen wirksamen Schutz der europäischen Außengrenzen und eine engere Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Transitstaaten. All dies kann kein Staat alleine!

Auch der Konflikt in der Ukraine, die weitere Entwicklung auf dem Westbalkan, die Finanz- und Wirtschaftskrise in Griechenland, die sehr angespannte Finanzlage Italiens, der Brexit mit noch nicht absehbaren Folgen fordert die Europäische Union - und damit uns alle!

Zu all dem haben wir nun die USA mit einem Präsidenten, den wir als unberechenbar empfinden, der infrage stellt, was für uns seit Jahrzehnten Grundlage der transatlantischen Zusammenarbeit ist.

(Ministerin Britta Ernst)

Wir haben in der Türkei einen Präsidenten, der Deutschland aber auch die Europäische Union in einer Art und Weise beschimpft, die unerträglich ist. Eine Türkei - ein Nato-Partner -, deren Regierung sich zunehmend von unseren Werten entfernt, die Pressefreiheit und freie Meinungsäußerung zur Farce macht. Die Verhaftung des Journalisten Deniz Yücel ist dafür ein Beispiel. Wir verlangen seine umgehende Freilassung!

Sehr geehrte Damen und Herren, gerade in dieser Zeit, in der wir den Zusammenhalt Europas brauchen, zweifeln viele unserer Bürger an der Notwendigkeit eines vereinten Europas. In einigen Ländern, auch bei uns, gibt es Parteien, die diese Zweifel, aber auch die Unsicherheit vor einer immer komplexeren Welt verantwortungslos nutzen.

Sie haben keine Antworten auf die Herausforderungen, doch sie suggerieren, dass Nationalstaaten allein diese Probleme lösen können, sie schüren Ressentiments bis hin zu Hass, sie diskriminieren. Ich erinnere daran, mit welcher Spannung, mit welchen Befürchtungen wir alle auf das niederländische Wahlergebnis gewartet haben.

Ebenso schauen wir nun nach Frankreich. Doch auch die eine oder andere Äußerung unserer Nachbarn im Norden finden wir irritierend. Meine Damen und Herren, nicht alles ist perfekt in Europa, vieles muss verbessert werden, doch die Europäische Union infrage zu stellen, ist ein Spiel mit dem Feuer.

Nur gemeinsam werden wir stark genug sein, um die Zukunft zu meistern. Seit Kurzem gibt es eine Initiative aus der Mitte unserer Gesellschaft „Pulse of Europe“, die dies ebenso sieht und dafür kämpft. Das macht Mut und muss von uns unterstützt werden.

Lassen Sie uns nicht den zentralen Satz aus der „Berliner Erklärung“ von vor zehn Jahren vergessen: „Wir sind zu unserem Glück in Europa vereint!“ Das wird uns nicht geschenkt. Also lassen Sie uns dafür kämpfen und überlassen wir das Feld nicht den Populisten Europas!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehen Sie mir bitte bei meiner letzten Rede hier im Landtag nach, dass ich nicht auf die vielen wichtigen Details des Berichtes eingegangen bin, sondern einmal die europäische Politik als Ganzes betrachte, an dem wir letztendlich ja auch mit unseren Möglichkeiten hier im Landtag im Kleinen mitwirken.

Wir alle dürfen nicht nachlassen, an unserem Europa zu arbeiten. Ich danke für siebeneinhalb Jahre

guter Zusammenarbeit und wünsche allen Kollegen auch in Zukunft weise Beschlüsse für das eben beschriebene Europa. - Herzlichen Dank.

Herr Präsident! Liebe Frau Europaministerin, ganz herzlichen Dank für Ihren Bericht. Er gibt wie immer einen guten Überblick über die aktuellen Themenstellungen in der Europäischen Union. Mein Dank gilt allen Ressorts, die ihren Beitrag dazu geleistet haben. Ich möchte meinen Beitrag für ein Fazit nach fünf Jahren Europapolitik in der Küstenkoalition nutzen. Ich stelle fest: Diese Landesregierung hat gemeinsam mit der Küstenkoalition die Stellung Schleswig-Holsteins in Europa gestärkt.

Zwei Beispiele: Erstens. Wir nutzen die europäischen Förderprogramme für eine gleichwertige Stärkung der Regionen im Land. Wir haben die europäischen Strukturfonds so ausgerichtet, dass sie den Menschen in Schleswig-Holstein konkret nützen. Wir stellen uns schon heute auf die kommende Förderperiode nach 2020 ein.

Zweitens. Wir nehmen eine aktive Rolle in der Ostseeregion ein, nicht zuletzt ablesbar in der jüngsten Resolution der Ostseeparlamentarierkonferenz zum Arbeitsmarkt. Viele Probleme lassen sich heute nicht mehr auf der Ebene der Nationalstaaten lösen. Wir wollen ein soziales Europa, ein Europa, das gemeinsame Regeln für gute Arbeit, gerechte Steuern und eine soziale Grundsicherung schafft. Wir lassen nicht zu, dass die Axt an die Arbeitnehmerfreizügigkeit gelegt wird. Sie ist die Voraussetzung für einen gemeinsamen Arbeitsmarkt und Wohlstand letzteres allerdings nur dann, wenn wir gemeinsam gute Standards beschrieben und festlegen.

Europa darf sich aber nicht auf wirtschaftliche Zusammenarbeit beschränken. Deshalb möchte ich an dieser Stelle das große Engagement von Europaministerin Spoorendonk hervorheben, die unermüdlich und mit Nachdruck die Kulturpriorität in der EU-Ostseestrategie vorangetrieben hat. SchleswigHolstein ist unter dieser Landesregierung wieder Motor der Ostseekooperation. Das ist Ihr persönliches Verdienst, Frau Ministerin! Wir folgen mit dem Parlamentsforum Südliche Ostsee in diesem Jahr nach und werden auf dem Haupttreffen Ende Mai in Stettin die Europäischen Kulturrouten zum Schwerpunkt der diesjährigen Resolution machen.

Durch unsere Nord- und Ostseepolitik ist die soziale und ökologische Modellregion in der Mitte Europas weiter zusammengewachsen. Gemeinsam mit unseren Nachbarn an Ost- und Nordsee entwickeln

(Astrid Damerow)

wir die integrierte maritime Politik kontinuierlich weiter. Es geht um Seeverkehre und Schiffssicherheit, um Naturschutz und Meeressauberkeit. Sowohl die Landesregierung als auch die Küstenkoalition haben diesen Auftrag in allen Foren und Treffen, wie dem Parlamentsforum Südliche Ostsee oder der Ostseeparlamentarierkonferenz, im Ausschuss der Regionen oder seit Neuestem auch als Beobachterinnen im Nordischen Rat, sehr ernst genommen. Nicht nur eine Europaministerin ist deshalb öfter unterwegs als andere und seltener zu Hause. All dies dient dem einen guten Zweck: Für eine gute Zukunft braucht Schleswig-Holstein ein starkes und geeintes Europa.

Mittendrin statt nur dabei. Mit dem in dieser Wahlperiode von uns eingerichteten Ostseejugendforum beteiligen wir junge Menschen an der Arbeit der Ostsee-Parlamentarierkonferenz. So kommen wir in einen echten Dialog zwischen Politik und Jugend über aktuelle Themen der Ostseepolitik! Dies ist mir ein Herzensanliegen.

Europa hat momentan viele Sorgen. Brexit, Rechtspopulisten, die Europa am liebsten ganz abschaffen wollen, sollen die Existenz der Europäischen Union infrage stellen. Solange wir aber mit unseren Nachbarn über gemeinsame Ziele sprechen, solange wir in der Lage sind, gemeinsame Initiativen zu starten und seien diese auch „nur“ kultureller Art, solange weiß ich, dass die europäische Idee lebt, die Idee von einem friedlichen, sozialen, geeinten Europa nicht nur als Wirtschaftsgemeinschaft, sondern als Wertekonzept, das in der Welt seinesgleichen sucht!