Protokoll der Sitzung vom 24.03.2017

Außerdem enthält der Nachtragshaushalt - das war auch schon Gegenstand der Rede des Kollegen - noch einige wichtige Punkte, zum Beispiel die Debatte um die Schultoilettensanierung, dazu sage ich gleich noch etwas, oder die Entschädigungen im Zusammenhang mit der Geflügelpest. Mit dem Nachtragshaushalt können wir bei Entschädigungen für Landwirtinnen und Landwirte, die keine Freilandeier mehr verkaufen können, und bei einer Aufstockung des Tierseuchenfonds um insgesamt 1,5 Millionen € für Entlastung sorgen. Auch das ist ein gutes Zeichen für konkrete Hilfe für Menschen bei uns im Land.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Wir haben es auch geschafft, jetzt im Nachtragshaushalt - da sage ich als Grüner: Besser spät als nie -, dafür zu sorgen, dass ein Programm angestoßen wird, das sich um die Sanierung der Schultoiletten kümmert. Was vielleicht in Eckkneipen oder in Elektro-Clubs noch Normalzustand sein mag, darf bei den Schultoiletten kein Standard sein.

(Beifall Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Deswegen ist es gut, dass wir hier handeln und es ein Programm gibt,

(Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

das sich um die maroden Schultoiletten im Land kümmert. - Herr Kubicki, ich lade Sie gern beispielsweise in die Flensburger Waldschule ein. Eltern der dort beschulten Kinder haben vor zwei Wochen einen Brandbrief geschrieben,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

weil die Toiletten in der Schule in einem so schlechten Zustand sind, dass sie gesagt haben: Das geht so nicht mehr weiter. So kann es nicht sein.

(Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

Und weil Sie jetzt schon einmal wachgeworden sind, will ich Ihnen jetzt noch einmal sagen, vor allem Ihnen, Herr Kollege Koch, dass der Kämmerer der Stadt Flensburg der Auffassung ist, dass das ein gutes Projekt ist. Sie wissen, Flensburg steht in der Haushaltskonsolidierung und hat keine Superfinanzlage. Dennoch macht die Stadt viel, auch im Bereich der Investitionen, und sagt: Wir können durch dieses Projekt, durch dieses Programm der Landesregierung konkret mehr Gelder in die Hand

(Birgit Herdejürgen)

nehmen. Die Landesregierung unterstützt uns dabei, und es verändert vor Ort die Lage. Was will man denn mehr? Hören Sie auf zu möppern. Sagen Sie doch einfach mal, dass es eine gute Sache ist.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Es geht natürlich nicht nur um Schultoiletten, es gibt auch noch andere Punkte im Bildungsbereich, die im Nachtragshaushalt enthalten sind und die gut und richtig sind und die wir aufstocken. Beispielsweise das Projekt „Lernen mit digitalen Medien“. Es ist von den Schulen sehr gut angenommen worden, und es gibt mehr Schulen, die digitale Lerninhalte dauerhaft einsetzen wollen. Es gibt mehr Schulen, als es bislang Fördergelder dafür gab. Deshalb haben wir uns dazu entschieden, 1 Million € zusätzlich in die Hand zu nehmen, um mehr Schulen an dem Projekt „Lernen mit digitalen Medien“ beteiligen zu lassen. Ich denke, das ist ein gutes Signal und zeigt, dass unsere Schulen auch in anderer Hinsicht von diesem Nachtragshaushalt profitieren.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Auch die Hochschulen im Land profitieren von dem Nachtragshaushalt und von dem Haushaltsüberschuss. Die Mittel für die Sanierung des Sportforums an der Christian-Albrechts-Universität - der bauliche Zustand der Universität hat uns ja schon oft hier im Landtag beschäftigt - wird in diesem Jahr von 2,3 Millionen € auf 4,6 Millionen € verdoppelt. Die Ersatzbauten des Geotechnikums und der Tierhaltung werden vorgezogen. In den letzten Jahren haben wir schon sehr, sehr viel im Bereich der Hochschulen gemacht. Das sind weitere Zeichen dafür, dass wir es ernst meinen und diesen Weg in den nächsten Jahren fortsetzen werden.

Wir verabschieden aber heute nicht nur den Nachtragshaushalt, auch dazu haben die Kolleginnen und Kollegen schon etwas gesagt, sondern auch das Besoldungsgesetz. Wir Grüne unterstützen ausdrücklich, dass wir das zeit- und deckungsgleich übernehmen. Das ist eine gute Nachricht für die Beamtinnen und Beamte, dass sie rückwirkend zum 1. Januar 2 % und ein Jahr später noch einmal 2,35 % mehr Geld bekommen.

Im Jahr 2017 werden zum letzten Mal von der Besoldungsanpassung 0,2 Prozentpunkte in die Versorgungsrücklage eingespeist. Und ab 2018 greift dann der neue Versorgungsfonds, den wir in der letzten Landtagstagung hier verabschiedet haben. Das ist eine Wertschätzung der unverzichtbaren Ar

beit der Lehrerinnen und Lehrer bei uns im Land, der Polizistinnen und Polizisten und ganz vieler anderer Menschen im öffentlichen Dienst. Auch das ist ein gutes Signal und zeigt, dass wir uns um den öffentlichen Dienst kümmern.

Herr Kollege, Sie waren nicht dabei, haben uns aber in Ihrer Rede vorgeworfen, wie wir zu Beginn der Legislaturperiode mit potenziellen Tarifsteigerungen umgegangen sind. Das hatte auch etwas mit Haushaltspolitik zu tun, wo wir eine schwere Debatte auch innerhalb der Koalition hatten. Wir haben sicherlich in der Kommunikation auch nicht alles perfekt gemacht, aber es hier auf der einen Seite zu Beginn Ihrer Rede so darzustellen, als schmissen wir das Geld nur hinaus, als hätten wir nichts Besseres zu tun, und auf der anderen Seite ernsthafte haushaltspolitische Abwägungen, die wir zu treffen hatten, herunterzuspielen, kann ich nicht ernst nehmen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Ich will dazu noch einen Satz sagen: Ich bin mit Ihrem Kollegen Bernstein, er sitzt ja genau hinter Ihnen, mit Herrn Garg, mit Herr Stegner und mit Herrn Harms bei der Personalrätekonferenz des DGB gewesen. Dort haben wir natürlich über diese Fragen gesprochen. Natürlich sind sie dort erleichtert, dass wir in der Koalition zu diesem Thema geschlossen stehen und den Tarifabschluss ohne Zweifel übernehmen. Fragen Sie aber einmal Ihren Kollegen Bernstein und vor allem den Kollegen Garg, an was sich die Kollegen vom DGB vor allem noch erinnern können. Das war das Thema Wertschätzung, vor allem von der Vorgängerregierung, die von den Menschen, die da im Saal saßen, nicht empfunden wurde.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Setzen Sie sich also damit auseinander. Fassen Sie sich an die eigene Nase.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir verabschieden jetzt einen guten Nachtragshaushalt. Ich bin stolz darauf und bedanke mich bei Monika Heinold. Auf die nächsten Jahre! - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Für die FDP-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Dr. Heiner Garg das Wort.

(Rasmus Andresen)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will in dieser Debatte etwas Unübliches tun, ich will mich gar nicht so sehr damit beschäftigen, was uns die Landesregierung als Nachtragshaushalt vorgelegt hat und was es daran alles zu kritisieren gibt, sondern ich will Ihnen kurz skizzieren, wie wir uns das vorstellen. Das finde ich wesentlich interessanter für die Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner als das ewige Pingpong-Spiel, wer in welcher Legislaturperiode wo was vermeintlich falsch oder richtig gemacht hat. Ich finde das, ehrlich gesagt, ziemlich langweilig.

(Zuruf SPD)

Herr Kollege Rasmus Andresen scheint es nötig zu haben, von einer Podiumsdiskussion zu erzählen, wer da vermeintlich bei welcher Frage schlecht abgeschnitten hat. Ich könnte jetzt auch aus diversen Podiumsdiskussionen erzählen, das will ich Ihnen aber definitiv ersparen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Erstens. Versorgungsanpassungsgesetz. Es ist eine Selbstverständlichkeit für die FDP-Fraktion, dass wir wie in den vergangenen Jahren auch die zeit- und wirkungsgleiche Übertragung von Tarifabschlüssen nicht nur gefordert haben, sondern dieser hier auch zustimmen werden. Ich will daran erinnern, dass das lediglich auf Druck der Opposition, den wir seit 2013, seit der unsäglichen Tragödie um die Frage „Werden Tarifabschlüsse zeit- und wirkungsgleich übertragen?“, aufgebaut haben, hier zum ersten Mal geschieht.

(Birgit Herdejürgen [SPD]: Das ist eine inter- essante These!)

Wir werden dem auf jeden Fall zustimmen.

Was wollen wir? - Liebe Kolleginnen und Kollegen, natürlich wollen wir perspektivisch die Beitragsfreiheit bei der Kinderbetreuung. Aus diesem Grund bringen wir mit unseren Änderungsanträgen zum Nachtragshaushalt unseren sogenannten doppelten Deckel, den ich gestern noch einmal skizziert habe, wieder ein. Wir wollen selbstverständlich die zusätzliche Einsatzhundertschaft bei der Polizei. Deswegen beantragen wir sie erneut. Wir wollen die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge. Deswegen bringen wir die Änderung des Kommunalabgabengesetzes auch wieder ein. Wir wollen insbesondere junge Familien darin unterstützen, Eigentum bilden zu können. Deswegen schlagen wir das entsprechend wieder vor.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Frau Finanzministerin, Sie haben recht, es gibt Unterschiede, und es ist gut, dass diese Unterschiede klar erkennbar werden. Wir dokumentieren diese Unterschiede noch einmal mit unseren Haushaltsänderungsanträgen zum Nachtragshaushalt. Ich finde es richtig, dass die Menschen vor dem 7. Mai ganz genau wissen, woran sie jeweils sind. Das können Sie dann noch einmal nachlesen. Diese vier Punkte sind uns besonders wichtig. Deswegen haben wir aufgezeigt, wie wir sie gegenfinanzieren wollen.

Liebe Frau Finanzministerin, liebe Kolleginnen und Kollegen, was wir aber vor allem wollen, ist, dass der Investitionsstau konsequent und zügig abgebaut wird. Wir wollen intakte Schulgebäude - ich hätte beinahe gesagt, auch mit leistungsfähigen Toiletten -, liebe Anke Erdmann. Dass es eine ganze Legislaturperiode gebraucht hat, um festzustellen, wie der Zustand der Toiletten an den Schulen ist, finde ich schon bemerkenswert. Insofern prima, dass es jetzt erledigt werden soll.

(Beifall Wolfgang Kubicki [FDP] - Zuruf von SPD)

Wir wollen leistungsfähige Krankenhäuser. Was die Dramen um die Krankenhausfinanzierung angeht, so war das - das finde ich auch besonders lustig - am Anfang, wenn ich das einmal bescheiden sagen darf, hier kaum ein Thema, auch nicht in dieser Legislaturperiode - außer, liebe Frau Kollegin Bohn, bei den gesundheitspolitischen Sprechern. Die mussten sich nämlich erst einmal, sofern etwas nicht deckungsgleich war, mit viel Überzeugungsarbeit gegen die finanzpolitischen Sprecher durchsetzen.

Wir wollen also leistungsfähige Krankenhäuser. Wir wollen eine tüchtige Verkehrsinfrastruktur, und zwar sowohl bei Straße als auch bei Schiene, und wir wollen eine moderne Breitbandversorgung als Standortfaktor. Da gibt es zwei Möglichkeiten. Darüber streiten und debattieren wir engagiert schon - sagen wir einmal - gefühlt drei Viertel der Legislaturperiode. Da gibt es auf der einen Seite das Programm IMPULS. Man kann jetzt viel Grundsätzliches über die Bildung von Neben- und Sondervermögen sagen. Das will ich aber gar nicht tun. Die Sondertöpfe sind gefüllt worden. Das Programm IMPULS ist am Start.

Das Problem dabei ist - das kritisiere ich, Frau Finanzministerin -, dass dazwischen etwas fehlt, nämlich Ihre konkreten Steuerungsmöglichkeiten, wie der von den Koalitionsfraktionen immer sehr gelobte Infrastrukturbericht zeigt, in dem die Defizite

zutreffend beschrieben sind, in dem sie monetär bewertet sind. Angesichts dessen muss es eigentlich Aufgabe des Programms IMPULS sein, genau diese beschriebenen Defizite Stück für Stück konkret abzubauen. Sie haben im Finanzministerium weder ein Steuerungsinstrument in der Hand noch haben Sie ein ordentliches Controlling, um genau das zu gewährleisten. In Wahrheit, Frau Finanzministerin, wissen Sie, dass IMPULS im Zweifel zum Selbstbedienungsladen von Ressorts wird, wenn sie gerade einmal irgendetwas aus diesem Programm finanzieren wollen, was sie sonst nicht finanzieren können, weil Ihnen das Instrument an der Hand fehlt. Das ist ein entscheidender Wirkfehler am Programm IMPULS.

(Beifall FDP und CDU)

Ich fand den Vergleich so schön und habe mir noch einmal angeschaut, was Sie dazu gesagt haben. Zu der zentralen Forderung der FDP-Fraktion, eine verfassungsmäßig verankerte Verpflichtung zu schaffen, in Zukunft einen bestimmten Anteil am Landeshaushalt in das Landesvermögen zu investieren, also eine Investitionsquote verfassungsmäßig zu verankern, hat die Finanzministerin gesagt: lieber Schlaglöcher als Wissenslücken. - Ich fand dieses Wortspiel deswegen so nett, weil ich finde, Frau Finanzministerin, in Ihrem Haus klafft eine ganz enorme volkswirtschaftliche Wissenslücke; denn ohne eine intakte moderne Infrastruktur gibt es weniger Wachstum, weniger Wohlstand und auch weniger finanzielle Möglichkeiten, Bildung besser zu finanzieren, als es bislang der Fall ist.

(Beifall FDP und Hans-Jörn Arp [CDU])

Also, vor diesem Hintergrund: Jawohl, keine Wissenslücke, aber dann bitte auch keine volkswirtschaftliche Wissenslücke, die zu solchen Problemen führt.

Unabhängig davon, wer die nächste Landesregierung stellt, bin ich sehr dafür - wie könnte es auch anders sein? -, dass wir die Investitionsquote verfassungsmäßig verankern. Ich bin sehr dafür, Ihren Ball aufzunehmen und zu sagen: Warum formulieren wir nicht zusätzlich einen Zukunftsfaktor, anhand dessen wir beispielsweise die Leistungsfähigkeit der Bildungsausgaben messen können? Sie wollen ja einfach nur die Ausgaben für Bildung oben drauf addieren. Das ist ja genauso wenig aussagekräftig. Wir schlagen Ihnen vor, einen Zukunftsfaktor zu schaffen. Das würde im Moment so aussehen: Im Bundesdurchschnitt werden 37,3 % des Gesamthaushalts für Bildung ausgegeben. In Schleswig-Holstein sind es nur 21,5 %. Also selbst

da, Frau Finanzministerin, sieht es im Moment ziemlich düster aus.

(Vereinzelter Beifall FDP)