Ich gehe jetzt auf mein Skript über. Sie können sich gern wieder hinsetzen und vielleicht später noch eine Frage stellen.
„Keine halben Sachen, gleiche Rechte!“ - mit diesem Slogan kämpft die Schwulen- und Lesbenbewegung bereits seit mehreren Jahrzehnten für die
Ehe für alle. Wir Grüne haben diesen Kampf schon lange unterstützt. Schon längst ist diese Frage aber kein Kampf einer Minderheit mehr. An der Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften entscheidet sich, ob wir in einer modernen Gesellschaft leben wollen oder nicht.
Wir Grüne haben 2001 in der Bundesregierung maßgeblich das Lebenspartnerschaftsgesetz mit geschaffen. Das war für uns damals eine Brücke zu den verfassungsrechtlichen und politischen Bedenken anderer und bereits damals ein Kompromiss. Doch Rechtsprechung und auch gesellschaftlicher Mainstream haben sich weiterentwickelt. Das Abstandsgebot zur Ehe, Herr Kollege Breyer, wurde zum Abstandsverbot.
Im Kern ist doch nichts bürgerlicher als die Ehe. Menschen wollen füreinander Verantwortung übernehmen. Ich verstehe nicht, was eine konservative Partei dem entgegnen kann.
Wir fordern gleiche Rechte bei der Steuer, der Adoption und der Erbschaft sowie in allen anderen Bereichen. Sie haben anscheinend Angst - das ist Richtung CDU gesprochen - vor der eigenen Courage und lassen Ihre Politik von einer kleinen Gruppe politischer Zombies aus Ihrer Bundestagsfraktion diktieren, von konservativen Hardlinern wie der parlamentarischen Staatsekretärin im Bundesumweltministerium Katharina Reiche, die eingetragene Lebenspartnerschaften als „Rechtsrandgebiet“ titulierte, oder von CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt, der von einer „schrillen Minderheit“ sprach. Den Vogel schoss wieder einmal die Bundestagsabgeordnete Erika Steinbach ab, die ernsthaft nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Sukzessivadoption die Frage stellte: „Wer schützt eigentlich die Verfassung vor den Verfassungsrichtern?“
Auch wenn es solch diskriminierende Aussagen aus der schleswig-holsteinischen CDU nicht gibt, erschreckt mich, wie Sie als Landespartei - Frau Rathje-Hoffmann, Sie sind stellvertretende Landesvorsitzende - mit dem Thema umgehen. Die Junge Union hat bei Ihnen am Wochenende auf dem Landesparteitag die Gleichstellung gefordert. Und was
machen Sie? Sie vertagen den Antrag. Ihr neuer Vorsitzender Reimer Böge sagt, die Homoehe sei noch nicht konsensfähig. Entschuldigen Sie, meine Damen und Herren, aber das ist doch absurd. Es geht doch nicht darum, ob sie gesellschaftlich konsensfähig ist, sondern darum, dass Sie sich bisher noch nicht dazu durchringen konnten, gesellschaftliche Realitäten anzuerkennen.
Gerade als Europaabgeordneter sollte Reimer Böge - ich habe ihn gestern in einer Debatte um den EUHaushalt gelobt - doch wissen, dass die Bundesrepublik bei der Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften in der EU meilenweit ins Hintertreffen geraten ist. Kollege Garg hat ein paar Länder genannt. Ich würde ergänzen: Schweden, Spanien, Niederlande, Belgien, Portugal, Island, Frankreich und Dänemark. Nicht alle haben die Ehe für alle, aber alle sind sie weiter in der Gleichstellung, als es die Bundesrepublik ist.
Eines der letzten vorgebrachten Argumente gegen die vollständige Gleichstellung ist das Adoptionsrecht. Konservative wie die eben angesprochene Bundestagsabgeordnete Katharina Reiche behaupten, losgelöst von jeglicher wissenschaftlicher Erkenntnis, dass Kinder zum Aufwachsen einen Mann und eine Frau brauchen. Alte Geschlechterklischees sind Grundlage für diese abstruse Position, die nicht nur eingetragene Lebenspartnerschaften diskriminiert, sondern auch alle Alleinerziehenden im Land.
Die beste Antwort dazu haben neulich im Magazin der „Süddeutschen Zeitung“ Jugendliche gegeben, die in gleichgeschlechtlichen Elternhäusern aufgewachsen sind. Sie sagen: Diese Frage höre ich oft: Wer nimmt den männlichen Teil ein, wer den weiblichen? Ich verstehe die Frage ehrlich gesagt nicht. Ich finde sie relativ sinnlos. - Dem ist, glaube ich, nichts hinzuzufügen.
Wir Grüne wollen mit Geschlechterklischees brechen und auch über die Frage eines Familienvertrags weiter diskutieren. Denn in diesem ganzen Themenfeld gibt es noch viel mehr zu bedenken als nur die Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften.
Kein Kind wird durch die Ehe für alle weniger geboren, und keine Hetero-Ehe geht dadurch kaputt. Es gibt eigentlich keine Argumente gegen die Ehe für alle. Dieses ewige Vertagen und darauf Warten, dass einem das Verfassungsgericht die Entscheidung noch einmal und noch einmal abnimmt, ist wirklich nur noch peinlich.
Ich freue mich deshalb, dass wir uns heute hier wieder einmal mit Zweidrittelmehrheit für die Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften einsetzen.
Einen kleinen Satz Richtung FDP muss ich allerdings doch noch loswerden. Ich hoffe, dass Sie Ihren Einfluss in der Bundespartei nutzen werden, sodass in Ihrer Bundestagsfraktion gerade durch die schleswig-holsteinischen Abgeordneten im Bundestag und in ihren mitregierenden Ländern noch ein bisschen mehr Bewegung in die Debatte für die Bundestagswahl kommt. Das wäre, glaube ich, eine ganz gute Grundlage, die Union weiter voranzutreiben. Für Große Koalitionen gilt im Übrigen dasselbe.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin froh, dass wir heute wieder über dieses Thema der Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften reden. Es ist eigentlich traurig, dass wir immer noch darüber reden müssen und dieses Thema nicht längst schon erledigt ist.
Ich kann mich nur wiederholen: Die vollständige Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften ist längst überfällig.
Das Bundesverfassungsgericht hat dies jüngst auch wieder deutlich gemacht. Es ist meiner Meinung nach ein Armutszeugnis für die Bundesregierung, die sich immer noch weigert, diese offensichtliche Diskriminierung sofort zu beenden.
Fragen wir uns: Welches Bild gibt eine Politik ab, wenn sie sich weigert, hier Verantwortung wahrzunehmen, und stattdessen eine Schlappe nach der anderen vom Verfassungsgericht hinnimmt? Welches Bild gibt eine Bundesregierung ab, die diese Diskriminierung mitträgt, anstatt sich endlich gegen die Vorurteile und Ressentiments zu stellen?
Wir Piraten begrüßen die neuesten Initiativen hier im Landtag, mit denen dem endlich ein Ende gesetzt werden soll. Wir hoffen auf eine möglichst schnelle vollständige Gleichstellung aller Lebensmodelle.
Die Politik muss endlich aufhören, der Diskriminierung Vorschub zu leisten, und deutlich machen, dass es hierbei um Familien geht. Familien sind der Ort, an dem Menschen füreinander Verantwortung übernehmen, an dem Kinder groß werden und Kranke gepflegt werden. Es ist erschreckend und peinlich mit anzusehen, wie der Bundesregierung die Bewahrung eines ewig gestrigen Weltbildes wichtiger ist als der Schutz von Menschen, die als Familie zusammenleben möchten.
Liebe CDU, ich finde, der Änderungsantrag, den Sie heute eingereicht haben, ist nicht wirklich fortschrittlich. Ganz ehrlich: Muss wirklich erst eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts her, damit Sie sich auch nur einen Zentimeter beim Thema der Gleichstellung bewegen? Sie jammern, dass Sie in den Städten und bei jungen Leuten Akzeptanz verlieren. Ich muss ganz ehrlich sagen: Das liegt daran, dass Sie fernab der Lebensrealität dieser jungen Leute liegen. Das zeigen Sie damit schon wieder.
Sehr geehrte CDU, Ihr Antrag ist meiner Meinung nach diskriminierend. Das liegt allein schon am ersten Satz, in dem Sie zum Ausdruck bringen, dass Sie die volle rechtliche Gleichstellung immer noch ablehnen.
Was ist daran so schlimm, dass zwei Menschen gleichen Geschlechts eine Ehe eingehen können und dieselben Rechte haben wie in einer Partnerschaft zwischen Mann und Frau?
(Beifall PIRATEN, Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Dr. Mar- ret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Tun Sie das Richtige und folgen Sie nicht einfach einer Fraktionsmeinung, sondern Ihrer persönlichen Meinung! - Danke schön.
Zum Schluss möchte ich sagen, dass mich die FDP ein bisschen enttäuscht hat. Sie haben gezeigt, dass Sie sich in der Bundesregierung auch einmal querstellen können. Das haben Sie beim NPD-Verbot gemacht. Ich frage mich, warum Sie das bei der gleichgeschlechtlichen Ehe nicht durchgezogen haben.
- Sie haben die Findungsmöglichkeit beim NPDVerbot genutzt. Warum haben Sie diese Möglichkeit nicht auch bei diesem Thema genutzt?